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3-Hirn-Stipendiat Jakob Erdmann

Verfasst: 3. November 2007, 09:34
von Ingo Althöfer
Das 3-Hirn-Stipendium für eine Promotion
im Bereich

"Analyse und Programmierung kombinatorischer Spiele"

ist erstmalig vergeben worden.

Empfänger ist der Diplom-Informatiker Jakob Erdmann.

Siehe (auch mit Foto des Stipendiaten) unter
http://www.althofer.de/3-hirn-stipendium--erdmann.html

Ingo Althöfer.

Woran wird am Lehrstuhl denn geforscht?

Verfasst: 3. November 2007, 13:13
von Tyrfing
Da stellt sich mir doch die Frage, was denn dort am Lehrstuhl überhaupt gemacht wird?

"Analyse und Programmierung kombinatorischer Spiele"
Hm, ahja. Das wird sich wohl nicht ausschließlich darum drehen wiedermal mit A-B-Pruning Suchbäume abzusuchen - schließlich ist der Ansatz nicht gerade sonderlich neu.
(Andererseits hab ich auf der Seite etwas von einem "Palestine Chess Programmers Prize" gesehen - Schach gehört doch eher zu den Spielen die man mittels A-B-Pruning und einer guten Stellungs-Datenbank angeht - soweit ich weiß)

Auch die Programmierung "kombinatorischer Spiele" stell ich mir jetzt nicht forschenswert vor
(was natürlich daran liegen kann, dass ich irgendwas übersehe),
dachte ich doch bislang, dass Brettspiele in der Regel eher programmiertechnisch leicht umzusetzen sind.

Daher würde mich doch nun interessieren, was da so am Lehrstuhl Neues gemacht wird?

Kannst/Können Du/Sie mir dort einen kurzen Abriss darüber geben, woran ihr/sie dort forscht/forschen?

(Anmerkung: Sowohl an "meinem" Lehrstuhl, als auch im Spielekreis ist das "Du" üblich - weswegen ich jetzt ganz frech dieses zuerst genommen habe - im Konfliktfalle bitte einfach das zweitere lesen ;-) )

An diesem und jenem ...

Verfasst: 3. November 2007, 16:46
von Ingo Althöfer
Hallo Tyrfing,

der Einfachheit halber zäume ich das Pferd von hinten auf.

> (Anmerkung: Sowohl an "meinem" Lehrstuhl, als auch im
> Spielekreis ist das "Du" üblich - weswegen ich jetzt ganz
> frech dieses zuerst genommen habe - im Konfliktfalle
> bitte einfach das zweitere lesen ;-) )

Ich halte es mal so und mal so. Wenn allerdings mein
Gegenüber mir nicht bekannt und anonym ist, ziehe ich
das vorsichtigere "Sie" vor.


> Da stellt sich mir doch die Frage, was denn dort am
> Lehrstuhl überhaupt gemacht wird?
>
> "Analyse und Programmierung kombinatorischer Spiele"
> Hm, ahja. Das wird sich wohl nicht ausschließlich darum
> drehen wiedermal mit A-B-Pruning Suchbäume abzusuchen -

Nein.

Eine Ahnung kann man durch folgenden Populär-Artikel
in der Mathe-Schülerzeitschrift "Wurzel" bekommen:
http://www.wurzel.org/zeitschrift/artikel.php?artikel=2004-064

Um computer-unterstützes Spielen erfolgreich zu betreiben,
braucht man natürlich Algorithmen, die grosse Klassen
von Spielen gut spielen können. Speziell im Bereich
von Spielen mit Zufallszügen, mit mehr als zwei Spielern
und bei Verbindungsspielen machen wir derzeit Fortschritte.
Dabei spielen auch Monte-Carlo-Algorithmen eine grosse
Rolle.


> (Andererseits hab ich auf der Seite etwas von einem
> "Palestine Chess Programmers Prize" gesehen -

Computerschach hat mich in erster Linie in den 1980er
Jahren forschungsmaessig interessiert. Aus Verbundenheit
zur Szene (z.B. ist der eine Serien-Weltmeister Stefan Meyer-Kahlen ("Shredder") auswärtiger Doktorand bei mir
und der andere Serien-Weltmeister Amir Ban ("Junior")
guter Freund) habe ich mit diesem Preis versucht, einen
kleinen Beitrag zur jüdisch-muslimischen Verständigung zu
liefern.


> Daher würde mich doch nun interessieren, was da so am
> Lehrstuhl Neues gemacht wird?

Ich nenn mal die Forschungsthemen dreier auswärtiger
Doktoranden des Lehrstuhls:

* Eiko Bleicher (Berlin):
"Endgame Freezer" - Aufbohren des Ansatzes mit Retrograd-
Analysen (bei Schach-Endspielen) durch künstliche
Einschränkung der Beweglichkeit mancher Figuren.

* Ingo Schwab (Bonn):
Verbesserte Bewertungsfunktionen für Spielbaum-Suche
durch Methoden des Data Mining.

* Peter Stahlhacke (Köln-Wermelskirchen):
"Praktisch" stärkere Programme für Spiele mit hohem
Remisanteil (Musterbeispiel: Mühle).


Manches mehr kann man in der langen Nacht der Wissenschaft,
am 16. November in Jena, erfahren und zum Teil auch
ausprobieren.
http://www.sternstunden-jena.de/show.cgi?aktion=showVeranstaltung&usetemplate=veranstaltung&id=112

Ingo Althöfer.

Danke für den kleinen Einblick

Verfasst: 3. November 2007, 21:39
von Tyrfing
besonders der Artikel aus der Schülerzeitschrift hat mir doch ein wenig Einblick verschafft.

