[PEEP] Der Ringkrieg - Die Schlachten des Dritten Zeitalters
Verfasst: 16. April 2006, 23:14
Persönlicher Wissensstand
Einmal gespielt, allerdings vor Ende abgebrochen, also noch nicht genug für eine echte Kritik, aber halbwegs ausreichend für ein PEEP. Geschrieben für Spieler, die „Der Ringkrieg“ schon kennen. Immerhin geht es um eine Erweiterung ;-)
Grundlegendes
„Die Schlachten des Dritten Zeitalter“ besteht im Grunde aus zwei Spielen: Das eine ist die klassische Erweiterung für den „Ringkrieg“. Also vor allem neue Figuren und neue Einheiten. Beispielsweise die Corsaren, die mit Schiffen die Südküste Gondors bedrohen, oder der Balrog, der aus Moria rauslaufen kann.
Diesen Teil kann ich nicht beurteilen, aber es sieht nach solider „Erweiterungskost“ aus: Ein paar neue Figuren bringen neue Varianten und Strategien ins Spiel. En detail kommt folgendes hinzu: Als Personen Galadriel, Smeagol (die gute Seite von Gollum als Ratgeber der Gemeinschaft), der Hexenkönig (bevor er Heermeister wird, also ähnlich wie Gandalf nun in einer Doppelrolle), der Balrog. Dazu die Dunländer, die Corsaren und die Ents als neue Gruppen mit Figuren; außerdem Regeln für Belagerungsmaschinen und Katapulte.
Das zweite „Spiel“ ist ein völlig eigenständiges, basiert aber grob auf den Ringkrieg-Regeln. Auf einem doppelseitig bedruckten Plan (Gondor und Rohan) sind die gewohnten Provinzen eingezeichnet, nur in diesem Fall „herangezoomt“. Hier können jetzt als eigenständiges Spiel die Schlacht um Rohan und die Schlacht um Minas Tirith nachgespielt werden.
Beide Spiele sind NICHT kompatibel. Es ist also nicht gedacht, dass man für eine Grundspiel-Schlacht um Minas Tirith künftig das Brett wechselt und auf dem anderen Brett weiterspielt.
Wie spielt es sich?
Das „herangezoomt“ trifft auch auf das Spielgefühl zu: Die Regeln für das Rekrutieren, Bewegen und Kämpfen von Einheiten wurden nochmals um Zusatzregeln erweitert und laufen insgesamt etwas „langsamer“ ab. Nach einer Partie (wie gesagt: nicht bis ganz zum Schluss) kann ich noch nicht wirklich sagen, ob mir das gefällt oder nicht.
Erster Einschub: Die Spielregeln
Gewohnt katastrophal. Wie im Grundspiel fürchterlich umständlich aufgebaut, logische Dinge werden unnötig penetrant wiederholt und dazwischen entscheidende Details versteckt. Dazu kommen völlig unverständliche Formulierungen wie: „Sie [besondere Ereigniskarten] zählen gegen das Handkartenlimit“ (gemeint ist: Die Karten zählen zum Limit von sechs Karten dazu, wie man immerhin 15 Seiten später herausfindet; zum Glück wird ja alles wiederholt). Zum Lesen empfehlen sich Textmarker und Bleistift. Und gute Nerven.
Da einiges zum Grundspiel entscheidend verändert wurde, muss auch der erfahrene Grundspieler die kompletten Regeln lesen. Die sind dabei in zwei Stufen aufgebaut: Zu den grundsätzlichen „Schlachten des Dritten Zeitalters“-Regeln kommen jeweils noch mehrere Seiten Sonderregeln für das Rohan- und das Gondor-Szenario.
Das Lesegefühl ist deswegen in etwa wie folgt: Man liest erstmal einen Haufen neuer Regeln, wie sich die Szenarien vom Grundspiel verändern um DANN noch mal Extra-Regeln zu den Extra-Regeln zu lernen.
