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Colony: Spiel von Bezier - postapokalyptischer Würfelspaß

Kritiken und Rezensionen: Wie ist Spiel XY?
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Jerry
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Colony: Spiel von Bezier - postapokalyptischer Würfelspaß

Beitragvon Jerry » 25. Oktober 2016, 21:19

Mit Fotos
https://mittwochsspielen.com/2016/10/25/colony/

Kurz und knapp:

Würfel-Manipulations-Spiele! Die große Leidenschaft des Autors dieser Zeilen. Ob Würfel als Aktionsmotor (BuBu), Worker (Kingsburg) oder Raumschiffe (Alien Frontiers, Quantum). Wenn’s was zu drehen und einzusetzen gibt, bin ich immer gerne dabei.

Colonoy von Ted Alspach et. al aus dem Hause Bezier schlägt genau in diese Lücke. Bei diesem in einer postapokalyptischen Welt (gähn!) angesiedeltem Spiel, nutzen wir Spieler Würfel, um damit Technologiekarten zu kaufen. Karten haben Preise in Form von Würfelkombinationen, einen Siegpunktwert und – klar – eine Funktion, die sich natürlich auch um das Hantieren mit Würfeln dreht.

Der Ablauf ist einfach: Zu Beginn meines Zuges erhalte ich drei Würfel. Einen davon nehme ich, die anderen gehen an die beiden nachfolgenden Spieler. Neben diesem festen Einkommen erhalte ich ggf. weitere Würfel über zuvor gebaute Karten. Mit diesem Set versuche ich dann, eine schicke neue Karte zu kaufen. Manipulationsaktionen wie Umformen, Kombinieren, neu Würfeln usw. helfen mir dabei.

Das Coole dabei: Würfel können über mehrere Runden eingelagert werden. Schaffe ich in meinem Zug nicht die Kombination für eine begehrte Karte, dann kann ich die Würfel in ein eigenes Lager legen und in der nächsten Runde damit weiterzocken. Jedenfalls wenn es weiße Würfel sind – die so genannten stabilen Ressourcen. Daneben gibt es auch trübgraue Würfel, die sogenannten instabilen Ressourcen. Diese können nur in meinem aktuellen Zug benutzt werden und kommen danach zurück in den Vorrat.

Karten neu zu kaufen, ist eine Möglichkeit, die eigene Engine auszubauen. Die zweite Option sind Upgrades. Jede Karte hat zwei Ausbaustufen auf Vorder- und Rückseite und natürlich ist Version 2.0 erheblich mächtiger als V1.0. Klar: auch ein Ausbau muss mit Würfeln bezahlt werden.

Die Kartenauswahl in Colony ist hoch: es gibt Karten, die neue Würfel generieren, Karten die Würfel manipulieren, Karten die Siegpunkte erzeugen, Handelskarten, Angriffskarten und einiges mehr. Pro Spiel wählen wir einige davon aus, was zumindest vordergründig an das Dominion Basisspiel erinnert, wo uns ähnlich viele Karten anlachen. Damit sind die Parallelen zu Dominion aber schon erschöpft.

Im Spiel hält Colony was es verspricht: eine schnelle, interessante Würfelzockerei, die dank der Handels- und Angriffskarten ein ordentliches Maß an Interaktion bietet. Dabei gibt es Runde für Runde eine Menge zu entscheiden: baue ich eine neue Karte? Welche? Oder doch lieber ein Upgrade? Spiele ich konstruktiv oder versuche ich mit Angriffskarten Unfrieden zu stiften. Die Würfelmanipulation hat dabei stets den Charakter eines kleinen Puzzles und auch wenn ich nicht am Zug bin, bekomme ich neue Ressourcen oder bin anderweitig in das Spiel eingebunden.

Eine Partie Colony dauert mit 4 Spielern nicht mehr als 45 Minuten und liegt damit genau in meinem Sweet Spot für Spiele dieser Art. Denn natürlich spielt bei Colony trotz aller Steuermöglichkeiten auch das Glück eine Rolle. Es kann immer wieder mal passieren, dass ein Spieler wegzieht und es die anderen dann recht schwer haben, ihn wieder einzufangen. Das ist aber angesichts der sehr überschaubaren Spieldauer ein verschmerzbares Manko.

