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Statistik DM: Glücksspiele vs. "Könner"-Spiele

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Stephan Zimmermann
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Statistik DM: Glücksspiele vs. "Könner"-Spiele

Beitragvon Stephan Zimmermann » 4. September 2005, 19:56

Hallo zusammen,

für alle Statistik-Freunde habe ich mal ein kleine Auswertung über die DM-Spiele der letzten Jahre gemacht.

In folgender Liste habe ich die Standardabweichungen der Mannschaftspunktzahlen je Spiel errechnet. Eine kleine Zahl bedeutet, dass die Mannschaften alle relativ nahe am Durchschnittswert von 11 Punkten lagen, eine große Zahl dagegen, dass es viele Mannschaften gab, die Ergebnisse gegen 20 bzw. gegen 4 Punkte erreicht hatten.

Hier die Liste:

2.11 Versunkene Stadt
2.82 Tichu
2.91 Carcassonne
2.92 Indus
2.94 Alles im Eimer
2.94 TransAmerica
2.95 Café International
2.97 Amazonas
3.06 Emerald
3.07 Wildlife
3.07 Metro
3.08 Australia
3.08 Medina
3.09 Schrille Stille
3.10 Funkenschlag
3.10 Ohne Furcht und Adel
3.11 Kardinal und König
3.13 Sticheln
3.14 Meuterer
3.20 Niagara
3.21 Der Turmbau zu Babel
3.21 Cartagena
3.24 Clippers
3.40 Puerto Rico
3.51 San Juan
3.51 Tongiaki
3.53 Dschunke
3.89 Die Fürsten von Florenz


Vorsichtig kann man versuchen das so zu interpretieren (ja, es sind teilweise recht wenig Ergebnisse eingegangen - im Finale sind ja immer nur 32/34 Mannschaften; Vielleicht sind die Zahlen ja auch anders zu interpretieren :-) ):
Hoher Wert: Deutliche Unterschiede in der Spielstärke der Mannschaften; Spiel mit kleinem Glücksfaktor
Niedriger Wert: Die Mannschaften war gleichstark bzw. das Spiel hat einen hohen Glücksfaktor

Viele Grüße,
Stephan

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Thomas (EiNSTEiN)

Re: Statistik DM: Glücksspiele vs. "Könner"-Spiele

Beitragvon Thomas (EiNSTEiN) » 5. September 2005, 08:26

Interessante Zahlen. Einen Faktor könnte man dabei auch noch betrachten: Wie stark wirken sich die Aktionen von den (teilweise schlechteren) Mitspieler auf das Ergebnis der anderen aus. Denn nur so läßt sich möglicherweise erklären, daß ein Spiel wie Medina, in dem es überhaupt keinen Glücksanteil gibt, eine vergleichsweise geringe Standardabweichung aufweist. Ich erlebe es bei Medina immer wieder, daß ein relativ schlechter Spieler gewinnt, weil ein anderer relativ schlechter Spieler dessen Spiel über die Maßen begünstigt.

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Stephan Zimmermann

Re: Statistik DM: Glücksspiele vs. "Könner"-Spiele

Beitragvon Stephan Zimmermann » 5. September 2005, 10:57

Thomas (EiNSTEiN) schrieb:

> Einen Faktor könnte man dabei auch noch
> betrachten: Wie stark wirken sich die Aktionen von den
> (teilweise schlechteren) Mitspieler auf das Ergebnis der
> anderen aus.

So etwas geben meine Zahlen natürlich gar nicht her ...


> Denn nur so läßt sich möglicherweise erklären,
> daß ein Spiel wie Medina, in dem es überhaupt keinen
> Glücksanteil gibt, eine vergleichsweise geringe
> Standardabweichung aufweist.

Vielleicht liegt das einfach daran, dass die Spieler Medina alle relativ gleich gut spielen oder aber dass bessere und schlechtere Spieler gleichmäßig über die Mannschaften verteilt waren.

Viele Grüße,
Stephan

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peer

Re: Statistik DM: Glücksspiele vs. "Könner"-Spiele

Beitragvon peer » 5. September 2005, 15:19

Hi,
danke für die Statistik, sowas ist immer witzig. Aber...