Das sorgt (wie schon beim Ringkrieg) für eine „fröhliche“ erste Spielrunde mit viel Nachblättern. Das Rohan-Szenario ist dabei laut Spielregel das einfachere. Ach ja: Insgesamt stolze 31 Seiten.
Jetzt aber: Was hat sich verändert?
Einiges. Also fangen wir umgekehrt an: Geblieben sind Dinge wie Armeen, Anführer, Personen und sogar die Korruptionsleiste. Dazu später mehr. Neu vor allem: Es ist schwieriger, zu rekrutieren. Zunächst müssen dazu nämlich „potentielle“ Rekruten in Form von Plättchen aufs Brett die erst mit einem Rekrutierungswürfel umgedreht werden können. Das macht den dunklen Spieler etwas stärker, da er durch einige Sonderfertigkeiten desöfteren direkt rekrutieren kann. Es erhöht auch den Nutzen der Spielkarten, die oft eine direkte Rekrutierung von Figuren erlauben.
Kämpfen: Taktik, Gelände, Treffer
Vor allem der Kampf selbst hat sich verändert. Anstatt „nur“ Kampfkarten auszuspielen, werden nun bei „Die Schlachten“ so genannte Taktiksteine ausgespielt. Ein etwas komplizierteres Verfahren, auf das ich jetzt nicht im Detail eingehe. Grob gesagt läuft es aber so, dass verschiedene Armee-Typen (Warge, Halborks, Uruk-Hai, usw.) verschiedene Sonderfertigkeiten haben. Je nachdem, wie meine Armee gemischt ist, darf ich diese Sonderfertigkeiten einsetzen. Ob sie gelingen, hängt allerdings auch vom Würfelwurf ab: Nur wenn die entsprechenden Einheit einen Treffer landet (deswegen ein Satz schwarzer Würfel, mit denen man gesondert würfeln muss). Hinzu kommen allgemeine Taktiksteine bspw. für den Rückzug einer Armee UND ein Taktikstein für das Ausspielen der Kampfkarten, die (wie im Ringkrieg) ebenfalls alle möglichen Sonderaktionen erlauben.
Das führt dazu, dass man ein wenig die Qual der Wahl hat, was man nun tun soll.
Hinzu kommt eine ebenfalls (zumindest in der ersten Partie) zunächst mal sehr aufwändiges Vor-Kampf-Berechnung, in der auch Dinge wie das Gelände einbezogen werden (jeder Armee-Typ mag bestimmte Geländetypen; wer hier die Oberhand hat, bekommt eine Extra-Karte), sowie die Kampfstärke beeinflusst werden kann (das kennen wir allerdings bereits aus den „Befestigungen“ des Ringkriegs).
Entscheidende dritte Kampf-Veränderung: Treffer hauen nicht mehr direkt Figuren raus, sondern sorgen für Trefferpunkte. Die wiederum müssen erst gewertet werden, sobald die Zahl der Treffer die Zahl der Soldaten übersteigt. Da jede Einheit zwei Treffer verträgt, bedeutet das unter dem Strich: Kämpfe dauern länger, und eine 5er-Armee kann versuchen, sich nach 4 Treffern zurückzuziehen, und wäre immer noch komplett.
Insgesamt wird dadurch also die Variante, sich zurückzuziehen und zu heilen gefördert. Das ist auch insofern wichtig, als es nicht so einfach ist, ständig neu zu rekrutieren. Zumindest für den Spieler der Guten Mächte nicht.
Erstes Fazit: Der „neue“ Kampf ist selbst für Ringkrieg-Spieler erstmal ziemlich kompliziert. Er erlaubt mehr taktische Möglichkeiten. Die Frage ist allerdings, ob es dadurch auch „besser“ wird.
Zweiter Einschub: Spielhilfen!
Dafür ein Lob: Alle Regeln, alle Sonderfertigkeiten und alle Gelände auf einem handlichen DIN A5-Format. Das allerdings vier bedruckte Seiten hat, und in dem man trotzdem ständig nachschauen muss. Aber immerhin.
