[PEEP] Brandu
Verfasst: 20. Februar 2007, 13:19
Moin Spielefreunde,
ich habe kürzlich ein ganz besonderes Spiel geschenkt bekommen und möchte es euch hier einmal näher bringen. Normalerweise werden PEEPs ja über neue Spiele geschrieben. Diesmal ist es etwas anders:
Brandu ist ein mindestens 1500 Jahre altes Zweispielerbrettspiel keltischen Ursprungs. Es gehört einer ganzen Spielefamilie an. "Verwandte" sind zum Beispiel Hnefatafl (auch bekannt als Königszabel) und Tablut, auf die ich später noch kurz eingehe. Leider sind die meisten Quellen eher unvollständig, sodass Monika Sim, die das Spiel selbst vertreibt, aus allen Rekonstruktionen eine eigene Version zusammengestellt hat.
Worum geht es im Spiel? Brandu ist ein asymmetrisches Spiel und so ist das Ziel abhängig von der Partei, die man gerade spielt. Auf der einen Seite (was hier nicht wörtlich zu nehmen ist, dazu im nächsten Abschnitt mehr) steht der König mit seinen 4 Gefolgsleuten, den Verteidigern. Auf der anderen Seite stehen 8 Angreifer. Das Ziel des Königs ist es, sich vor den Angreifern in Sicherheit zu bringen. Die Angreifer versuchen, den König zu umzingeln und so zugunfähig zu machen.
Wie spielt man das ganze jetzt? Brandu wird auf einem 7x7 Spielbrett gespielt. Das Feld in der Mitte ist der Thron und darf nur vom König betreten werden. Die 4 Eckfelder sind ebenfalls spezielle Felder. Sie sind die Fluchtburgen des Königs und dürfen auch nur von diesem betreten werden.
Zu Beginn des Spiels wird der König auf seinen Thron gestellt, seine 4 Verteidiger kommen auf die direkt benachbarten Felder. Die 8 Angreifer starten an den 4 Rändern des Spielfelds. An jede Kante kommen 2 Angreifer mit je einem Feld zwischen sich und einem Eckfeld, sodass die Startaufstellung so aussieht:
B O A O A O B
O O O O O O O
A O O V O O A
O O V K V O O
A O O V O O A
O O O O O O O
B O A O A O B
B = Burg
A = Angreifer
V = Verteidiger
K = König
O = freies Feld
Pro Zug darf man eine seiner eigenen Figuren genau um ein Feld senkrecht oder waagerecht (niemals diagonal) bewegen. Eine gegnerische Figur (außer dem König) wird geschlagen, wenn man links und rechts, oder oben und unten von ihr eine eigene Figur stehen hat. Diese "Zange" aber im eigenen Zug entstanden sein. Der König kann am Schlagen nicht beteiligt sein.
Der angreifende Spieler gewinnt, wenn er es schafft, den König mit 4 (am Rand 3) seiner Angreifer zu umzingeln, sodass er keinen Zug mehr machen kann. Der verteidigende Spieler gewinnt, wenn er es schafft, seinen König auf eines der Eckfelder zu ziehen oder mehr als 4 Angreifer zu schlagen.
Da es leichter für den König ist, zu fliehen, als für die Angreifer, ihn zu umzingeln, werden pro Spiel 2 Partien mit wechselnden Rollen gespielt.
Das sind alle Regeln. Auf der einen Seite ist das sehr schön, denn diese paar wenigen Regeln sind schnell erlernt, erlauben also einen sehr schnellen Einstieg ist Spiel, das trotzdem eine dafür erstaunliche Tiefe aufweist. Auf der anderen Seite weist dieses Regelwerk einige Lücken auf, die ich jetzt versuchen will zu füllen:
1. Aus eigener Überlegung und der Recherche von verwandten Spielen, sind wir zu dem Schluss gekommen, dass die Angreifer stets die Partie eröffnen sollten. Dabei ist es eigentlich egal, wer in der ersten Partie welche Rolle übernimmt.
2. Bei anderen Spielen dieser Art, also sicher auch bei Brandu, ist das Schlagen mehrerer gegnerischer Figuren mit einem Zug möglich.
3. Es ist leider nicht geklärt, wer das Spiel am Ende gewinnt. Ich habe hierfür 2 Regelvorschläge:
a. Die Art, in der ein Spieler einen Durchgang gewinnt ist Punkte wert (Angreifer
gewinnen: 3 Punkte; Verteidiger schlagen 5 Angreifer: 2 Punkte; König flieht (was
anscheinend das einfachste ist): 1 Punkt). Nach den 2 Durchgängen gewinnt der Spieler mit den meisten Punkten, bei Gleichstand ist es eben ein Unentschieden.
b. Es werden so viele Durchgänge mit wechselnden Rollen gespielt, bis die Angreifer gewinnen. Wer mit den Angreifern gewinnt, gewinnt das Spiel.