Stephan Zimmermann schrieb:
>
> Vorsichtig kann man versuchen das so zu interpretieren (...)
> Hoher Wert: Deutliche Unterschiede in der Spielstärke der
> Mannschaften; Spiel mit kleinem Glücksfaktor
> Niedriger Wert: Die Mannschaften war gleichstark bzw. das
> Spiel hat einen hohen Glücksfaktor

Hier gehen im Prinzip zwei Faktoren ein und bilden eine Zahl. Da bleibt zwangsläufig Information auf der Strecke (altes Statistik-Problem). In diesem konkreten Fall lässt sich daher kaum auf den Glücksfaktor schließen....

(Was man auch daran sehen kann, dass an dem einen Ende ein relativ glücksunabhängiges Spiel wie "Tichu" steht und am anderen Ende ebenfalls ein relativ glücksunabhängiges Spiel wie "Fürsten von Florenz". Zwar sind Glücksabhängigere Spiele eher oben zu finden, aber eine generelle Regel kann man nicht ableiten...

ciao
peer

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Attila
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Beiträge: 4715

Re: Statistik DM: Glücksspiele vs. "Könner"-Spiele

Beitragvon Attila » 5. September 2005, 16:03

peer schrieb:

> (Was man auch daran sehen kann, dass an dem einen Ende ein
> relativ glücksunabhängiges Spiel wie "Tichu" steht und am
> anderen Ende ebenfalls ein relativ glücksunabhängiges Spiel
> wie "Fürsten von Florenz".

Na, das ist aber nur deine Interpretation von "Glücksabhängig" - ohne irgendwelche Belege o.ä - die zugrunde gelegten Daten lassen jedoch sehr wohl den Schluss zu das Tichu ein rel. "Glücksabhängiges" Spiel ist und FvF nicht.
Wie kommst du darauf das Tichu ach-so-glücksunabhängig ist?

> Zwar sind Glücksabhängigere Spiele eher oben zu finden, aber eine generelle Regel
> kann man nicht ableiten...

Und wieso nicht? Der Schluss ist durchaus nicht abwegig und auch nicht neu:

http://www.poeppelkiste.de/artikel/2005/glueck/glueck1.htm
http://www.poeppelkiste.de/artikel/2005/glueck/glueck2.htm

Die Zahlen mögen Absolut keine Bedeutung haben, aber relativ gesehen sind sie schon ein deutliches Indiz!

Atti

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Thomas (EiNSTEiN)

Re: Statistik DM: Glücksspiele vs. "Könner"-Spiele

Beitragvon Thomas (EiNSTEiN) » 5. September 2005, 17:40

Bezüglich Tichu kann ich Attila nur zustimmen - es ist nämlich sehr wohl wie die meisten Kartenspiele ein Glücksspiel. Wer mit Assen, Drachen, Phönix, Bomben oder besonderen Kombinationen wie langen Straßen gesegnet ist, wird das Spiel in der Regel gewinnen. Klar gibt es bessere und schlechtere Tichuspieler bzw. Spielpartner, die mehr oder weniger aus ihrem Blatt herausholen können, aber dennoch wird sehr viel durch Glück entschieden.

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Marten Holst
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Beiträge: 1787

RE: Statistik DM: Glücksspiele vs. "Könner"-Spiele

Beitragvon Marten Holst » 5. September 2005, 18:58

Moin,

> Bezüglich Tichu kann ich Attila nur zustimmen - es ist
> nämlich sehr wohl wie die meisten Kartenspiele ein
> Glücksspiel. Wer mit Assen, Drachen, Phönix, Bomben oder
> besonderen Kombinationen wie langen Straßen gesegnet ist,
> wird das Spiel in der Regel gewinnen. Klar gibt es bessere
> und schlechtere Tichuspieler bzw. Spielpartner, die mehr
> oder weniger aus ihrem Blatt herausholen können, aber
> dennoch wird sehr viel durch Glück entschieden.

...speziell in nur 9 Spielen wie bei der DM. Tichu ist insoweit nicht besonders glücksabhängig, als sich bei häufigem Spiel sehr wohl signifikante und auch wiederholbare Ergebnisse bezüglich Spielstärkeunterschieden ergeben. Eine kleine Menge von Spielen, wie ein Satz oder (etwas weniger schlimm) die 9 DM-Spiele kann hingegen durch zweimaliges Kartenglück Spielstärkeschon souverän konterkarieren.

Tschüß
Marten

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Olivier Boss

Re: Statistik DM: Glücksspiele vs. "Könner"-Spiele

Beitragvon Olivier Boss » 5. September 2005, 20:41


Tichu ist nicht so vom Glueck bestimmt, wie sich auf den ersten Blick vermuten laesst.