Die Gemeinschaftsleiste - ohne Frodo
Eine der schönsten und spannendsten Ideen von „Ringkrieg“ bestand ja im doppelten Spielmechanismus: Hier die Armee-Macht von Mordor gegen die die guten Mächte im Grunde nicht bestehen können, auf der anderen Seite die unausweichlich vortappsende Gemeinschaft, die der Sauron-Spieler nicht aufhalten kann. Das Prinzip sollte offenkundig auch auf „Die Schlachten“ übertragen werden. Mit einer so genannten Schicksalsleiste. Statt Frodo und dem Ring kriecht jetzt (etwas abstrakter) die Zeit voran, und wenn die Zeit abgelaufen ist, hat das Böse in jedem Fall verloren (der logische Überbau lautet: weil die Ents Isengart zerstört haben oder Frodo den Schicksalsberg erreicht hat).
Dazu kommen die „Jagd-Spielsteine“ aus dem Grundspiel wieder zum Einsatz. Diesmal gilt einfach: Je mehr der dunkle Spieler seine Sonder-Aktionen nutzt (dazu gleich mehr), desto mehr Jagd-Spielsteine (hier umbenannt in: „Schicksalssteine) darf der Rohan-Spieler ziehen, und desto schneller rast die Leiste auf ihr Ende zu. Als Bonus gibt es noch Personen, die erst ab bestimmten Stufen auf der Leiste aktiviert werden: Baumbart kommt in Rohan erst nach einer gewissen Zeit ins Spiel, und so weiter.
Das ist eine nette Idee, kommt aber an den genialen Kniff aus dem Grundspiel nicht heran. Während der Spieler der Freien Völker im Ringkrieg aktiv auf die Gemeinschaft setzen konnte und damit den Sauron-Spieler förmlich dazu zwang, in die Suche zu investieren, liegt hier die Initiative ganz klar beim Sauron-Spieler: Er gibt das Tempo vor. Verzichtet er auf seine Sonder-Aktionen, hat der Mitspieler wenig Möglichkeiten, die Zeit selbst zu beschleunigen.
Die erste Partie machte außerdem den Eindruck, als verfüge der dunkle Spieler auch ohne besagte Sonder-Aktionen über durchaus komfortable Vorteile.
Powerplay: Der dunkle Heerführer
Was im Ringkrieg die zermalmende Übermacht an Einheiten, ist in „Die Schlachten“ der so genannte Heerführer. Der hat, man gönnt sich ja sonst nichts, die Wahl zwischen gleich zwei Sätzen an jeweils drei meist überwältigend starken Sonder-Aktionen. Ohne ins Detail zu gehen: Je mehr Würfel er dafür beiseite legt, desto mehr Auswahl hat er auch (und, siehe oben, desto schneller kann die Zeit rasen… kann! Man kann auch trotzdem zweimal eine „0“ ziehen. Ärgerlich.)
Beispiel gefällig? Saruman darf im Rohan-Szenario beispielsweise direkt mal drei Einheiten platzieren. Oder auch drei Armeen in einer Runde mit einem Treffer von 4-6 angreifen lassen. Oder vier Armeen bewegen. Auch hier hat man als Spieler ein wenig die Qual der Wahl, ob man nun die Würfel „normal“ benutzt (wir erinnern uns: auch da gab es im Ringkrieg ja beispielsweise für einen Rekrutierungs-Würfel schon mehrere Möglichkeiten), oder eine Ereigniskarte spielt oder seine Sonder-Aktion einsetzt.
Und auch dabei gilt wieder: Irgendwie ja ganz nett alles – aber gerade anfangs auch fürchterlich verwirrend.
