Beitragvon Gead » 4. Dezember 2012, 15:44
Ralf Arnemann schrieb:
> Ich kenne mich mit "Crowdfunding" kaum aus, vielleicht ist
> das also eine sehr dumme Frage: Braucht man denn noch
> Crowdfunding, wenn man einen Verlag hat?
Wenn man einen Verlag gefunden hat, der das ihm vorgestellte Spiel unbedingt produzieren will und der die nötigen finanziellen Mittel dafür aufzubringen bereit ist, dann braucht "man" Crowdfunding nicht. In vielen Fällen ist es doch aber so, dass sich Verlage aus einer Vielzahl von zur Veröffentlichung geeigneter Spiele(-vorschläge) ein paar wenige aussuchen "müssen". Und von den schließlich veröffentlichten Spielen sind es dann nochmals weniger, die wirtschaftlich - nicht spielerisch - die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen. Mit Crowdfunding können Autoren (per Cofunding zusammen mit Verlagen, aber auch Stiftungen oder anderen Fördermittelgebern) zu einem (viel) früheren Zeitpunkt unmittelbare Reaktionen erhalten, Interesse wecken und wertvolles Feeback erhalten. Und zu den anfänglichen "Fans" eine idealerweise enge, zumindest aber eine andere Beziehung aufbauen, als das sonst im Vorfeld einer normalen Veröffentlichung möglich wäre. Ein Crowdfunding ist dabei als ein Prozess zu sehen, an dessem Ende das durch die Crowd finanzierte - und von dieser gewollte - Spiel stehen "kann". Nicht "muss"!
Ein Spiel, dass es nur aufgrund von Crowdfunding, d.h. der Unterstützung von Einzelnen ganz gezielt zur Veröffentlichung geschafft hat, ist deswegen nicht unbedingt ein besseres Spiel. Es ist aber auf eine Weise gefördert worden, die nicht "irgendwelchen" Marktgesetzen und Modetrends gehorcht, oder die von Monopol-artig dauerbesetzten Regalmetern in der Spielwarenabteilung bestimmt wird. Voraussetzung dafür ist ganz gewiss auch, dass der Verlag unter Crowdfunding nicht nur eine bequeme Form der Vorfinanzierung versteht; diese ist zwar legitim, verwässert aber die Idee dahinter: Vorwiegend solchen kulturellen Projekten (wie Gesellschaftsspielen) eine Chance zu geben, die bisher und aus den verschiedensten Gründen durchs Raster gefallen sind.
>
> Im Gegensatz zu Videospielen oder Filmen ist der
> Finanzeinsatz bei Brettspielen doch eher überschaubar. Und
> wenn ein Verlag vom Spielentwurf überzeugt ist, wird er
> normalerweise auch die Produktionskosten stemmen können - der
> Umweg über Crowdfunding ist doch ziemlich aufwendig und
> kostet auch Geld.
Der "Finanzeinsatz" ist nicht direkt vergleichbar. Ein Videospiel entsteht völlig anders wie ein Brettspiel. Das Skript und die Story kann sich zwar auch ein Autor ausdenken; für eine erste spielbare Umsetzung ist aber ein großes Aufgebot an Programmieren, Art-, Level- oder Sounddesignern usw. notwendig. Und das kostet. Ein Brettspiel kann dagegen eine Person alleine in eine spielbare Form bringen (die dann meist von Testspielern noch gehörig verändert wird). Das kostet natürlich auch - vor allem Zeit. Und: Die Herstellungskosten eines Brettspiels werden leider sehr oft (aus Unkenntnis heraus) verkannt. Die zu stemmen, dazu kann Crowdfunding gut sein. Crowdfunding kann man dabei als Umweg sehen; ich sehe darin einen ganz neuen Weg, der nur unwegsam verlaufen kann.