Gesellschaftsspiele und das Urheberrecht
Verfasst: 28. Januar 2014, 16:25
Die SAZ gestern einen Forderungskatalog an den Bundestag übersandt hat, indem sie sich zum Urheberrecht von Spieleautoren geäußert hat. Da mich das Urheberrecht sowieso interessiert und ich zu dem Thema schon einiges überlegt hab, fand ich es etwas schade, dass in dem Katalog kaum rechtliche Ausführungen zu finden waren. Von daher möchte ich mal versuchen hier eine Überlegungsgrundlage darzulegen. Vielleicht hat ja noch jemand hier Ahnung und Lust am Diskurs und wir entwickeln hier eine schöne Lösung
Also:
---------
Ausgangspunkt ist, dass das UrhG nur "Werke" schützt, die "persönliche geistige Schöpfungen" sind, § 2 UrhG. Das Werk dient auch als Abgrenzung zu einer bloßen Idee. Eine konkrete Ausgestaltung ist erforderlich. Über die "persönliche geistige Schöpfung" soll sichergestellt werden, dass eine gewisse Schöpfungshöhe erreicht wird, wobei diese Hürde nicht zu streng ausgelegt wird; auch die "kleine Münze" wird grundsätzlich geschützt.
Das Urheberrecht dient offenkundig dem Schutz des Urhebers (vgl. anders z.B. das copy right). Allerdings versucht das UrhG das Interesse des Urhebers mit dem Interesse der Allgemeinheit in Einklang zu bringen. Das Urheberrecht ist schließlich ein Monopolrecht und Monopole sollten in einer freien Wirtschaft nur zurückhaltend gewährt werden. Würde man bereits Ideen, Gedanken und Erkenntnisse problemlos vom Urheberrecht erfassen, so würde dies das kulturelle und wissenschaftliche Leben übermäßig lähmen. Solange man aber ein konkret ausgestaltetes Werk hat, besteht diese Gefahr für die Allgemeinheit nur sehr beschränkt. Der Schutz einer Spielanleitung als Sprachwerk oder des Brettdesigns als Werk der bildenden Kunst ist somit bereits heute problemlos möglich und Gang und Gebe.
Das Problem liegt im Schutz der Spielidee, die letztlich die größte und eigentliche Arbeit des Autoren ausmacht. Hier wehrt sich die ganz herrschende Meinung noch, Urheberschutz zu gewähren; der Ablauf des Spiels wird als bloße Methode gesehen, die eben nicht schutzfähig sei.
Interessant scheint mir hier ein Vergleich mit den §§ 69a ff. UrhG (Schutz von Computerprogrammen). Hier war das Problem ein sehr ähnliches: der eigentliche Quelltext und das GUI waren bereits zuvor geschützt; nun wird auch das Programm quasi als Idee erfasst. Bei einem Spiel ist die Regel letztlich vergleichbar mit dem Quellcode, der das Programm zum Laufen bringt. Die Spieler geben den Input und die Regel entscheidet, wie dieser Input zu verarbeiten ist. Es stellt sich somit die Frage, warum hier vergleichbares ungleich behandelt wird?
Was bei Brettspielen deutlich leichter fällt als bei Computerprogrammen ist die Übernahme von Mechanismen. Hier muss nicht groß dekompiliert werden; die Regel ist offen zugänglich. Zudem lassen sich viele Mechanismen in vielen Spielen wiederfinden. Aber das ist auch bei Computerprogrammen kaum anders (Quicksearch als Beispiel, das mir noch aus der Schule bekannt ist). Trotzdem wird befürchtet, ein Schutz der Spielidee könnte die Entwicklung weiterer Spiele hemmen. Was passiert, wenn die Kramer-Leiste geschützt wird?
Aber diese Befürchtungen liegen meines Erachtens neben der Frage. Das Urheberrecht hat bereits mit den §§ 23, 24 UrhG (Bearbeitung und freie Benutzung) eine praktikable und formbare Abgrenzung zwischen erlaubte und verbotenem Bezug auf ein fremdes geistiges Werk. Hier kann ein Ausgleich zur Monopolisierung der durch die Spielregeln (nicht mit der Anleitung zu verwechseln) konkret ausgeformten Spielidee gegenüber denn Allgemeininteressen erreicht werden, wenn in der Abwägung zwischen Bearbeitung und freier Benutzung grundsätzlich zur freien Benutzung tendiert wird. Sobald mehr als das bloße Thema und unwichtige Randregeln verändert werden, liegt eine freie Benutzung dar, die das Urheberrecht das fremden Werkes nicht beeinflusst. Natürlich bietet diese Abwägung eine gewisse Unsicherheit für den Rechtsverkehr. Dies ist jedoch hinzunehmen. Wer bewusst ein Werk erstellt, dass so nah an ein fremdes Werk heranreicht, dass die eben dargelegte Abwägung unsicher erscheint, geht dieses Risiko eben bewusst ein.
Somit gehe ich im Ergebnis davon aus, dass Brettspiele bereits nach der geltenden Rechtslage als konkret ausgeformte Ideen urheberschutzfähig sind. Zumindest sollte eine mit den §§ 69a ff. UrhG vergleichbare übertragene Erfassung kodifiziert werden. Hiermit würden einerseits die diskriminierende Behandlung von Spieleautoren im Vergleich zu anderen Kreativschöpfenden beendet werden, während andererseits das Allgemeininteresse nicht durch einen reinen Ideen- bzw. Mechanikschutz übermääßig beeinträchtigt würde.
