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"Hol's der Geier"-Effekt: Zufälliges legen der Karte

Diskussionen über einzelne Spiele
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Tom

"Hol's der Geier"-Effekt: Zufälliges legen der Karte

Beitragvon Tom » 9. November 2006, 13:30

Hallo an alle,

etwas weiter unten wurde der "Hol`s der Geier" - Effekt erwähnt.
Gemeint ist das mischen und zufällige legen der Karten.
Mit dieser Methode ist es möglich das Spiel auszuhebeln.

Bei uns in der Runde hat tatsächlich jemand bei einem Spiel einmal die Karten gemischt und wahllos eine gezogen und gelegt.
Uns war nach dieser Runde aber sofort klar: das machen wir nie wieder.
Das Spiel machte keinen Spaß mehr und wir waren uns einig, wenn jemand so etwas nochmal macht, wird er gesteinigt ;)

Denn genau durch diese Unwegbarkeiten (vielleicht legt er das, dann wäre das am besten - aber wenn er das legt ...) kann ein schönes Element komplett verlorengehen.

Jetzt meine Frage:
Lasst ihr solche "Zerstörer" zu? Verbietet ihr die entsprechende Spielweise? Spielt ihr solche Spiele dann einfach nicht mehr?

Gruß

Tom

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Günter Cornett

Re: "Hol's der Geier" - Effekt

Beitragvon Günter Cornett » 9. November 2006, 13:53

Tom schrieb:
>
> Hallo an alle,
>
> etwas weiter unten wurde der "Hol`s der Geier" - Effekt
> erwähnt.
> Gemeint ist das mischen und zufällige legen der Karten.

Nö, bei Hol's der Geier sucht man sich sehr gezielt seine Karten aus.
Jeder wählt eine Karte aus.
Je nach Spielsituation erhält die höchste Karte Pluspunkte oder die niedrigste Minuspunkte. Gleiche Karten patten sich aus, so dass die nächst niedrigere die Pluspunkte bzw. die nächsthöhere Karte die Minuspunkte bekommt. Dieses Auspatten ist der "Hol`s der Geier" - Effekt.

Gruß, Günter

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Olav Müller
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Beiträge: 638

Re: "Hol's der Geier" - Effekt

Beitragvon Olav Müller » 9. November 2006, 13:55

Hiho,

gute Frage. Bei manchen Mitspielern habe ich manchmal durchaus den Verdacht, dass sie so spielen. Da kann ich dann natürlich nicht gewinnen, wenn sich nicht jeder so verhält, wie ich es plane.

Konkret: Nein, wir "verbieten" das nicht. Wenn jemand so spielen will, soll er es ruhig mal versuchen. Meistens hilft ihm das nichts. Bspw. hat eine Mitspielerin mal bei Caylus die "Strategie" verfolgt, spätestens nach dem Setzen des ersten Arbeiters auszusteigen. Das war ein wirklich sehr interessantes Spiel, wenn auch etwas kostspielig.

Ein Spiel, dass solche Beanspruchung nicht aushält, würde ich aber vielleicht in einer solchen Situation nicht nochmal spielen. Meistens zeichnet sich sowas ja ab und man spielt lieber etwas anderes.

CU,
Olav

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Grzegorz Kobiela

Re: "Hol's der Geier" - Effekt

Beitragvon Grzegorz Kobiela » 9. November 2006, 13:56

In meinem ersten Spiel "Ohne Furcht und Adel" habe ich in den ersten drei Runden Pech gehabt und wurde ständig gemeuchelt und habe alle Karten verloren (dank gezielter Angriffe meiner beiden Mitspieler). Also habe ich aus Protest am Ende von Runde 3 statt neue Karten noch mehr Gold genommen und hatte damit 5 Gold. In der vierten Runde habe ich meine beiden Rollen blind gezogen, ohne mir auch die restlichen Rollen anzusehen. Stand es noch vorher 11 - 10 - 2 oder so ähnlich, so habe ich es nach dieser einen Runde durch blinde Rollenwahl auf 12 Punkte gebracht. Anschließend habe ich aber wieder normal gespielt.

Wenn man nicht weiter weiß, ist ein blindes Ziehen durchaus sinnvoll. Wer das aber das ganze Spiel über macht, versaut anderen den Spaß, schon klar.