Dritter Einschub: Die Spielkarten… und sonstige Fehler
Weil sie jetzt schon ein paar Mal auftauchten, noch kurz ein Wort dazu: Die Karten für „Die Schlachten“ sind ein komplett eigenständiger Satz. 30 „allgemeine“ (gelten für beide) und jeweils 16 spezielle für die Freien Völker und Sauron. Klingt wenig, reicht aber für Szenarien, die in etwa bis zu einem Dutzend Runden dauern sollten, völlig aus. Die speziellen sind aufgesplittet: Oben Rohan-Szenario, unten Gondor-Szenario. Schlau.
Weniger schlau: Die obligatorischen Fehler. Gleich die erste gezogene Karte (!) mit dem schönen Titel „Boote und Fähren“ stellte uns komplett vor ein Rätsel. „Bewege eine Schattenarmee in der Nordgrenze zu einer leeren Region entlang des Onodlo […] als ob diese Grenze nicht passierbar wäre.“
Aha. Klingt toll. Nur… befindet sich zwischen der Provinz „Nordgrenze“ und dem Fluss Onodlo keinerlei Grenze, erst recht keine unpassierbare – sieht man mal davon ab, dass mindestens vier Provinzen dazwischen liegen. Handelt sich also offenbar um fliegende Boote. Wie schon beim Ringkrieg muss in solchen Fällen einfach die Logik weiterhelfen: Angesichts des Titels „Boote“ müsste es wohl heißen: Bewege eine Armee (über den Fluss Isen) in die Provinz Nordgrenze oder (über den Fluss Onodlo) in eine angrenzende Provinz.
Vielleicht heißt es auch etwas ganz anderes. Man erleuchte mich. Und schicke mir bitte die zweite, verbesserte Auflage hinterher.
(… und bei der Gelegenheit gleich auch noch den Spielstart- und Spielende-Marker, die wir ebenfalls vergeblich in der Box suchten. Und korrekt bedruckte Aktions-Spielsteine; laut Regel sind sie zweiseitig unterschiedlich bedruckt. Die vorliegenden waren auf beiden Seiten gleich bedruckt.) Einschub Ende.
Ein vorläufiges Fazit
„Frage nicht die Elben um Rat, denn sie werden weder ja noch nein sagen.“
Es gibt PEEPs, die kann man kürzer schreiben. Vielleicht genügt der Hinweis, dass dies noch nicht alle Ausnahme-Regeln der Sonderregeln der Zusatzregeln waren. Auch der Spieler der Freien Völker hat beispielsweise noch je nach Szenario ein paar besondere Fähigkeiten, außerdem gibt es allgemeine Regeln wie „kombinierte Angriffe“, Doppel-Bewegungen und ähnliches mehr.
Insgesamt trifft dieser Hinweis das Spielgefühl nach der ersten Partie von „Die Schlachten“ aber eigentlich recht gut: Es wurden sehr, sehr viele Regeln um die Regeln von „Ringkrieg“ drumherum gebaut. Dadurch werden vor allem die Kämpfe länger und taktischer. Aber genau das war wohl auch das Ziel. Schließlich hat „Die Schlachten“ ein großes Manko: Es geht eben auch „nur“ um Schlachten. Die Gemeinschaft fehlt (trotz „Schicksalsleiste“) ebenso wie das Spiel mit der „Politik-Leiste“ und dem Dilemma, welche Völker man mit hohem Aufwand erstmal in den Krieg befördert. Zwei (wie ich finde) sehr entscheidende, sehr schöne Ideen von Ringkrieg.
Was auf jeden Fall beibehalten wurde ist das Wir-schreiben-die-Geschichte-um-Gefühl. Die Szenarien sind beide so detailverliebt, dass man sich schön mittendrin fühlt. Und die zusätzlichen Regeln für das Grundspiel darf man ja auch nicht vergessen. Daumen geht also erstmal in die Höhe. So lange, bis ich auch nach der vierten Partie ständig nach dem exakten Geländevorteil und den Sonderfertigkeiten die Regeln bemühen muss.