Klar nicht ganz gluecksunabhaengig ist es nicht, aber es kommt doch sehr wohl auf das Team an, wie sich ein Spiel entwickelt. Ob sie mutig, hinterlistig sind oder ob sie aufpassen, was die Gegner oder Partner spielen ...

Ich finde darum ist Tichu so interessant: Es genuegend taktisch, dass sich die Gewinner bruesten koennen und genuegend gluecksbetont, dass sich die Verlierer troesten koennen ...

Gruss
Olivier

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Wolfgang Ditt

Re: Statistik DM: Glücksspiele vs. "Könner"-Spiele

Beitragvon Wolfgang Ditt » 5. September 2005, 23:44

Hallo,

>Die Zahlen mögen Absolut keine Bedeutung haben, aber relativ gesehen sind sie schon ein deutliches Indiz!<

Besser kann man es nicht ausdrücken. Es ist mathmatisch exakt ausgewertet, basiert aber auf heuriistische Daten. Deshalb ist die Auswertung kein Beweis, aber ein gutes Indiz.

Wolfgang

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Hartmut

RE: Statistik DM: Glücksspiele vs. "Könner"-Spiele

Beitragvon Hartmut » 6. September 2005, 09:42

"Olivier Boss" hat am 05.09.2005 geschrieben:
>
> Tichu ist nicht so vom Glueck bestimmt, wie sich auf den
> ersten Blick vermuten laesst.

Kann ich nur bestätigen, ebenfalls durch empirische Beobachtungen untermauert. Nach drei gespielten Jahren Tichuliga im Spielekreis mit 20 bis 24 Teilnehmern, einer Saison mit 10 Spieltagen a 3 Wertungsdurchgängen a 8 Einzelspielen (also 240 Einzelspiele je Saison) sind es doch immer wieder einige wenige von uns, die sich an der Spitze behaupten und durchsetzen.

So hat z.B. unsere Rosi den Pott zweimal gewonnen und ist in der anderen Saison "nur" auf Platz 3 gelandet. Dicht dahinter folgen unser mehrfacher TwixT-MSO-Weltmeister Klaus mit zwei zweiten Plätzen (hat aber auch nur in zwei Jahren mitgespielt) und Raimund (Platzierungen 3-1-4), während ich mich immerhin in der oberen Hälfte halte (9-6-5, Tendenz also leicht steigend).

Entweder haben die ganz viel Dusel, oder sie können es wirklich besser spielen. Mein mathematisch geprägter Geist tendiert zu letzterem, auch wenn das bedeutet, dass ich in dem Spiel noch manches dazulernen kann... nur leider nicht wirklich herausfinde, was das genau ist ;-)

Auf den Einzelfall betrachtet wird so manches "Könnerspiel" zum "Glücksspiel". ich entsinne mich (leider) an Partien "St. Petersburg" oder besonders auch "Ohne Furcht und Adel", wo es arg böse gegen mich lief, während es in anderen Partien nur so fluppte. Und doch bin ich sicher, dass sich hier über eine größere Zahl von Spielen durchaus die Stärke des einzelnen Spielers zeigen dürfte wie bei den meisten anderen Spielen auch - da nehme ich auch MäDN oder Monopoly nicht heraus, obwohl das nun wirklich als glücklich empfundene Spiele sind! Geht man also nach dem Gesetz der großen Zahlen, bleiben soviele "Glücksspiele" garnicht mehr übrig.

Hartmut
- Spielekreis Hiespielchen - www.hiespielchen.de -

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Marten Holst
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Beiträge: 1787

RE: Statistik DM: Glücksspiele vs. "Könner"-Spiele

Beitragvon Marten Holst » 6. September 2005, 11:46

Moin,

> Kann ich nur bestätigen, ebenfalls durch empirische
> Beobachtungen untermauert. Nach drei gespielten Jahren
> Tichuliga im Spielekreis mit 20 bis 24 Teilnehmern, einer
> Saison mit 10 Spieltagen a 3 Wertungsdurchgängen a 8
> Einzelspielen (also 240 Einzelspiele je Saison) sind es
> doch immer wieder einige wenige von uns, die sich an der
> Spitze behaupten und durchsetzen.

hier werden aber Äpfel mit Birnen verglichen - für die DM bedeutet "Glücksabhängigkeit von Tichu" nicht 240 Spiele - sondern 9 Spiele. Und da steigt sie enorm :-) Von daher sind die Zahlen, so wie ursprünglich angegeben, nicht so verwunderlich.