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Marten Holst
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RE: "Hol's der Geier" - Effekt

Beitragvon Marten Holst » 9. November 2006, 14:03

Moin Günter,

ich denke, Tom bezieht sich auf dieses Posting, in dem der HdG-Effekt so verwendet wird, wie von ihm beschrieben:

http://www.spielbox.de/phorum4/read.php4?f=1&i=155349&t=155305

Ansonsten zum Thema: bei uns wird sowas gelegentlich per Ankündigung gespielt, einfach um zu testen, ob der Verdacht richtig sei. im Regelfall spielt das dann derjenige so, der den Verdacht hatte, es sei ausreichend, und er schneidet besser ab als sonst, aber schlechter als die Mitspieler.

Ein Problem vieler Bluffspiele ist allerdings tatsächlich, dass eine gerüttelt Portion "Zufallsentscheid" zu der optimalen Strategie dazu gehört (so genannte Strategie des Nash-Gleichgewichts). Wird es zu viel und aus zu vielen Optionen, dann wäre das ein Grund, das Spiel gar nicht mehr zu spielen. Ansonsten bliebe als Element ja nur noch, dass der Mensch keinen vernünftigen Zufallsgenerator hat und auch keinen zu simulieren in der Lage ist.

Also: ja, ein-zwei Male würden wir aus experimentellen Gründen "so jemanden" am Tisch mitspielen lassen - man will ja wissen, ob das Spiel überhaupt funktioniert. Danach wird dann meist die Entscheidung getroffen, das Spiel entweder gar nicht mehr, oder zumindest in dieser Runde eh nicht mehr herauszuholen (da ja der, der die Vermutung äußerte, im Regelfall das Spiel nicht besonders schätzen wird).

Selbsttätiges "Zufallsspiel" war an sich immer, wenn ich es erlebt hatte, eine Form der Aufgabe "kann ja eh nichts mehr ausrichten, mir ist jetzt alles egal, kommt mal zum Ende" - und solche Leute mag ich dann an die Wand klatschen, aber das ist ja ein anderes Motiv.

Tschüß
Marten

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Marten Holst
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RE: "Hol's der Geier" - Effekt

Beitragvon Marten Holst » 9. November 2006, 14:05

Moin,

> gute Frage. Bei manchen Mitspielern habe ich manchmal
> durchaus den Verdacht, dass sie so spielen. Da kann ich
> dann natürlich nicht gewinnen, wenn sich nicht jeder so
> verhält, wie ich es plane.

wobei das ja eben hieße, dass außer dem Personeneinschätzelement nichts mehr vom Spiel übrig bliebe, das gewisse Strategien besser oder schlechter scheinen ließe. Das wäre dann auch ein Spiel, das nicht über Stein-Schere-Papier hinausginge :-)

Tschüß
Marten

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Dirk Piesker
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Re: "Hol's der Geier" - Effekt

Beitragvon Dirk Piesker » 9. November 2006, 14:07

Hallo Tom,

da klinke ich mich doch gleich ein.

Ich ärgere mich masslos über ein solches Verhalten im Spiel,
weil es den anderen Mitspielern signalisiert: Ich hab keinen Bock mehr,
spielt ohne mich weiter.
Da ist es ehrlicher, abzubrechen.

Nur:
Auf der anderen Seite muss ein Spiel natürlich auch die entsprechenden
Anreize setzen, Dinge zu tun oder zu lassen.
Wenn es nämlich egal ist, ob ich mische oder aussuche (und zwar unabhängig
davon, ob es nun ein Fun-Spiel ist oder nicht), will ich es auch nicht mehr spielen.
Dann lieber File 13 :-)

Wenn spiele nur Spass machen, wenn sie auf die eine oder andere Weise
gespielt werden, (Achtung, jetzt kommt der erklärte Spielspass...)
dann halte ich das Spieldesign für schwach.


Dirk

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achim

Re: "Hol's der Geier" - Effekt

Beitragvon achim » 9. November 2006, 14:22

Dirk Piesker schrieb:
>
> Hallo Tom,
>
> da klinke ich mich doch gleich ein.
>
> Ich ärgere mich masslos über ein solches Verhalten im Spiel,
> weil es den anderen Mitspielern signalisiert: Ich hab keinen
> Bock mehr,
> spielt ohne mich weiter.
> Da ist es ehrlicher, abzubrechen.


In unserer Familie galt immer die Devise, dass ein Spiel zu Ende gespielt wird, um sich danach ein erstes Urteil über die Qualität eines Spieles bilden zu können. Vor einiger Zeit spielte aber mein Sohn so wie oben beschrieben, wenn ihm ein Spiel während des Spielens nicht gefiel, und er den Eindruck hatte, das Spiel wäre ihm, mit seinen Worten ausgedrückt, "zu lucky"!