… oder bis ich noch weitere fliegende Boote finde, die gegen das Handkartenlimit zählen.
Einmal gespielt, allerdings vor Ende abgebrochen, also noch nicht genug für eine echte Kritik, aber halbwegs ausreichend für ein PEEP. Geschrieben für Spieler, die „Der Ringkrieg“ schon kennen. Immerhin geht es um eine Erweiterung ;-)
Grundlegendes
„Die Schlachten des Dritten Zeitalter“ besteht im Grunde aus zwei Spielen: Das eine ist die klassische Erweiterung für den „Ringkrieg“. Also vor allem neue Figuren und neue Einheiten. Beispielsweise die Corsaren, die mit Schiffen die Südküste Gondors bedrohen, oder der Balrog, der aus Moria rauslaufen kann.
Diesen Teil kann ich nicht beurteilen, aber es sieht nach solider „Erweiterungskost“ aus: Ein paar neue Figuren bringen neue Varianten und Strategien ins Spiel. En detail kommt folgendes hinzu: Als Personen Galadriel, Smeagol (die gute Seite von Gollum als Ratgeber der Gemeinschaft), der Hexenkönig (bevor er Heermeister wird, also ähnlich wie Gandalf nun in einer Doppelrolle), der Balrog. Dazu die Dunländer, die Corsaren und die Ents als neue Gruppen mit Figuren; außerdem Regeln für Belagerungsmaschinen und Katapulte.
Das zweite „Spiel“ ist ein völlig eigenständiges, basiert aber grob auf den Ringkrieg-Regeln. Auf einem doppelseitig bedruckten Plan (Gondor und Rohan) sind die gewohnten Provinzen eingezeichnet, nur in diesem Fall „herangezoomt“. Hier können jetzt als eigenständiges Spiel die Schlacht um Rohan und die Schlacht um Minas Tirith nachgespielt werden.
Beide Spiele sind NICHT kompatibel. Es ist also nicht gedacht, dass man für eine Grundspiel-Schlacht um Minas Tirith künftig das Brett wechselt und auf dem anderen Brett weiterspielt.
Wie spielt es sich?
Das „herangezoomt“ trifft auch auf das Spielgefühl zu: Die Regeln für das Rekrutieren, Bewegen und Kämpfen von Einheiten wurden nochmals um Zusatzregeln erweitert und laufen insgesamt etwas „langsamer“ ab. Nach einer Partie (wie gesagt: nicht bis ganz zum Schluss) kann ich noch nicht wirklich sagen, ob mir das gefällt oder nicht.
Erster Einschub: Die Spielregeln
Gewohnt katastrophal. Wie im Grundspiel fürchterlich umständlich aufgebaut, logische Dinge werden unnötig penetrant wiederholt und dazwischen entscheidende Details versteckt. Dazu kommen völlig unverständliche Formulierungen wie: „Sie [besondere Ereigniskarten] zählen gegen das Handkartenlimit“ (gemeint ist: Die Karten zählen zum Limit von sechs Karten dazu, wie man immerhin 15 Seiten später herausfindet; zum Glück wird ja alles wiederholt). Zum Lesen empfehlen sich Textmarker und Bleistift. Und gute Nerven.
Da einiges zum Grundspiel entscheidend verändert wurde, muss auch der erfahrene Grundspieler die kompletten Regeln lesen. Die sind dabei in zwei Stufen aufgebaut: Zu den grundsätzlichen „Schlachten des Dritten Zeitalters“-Regeln kommen jeweils noch mehrere Seiten Sonderregeln für das Rohan- und das Gondor-Szenario.
Das Lesegefühl ist deswegen in etwa wie folgt: Man liest erstmal einen Haufen neuer Regeln, wie sich die Szenarien vom Grundspiel verändern um DANN noch mal Extra-Regeln zu den Extra-Regeln zu lernen.