> Geht man also nach dem
> Gesetz der großen Zahlen, bleiben soviele "Glücksspiele"
> garnicht mehr übrig.

Die Frage ist halt, wie viele Spiele man benötigt, um welchen Vorteil eines zum Beispiel "perfekten" Spielers gegenüber einem "normalen Spieler mit Durchblick" heraus zu bekommen. Und wie man letzteren definieren soll, oh ne seine Spielergebnisse gegen gute SPieler zu betrachten, womit sich die Katze in den Schwanz beißt, und das tut ihr weh.

Tschüß
Marten

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Hartmut

RE: Statistik DM: Glücksspiele vs. "Könner"-Spiele

Beitragvon Hartmut » 6. September 2005, 13:53

"Marten Holst" hat am 06.09.2005 geschrieben:
> Moin,
>
>> Kann ich nur bestätigen, ebenfalls durch empirische
>> Beobachtungen untermauert. Nach drei gespielten Jahren
>> Tichuliga im Spielekreis mit 20 bis 24 Teilnehmern, einer
>> Saison mit 10 Spieltagen a 3 Wertungsdurchgängen a 8
>> Einzelspielen (also 240 Einzelspiele je Saison) sind es
>> doch immer wieder einige wenige von uns, die sich an der
>> Spitze behaupten und durchsetzen.
>
> hier werden aber Äpfel mit Birnen verglichen - für die DM
> bedeutet "Glücksabhängigkeit von Tichu" nicht 240 Spiele -
> sondern 9 Spiele. Und da steigt sie enorm :-) Von daher
> sind die Zahlen, so wie ursprünglich angegeben, nicht so
> verwunderlich.

Hallo Marten,

Da hast Du recht. Es ging hier ja auch nur um eine Diskussion ob des Tichu-Wertes in dieser Statistik und der fälligen Ehrenrettung für das Spiel an sich. Dass der Wert bei nur wenig Spielen (und wenig Erfahrung der Spieler!) so ausfällt, verwundert nicht.

Andererseits: warum wird z.B. OFuA als weniger glücksabhängig empfunden? Wer hat schon Einfluss darauf, was er für Karten nachzieht oder ob er ggf. mehrfach in einem Spiel mit ca. 8 Runden gemeuchelt wird und keine Aktion spielen darf? Mein Rekord steht bei 4 mal in einem Spiel ;-) Und ich mag OFuA trotzdem...

Und der Rest der Statistik ist auch bisweilen wenig aussagekräftig. Indus steht da, wo es hingehört, aber Carcassonne noch dahinter? Oh Wunder...

Naja, und der Spitzenwert 3.51 für Tongiaki ist ja nun der Lacher schlechthin. Bin selten so gespielt worden wie gerade bei diesem Spiel. Und wenn es nicht mir selbst passierte, so doch wenigstens einem oder zwei der beteiligten anderen Spieler in jeder Viererrunde mit diesem originellen aber leider doch unausgegorenem Spiel.

Hartmut

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peer

Re: Statistik DM: Glücksspiele vs. "Könner"-Spiele

Beitragvon peer » 6. September 2005, 16:07

Hi,
Attila schrieb:
> Na, das ist aber nur deine Interpretation von
> "Glücksabhängig" - ohne irgendwelche Belege o.ä - die
> zugrunde gelegten Daten lassen jedoch sehr wohl den Schluss
> zu das Tichu ein rel. "Glücksabhängiges" Spiel ist und FvF
> nicht.
> Wie kommst du darauf das Tichu ach-so-glücksunabhängig ist?

Mmh, meinen Fehler hat Marten schon gut erkannt: Für Tichu (oder auch Skat oder Poker) gilt, dass sich auf lange Sicht eher derjenige durchsetzt, der besser spielt. In wenig Spielen (wie bei der DM) macht ein gutes Blatt natürlich viel aus, entsprechend ist der Glücksfaktor deutlich höher.


> > Zwar sind Glücksabhängigere Spiele eher oben zu finden,
> aber eine generelle Regel
> > kann man nicht ableiten...
(...)
> Die Zahlen mögen Absolut keine Bedeutung haben, aber relativ
> gesehen sind sie schon ein deutliches Indiz!

Etwas anderes hab ich nicht gemeint! Ein Indiz ist keine Regel :-)

Aber nochmal etwas konkreter: An den Zahlen hängen zwei Interpretationen:
a) Wie hoch ist der Glücksfaktor?
b) Wie groß sind die Unterschiede zwischen den Teamsmitgliedern?