Natürlich macht Spielen so keinen Spaß. Das Verhalten meines Sohnes war auch eher als Protest zu verstehen. Jeder, der so handelt, zerstört tatsächlich ein Spiel. Lediglich zu Testzwecken mag solch ein Verfahren taugen. In der Zwischenzeit brechen wir jetzt ein Spiel ab, wenn es nicht allen Teilnehmern Spaß macht, denn dazu soll ein Spiel ja da sein.

Gruß
achim

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Günter Cornett

RE: "Hol's der Geier" - Effekt

Beitragvon Günter Cornett » 9. November 2006, 14:24

Marten Holst schrieb:
>
> Moin Günter,
>
> ich denke, Tom bezieht sich auf dieses Posting, in dem der
> HdG-Effekt so verwendet wird, wie von ihm beschrieben:
>
> http://www.spielbox.de/phorum4/read.php4?f=1&i=155349&t=155305

Jo, sowas hatte ich mir schon gedacht.
Aber das als 'Hols der Geier'-Effekt zu bezeichnen, tut dem Spiel unrecht.
Im einzelnen Spiel mag ein zufällig ziehender Dummy erfolgreich sein, insbesondere wenn die Mitspieler glauben, dass Überlegen sinnlos ist.

Es gibt aber immer wieder Situationen, wo es sinnvoll ist, eine bestimmte Karte zu ziehen. Deshalb wird ein Dummy auf lange Sicht gegen einen gut überlegenden Spieler verlieren.

Ein simples Beispiel:
Alle Spieler außer dem Dummy haben ihre höchste Karte schon gespielt. Dann erscheint die höchste Punktkarte. Hier ist es sinnvoll und entscheidet womöglich spielentschediend, dass der Dummy seine höchste Karte spielt.

Ansonsten geht natürlich vieles über das Einschätzen der Mitspieler. Er spielt jetzt das, weil er denkt, dass ich das spiele. Deswegen spiele ich ... aber vielleicht rechnet er damit, dass ich das tue ...
Das lässt sich natürlich auch weitgehend durch einen zufällig ziehenden Dummy simulieren. Aber darauf lässt sich Hols der Geier eben nicht reduzieren.

Gruß, Günter


> Ansonsten zum Thema: bei uns wird sowas gelegentlich per
> Ankündigung gespielt, einfach um zu testen, ob der Verdacht
> richtig sei. im Regelfall spielt das dann derjenige so, der
> den Verdacht hatte, es sei ausreichend, und er schneidet
> besser ab als sonst, aber schlechter als die Mitspieler.

Das kann aber auch daran liegen, das er bei dem Spiel nicht durchblickt und er einen Zufallsgenerator durch einen anderen ersetzt.

Gruß, Günter

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Tom

Re: "Hol's der Geier" - Effekt

Beitragvon Tom » 9. November 2006, 14:41

Hallo Günter,

ich habe den Begriff "Hol`s der Geier" - Effekt tatsächlich nur aus dem Posting weiter unten übernommen. Wollte dem Spiel kein Unrecht antun.
Es sollte nur den Effekt - ich denke nicht nach und ziehe einfach eine Karte - beschreiben.

Gruß

Tom

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Marten Holst
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Beiträge: 1787

RE: "Hol's der Geier" - Effekt

Beitragvon Marten Holst » 9. November 2006, 14:46

Moin,

>> Ansonsten zum Thema: bei uns wird sowas gelegentlich per
>> Ankündigung gespielt, einfach um zu testen, ob der Verdacht
>> richtig sei. im Regelfall spielt das dann derjenige so, der
>> den Verdacht hatte, es sei ausreichend, und er schneidet
>> besser ab als sonst, aber schlechter als die Mitspieler.
>
> Das kann aber auch daran liegen, das er bei dem Spiel nicht
> durchblickt und er einen Zufallsgenerator durch einen
> anderen ersetzt.