Variante a. haben wir bereits ausprobiert und sie gefiel uns sehr gut.
4. Es kann zu der Situation kommen, dass bei korrektem Spiel (es macht also keiner einen bösen Fehler) beider Seiten weder der König noch die Möglichkeit hat, zu entkommen, noch die Angreifer eine Chance haben, den König zu umzingeln. Hier sind mir auch wieder 2 Möglichkeiten eingefallen:
a. Um die Position der Angreifer zu stärken (denn sie sind definitiv im Nachteil), könnte man eine solche Situation als Sieg für die Angreifer werten. Zusammen mit Regelvariante 3.a. müsste man dann aber sehen, ob die Punkteverteilung noch ausreichend in Balance ist.
b. Man wertet das einfach als Patt.
Wie gefällt mir Brandu jetzt? Zuerstmal muss ich dazu sagen, optisch ist Brandu einfach genial. Monika Sim, ihres Zeichens Figure Artist, hat sehr originelle Spielsteine, in Form von Köpfen aus Stein entworfen. Der König mit seiner Krone und seine Verteidiger sehen wirklich herrschaftlich aus und die Angreifer erwecken den Eindruck gewalttätiger Schergen. Das Spielfeld ist auf Stoff gedruckt mit schönen, keltisch inspirierten Symbolen. Das Ganze wird in einem Stoffbeutel mit Kordelzug geliefert, mit dem man das Spiel auf einfach im Rucksack oder in der Handtasche mitnehmen kann. Das Design finde ich also sehr stimmig und passend zum Thema. Das Spiel ist übrigens in 3 Versionen erhältlich: Mit runden Spielsteinen, sowie den beschriebenen Figuren in 2 verschiedenen Größen.
Das Spiel selber gefällt mir aber nicht minder. In den ersten beiden Partien, die ich bisher spielen konnte, hatte ich den Eindruck, dass es, wie schon erwähnt, eine, besonders für das kurze Regelwerk, enorme Spieltiefe besitzt, dabei aber nicht zur harten Kopfnuss mutiert. Auch taktisch unbegabtere Spieler finden sich hier schnell zurecht und haben ihren Spaß am Spiel.
Die Spielzeit ist dabei sehr unterschiedlich. Einige Runden können nach wenigen Zügen entschieden sein, andere dauern dafür deutlich länger, was der Spannung dann aber keinen Abbruch tut. Eher im Gegenteil. In jedem Fall ist es immer gut für eine Runde zwischendurch, ist leicht zu spielen und wird trotzdem nicht langweilig.
Die anderen, mit Brandu verwandten Spiele funktionieren nach demselben Prinzip, sind dabei im Wesentlichen nur Größer, haben mehr Figuren und unterscheiden sich im Regelwerk eher in Details, wie der Startaufstellung. Sowohl beim Tablut (9x9 Feld mit 8 Verteidigern+König und 16 Angreifern) als auch beim Königszabel (13x13 Feld mit 12 Verteidigern+König und 24 Angreifern), die wahrscheinlich (soweit ich es verstanden habe) aus einer Version des Hnefatafl mit einem 18x18 Feld mit 24 Verteidigern+König und 48 Angreifern hervorgingen, geht es darum, den König in Sicherheit zu bringen, bzw. ihn gefangen zu nehmen.
Für mich sind Brandu und seine Verwandten eine echte (Wieder-)Entdeckung, die ich allen Freunden einfacher Spiele sowie alle Taktikern nur ans Herz legen kann.
Ich habe Monika Sim übrigens eine Mail mit meinen Regelvorschlägen geschrieben. Vielleicht übernimmt sie ja welche davon ;-)
Weiterführende Links:
http://brandu.simcreations.de/
http://de.wikipedia.org/wiki/Hnefatafl
http://www.hnefatafl.net/indexd.html
ich habe kürzlich ein ganz besonderes Spiel geschenkt bekommen und möchte es euch hier einmal näher bringen. Normalerweise werden PEEPs ja über neue Spiele geschrieben. Diesmal ist es etwas anders:
Brandu ist ein mindestens 1500 Jahre altes Zweispielerbrettspiel keltischen Ursprungs. Es gehört einer ganzen Spielefamilie an. "Verwandte" sind zum Beispiel Hnefatafl (auch bekannt als Königszabel) und Tablut, auf die ich später noch kurz eingehe. Leider sind die meisten Quellen eher unvollständig, sodass Monika Sim, die das Spiel selbst vertreibt, aus allen Rekonstruktionen eine eigene Version zusammengestellt hat.