Daraus wird ein Schluß gezogen: Der Glücksfaktor.
b) hat aber durchaus einen Einfluss auf die Platzierung und kann sich so nivillierend auf a) auswirken.

Wenn man die Schuhgrößen aller Menschen mit ihrem IQ vergleicht, wird man auch feststellen, dass der IQ mit der Schuhgrößer eher steigt... :-)
(Zugegeben schlechtes Beispiel, denn diesmal hängen beide Faktoren von einem dritten ab, um ein konkreteres Beispiel zu geben: Man multipliziert beiedes miteinander - nun werden die klugen* Leute eher bei den hohen Zahlen stehen, aber eben nicht alle - und nicht nur!)

ciao
peer

* Ja, der IQ hat nichts mit Klugheit zu tun. Aber das Paradigma sollte klar werden.

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Stephan Zimmermann
Kennerspieler
Beiträge: 182

RE: Statistik DM: Glücksspiele vs. "Könner"-Spiele

Beitragvon Stephan Zimmermann » 6. September 2005, 18:10

"Hartmut" hat am 06.09.2005 geschrieben:

>> Tichu ist nicht so vom Glueck bestimmt, wie sich auf den
>> ersten Blick vermuten laesst.
>
> Kann ich nur bestätigen, ebenfalls durch empirische
> Beobachtungen untermauert. Nach drei gespielten Jahren
> Tichuliga im Spielekreis mit 20 bis 24 Teilnehmern, einer
> Saison mit 10 Spieltagen a 3 Wertungsdurchgängen a 8
> Einzelspielen (also 240 Einzelspiele je Saison) sind es
> doch immer wieder einige wenige von uns, die sich an der
> Spitze behaupten und durchsetzen.

Die Tatsache, dass man bei Tichu viele Spiele braucht um sich von schlechteren Spielern abzusetzen ist doch schon ein Anzeichen für den Glücksfaktor. Es sind einfach zu viele Spiele dabei, bei denen man kaum etwas falsch machen kann.
Auch bei vielen Spielen würde ich bei Tichu schon jemand als guten Spieler bezeichnen, der 55% bis 60% seiner Gegner besiegt. (orientiert an BSW-Quoten)


Bei einem glücksarmen Spiel würde ich einen Spieler erst dann als sehr gut bezeichnen, wenn er 65% bis 70% seiner Gegner hinter sich läßt.

Viele Grüße,
Stephan

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Volker L.

Re: Statistik DM: Glücksspiele vs. "Könner"-Spiele

Beitragvon Volker L. » 6. September 2005, 20:04

> Attila schrieb:
> > Na, das ist aber nur deine Interpretation von
> > "Glücksabhängig" - ohne irgendwelche Belege o.ä - die
> > zugrunde gelegten Daten lassen jedoch sehr wohl den Schluss
> > zu das Tichu ein rel. "Glücksabhängiges" Spiel ist und FvF
> > nicht.
> > Wie kommst du darauf das Tichu ach-so-glücksunabhängig ist?

Ich bin erstaunt, dass gerade von Dir, Atti, so ein Argument kommt.
Immerhin vertritts Du doch sonst gerne die These, Risikomanagement
sei die höchste Form der Strategie.
Und die Einschätzung anhand des eigenen Blattes, ob man nun ein
kleines oder gar großes Tichu ansagt, ob man sticht oder besser
passt und seine Karten aufhebt bis die Chancen besser stehen und
ob, wenn die Gegenpartei angesagt hat, man selbst versucht schnell
Schluss zu machen oder vor allem den Partner dabei unterstützt - das
alles sind durchaus relevante Aspekte von Risikomanagement.

peer schrieb:

> Wenn man die Schuhgrößen aller Menschen mit ihrem IQ
> vergleicht, wird man auch feststellen, dass der IQ mit der
> Schuhgrößer eher steigt... :-)

Das halte ich nicht für sehr wahrscheinlich. Ich vermute mal, dass Du
auf das Alter hinauswillst? Man kann aber die Ergebnisse von
Intelligenztests zwischen Erwachsenen und Kindern gar nicht
richtig vergleichen, weil es schlichtweg unmöglich ist, einen
Intelligenztest zu kreieren, der unabhängig vom Wissenshintergrund ist.

Bei Erwachsenen sollten IQ und Schuhgröße in keinem messbaren
kausalen Zusammenhang mehr stehen.