Fazit: Colony füllt bei mir die Lücke, die „Um Krone und Kragen“ und „Favor of the Pharaoh“ nicht schließen konnten. Ein schnell aufgebautes, zügig gezocktes Würfelduell, das in jeder Besetzung von 1(!) bis 4 Spielern funktioniert. Insgesamt: Ein Essen-Kauf, der sich gelohnt hat.

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Re: Colony von Bezier - postapokalyptischer Würfelspaß

Beitragvon BigDaddy » 25. Oktober 2016, 23:01

Danke für deine gute Einschätzung. Ich habe auch zwei Probespiele in Essen gemacht und fand das Spiel sehr interessant und gut. Mich hat jedoch ein wichtiger Punkt abgehalten vom Messekauf: Hat der Startspieler nicht Einen immensen Vorteil? Das Spiel endet ja sofort,wenn ein Spieler eine gewisse Punktzahl erreicht hat. Bei meinen beiden Runden auf der Messe hat jeweils der Startspieler die benötigte Punktzahl zuerst erreicht. Er hat somit einen Zug mehr gehabt als der Rest. Ich hätte z. B. in beiden Partien auch die Siegbedingungen erfüllt,wenn ich noch einmal am Zug gewesen wäre... Ich kann mir daher vorstellen,dass der Startspieler einen zu großen Vorteil hat.
Was meinst du dazu? Schon ähnliche Erfahrungen gemacht?

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Re: Colony von Bezier - postapokalyptischer Würfelspaß

Beitragvon Jerry » 26. Oktober 2016, 07:22

BigDaddy hat geschrieben:Danke für deine gute Einschätzung. Ich habe auch zwei Probespiele in Essen gemacht und fand das Spiel sehr interessant und gut. Mich hat jedoch ein wichtiger Punkt abgehalten vom Messekauf: Hat der Startspieler nicht Einen immensen Vorteil? Das Spiel endet ja sofort,wenn ein Spieler eine gewisse Punktzahl erreicht hat.

In der Regel steht in der Tat ein "Sudden Death". Das fanden wir aber schon im ersten Spiel inakzeptabel und spielen immer die komplette Runde zu Ende. Wir spielen es sogar so, dass Spieler, die eigentlich schon fertig sind, noch ihre Pflichtwürfel bekommen und somit auch noch durch Angriffskarten bestohlen werden können.

Die Erklärerin auf der Messe hatte außerdem eine kleine, aber essentielle Regel vergessen: Man darf eine bereits gekaufte Karte abwerfen/opfern und bekommt dafür lagerbare Würfel gemäß der Punktedifferenz zum Führenden. Ein wichtiges Werkzeug, um sich an die Nummer #1 wieder heranzuarbeiten.

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Re: Colony: Spiel von Bezier - postapokalyptischer Würfelspaß

Beitragvon ode. » 26. Oktober 2016, 10:25

Diese von Jerry beschriebene "Catch up"-Regel finde ich in Kombination mit der Spielendbedingung auch erwähnenswert.

Grundsätzlich dazu:

Der Startspieler hat die Chance früher fertig zu werden. Allerdings macht er seinen ersten Spielzug mit 3+1 Würfel. Der zweite Spieler macht seinen ersten Spielzug mit 3+2 Würfeln. Der dritte Spieler mit 3+3 Würfeln. Spieler 4 bekommt zu Beginn des Spiels eine der Bonuswürfel-Marken. Startet seinen Spielzug also, weil er beim Zug des Startspielers leer ausgeht, auch mit seinen 3 Startwürfeln und je einem Würfel aus dem Zug von Spieler 2 und 3, macht also ebenfalls 6 Würfel (wenn er denn seine Bonuswürfelmarke einsetzt).

Es gibt also einen Ausgleich für die hinten sitzenden Spieler (nur Spieler 4 ist etwas schlechter dran, denn sein sechster Würfel ist auch noch ein "unstable" Würfel - den aber zu einer von ihm bestimmten Zeit).

