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Ein Jahr ohne Käufe

Allgemeine Spiele-Themen
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Re: Ein Jahr ohne Käufe

Beitragvon Mitspieler » 11. Januar 2020, 13:03

Ein sehr interessanter Abschluss einer sehr interessanten "Studie"!
Auch wenn sie der Brettspielindustrie, die ihre Spieler gern im Kaufrausch sieht, vermutlich weniger gefällt :cool:
Aber Du zeigst, dass es sachlich betrachtet wenig Sinn macht, vorschnell alle Neuheiten "sofort haben zu müssen", sondern dass man auch mit Bescheidenheit und kühlem Kopf viel Freude am Spielen haben kann.



Zwei Ergänzungen zu Deinen Thesen habe ich noch:

1.) Es geht beim "sich kauftechnisch Bremsen" ja auch nicht nur darum, finanziell zu sparen, sondern auch darum, dass man, wenn man ständig alle Neuheiten kauft und diese dann alle zu spielen versucht, man so gut wie nie mehr dazu kommt, die vielen alten Spiele wiederzuspielen, in denen so viel Gehirnschmalz der Entwickler steckt und die eigentlich genauso viel Spielfreude wie die Neuheiten machen. Ja, wenn man die tollen Spiele nur einmal (oder ganz wenige Male) spielt und sie dann ganz schnell von den vielen nachfolgenden Spielen weggespült werden, wertschätzt man die alten Spiele gar nicht so (höchstens als Deko im Regal^^) und erkennt/erlebt oft gar nicht ihre wirkliche Spieltiefe, die sich ja oft erst im Laufe vieler Partien entfalten würde, weil man dann erst die Genialität gewisser Mechanismen und Strategiemöglichkeiten entdecken würde.
Das muss ja für die Spieleautoren auch irgendwie etwas makaber oder zwiespältig sein: Einerseits müssen sie ständig neue Spiele "liefern" (und entwickeln ja sicher auch immer weiter Spiele, weil es ihnen Spaß macht, und Kreativität und gute Entwicklung sind toll, aber), andererseits werden durch eben genau diese ständige Neuheitenflut ihre einzelnen mühevoll entwickelten Spiele von den tatsächlichen Spielern gar nicht in ihrer vollen Tiefe gewertschätzt und ausgiebig "erspielt".
Es ist im Spiele(r)jahr doch fast ein bissl so wie bei einem traurigen, "themaverfehlten" Weihnachts-Geschenke-Rausch in großer Runde: Da reißen alle gleichzeitig ihre Geschenke auf, sagen zu jedem Geschenk kurz "schön", legen's zur Seite und fragen "wo ist das nächste?". Und der Schenker hatte sich vielleicht voll die Gedanken und Mühe gemacht..
Und im Gegensatz zu manchen Geschenken, die dann nach Weihnachten doch noch ihre tägliche Verwendung und Wertschätzung erfahren, verschwinden die mühevoll entwickelten Spiele oft nach einmaligem "gespielt"-Abhaken dann irgendwo im Regal oder Abstellzimmer..und werden aufgrund der Masse an nachrückenden Neuheiten nicht wieder hervorgeholt.
Ein typisches Phänomen unserer sehr schnelllebigen und nach "Mehr" hungrigen Wohlstandswelt, denke ich.. da rutscht man leider sehr schnell rein..

2.) Außerdem: Wenn viele Menschen viele Spiele kaufen, die sie selber dann gar nicht oder nur 1x spielen (weil die Spiele in der Clique doppelt sind oder ihnen spielerisch nicht gefallen haben oder einfach zu viele Neuheiten nachkommen), dann ist das eigentlich auch ein bissl eine Ressourcenverschwendung (sehr viel unnötig produziertes Material, Produktionsenergie, unnötige Kuriertransporte und ggf langfristig zusätzlicher Müll). Eben einfach viele ungenutze Produkte.