Oder willst Du auf etwas anderes hinaus? ;-)
Grübel grübel...
Die Schuhgröße auch bei Erwachsenen ist zwar nicht streng, aber
doch näherungsweise proportional zur Körpergröße. Nun sind Männer
durchschnittlich etwas größer als Frauen....
Und (Nord-)Europäer sind durchschnittlich größer als (Südost-)Asiaten...

...sag mal, Peer - weiss Deine Frau eigentlich, was für eine hohe
Meinung Du von ihren intellektuellen Fähigkeiten hast? :lol: :-D :lol:

Gruß, Volker (SCNR)

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Attila
Kennerspieler
Beiträge: 4715

Re: Statistik DM: Glücksspiele vs. "Könner"-Spiele

Beitragvon Attila » 6. September 2005, 20:48

Volker L. schrieb:

> Ich bin erstaunt, dass gerade von Dir, Atti, so ein Argument
> kommt. Immerhin vertritts Du doch sonst gerne die These,
> Risikomanagement sei die höchste Form der Strategie.

Sagmal, ist es jetzt ein neuer Forumssport absichtlich geschriebene Sachen falsch zu verstehen?

Ich habe nicht geschrieben das Tichu ein Glücksspiel ist - es ist halt nur so das das der "Glücksanteil" bei Tichu sich öfter auf das Spiel auswirkt als in anderen Spielen! - Manche nehmen das wohl als persönlichen Angriff - okay, deren Problem - deren Fantasie!

> Schluss zu machen oder vor allem den Partner dabei unterstützt - das
> alles sind durchaus relevante Aspekte von Risikomanagement.

Alles richtig - mir gefällt Tichu sogar auch ausgesprochen gut! - Aber die harten Fakten belegen das es nunmal halt doch eine ganz gute Portion Glück enthält - da kann man rumdeuteln wie man will. Ich finde das Spiel deswegen übrigens keinen deut schlechter weil ich das weiss.

Die guten Spieler haben bei Tichu eine "Siegquote" von ~65-70%. Vergleichweise wenig - bei Yinsh und Go sind die "guten" bei 80-90%. Sogar bei SanJuan sind die guten Spieler bei ~80%!!! (Nachzusehen bei BSW).
Das ist die harte Wahrheit - macht das Spiel aber keinswegs schlechter!

Man muss einfach mal nicht *alles* was geschrieben wird als Kritik an sich oder seinem Lieblingsspiel ansehen.

Atti

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Volker L.

Re: Statistik DM: Glücksspiele vs. "Könner"-Spiele

Beitragvon Volker L. » 6. September 2005, 23:10

Attila schrieb:
>
> Volker L. schrieb:
>
> > Ich bin erstaunt, dass gerade von Dir, Atti, so ein Argument
> > kommt. Immerhin vertritts Du doch sonst gerne die These,
> > Risikomanagement sei die höchste Form der Strategie.
>
> Sagmal, ist es jetzt ein neuer Forumssport absichtlich
> geschriebene Sachen falsch zu verstehen?

Nö.
Ich habe das Posting geschrieben, weil ich auf Peer antworten wollte.
Ganz spontan habe ich dann sozusagen im Moment des Schreibens
beschlossen, auch noch auf Deinen von Peer zitierten Absatz zu
antworten, weil ich - ich betone [i]ohne[/i] intensive Recherche,
Textanalyse und tiefschürfende Interpretaion - Deine sonstigen
Aussagen zum Thema Zufallselement und das zum Thema Tichu
schon als gewisse Diskrepanz empfand.

> Alles richtig - mir gefällt Tichu sogar auch ausgesprochen
> gut! - Aber die harten Fakten belegen das es nunmal halt doch
> eine ganz gute Portion Glück enthält - da kann man rumdeuteln
> wie man will. Ich finde das Spiel deswegen übrigens keinen
> deut schlechter weil ich das weiss.
>
> Die guten Spieler haben bei Tichu eine "Siegquote" von
> ~65-70%. Vergleichweise wenig - bei Yinsh und Go sind die
> "guten" bei 80-90%. Sogar bei SanJuan sind die guten Spieler
> bei ~80%!!! (Nachzusehen bei BSW).
> Das ist die harte Wahrheit - macht das Spiel aber keinswegs
> schlechter!