Dass das genau unser Schluss ist (Du spielst richtig Quark, Zufall wäre besser, aber an sich hat das Spiel "taktische Elemente"), das wollte ich an sich zart angedeutet haben :-)

Tschüß
Marten

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Günter Cornett

Re: "Hol's der Geier" - Effekt

Beitragvon Günter Cornett » 9. November 2006, 14:49

Tom schrieb:
>
> Hallo Günter,
>
> ich habe den Begriff "Hol`s der Geier" - Effekt tatsächlich
> nur aus dem Posting weiter unten übernommen. Wollte dem Spiel
> kein Unrecht antun.
> Es sollte nur den Effekt - ich denke nicht nach und ziehe
> einfach eine Karte - beschreiben.

Jo, mein Beitrag war auch nicht als Beschwerde gedacht sondern nur als Richtigstellung.

Gruß, Günter

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miXa
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RE: "Hol's der Geier" - Effekt

Beitragvon miXa » 9. November 2006, 16:18

Ich denke, hier handelt es sich um eine statistische "Falle"....
Der Dummy hat möglicherweise seine höchste Karte schon vorher gespielt und selbst der plötzlich für den Dummy weiterspielende, "denkende" Spieler hat sie jetzt garnicht mehr zur Verfügung...;) Und was ist, wenn die höchste Wertung kommt und alle haben noch ihre höchste Karte? Da sieht der Dummy schon direkt wieder sehr viel besser aus..... Man darf nie eine Einzelsituation betrachten sondern immer nur die Summe aller Einzelsituationen.

Die beschriebene Situation spricht jedenfalls nur unter Zuhilfenahme klassischer, statistischer Ausrutscher für den "überlegenden" Spieler. Seid mir nicht zu böse, dass ich das momentan nicht im Detail vorrechnen möchte, sry...

Das "Hol's der Geier"-Prinzip gehört eigentlich eher in die Schublade "Papier Schere Stein-Prinzip". Auch hier hat ein überlegender Spieler keine Vorteile gegenüber dem zufälligen Wählprinzip. Und nein - die schwindenden/unterschiedlichen Ressourcen bei "Hol's der Geier" machen dabei nicht wirklich einen grundsätzlichen Unterschied.

Und wer es nicht glaubt, macht eben einfach den praktischen, empirischen Versuch oder rechnet das ganze im theoretischen Modell durch.

Gruß

Micha

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Günter Cornett

RE: "Hol's der Geier" - Effekt

Beitragvon Günter Cornett » 9. November 2006, 17:32

miXa schrieb:
>
> Ich denke, hier handelt es sich um eine statistische
> "Falle"....
> Der Dummy hat möglicherweise seine höchste Karte schon vorher
> gespielt und selbst der plötzlich für den Dummy
> weiterspielende, "denkende" Spieler hat sie jetzt garnicht
> mehr zur Verfügung...;) Und was ist, wenn die höchste Wertung
> kommt und alle haben noch ihre höchste Karte? Da sieht der
> Dummy schon direkt wieder sehr viel besser aus..... Man darf
> nie eine Einzelsituation betrachten sondern immer nur die
> Summe aller Einzelsituationen.

Jo, es gibt Situationen, in denen es Zufall ist, wer gewinnt.
Und es gibt Situationen, in denen es die richtige Karte gibt, die man spielen muss.
In diesen Situationen gewinnt der Spieler, der überlegt.

Beispiel:
2 Spieler
Es gib noch +10 und +2.
Die +10 liegt offen.
Spieler hat 3 und 4
Dummy hat 1 und 5

Der Dummy gewinnt statistisch gesehen in 50% der Fälle.

Der umgekehrte Fall:

Die +10 liegt offen.
Dummy hat 3 und 4
Spieler hat 1 und 5
Hat der Spieler mitgezählt, gewinnt er in 100% der Fälle.
Er braucht nur die 5 zu spielen.

Je mehr Spieler teilnehmen, desto zufälliger wird das Ergebnis.
Es sind aber immer Situationen möglich, in denen eine bestimmte Karte den Vorteil bringt. In diesen Situationen gewinnt der Spieler, der mitdenkt. In den anderen Situation entscheidet der Zufall. Wenn der Zufall gleich verteilt ist, entscheiden die anderen Situationen das Spiel.

> Die beschriebene Situation spricht jedenfalls nur unter
> Zuhilfenahme klassischer, statistischer Ausrutscher für den
> "überlegenden" Spieler. Seid mir nicht zu böse, dass ich das

Statistische Ausrutscher können das Spiel zugunsten des Dummys entscheiden.
> momentan nicht im Detail vorrechnen möchte, sry...