Darüber hinaus kommt dann die Catch up-Mechanik, die es einem Spieler erlaubt eine Karte abzuwerfen um so viele Würfel zusätzlich zu bekommen, wie er Rückstand auf den Startspieler hat. Das Element ist im Bezug auf Timing anzuwenden. Wenn es zu spät gemacht wird, dann kann es eben "zu spät" sein. Zum richtigen Zeitpunkt angewendet schafft man hier vielleicht sogar einen so starken Zug, dass ich hier nicht von Nachteil sprechen möchte.

Man beachte bitte, dass gegen Ende des Spiels die Fallout-Shelter sehr hohe Punktzahlen generieren können. So ein Zug mit 10 Würfeln kann explodieren.

Mit der Regelung die Runde zu Ende zu spielen habt ihr die Spielbalance selber kaputt gemacht, denn der Startspieler hat nun einen immensen Nachteil. Er macht zu Beginn den schwächsten Zug und muss, mit eurer Regelung, am Ende einen Vorsprung herausspielen, denn alle können nachziehen und am Ende sind die Punkte nun mal fett, denn die Würfel zahlreich.

Auch der frühere Zugriff auf die Kartenauslage für den Startspieler ist für mich kein Argument, denn man kann anfangs eh nur eine Karte kaufen und es ist genug für alle da. Selbst, wenn der Startspieler seine Bau-Karte sofort aufwertet um mehrfach bauen zu können, dann hat er keine Würfel mehr um dies zu tun.

Ich kann verstehen, warum euer Gerechtigkeitsempfinden euch bei dem plötzlichen Spielende in Schieflage gerät. Aber mechanisch begeht ihr einfach einen Fehler und "verschlimmbessert" das Spiel. An den von euch genannten Stellen ist da Spiel sehr sauber designed. Ich würde euch empfehlen, entweder sinnvoller eurer Hausregeln zu gestalten oder euch an die Regeln zu halten.

Darüber hinaus ist es nun mal so, dass die Autoren des Spiels hier das Rennen ausgerufen haben. Das mag man dann vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Aber es sorgt für Spannung. Wenn man jetzt den zeitlichen Rahmen des Spiels bedenkt, dann sollte eigentlich auch Raum für solche Entscheidungen sein.

Ein Punkt, der mir bei der Rezi auffällt ist de uneingeschränkte Empfehlung für mehrere Spielerzahlen, obwohl es einige Karten gibt, die bsw. im 2er-Spiel völlig anders funktionieren als im Mehrpersonenspiel (was dann auch für das Solospiel gelten dürfte...). Und sich auch kaum lohnen wegen ihres Effektes (für Siegpunkte geht ja immer...). Aber faktisch hat man als 2er-Spieler hier einige Karten, die man im Grunde gar nicht verwenden kann/sollte/will.

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Re: Colony: Spiel von Bezier - postapokalyptischer Würfelspaß

Beitragvon Jerry » 26. Oktober 2016, 23:57

Erst mal danke an ode für die klugen, freundlichen und konstruktiven Hinweise. Mein Text sollte noch keine Rezi sein, sondern (siehe Blog) erstmal nur ein Ersteindruck. :) Wir habens mit 1/2/4 Leuten gespielt und da hat es Spaß gemacht. Dass insbesondere die symmetrischen Handelskarten zu zweit sinnlos sind, ist klar. Dafür empfiehlt die Regel ja, die Karten durch die Spieler reihum auszuwählen.

Die von dir skizzierte Punkteexplosion durch kluges Opfern haben wir noch nicht hinbekommen. Aber man lernt ja nie aus :D

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Re: Colony: Spiel von Bezier - postapokalyptischer Würfelspaß

Beitragvon ode. » 27. Oktober 2016, 08:46

Hi Jerry,

oh, dann habe ich das falsch verstanden. Wenn es ein Ersteindruck ist, dann ist es natürlich völlig okay nicht bis in die Tiefe vorgedrungen zu sein.

Ob meine Ausführungen so klug sind kann ich nicht sagen. Man sagt mir hin und wieder einen besserwisserischen Ton nach. Ich hoffe, es klang nicht so. Ihr könnt natürlich gern so spielen, wie ihr wollt. Aber solche Regeländerungen/Hausregeln bergen auch immer die Gefahr, dass man danach das Spiel gar nicht richtig spielt und der Eindruck noch weiter verfälscht.

Mir macht das Spiel auch ziemlich dolle Spaß! In sofern sind wir uns also einig! :D


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