Zum Thema "Go" verweise ich auf Ferdinands Posting
http://www.spielbox.de/phorum4/read.php4?f=1&i=118291&t=118254

Ansonsten:
auch mit den Statistiken der BSW muss man vorsichtig sein.
Zu nahezu jedem Spiel findet man ein paar Leute, die unglaublich
hohe Siegquoten haben. Manche mögen wirklich extrem gut sein,
aber ein nicht unerheblicher Teil basiert auch darauf, dass man
viel mit Anfängern spielt. Teilweise mag jemand einfach so nett
sein, viele Erklärrunden zu spielen, manchmal (mir ist kein
Fall persönlich bekannt, aber ich habe entsprechende Gerüchte
mehr als einmal vernommen) mag es sich auch um gezielte
Abzocke handeln, d.h., jemand spielt absichtlich mit Anfängern,
um seine Siegquote zu pushen.
Oder dritte Möglichkeit: Man spielt viel mit ein und demselben
Gegner, der einfach weniger gut ist als man selbst (man hat es
nicht auf das Kräftemessen mit besonders guten Gegnern abgesehen,
sondern spielt mit seinem Freund ein bestimmtes Spiel, weil es
beiden Spaß macht) und bekommt dadurch nebenbei automatisch
eine hohe Quote.
Zu letzterem kann ich mich selbst als Beispiel nennen.
Meine Quote bei CCE ist 31,82% (7 Siege bei 22 Partien), meine
Quote von CCHuB aber stolze 77,27% (17 Siege bei ebenfalls 22
Partien). Warum? Weil ich in letzter Zeit CC meist mit einer
bestimmten Spielerin spiele, die ich nicht immer, aber meistens
schlage - und wenn wir zwei spielen, dann praktisch immer mit
allen Erweiterungen.

Das soll jetzt nicht heissen, dass die BSW-Statistik nichts taugen
würde - man sollte nur immer auch die Existenz solcher Effekte
bei seinen Schlussfolgerungen berücksichtigen.

> Man muss einfach mal nicht *alles* was geschrieben wird als
> Kritik an sich oder seinem Lieblingsspiel ansehen.

T*ch* mein Lieblingsspiel?
[i]kicher[/i]

Mein BSW-Name ist Star-Fox;
guck Dir mal meine Statistik an, guck, wieviele Partien davon ich
gespielt habe - sieht das nach einem Lieblingsspiel aus? ;-) :-D

Gruß, Volker

P.S.
Besteht die Chance, dass Du dieses Jahr mal zum Treffen am Spielboxstand
(Donnerstag 18:00 bis 19:00) kommst? Ich würde Dich wirklich gerne mal
persönlich treffen.

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Thomas (EiNSTEiN)

Re: Statistik DM: Glücksspiele vs. "Könner"-Spiele

Beitragvon Thomas (EiNSTEiN) » 7. September 2005, 08:14

Volker L. schrieb:
> ...
> Und die Einschätzung anhand des eigenen Blattes, ob man nun ein
> kleines oder gar großes Tichu ansagt, ob man sticht oder besser
> passt und seine Karten aufhebt bis die Chancen besser stehen
> und ob, wenn die Gegenpartei angesagt hat, man selbst versucht
> schnell Schluss zu machen oder vor allem den Partner dabei
> unterstützt - das alles sind durchaus relevante Aspekte von Risikomanagement.
> ...

Ja, das sind alles Punkte, die einen guten von einem schlechten Tichuspieler unterscheiden mögen, und es ist sicher richtig, daß ein schlechter Spieler (bzw. ein schlechtes Spielerpaar) mit dem gleichen Blatt, mit dem ein guter Spieler gewinnen würde, versagt, aber Entscheidungen der Art, wie Du sie oben erwähnst, kommen bis auf wenige Ausnahmen in fast jedem Spiel vor.

Aber es ist bei Tichu nun einmal dennoch so, daß es bessere und schlechtere Blätter gibt. Asse, Drache, Phönix, Bomben, eine lange Straße oder andere Kombinationen, die sich besonders gut ergänzen, steigern die Chancen, ein Spiel zu gewinnen, einfach erheblich. Da können dann die Gegenspieler noch so gut sein.

Wer bei einer Partie Tichu nur Pech hat, liegt ganz schnell mal mit mehreren hundert Punkten zurück und kann das dann nur noch mit Glück aufholen, indem er z.B. großes Tichu ansagt und auf sein Glück (ein gutes Blatt) hofft.