Das sorgt (wie schon beim Ringkrieg) für eine „fröhliche“ erste Spielrunde mit viel Nachblättern. Das Rohan-Szenario ist dabei laut Spielregel das einfachere. Ach ja: Insgesamt stolze 31 Seiten.
Jetzt aber: Was hat sich verändert?
Einiges. Also fangen wir umgekehrt an: Geblieben sind Dinge wie Armeen, Anführer, Personen und sogar die Korruptionsleiste. Dazu später mehr. Neu vor allem: Es ist schwieriger, zu rekrutieren. Zunächst müssen dazu nämlich „potentielle“ Rekruten in Form von Plättchen aufs Brett die erst mit einem Rekrutierungswürfel umgedreht werden können. Das macht den dunklen Spieler etwas stärker, da er durch einige Sonderfertigkeiten desöfteren direkt rekrutieren kann. Es erhöht auch den Nutzen der Spielkarten, die oft eine direkte Rekrutierung von Figuren erlauben.
Kämpfen: Taktik, Gelände, Treffer
Vor allem der Kampf selbst hat sich verändert. Anstatt „nur“ Kampfkarten auszuspielen, werden nun bei „Die Schlachten“ so genannte Taktiksteine ausgespielt. Ein etwas komplizierteres Verfahren, auf das ich jetzt nicht im Detail eingehe. Grob gesagt läuft es aber so, dass verschiedene Armee-Typen (Warge, Halborks, Uruk-Hai, usw.) verschiedene Sonderfertigkeiten haben. Je nachdem, wie meine Armee gemischt ist, darf ich diese Sonderfertigkeiten einsetzen. Ob sie gelingen, hängt allerdings auch vom Würfelwurf ab: Nur wenn die entsprechenden Einheit einen Treffer landet (deswegen ein Satz schwarzer Würfel, mit denen man gesondert würfeln muss). Hinzu kommen allgemeine Taktiksteine bspw. für den Rückzug einer Armee UND ein Taktikstein für das Ausspielen der Kampfkarten, die (wie im Ringkrieg) ebenfalls alle möglichen Sonderaktionen erlauben.
Das führt dazu, dass man ein wenig die Qual der Wahl hat, was man nun tun soll.
Hinzu kommt eine ebenfalls (zumindest in der ersten Partie) zunächst mal sehr aufwändiges Vor-Kampf-Berechnung, in der auch Dinge wie das Gelände einbezogen werden (jeder Armee-Typ mag bestimmte Geländetypen; wer hier die Oberhand hat, bekommt eine Extra-Karte), sowie die Kampfstärke beeinflusst werden kann (das kennen wir allerdings bereits aus den „Befestigungen“ des Ringkriegs).
Entscheidende dritte Kampf-Veränderung: Treffer hauen nicht mehr direkt Figuren raus, sondern sorgen für Trefferpunkte. Die wiederum müssen erst gewertet werden, sobald die Zahl der Treffer die Zahl der Soldaten übersteigt. Da jede Einheit zwei Treffer verträgt, bedeutet das unter dem Strich: Kämpfe dauern länger, und eine 5er-Armee kann versuchen, sich nach 4 Treffern zurückzuziehen, und wäre immer noch komplett.
Insgesamt wird dadurch also die Variante, sich zurückzuziehen und zu heilen gefördert. Das ist auch insofern wichtig, als es nicht so einfach ist, ständig neu zu rekrutieren. Zumindest für den Spieler der Guten Mächte nicht.
Erstes Fazit: Der „neue“ Kampf ist selbst für Ringkrieg-Spieler erstmal ziemlich kompliziert. Er erlaubt mehr taktische Möglichkeiten. Die Frage ist allerdings, ob es dadurch auch „besser“ wird.
Zweiter Einschub: Spielhilfen!
Dafür ein Lob: Alle Regeln, alle Sonderfertigkeiten und alle Gelände auf einem handlichen DIN A5-Format. Das allerdings vier bedruckte Seiten hat, und in dem man trotzdem ständig nachschauen muss. Aber immerhin.