------------
Nun ja, wer sich das alles durchgelesen hat, den interessiert das Thema immerhin. Wie gesagt, das ist nur eine erste grobe Überlegung. Wer weiter Ideen und (Gegen-)Argumente hat: Ich freue mich auf eine fruchtbare Diskussion. (Neben den Brettspielen interessiert mich auch der Schutz von Neuer Kunst, wie Cages 4:33 oder Duchamps Fountain, der allgemein abgelehnt wird. Aber das sprengt hier den Rahmen ;-))

---------
Ausgangspunkt ist, dass das UrhG nur "Werke" schützt, die "persönliche geistige Schöpfungen" sind, § 2 UrhG. Das Werk dient auch als Abgrenzung zu einer bloßen Idee. Eine konkrete Ausgestaltung ist erforderlich. Über die "persönliche geistige Schöpfung" soll sichergestellt werden, dass eine gewisse Schöpfungshöhe erreicht wird, wobei diese Hürde nicht zu streng ausgelegt wird; auch die "kleine Münze" wird grundsätzlich geschützt.
Das Urheberrecht dient offenkundig dem Schutz des Urhebers (vgl. anders z.B. das copy right). Allerdings versucht das UrhG das Interesse des Urhebers mit dem Interesse der Allgemeinheit in Einklang zu bringen. Das Urheberrecht ist schließlich ein Monopolrecht und Monopole sollten in einer freien Wirtschaft nur zurückhaltend gewährt werden. Würde man bereits Ideen, Gedanken und Erkenntnisse problemlos vom Urheberrecht erfassen, so würde dies das kulturelle und wissenschaftliche Leben übermäßig lähmen. Solange man aber ein konkret ausgestaltetes Werk hat, besteht diese Gefahr für die Allgemeinheit nur sehr beschränkt. Der Schutz einer Spielanleitung als Sprachwerk oder des Brettdesigns als Werk der bildenden Kunst ist somit bereits heute problemlos möglich und Gang und Gebe.
Das Problem liegt im Schutz der Spielidee, die letztlich die größte und eigentliche Arbeit des Autoren ausmacht. Hier wehrt sich die ganz herrschende Meinung noch, Urheberschutz zu gewähren; der Ablauf des Spiels wird als bloße Methode gesehen, die eben nicht schutzfähig sei.
Interessant scheint mir hier ein Vergleich mit den §§ 69a ff. UrhG (Schutz von Computerprogrammen). Hier war das Problem ein sehr ähnliches: der eigentliche Quelltext und das GUI waren bereits zuvor geschützt; nun wird auch das Programm quasi als Idee erfasst. Bei einem Spiel ist die Regel letztlich vergleichbar mit dem Quellcode, der das Programm zum Laufen bringt. Die Spieler geben den Input und die Regel entscheidet, wie dieser Input zu verarbeiten ist. Es stellt sich somit die Frage, warum hier vergleichbares ungleich behandelt wird?
Was bei Brettspielen deutlich leichter fällt als bei Computerprogrammen ist die Übernahme von Mechanismen. Hier muss nicht groß dekompiliert werden; die Regel ist offen zugänglich. Zudem lassen sich viele Mechanismen in vielen Spielen wiederfinden. Aber das ist auch bei Computerprogrammen kaum anders (Quicksearch als Beispiel, das mir noch aus der Schule bekannt ist). Trotzdem wird befürchtet, ein Schutz der Spielidee könnte die Entwicklung weiterer Spiele hemmen. Was passiert, wenn die Kramer-Leiste geschützt wird?
Aber diese Befürchtungen liegen meines Erachtens neben der Frage. Das Urheberrecht hat bereits mit den §§ 23, 24 UrhG (Bearbeitung und freie Benutzung) eine praktikable und formbare Abgrenzung zwischen erlaubte und verbotenem Bezug auf ein fremdes geistiges Werk. Hier kann ein Ausgleich zur Monopolisierung der durch die Spielregeln (nicht mit der Anleitung zu verwechseln) konkret ausgeformten Spielidee gegenüber denn Allgemeininteressen erreicht werden, wenn in der Abwägung zwischen Bearbeitung und freier Benutzung grundsätzlich zur freien Benutzung tendiert wird. Sobald mehr als das bloße Thema und unwichtige Randregeln verändert werden, liegt eine freie Benutzung dar, die das Urheberrecht das fremden Werkes nicht beeinflusst. Natürlich bietet diese Abwägung eine gewisse Unsicherheit für den Rechtsverkehr. Dies ist jedoch hinzunehmen. Wer bewusst ein Werk erstellt, dass so nah an ein fremdes Werk heranreicht, dass die eben dargelegte Abwägung unsicher erscheint, geht dieses Risiko eben bewusst ein.
Somit gehe ich im Ergebnis davon aus, dass Brettspiele bereits nach der geltenden Rechtslage als konkret ausgeformte Ideen urheberschutzfähig sind. Zumindest sollte eine mit den §§ 69a ff. UrhG vergleichbare übertragene Erfassung kodifiziert werden. Hiermit würden einerseits die diskriminierende Behandlung von Spieleautoren im Vergleich zu anderen Kreativschöpfenden beendet werden, während andererseits das Allgemeininteresse nicht durch einen reinen Ideen- bzw. Mechanikschutz übermääßig beeinträchtigt würde.
------------
Nun ja, wer sich das alles durchgelesen hat, den interessiert das Thema immerhin. Wie gesagt, das ist nur eine erste grobe Überlegung. Wer weiter Ideen und (Gegen-)Argumente hat: Ich freue mich auf eine fruchtbare Diskussion. (Neben den Brettspielen interessiert mich auch der Schutz von Neuer Kunst, wie Cages 4:33 oder Duchamps Fountain, der allgemein abgelehnt wird. Aber das sprengt hier den Rahmen ;-))