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peer

[OT[ : Statistik DM: Glücksspiele vs. "Könner"-Spiele

Beitragvon peer » 7. September 2005, 08:22

Hi,
Volker L. schrieb:
> peer schrieb:
>
> > Wenn man die Schuhgrößen aller Menschen mit ihrem IQ
> > vergleicht, wird man auch feststellen, dass der IQ mit der
> > Schuhgrößer eher steigt... :-)
>
> Das halte ich nicht für sehr wahrscheinlich. Ich vermute mal,
> dass Du
> auf das Alter hinauswillst? Man kann aber die Ergebnisse von
> Intelligenztests zwischen Erwachsenen und Kindern gar nicht
> richtig vergleichen, weil es schlichtweg unmöglich ist, einen
> Intelligenztest zu kreieren, der unabhängig vom
> Wissenshintergrund ist.

Jaja, generell kann man mit IQ-Tests alles messen, ausser der Intelligenz ;-)
Aber das Beispiel war zu schön, um es nicht zu brinegn ;-)

ciao
peer

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Marten Holst
Kennerspieler
Beiträge: 1787

RE: Statistik DM: Glücksspiele vs. "Könner"-Spiele

Beitragvon Marten Holst » 7. September 2005, 15:34

Moin Attila,

> Die guten Spieler haben bei Tichu eine "Siegquote" von
> ~65-70%.

Uppsala - woher hast Du die Zahlen denn? Dürfte in der BSW kaum anerkannt gute Spieler mit >60% geben (gibt es - aber wenige). Wobei diese Statistiken allerdings keine Sätze, sondern Einzelspiele umfassen, die natürlich eh noch ein bisschen glücksabhängiger sind.

> Vergleichweise wenig - bei Yinsh und Go sind die
> "guten" bei 80-90%. Sogar bei SanJuan sind die guten
> Spieler bei ~80%!!! (Nachzusehen bei BSW).

Neben den von Volker genannten Aspekten ist auch noch zu berücksichtigen, dass Remisen in der Statistik für beide Spieler als ganzer Sieg zählen. Bei den genannten Spielen vielleicht weniger wichtig (obwohl Yinsh schon ne Menge davon bietet), aber Attika hat definitionsgemäß gar keine Möglichkeit zum Remis und daher (bei gleichem unterstellten Glückseinfluss) nahezu automatisch eine niedrigere Maximalsiegquote als remisanfälligere Spiele (okay, besseres Beispiel als Yinsh fällt mir gerade zugegebener Maßen nicht ein :-) ). Wollte ja auch nicht gegenargumentieren, nur ergänzen :-)

Tschüß
Marten (Tichu leider wieder unter 53% gefallen die letzten Wochen - doch noch glücksabhängiger als ich dachte, das Spiel :-) )

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Olivier Boss

Re: Statistik DM: Glücksspiele vs. "Könner"-Spiele

Beitragvon Olivier Boss » 7. September 2005, 19:09

Der Trick dabei ist, mit guten Blaetter viele Punkte herauszuholen.

Z.B. Du hast den Drachen und Phoenix, aber fuer dich sieht das Blatt zu schwach aus, um ein Tichu anzusagen. Moeglicher Ausgang: Du wirst trotzdem (oder deshalb) erster und dein Partner macht keinen Stich und wird letzter. Du hast den Phoenixstich eingesteckt und natuerlich den Drachenstich verschenkt. Punktestand: -15 zu 115 zu deinem Bedauern. (Mit Tichuansage: 85 zu 115) trotz guten Karten.

Oder der Doppelsieg konnte nicht erreicht werden, weil der erste Spieler mit einem hohen Kombi aufgehoert hat (oder aufhoeren musste). Der naechste Spieler spielt nur Kombis, die der Partner des ersten Spieler nicht kann. Obwohl der Partner eigentlich bessere Karte hat, wird er dadurch dritter.

Das sind nur zwei Beispiele, die verdeutlichen sollen, dass gute Karten keine Garantie fuer viele Punkte sind. Wenn man mehr auf Punkte spielt, ist das Risiko hoeher, dass man das angesagte Tichu nicht mehr schafft ...

Fazit: So einfach ist Tichu nicht, dass man es v.a. als Gluecksspiel bezeichnen kann.

Gruss
Olivier

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Attila
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Beiträge: 4715

Re: Statistik DM: Glücksspiele vs. "Könner"-Spiele

Beitragvon Attila » 8. September 2005, 19:06

Volker L. schrieb:

> Besteht die Chance, dass Du dieses Jahr mal zum Treffen am
> Spielboxstand (Donnerstag 18:00 bis 19:00) kommst? Ich würde Dich wirklich
> gerne mal persönlich treffen.

Wenn ich es dieses Jahr nicht verpenne! :-)
Wir können das ja mal via eMail ausmachen!

Atti


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