Und nun noch ein Gedanke, der "die andere Seite der Medaille" zeigt:

Wenn man als Spieler nur einseitig darauf schauen würde, wie man möglichst viel Geld spart und Spielkäufe fast grundsätzlich verhindert, dann tut man den Menschen, die in der Spiele"industrie" arbeiten, auch keinen Gefallen, da man Autoren, Verlags- und Produktions-/Versandmitarbeiter um ihre Einkünfte bringt..
Daher finde ich zumindest, dass man es sich nicht zur Regel machen sollte, Spiele auf "anderen" Wegen zu beschaffen ("Print&Play", eigene Kopien, eigene Nachbauten), anstatt sie zu kaufen. Ich pimpe meine Spiele gerne und versuche mich im Einzelfall auch an einem eigenen Nachbau, aber ich kaufe (=bezahle) da i.d.R. zuerst das originale Produkt (sofern es nicht eine bereits vergriffene Rarität ist), denn ich nutze ja deren Idee und darum sollen Autor, Verlag usw auch dafür entlohnt werden, sofern ich es kann.




Meine Vorgehensweise ist (zumindest theoretisch...) :
Nicht grundsätzlich Spielkäufe umgehen, aber möglichst nur sorgfältig ausgewählte Spiele kaufen, von denen ich mir (ggf durch vorheriges Testspielen oder ausgiebiges Rezi-Lesen) ziemlich sicher bin, dass sie mir (oder meinen Gästen) spielerisch wirklich sehr gefallen (positiv reizen), ganz neue Spielerfahrungen/- atmosphäre bringen und ich sie hoffentlich auch in 10 Jahren noch sehr gerne spiele.
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2021:
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Dee

Re: Ein Jahr ohne Käufe

Beitragvon Dee » 11. Januar 2020, 16:58

Danke für den Abschlussbericht. Bis auf 6, 7 und 8 kann ich das unterschreiben. Bei mir werden die Käufe auch von Jahr zu Jahr weniger, weil ich einfach gesehen habe, dass vieles kein Jahr in der Sammlung bleibt. Mal schauen, ob ich 2020 wiede einstellig bleiben werde.

Bei 7 widerspreche ich, weil Brettspiele und Rollenspiele sehr unterschiedlich sind. Jemand der Spiele wie Maracaibo, Teotihuacan oder Barrage mag, findet darin keine Alternative.

Und Print&Play bzw. Nachbau erzeugt zumindest bei mir selten ein gutes Spielgefühl. Denn bei mir lebt das Spiel auch von der Haptik der Komponenten. Und anstatt da viel Zeit und auch Geld in einen guten Nachbau zu investieren, kaufe ich das Spiel lieber gleich.

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Maery
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Re: Ein Jahr ohne Käufe

Beitragvon Maery » 12. Januar 2020, 08:39

Also freut mich, dass du eine Offenbarung hattest. Ich habe still mitgelesen und muss sagen, dass ich oft fand, dass du "geschummelt" hast und dass deine Erkenntnisse für mich vorher schon logisch oder nicht hilfreich sind.
Zu dem Schummeln:
Deine Voraussetzung ist schon einmal eine gute Möglichkeit, neue Spiele durch Mitspieler kennen zu lernen. So hast du eben ohne selber zu kaufen, neue Spiele spielen können und dann ist es klar, dass man diese nicht kaufen muss. Wenn man aber sowas nicht hat, bringt das nichts. Auch meine ich, dass du viele Spiele noch ungespielt liegen hattest und diese sind ja theoretisch auch noch neu gekauft.
Und sowas wie Roll und Paper und herunterladbare Spiele sind auch nicht für alle etwas und umgeht in meinen Augen das Problem.
Das ist aber nur meine Meinung, wie gesagt, schön, dass du damit für dich weitergekommen bist.

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Re: Ein Jahr ohne Käufe

Beitragvon Mitspieler » 14. Januar 2020, 13:44

Maery hat geschrieben:Deine Voraussetzung ist schon einmal eine gute Möglichkeit, neue Spiele durch Mitspieler kennen zu lernen. So hast du eben ohne selber zu kaufen, neue Spiele spielen können und dann ist es klar, dass man diese nicht kaufen muss. Wenn man aber sowas nicht hat, bringt das nichts.

Dies sehe ich sehr ähnlich wie Maery.
Wenn man viele Mitspieler hat, die selber Spielekäufer sind, fällt es einem natürlich viel leichter, auf eigene Käufe zu verzichten und einfach die Spiele der Anderen zu nutzen. Dadurch hat man nämlich indirekt doch ständig neue Spiele angeschafft, nur, dass man selber das Geld nicht ausgegeben hat, sondern die Freunde.