Er funktioniert unter der Voraussetzung, dass es immer mal Situationen gibt, in denen es eine richtige Karte gibt. Diese Situationen häufen sich gegen Ende des Spiels. Der Spieler, der überlegt, kann diese Situationen praktisch immer in Punkte verwandeln, der Dummy 'entscheidet' sich dagegen mal richtig mal falsch.

> Das "Hol's der Geier"-Prinzip gehört eigentlich eher in die
> Schublade "Papier Schere Stein-Prinzip". Auch hier hat ein
> überlegender Spieler keine Vorteile gegenüber dem zufälligen

Papier, Stein, Schere sind gleichwertig und beliebig oft vorhanden.

> Wählprinzip. Und nein - die schwindenden/unterschiedlichen
> Ressourcen bei "Hol's der Geier" machen dabei nicht wirklich
> einen grundsätzlichen Unterschied.

Jede Situation, bei der im Spiel zu zweit nur noch jeweils zwei Karten übrig sind und die höchste und niedrigste noch vorhandene Zahlenkarte bei einem Spieler liegen, stellt eine Situation da, in der der betreffende die höhrere bzw. niedrigere Karte spielen muss, um mehr Punkte zu machen als sein gegenspieler. Der Dummy macht das statistisch gesehen in jedem zweiten Fall, der Spieler in jedem Fall. Daneben gibt es natürlich noch Situationen, die nicht völlig klar sind, sondern in denen der Spieler mit einer Chance von drei Vierteln oder fünf Sechsteln gewinnt, wenn er eine bestimmte Karte spielt. Hier gewinnt er ziemlich sicher gegen den Dummy, nicht notwendiger weise gegen andere Spieler.

> Und wer es nicht glaubt, macht eben einfach den praktischen,
> empirischen Versuch oder rechnet das ganze im theoretischen
> Modell durch.

Braucht es nicht. Es reicht der Existenzbeweis, zu wissen, dass es Situationen gibt, in denen die Entscheidung klar ist.
Je mehr Leute mitspielen, desto größer wird natürlich der Zufallsfaktor.

Gruß, Günter

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Volker L.

Re: "Hol's der Geier" - Effekt

Beitragvon Volker L. » 9. November 2006, 19:36

Dirk Piesker schrieb:
>
> Hallo Tom,
>
> da klinke ich mich doch gleich ein.
>
> Ich ärgere mich masslos über ein solches Verhalten im Spiel,
> weil es den anderen Mitspielern signalisiert: Ich hab keinen
> Bock mehr,
> spielt ohne mich weiter.
> Da ist es ehrlicher, abzubrechen.

Jein.
Wenn ein Spieler das permanent macht, trifft Deine Behauptung zu - es mag
sich aber durchaus in verschiedenen Spielen mal kurzfristig eine Situation,
ergeben, in der das sinnvoll ist.
Grzegorz hat direkt darüber eine Situation am Beginn von OFuA erwähnt, ich
hatte bei demselben Spiel mal am Ende eine vergleichbare Situation:
Spieler B hatte 7 Gebäude und genug Geld zum Bau eines achten, seine
Gebäude waren auch wertvoll genug für den Sieg, nur durch Meucheln hätte
er noch am Sieg gehindert werden können. Spieler A (aktueller König) wählt
seine Karte und grinst B an: "Du wirst nicht gewinnen :-D". Spieler B guckt
in die 5(?) Karten, die ihm zur Auswahl gereicht wurden - wie erwartet ist der
Meuchler nicht dabei. B wirft A einen kühlen, abschätzenden Blick zu,
mischt nonchalant die Karten und zieht eine davon blind. Fanden wir alle
in dieser Situation ungemein raffiniert :-))

Etwas allgemeiner: In allen Spielen, in denen es für mich von Nachteil ist,
wenn meine Gegner korrekt erraten, was ich tun werde, halte ich es für ein
durchaus legitimes Mittel, meine Auswahl ganz oder teilweise dem Zufall
zu überlassen, falls ich den Eindruck habe, mein Gegner ist zu gut darin,
mich einzuschätzen. Vielleicht nicht gerade das ganze Spiel über, aber
doch in kritischen Situationen.

Etwas ganz anderes ist es natürlich, sowas zu machen, weil man keine
Lust hat, nachzudenken und eine zufällige Wahl für annähernd gleich
effektiv hält - sowas sollte man in der Tat unterlassen.

nachdenkliche Grüße, Volker

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Guido Gottheil

Nash - Gleichgewicht

Beitragvon Guido Gottheil » 9. November 2006, 21:20

Marten Holst schrieb:

> Ein Problem vieler Bluffspiele ist allerdings tatsächlich,
> dass eine gerüttelt Portion "Zufallsentscheid" zu der
> optimalen Strategie dazu gehört (so genannte Strategie des
> Nash-Gleichgewichts).

