Beitragvon Christian Hildenbrand » 30. August 2006, 05:05
Hallo Sascha,
ich will Dir nicht direkt abraten von solch einem Schritt, aber zumindest zu bedenken geben, dass viele vor Dir auch schon versucht haben, so etwas selbst in die Hand zu nehmen. In einem gewissen Rahmen ist das sicherlich auch möglich, es gibt einige sogenannte Kleinverlage, die mit so etwas seinerzeit gestartet haben, aber zumeist mit entsprechend Knowhow in der Hinterhand oder im direkten Umfeld.
Und auch bei eBay klappt es sicherlich in einigen Bereichen bei den Powersellern, einen ordentlichen Umsatz zu machen. Bei Spielen - noch dazu bei neuen, die kein Mensch bis dato kennt - stelle ich mir das aber einen Hauch komplizierter vor.
Ein normalgroßer Verlag (ich zähle Kosmos, Ravensburger und Schmidt mal nicht dazu, weil ich die als groß ansehen würde) rechnet im Normalerfall mit einem Minimum - also einer Startauflage) von 3.000 - 5.000 Spielen, da sich erst in diesem Bereich die Produktionskosten aus den astronomischen Höhen auf ein erträgliches Maß einstellen. Darunter ist es in meinen Augen nur lohnenswert, wenn viel Eigenarbeit drin steckt (Material zusammensammeln, Drucken lassen, Konfektionieren). Das geht bis zu Stückzahlen von ich sag mal 1.000 Stück halbwegs gut.
Die Produktionskosten von Siedler lassen sich sicherlich nicht auf irgendein anderes Spiel ummünzen, da ich mir vorstellen kann, dass die Auflage der Cataner dann doch ein klein wenig höher war als das, was man heute sonst von einem Spiel erwarten darf. ;-)
Der Produktionspreis ist schlichtweg von den Materialien abhängig, die Du in Dein Spiel packen willst. Arbeitest Du mit Stanztafeln, benötigt es Kosten für Stanzwerkzeuge. Holzmaterial ist je nach Standard oder Extraanfertigung ebenso in unterschiedlichen Preiskategorien ansässig. Irgendwelcher sonstiger Schnickschnack kann dann endgültig für den Sturz einer Kalkulation sorgen.
Je größer die Produktion, um so besser verteilen sich die Einmalkosten, um so billiger werden die Spiele in der Herstellung. Doch dann kommen andere Aspekte zum Tragen, die auch durchaus mal vergessen werden. Die Vorfinanzierung ist das, woran die meisten dann doch noch denken. Aber da sind Rezensionsexemplare für Journalisten, wenn man will, dass das eigene Spiel auch mal in der Presse auftaucht, Ersatzmaterial-Anfragen, Mängelexemplare ... und ganz wichtig: der Platz, wo all das gelagert werden soll. Auf einem Spieleautorentreffen meinte ein Autor zu mir, der geplant hatte, 5.000 Spiele in Eigenproduktion zu machen (Größe: Siedler-Kartenspiel), er habe im Keller schon Platz. Dann meinte ich nur, er soll mal ausrechnen, wieviel Platz er denn für die 5.000 Spiele wirklich braucht... die Zahlen auf dem Blatt Papier vor ihm haben ihm den Schweiß auf die Stirn getrieben.
In meinen Augen ist die sinnvollste Vorgehensweise das Herantreten an Spieleverlage. Die kennen sich aus mit der Materie, die können Dir eine erste Prognose geben, was sie denken, ob das Spiel eine Chance haben könnte und ob sie selbst Interesse daran haben, es zu verlegen. Wenn Du auf dem Weg nru Ablehnung erfährst, kannst Du immer noch sagen, Du nimmst es selbst in Angriff.
4-5% des Nettoabgabepreises hört sich vielleicht nicht nach viel an bei einem Lizenzvertrag. Aber Du musst bedenken, dass Du dabei kein Risiko mehr trägst, denn das liegt beim Verlag, der produzieren lässt. Ebenso übernimmt der Verlag die Werbung, den Service am Kunden bei Anfragen, den Vertrieb über die eigenen Kanäle. Das ist nicht zu unterschätzen und im Eigenverlag nur dann machbar, wenn man sich schnell eine gute Stellung schafft, in der man auffällt (aber Vorsicht: grüne Haare z.B. allein reichen nicht aus, die Spiele müssen auch was taugen ;-)).
Spiele sind nichts, was die Menschheit unbedingt braucht. Sie sind ein Luxusartikel. Aus dem Grund verkaufen sie sich auch nicht von alleine, sondern es muss was für sie getan werden. Aus dem Grund noch einmal der Rat: bastel Dir einen oder besser mehrere Prototypen und werde damit bei Verlagen vorstellig. Hier und da reicht auch eine Beschreibung per Mail oder eine Mini-Präsentation. Aber bitte nur bei Verlagen, bei denen Du denkst, das Spiel könnte in das Verlagsprogramm passen.
Und schau, dass Du Kontakt zu gleichgesinnten - also anderen Autoren - findest. Die meisten sind dann doch eher von der hilfsbereiten Sorte wie eben Günter oder Ingo hier im Thread. Hier kannst Du Dir sicherlich einige Tipps holen, die Dich vor Leichtsinnigkeiten bewahren.
Beratende Grüße,
Christian (hatte leider auch schon den ein oder anderen Autoren am Tisch sitzen, die der Meinung waren, das neue Mensch ärgere Dich nictht erfunden zu haben)