Wenn ich denn den Artikel richtig verstanden habe, ging es bei "Morphling" unter anderem um das automatische Auswerten von Faktoren zur Bestimmung der "Spielgüte" oder eben auch der subjektiven Gefallen des Spiels.
Das ganze kommt mir zumindest teilweise bekannt vor, näheres schildere ich ihnen gerne per EMail.

Ich bin sicher, wenn es gelingen würde Spiele (semi-)automatisch auszuwerten wäre es sicherlich sehr interessant für "uns Spieler" und würde auch die Spielerfamilien "schonen" ;)

Nun schien zumindest Morphling den Weg zu gehen, dass es spezielle Klassen von Spielen hat, die es dann mit speziellen Methoden angeht.
Der gegenwärtige Ansatz von dem ich noch gehört habe ist, dass man gänzliche allgemeine Methoden hat, denen man nur noch die Regeln gibt und die das Spiel dann "von selbst" erlernen und versuchen Zusammenhänge zu erkennen.
Diesen Ansatz habe ich allerdings nicht in dem genannten Artikel gefunden und er geht auch weniger in den kombinatorische Richtung wie z.B. die Spielbaumsuche.

Ich finde das Thema als Spieler jedenfalls höchst spannend, auch wenn ich persönlich an der Uni damit weniger zu tun habe.
(ob man sich den Spaß am Spielen verdirbt, wenn man sich nur noch methodenhaft an Spiele nähert?)

Leider ist Jena doch mindestens etwas mehr als einen Katzensprung zuweit von hier entfernt, noch habe ich in diesem Zeitraum die nötige Zeit. Schade.

Grüße aus dem Ruhrgebiet
Tyrfing

Re: Danke für den kleinen Einblick

Verfasst: 5. November 2007, 09:28
von Ingo Althöfer
Hallo Tyrfing,


> Wenn ich denn den Artikel richtig verstanden habe,
> ging es bei "Morphling" unter anderem um das
> automatische Auswerten von Faktoren zur Bestimmung
> der "Spielgüte"

Richtig.

> oder eben auch der subjektiven Gefallen des Spiels.

Nein. Subjektiv bewerten kann man ein Spiel durch
Computerprogramme wohl kaum.


> Ich bin sicher, wenn es gelingen würde Spiele
> (semi-)automatisch auszuwerten wäre es sicherlich sehr
> interessant für "uns Spieler" und würde auch die
> Spielerfamilien "schonen" ;)

Ja, in allererster Linie wohl die "Spieler-Test-
Familien". Testspielrunden wird es immer geben,
aber durch Vorbearbeitung mittels Programmen des
Spiele-CAD werden die Testspieler Prototypen vorgesetzt
bekommen, die im Durchschnitt schon ganz gut ausbalanciert
sind.


> Nun schien zumindest Morphling den Weg zu gehen, dass es
> spezielle Klassen von Spielen hat, die es dann mit
> speziellen Methoden angeht.

Richtig. Aber (mit Morphling) haben wir natürlich nicht
gerade das allermächtigste unserer Werkzeuge publik
gemacht (insbesondere auch was die herunterladbare
Probespielklasse angeht).


> Der gegenwärtige Ansatz von dem ich noch gehört habe ist,
> dass man gänzliche allgemeine Methoden hat, denen man nur
> noch die Regeln gibt und die das Spiel dann "von selbst"
> erlernen und versuchen Zusammenhänge zu erkennen.

Das ist sicherlich auch interessant. Mir geht es aber
in erster Linie darum, dass die Software eine neue
Spielvariante SOFORT "versteht". Idealvorstellung:
* Spieleerfinder hat neue Varianten-Idee;
* Implementierung im Programm kostet 1-2 Minuten;
* weitere 1-2 Minuten später liegen schon die Ergebnisse
der ersten 500 Autoplay-Partien des Programms vor.

Solch ein Werkzeug kann den Entwicklungs-Prozess
ungemein beschleunigen. (An diese Entwicklungs-
Geschwindigkeit muss man sich natürlich erst einmal
gewöhnen - man frage z.B. Michail Antonow.)


> Ich finde das Thema als Spieler jedenfalls höchst
> spannend, auch wenn ich persönlich an der Uni damit
> weniger zu tun habe.
> (ob man sich den Spaß am Spielen verdirbt, wenn man
> sich nur noch methodenhaft an Spiele nähert?)

Wer das einseitig macht, ist selbst schuld.

Ich springe jedenfalls sehr gerne zwischen den Welten hin
und her. (Mir dröhnt immer noch eine Ermahnung von Uli
Schumacher im Ohr, wir sollten (an ihrem Spiele-Test-
Abend) bei Looping Lui nicht so viel Lärm machen...)

Im übrigen sieht man einem fertigen Spiel in keinster
Weise an, ob und wieviel Computerhilfe beim Entstehens-
Prozess dabei war.


> Leider ist Jena doch mindestens etwas mehr als einen
> Katzensprung zuweit von hier entfernt, noch habe ich in
> diesem Zeitraum die nötige Zeit. Schade.

Naja, dann vielleicht bei der nächsten langen Nacht (im
November 2009 oder 2010 ?!).

Übrigens liegt Jena bahntechnisch zentral:
* Paradiesbahnhof direkt an der Magistrale
zwischen Berlin und München

* Von Westdeutschland aus kommt man gut nach Weimar
und von dort mit Lokalzug durch den Berg nach Jena
(zum Westbahnhof)

(Paradies- und Westbahnhof in Jena liegen nur 700
Meter auseinander [sic!].)


> Grüße aus dem Ruhrgebiet

Von da gibt es durchgehende InterCities und ICEs
nach Weimar.

Gruss, Ingo