Hallo Marten,

kannst Du mir das mit der Strategie des Nash-Gleichgewicht nochmal kurz genauer erklären? Ein Nash-Gleichgewicht entsteht doch, wenn ich eine beste Antwort auf das Verhalten meiner Mitspieler gebe und diese wiederum auf mich. Das setzt aber doch voraus, dass ich weiss, was der andere spielen kann (common knowledge). In wieweit aber da jetzt "eine gerüttelt Portion Zufallsentscheid" mitspielt, verstehe ich nicht. Wenn ich weiß, was der andere spielen kann, muss ich nicht raten. Ich weiß, welche (dominante) Strategie die anderen Spieler spielen, und diese wissen, was ich mache.
Wie meinst Du das?
Ist jetzt eine ernstgemeinte Frage, ich würde das gerne verstehen.

Gruß
Guido (der kein Mathematiker ist)

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fraweb
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Beiträge: 273

Re: "Hol's der Geier" - Effekt

Beitragvon fraweb » 9. November 2006, 21:59

Hallo!

Wenn ich mal nicht weiß was ich machen soll, spiele ich gerne mal drauflos und schaue was passiert. Meist entsteht dadurch eine neue Situation. Bisher hat sich darüber auch nie ein Mitspieler beschwert.
Und ich denke mir: wenn ich merke ich kann nicht mehr gewinnen, dann ist es mein Ziel die anderen wo es nur geht zu sabotieren :evil:
Das ist nicht die feine Art, aber auch ein "Konzept", auf das sich die anderen einstellen können :-D
Oberstes Gebot dann jedoch: beim Spiel darf man nichts persönlich nehmen! Klappt auch fast immer ;-)

Ein Spieleautor meinte mal zu mir, es sei absolut gut, dass es auch Spieler gibt, die "unvorhergesehen" bzw. "nicht 100% sinnvoll" spielen, da man dann besonders in der Prototypen-Phase eines Spiels merkt, ob das Spiel läuft oder nicht. In diesem Fall wurde ich also mal "gelobt", dass ich nicht immer 100% "sinnvoll" spiele :P

Schöne Grüße

Frank
Rock and Roll can never die!

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Marten Holst
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RE: Nash - Gleichgewicht

Beitragvon Marten Holst » 10. November 2006, 01:36

Moin Guido,

wenn es eine "dominante" Strategie gibt (für Hol's der Geier hatte der herr Cornett da Beispiele gegeben), dann ist die Situation klar, mein Gegner "muss" Zug X spielen, alles andere wäre schlecht für ihn, und darauf ist wiederum Y meine beste Antwort. Nur ist es bei solchen Spielen im Regelfall immer wieder so, dass es keine einzelne eindeutig dominante Strategie gibt (man denke an Stein-Schere-Papier). In solchen Situationen ist die ideale Strategie, die man fahren kann, immer eine so genannte gemischte Strategie. Das heißt, man entscheidet sich zufällig zwischen mehreren Zugmöglichkeiten, die alle nicht dominiert werden. Dabei heißt "zufällig" im Allgemeinen nicht "gleichverteilt". Eine "optimale gemischte Strategie" kann zu 70% A, zu 13% B und zu je 1% siebzehn andere mögliche Züge beinhalten. Nun geht es zunächst darum, diese gemischte Strategie zu definieren. Das geht - theoretisch zumindest. Aber danach eben zufällig einen Wert bestimmen, der die Strategie "unvorhersehbar" auslöst - das können wir Menschen leider nicht.

(Bei Stein-Schere-Papier ist die bestmögliche Strategie nicht komplett überraschend eine gleiche Chance für jede der drei Zugmöglichkeiten - jede andere, insbesondere jede nicht zufällige, Strategie hat Gegenstrategien, gegen die sie weniger als 50% "Siegquote" schafft).