Die Gemeinschaftsleiste - ohne Frodo
Eine der schönsten und spannendsten Ideen von „Ringkrieg“ bestand ja im doppelten Spielmechanismus: Hier die Armee-Macht von Mordor gegen die die guten Mächte im Grunde nicht bestehen können, auf der anderen Seite die unausweichlich vortappsende Gemeinschaft, die der Sauron-Spieler nicht aufhalten kann. Das Prinzip sollte offenkundig auch auf „Die Schlachten“ übertragen werden. Mit einer so genannten Schicksalsleiste. Statt Frodo und dem Ring kriecht jetzt (etwas abstrakter) die Zeit voran, und wenn die Zeit abgelaufen ist, hat das Böse in jedem Fall verloren (der logische Überbau lautet: weil die Ents Isengart zerstört haben oder Frodo den Schicksalsberg erreicht hat).
Dazu kommen die „Jagd-Spielsteine“ aus dem Grundspiel wieder zum Einsatz. Diesmal gilt einfach: Je mehr der dunkle Spieler seine Sonder-Aktionen nutzt (dazu gleich mehr), desto mehr Jagd-Spielsteine (hier umbenannt in: „Schicksalssteine) darf der Rohan-Spieler ziehen, und desto schneller rast die Leiste auf ihr Ende zu. Als Bonus gibt es noch Personen, die erst ab bestimmten Stufen auf der Leiste aktiviert werden: Baumbart kommt in Rohan erst nach einer gewissen Zeit ins Spiel, und so weiter.
Das ist eine nette Idee, kommt aber an den genialen Kniff aus dem Grundspiel nicht heran. Während der Spieler der Freien Völker im Ringkrieg aktiv auf die Gemeinschaft setzen konnte und damit den Sauron-Spieler förmlich dazu zwang, in die Suche zu investieren, liegt hier die Initiative ganz klar beim Sauron-Spieler: Er gibt das Tempo vor. Verzichtet er auf seine Sonder-Aktionen, hat der Mitspieler wenig Möglichkeiten, die Zeit selbst zu beschleunigen.
Die erste Partie machte außerdem den Eindruck, als verfüge der dunkle Spieler auch ohne besagte Sonder-Aktionen über durchaus komfortable Vorteile.
Powerplay: Der dunkle Heerführer
Was im Ringkrieg die zermalmende Übermacht an Einheiten, ist in „Die Schlachten“ der so genannte Heerführer. Der hat, man gönnt sich ja sonst nichts, die Wahl zwischen gleich zwei Sätzen an jeweils drei meist überwältigend starken Sonder-Aktionen. Ohne ins Detail zu gehen: Je mehr Würfel er dafür beiseite legt, desto mehr Auswahl hat er auch (und, siehe oben, desto schneller kann die Zeit rasen… kann! Man kann auch trotzdem zweimal eine „0“ ziehen. Ärgerlich.)
Beispiel gefällig? Saruman darf im Rohan-Szenario beispielsweise direkt mal drei Einheiten platzieren. Oder auch drei Armeen in einer Runde mit einem Treffer von 4-6 angreifen lassen. Oder vier Armeen bewegen. Auch hier hat man als Spieler ein wenig die Qual der Wahl, ob man nun die Würfel „normal“ benutzt (wir erinnern uns: auch da gab es im Ringkrieg ja beispielsweise für einen Rekrutierungs-Würfel schon mehrere Möglichkeiten), oder eine Ereigniskarte spielt oder seine Sonder-Aktion einsetzt.
Und auch dabei gilt wieder: Irgendwie ja ganz nett alles – aber gerade anfangs auch fürchterlich verwirrend.