Provokant gesagt: Da Du (Dicebattle) das aber anscheinend ganz einseitig gemacht hast (die Anderen haben alle schön fleißig gekauft und Du hast Dich einfach an den "gemachten Tisch" gesetzt), ist das natürlich etwas "ungerecht" und kein Vorbild für ein der Gemeinschaft gegenüber faires "ich verzichte auf neue Spielekäufe"-Vorgehen. ;)

Ich weiß, bei Dir,Dicebattle, war es ja einfach nur mal ein zeitlich begrenztes, wirklich sehr interessantes Experiment (eine ganz spezielle, Dir selbst gestellte "Aufgabe") und kein grundsätzliches Ausnutzen der Anderen.


Ich denke, grundsätzlich kann es wirklich eine hilfreiche Vorgehensweise sein, wenn man sich im Freundeskreis etwas abspricht und mal der eine, mal der andere, mal man selber ein Spiel kauft (am besten jeder den eigenen Spielvorlieben entsprechend, so dass im Idealfall jeder nur seine absoluten Lieblingsspiele kauft, bzw natürlich solche, die für alle ein Renner sind) und so ständige, "versehentliche" Mehrfachkäufe verhindert werden.
Und wenn im Freundeskreis z.B. einer wirklich sehr wenig Geld hat, ist es m.E. auch in Ordnung, wenn er fast keine Spiele kauft, sondern einfach nur bei den anderen mitspielen darf.die meisten Spiele von den Anderen gekauft werden.


Maery hat geschrieben:Wenn man aber sowas nicht hat, bringt das nichts.
Ganz genau!
Bei mir war es am letzten Wohnort in Mecklenburg nämlich so, dass ich dort quasi der einzige Vielspieler in der Gegend war.. und damit der einzige, der "richtige" Spiele (also nicht nur Mau-Mau und Monopoly) im Regal stehen hatte.. und die Mentalität war da leider "joo, Du spielst ja so gern.. ok, wenn Du ein schönes Spiel hast, können wir heut mal gern was spielen [dann war das sowas wie Carcassonne oder Heckmeck..], aber sonst reicht auch reden oder Film gucken oder so..".




Und: Damit die an sich ja guten Punkte 1. und 2. von Dicebattles Ratschläge-Liste (keine Doppelkäufe im Freundeskreis usw.) Sinn machen, braucht man dazu eine über Jahre mehr oder weniger konstante Spielegruppe, denn wenn ständig mehrere Mitspieler mit ihrem Spielepool wieder wegfallen, fehlen einem ja dann diejenigen ihrer Spiele, die man selber gern gespielt hat, und dann muss man sie doch nachkaufen.. (es sei denn, man ist gar nicht so der Lieblingsspiele-Typ, sondern spielt einfach alles gern, was auf den Tisch kommt).

Punkte 3-5 (und natürlich auch 2) sind auf jeden Fall aber eine gute Möglichkeit, Spieleneuheiten erst einmal zu testen, ob sie einem denn überhaupt gefallen.
Denn viel zu schnell neigt man ja dazu, Spieleneuheiten euphorisch-blind zu kaufen
, nur weil sie einen vorab aus irgendwelchen Gründen reizen oder gute erste Onlinerezis haben.. und dann passiert es einem vermutlich viel zu häufig, dass man nach 1-2 Spielen merkt, "ochnee, das Spiel haut uns jetzt echt nicht vom Hocker".. und dann war es eine unnötige Geldausgabe, die man besser hätte anlegen können.


Grundsätzlich finde ich es toll, dass Du, Dicebattle, "durchgehalten" hast, denn selbst wenn Du durch Dein Umfeld (Büchereien, Spieletreffs und Mitspieler mit Spieleneuheiten) die Sache erleichtert bekommen hast, so ist es für einen Vielspieler ja i.d.R. dennoch ein großer Reiz, sich ganz besonders tolle Spiele selber anschaffen zu wollen..
Und Deine "Studie" hat uns Lesern natürlich wieder vor Augen geführt, wie übertrieben, unbedacht und maßlos/unnötig das vorschnelle Neuheiten-Kaufen oft sein kann.
(Ein Komplettier-Sammler wird mir da natürlich widersprechen, aber mein Blickwinkel hier ist nur der aus Spielersicht. :) )
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