Ich hoffe, etwas weiter geholfen zu haben, sonst frag ruhig nochmal nach :-)

Tschüß
Marten

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Marten Holst
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RE: "Hol's der Geier" - Effekt

Beitragvon Marten Holst » 10. November 2006, 01:36

Moin,

> Etwas allgemeiner: In allen Spielen, in denen es für mich
> von Nachteil ist,
> wenn meine Gegner korrekt erraten, was ich tun werde, halte
> ich es für ein
> durchaus legitimes Mittel, meine Auswahl ganz oder
> teilweise dem Zufall
> zu überlassen, falls ich den Eindruck habe, mein Gegner ist
> zu gut darin,
> mich einzuschätzen. Vielleicht nicht gerade das ganze Spiel
> über, aber
> doch in kritischen Situationen.

Rein theoretisch sogar dürfte das optimale Spiel sein, dass man es "immer" zumindest teilweise dem Zufall überlässt, wenn Züge vom Gegner "antizipiert" werden müssen.

Tschüß
Marten

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Dirk Piesker
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RE: "Hol's der Geier" - Effekt

Beitragvon Dirk Piesker » 10. November 2006, 07:12

Hallo Marten,

ja jein aber... :-)

Mein Ansatzpunkt ist weniger, ob es nun effektiver sei oder nicht.
Die Frage ist doch, wie es subjektiv beim einzelnen ankommt.

Wenn ein Spiel es erfolgreich schafft, den Spielern "einzureden", ihre
Entscheidungen wären total wichtig, dann ist ja alles in Butter.

Denn bei manchem Strategiespiel wird die Beliebigkeit der Aktionen
auch nur durch einen Regelwust kaschiert.

Finde ich auch nicht schlimm, bis dann halt die Erkenntnis durchsickert...

Unsere dritte Mitspielerin bei K&H war übrigens hochgradig von dem
Spiel begeistert, und zwar genau aus dem Grund: Weil sie das Gefühl
hatte auch mit unüberlegten Aktionen gewinnen zu können.


Viele Grüße,
Dirk

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Tom

Re: "Hol's der Geier" - Effekt

Beitragvon Tom » 10. November 2006, 08:19

Hallo Tom,

ich meinte nicht ganz deine Spielweise.
Einfach mal drauf los zu spielen (weil man nicht genau weiss, was man machen soll) ist in Ordnung. Manchmal möchte man auch einfach einmal etwas ausprobieren - auch wenn sich hinterher herausstellt, dass es absoluter Mist war ;)

Ich meinte eher das lustlose Spielen - dann ziehe ich halt irgendeine Karte.
Damit tut man sich selbst und den Mitspielern keinen Gefalllen.
Das Verhalten gehört zu gleichen Kategorie wie wenn man bei Verhandlungsspielen einfach nur sagt - ich kann eh nicht mehr gewinnen - du kannst haben was du willst - gib mir halt irgendwas ... :evil:

Gruß

Tom

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miXa
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[OT] RE: "Hol's der Geier" - Effekt

Beitragvon miXa » 10. November 2006, 09:40

> Braucht es nicht. Es reicht der Existenzbeweis, zu wissen,
> dass es Situationen gibt, in denen die Entscheidung klar ist.

Nein - Günter. Genau das ist der Punkt, der so nicht stimmt. Du darfst keine Einzelfälle aus dem Kontext lösen, das ist statistisch unsauber und vor allem kein Existenzbeweis. 1.) hatte das Spiel zu dem Zeitpunkt, den du rauspickst bereits eine "Geschichte", 2.) musst du die "Summe aller möglichen Einzelfälle" betrachten....

Aber wie schon gesagt - es ist entweder religös (Glaubenssache) oder Stochastik.
Bei dem ersten lohnt sich das diskutieren nicht, das zweite ist Fleißarbeit.. ;)

Liebe Grüße

Micha

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miXa
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Re: [OT] RE: "Hol's der Geier" - Effekt

Beitragvon miXa » 10. November 2006, 09:53

Jetzt muss ich leider gerade meinen eigenen Beitrag ergänzen, bevor es jemand anderes tut:
Natürlich reden wir nicht nur über Stochastik im weiteren Sinne, sondern auch Spieltheorie im besonderen. Klar - es geht ja nicht ausschließlich um Zufallsereignisse, sondern auch darum, ob sich auf dem Weg durch diese Zufallsereignisse irgendwo eine Strategie ableiten lässt, die der Dummy-Zufallsstrategie überlegen ist.