Dritter Einschub: Die Spielkarten… und sonstige Fehler
Weil sie jetzt schon ein paar Mal auftauchten, noch kurz ein Wort dazu: Die Karten für „Die Schlachten“ sind ein komplett eigenständiger Satz. 30 „allgemeine“ (gelten für beide) und jeweils 16 spezielle für die Freien Völker und Sauron. Klingt wenig, reicht aber für Szenarien, die in etwa bis zu einem Dutzend Runden dauern sollten, völlig aus. Die speziellen sind aufgesplittet: Oben Rohan-Szenario, unten Gondor-Szenario. Schlau.
Weniger schlau: Die obligatorischen Fehler. Gleich die erste gezogene Karte (!) mit dem schönen Titel „Boote und Fähren“ stellte uns komplett vor ein Rätsel. „Bewege eine Schattenarmee in der Nordgrenze zu einer leeren Region entlang des Onodlo […] als ob diese Grenze nicht passierbar wäre.“
Aha. Klingt toll. Nur… befindet sich zwischen der Provinz „Nordgrenze“ und dem Fluss Onodlo keinerlei Grenze, erst recht keine unpassierbare – sieht man mal davon ab, dass mindestens vier Provinzen dazwischen liegen. Handelt sich also offenbar um fliegende Boote. Wie schon beim Ringkrieg muss in solchen Fällen einfach die Logik weiterhelfen: Angesichts des Titels „Boote“ müsste es wohl heißen: Bewege eine Armee (über den Fluss Isen) in die Provinz Nordgrenze oder (über den Fluss Onodlo) in eine angrenzende Provinz.
Vielleicht heißt es auch etwas ganz anderes. Man erleuchte mich. Und schicke mir bitte die zweite, verbesserte Auflage hinterher.
(… und bei der Gelegenheit gleich auch noch den Spielstart- und Spielende-Marker, die wir ebenfalls vergeblich in der Box suchten. Und korrekt bedruckte Aktions-Spielsteine; laut Regel sind sie zweiseitig unterschiedlich bedruckt. Die vorliegenden waren auf beiden Seiten gleich bedruckt.) Einschub Ende.
Ein vorläufiges Fazit
„Frage nicht die Elben um Rat, denn sie werden weder ja noch nein sagen.“
Es gibt PEEPs, die kann man kürzer schreiben. Vielleicht genügt der Hinweis, dass dies noch nicht alle Ausnahme-Regeln der Sonderregeln der Zusatzregeln waren. Auch der Spieler der Freien Völker hat beispielsweise noch je nach Szenario ein paar besondere Fähigkeiten, außerdem gibt es allgemeine Regeln wie „kombinierte Angriffe“, Doppel-Bewegungen und ähnliches mehr.
Insgesamt trifft dieser Hinweis das Spielgefühl nach der ersten Partie von „Die Schlachten“ aber eigentlich recht gut: Es wurden sehr, sehr viele Regeln um die Regeln von „Ringkrieg“ drumherum gebaut. Dadurch werden vor allem die Kämpfe länger und taktischer. Aber genau das war wohl auch das Ziel. Schließlich hat „Die Schlachten“ ein großes Manko: Es geht eben auch „nur“ um Schlachten. Die Gemeinschaft fehlt (trotz „Schicksalsleiste“) ebenso wie das Spiel mit der „Politik-Leiste“ und dem Dilemma, welche Völker man mit hohem Aufwand erstmal in den Krieg befördert. Zwei (wie ich finde) sehr entscheidende, sehr schöne Ideen von Ringkrieg.
Was auf jeden Fall beibehalten wurde ist das Wir-schreiben-die-Geschichte-um-Gefühl. Die Szenarien sind beide so detailverliebt, dass man sich schön mittendrin fühlt. Und die zusätzlichen Regeln für das Grundspiel darf man ja auch nicht vergessen. Daumen geht also erstmal in die Höhe. So lange, bis ich auch nach der vierten Partie ständig nach dem exakten Geländevorteil und den Sonderfertigkeiten die Regeln bemühen muss.
… oder bis ich noch weitere fliegende Boote finde, die gegen das Handkartenlimit zählen.