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Günter Cornett

Re: [OT] RE: "Hol's der Geier" - Effekt

Beitragvon Günter Cornett » 10. November 2006, 10:21

miXa schrieb:
>
> Jetzt muss ich leider gerade meinen eigenen Beitrag ergänzen,
> bevor es jemand anderes tut:
> Natürlich reden wir nicht nur über Stochastik im weiteren
> Sinne, sondern auch Spieltheorie im besonderen. Klar - es
> geht ja nicht ausschließlich um Zufallsereignisse, sondern
> auch darum, ob sich auf dem Weg durch diese Zufallsereignisse
> irgendwo eine Strategie ableiten lässt, die der
> Dummy-Zufallsstrategie überlegen ist.

Ich rede zunächst einmal von Taktik nicht von Strategie.
Die Frage nach der Strategie wäre imho der zweite Schritt.
Eine Strategie kann man imho nur dann entwickeln, wenn man auf bestimmte Situationen hinarbeiten kann.
Daher muss man zuerst einzelne Situationen anschauen.

Ich habe eine Situation genannt, in der der überlegende Spieler in 100% der Fälle einen Punktvorteil erreicht, während der Dummy bei umgekehrtem Kartenblatt nur - statistisch gesehen - in 50% der Fälle den Punktvorteil erreicht.

Bei meinen Überlegungen gehe ich aus Vereinfachungsgründen von einer Zwei-Spieler-Partie aus.
Es gibt bei Hol's der Geier Situationen, in denen
1. der Zufall entscheidet, wer gewinnt
2. man durch Überlegen ganz sicher einen Vorteil erzielen kann
3. man gegen einen Dummy mit einer hohen Wahrscheinlchkeit gewinnt, während ein menschlicher Gegenspieler in der gleichen Situation, die statistisch unwahrscheinliche Karte spielen würde

Da die Kartenverteilung umkehrbar ist, kann ein Spieler aus Situationen unter 1. bei einer hinreichend großen Anzahl von Spielen unterm Strich keinen Vorteil erzielen.
In den Situationen unter 2. erzielt der Spieler immer einen Vorteil, der Dummy nur zufällig (im von mir genannten Beispiel 50%).
In den unter 3 beschriebenen Situationen erzielt der Spieler gegen einen Dummy häufiger einen Vorteil als umgekehrt.

Es reicht nachzuweisen, dass es mindestens 1 Situation gibt, die für 2. oder 3. zutrifft, um einen - wenn auch kleinen - Vorteil für den menschlichen Spieler zu belegen.

Zu 2. gehören z.B. alle Situationen, in denen die beiden letzten Karten des Dummys wertmäßig zwischen den beiden letzten Karten des menschlichen Spielers liegen. Dann erzielt der menschliche Spieler in 100% der Fälle einen Vorteil. Bei umgekehrten Kartenhänden würde der Dummy in 50% der Fälle einen Vorteil erzielen.

Je mehr solche Situationen es gibt, desto größer ist der Vorteil des menschlichen Spielers. Bei der Einschätzung, wie groß dieser Vorteil ist, muss man natürlich auch die anderen Situationen berücksichtigen. Theoretisch ist es möglich, dass sich das erst bei 100 oder 1000 Partien bemerkbar macht.
Da ich hier aber nicht eine einzelne Situation sondern eine Gruppe von Situationen benannt habe, gehe ich davon aus, dass der Zufallsfaktor durch Überlegen erheblich eingeschränkt wird. Ob der menschliche Spieler nun 6, 7, 8 oder 9 von 10 Partien gegen den Dummy für sich entscheiden kann, bedarf dann tatsächlich einer kompletten Analyse.

Gruß, Günter

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Werner Bär
Kennerspieler
Beiträge: 450

RE: "Hol's der Geier" - Effekt

Beitragvon Werner Bär » 10. November 2006, 11:24

> Und wer es nicht glaubt, macht eben einfach den praktischen,
> empirischen Versuch oder rechnet das ganze im theoretischen
> Modell durch.

Und diesen empirischen Versuch haben wir schone einige Male gemacht. Wir haben früher bei 'Hols der Geier' schon mehrfach in kleinerer Runde einen 'Dummy' mitspielen lassen, der eine zufällige Karte legt (weil wir lieber mit mehr spielern spielen). Es ist schon länger her, aber ich kann mich nicht erinnern, daß der Dummy gut abgeschnitten hätte.

Bei 'Hickhack im Gackelwack', das ein ähnliches Spielprinzip hat, spielen wir normalerweise mit Dummy, wenn wir nur zu viert sind (damit mehr los ist). Üblicherweise wird der Dummy 4. von 5 Spielern. Einmal wurde er allerdings nur knapp zweiter.

Werner.


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