Worum geht es im Spiel? Brandu ist ein asymmetrisches Spiel und so ist das Ziel abhängig von der Partei, die man gerade spielt. Auf der einen Seite (was hier nicht wörtlich zu nehmen ist, dazu im nächsten Abschnitt mehr) steht der König mit seinen 4 Gefolgsleuten, den Verteidigern. Auf der anderen Seite stehen 8 Angreifer. Das Ziel des Königs ist es, sich vor den Angreifern in Sicherheit zu bringen. Die Angreifer versuchen, den König zu umzingeln und so zugunfähig zu machen.
Wie spielt man das ganze jetzt? Brandu wird auf einem 7x7 Spielbrett gespielt. Das Feld in der Mitte ist der Thron und darf nur vom König betreten werden. Die 4 Eckfelder sind ebenfalls spezielle Felder. Sie sind die Fluchtburgen des Königs und dürfen auch nur von diesem betreten werden.
Zu Beginn des Spiels wird der König auf seinen Thron gestellt, seine 4 Verteidiger kommen auf die direkt benachbarten Felder. Die 8 Angreifer starten an den 4 Rändern des Spielfelds. An jede Kante kommen 2 Angreifer mit je einem Feld zwischen sich und einem Eckfeld, sodass die Startaufstellung so aussieht:
B O A O A O B
O O O O O O O
A O O V O O A
O O V K V O O
A O O V O O A
O O O O O O O
B O A O A O B
B = Burg
A = Angreifer
V = Verteidiger
K = König
O = freies Feld
Pro Zug darf man eine seiner eigenen Figuren genau um ein Feld senkrecht oder waagerecht (niemals diagonal) bewegen. Eine gegnerische Figur (außer dem König) wird geschlagen, wenn man links und rechts, oder oben und unten von ihr eine eigene Figur stehen hat. Diese "Zange" aber im eigenen Zug entstanden sein. Der König kann am Schlagen nicht beteiligt sein.
Der angreifende Spieler gewinnt, wenn er es schafft, den König mit 4 (am Rand 3) seiner Angreifer zu umzingeln, sodass er keinen Zug mehr machen kann. Der verteidigende Spieler gewinnt, wenn er es schafft, seinen König auf eines der Eckfelder zu ziehen oder mehr als 4 Angreifer zu schlagen.
Da es leichter für den König ist, zu fliehen, als für die Angreifer, ihn zu umzingeln, werden pro Spiel 2 Partien mit wechselnden Rollen gespielt.
Das sind alle Regeln. Auf der einen Seite ist das sehr schön, denn diese paar wenigen Regeln sind schnell erlernt, erlauben also einen sehr schnellen Einstieg ist Spiel, das trotzdem eine dafür erstaunliche Tiefe aufweist. Auf der anderen Seite weist dieses Regelwerk einige Lücken auf, die ich jetzt versuchen will zu füllen:
1. Aus eigener Überlegung und der Recherche von verwandten Spielen, sind wir zu dem Schluss gekommen, dass die Angreifer stets die Partie eröffnen sollten. Dabei ist es eigentlich egal, wer in der ersten Partie welche Rolle übernimmt.
2. Bei anderen Spielen dieser Art, also sicher auch bei Brandu, ist das Schlagen mehrerer gegnerischer Figuren mit einem Zug möglich.
3. Es ist leider nicht geklärt, wer das Spiel am Ende gewinnt. Ich habe hierfür 2 Regelvorschläge:
a. Die Art, in der ein Spieler einen Durchgang gewinnt ist Punkte wert (Angreifer
gewinnen: 3 Punkte; Verteidiger schlagen 5 Angreifer: 2 Punkte; König flieht (was
anscheinend das einfachste ist): 1 Punkt). Nach den 2 Durchgängen gewinnt der Spieler mit den meisten Punkten, bei Gleichstand ist es eben ein Unentschieden.
b. Es werden so viele Durchgänge mit wechselnden Rollen gespielt, bis die Angreifer gewinnen. Wer mit den Angreifern gewinnt, gewinnt das Spiel.
Variante a. haben wir bereits ausprobiert und sie gefiel uns sehr gut.
4. Es kann zu der Situation kommen, dass bei korrektem Spiel (es macht also keiner einen bösen Fehler) beider Seiten weder der König noch die Möglichkeit hat, zu entkommen, noch die Angreifer eine Chance haben, den König zu umzingeln. Hier sind mir auch wieder 2 Möglichkeiten eingefallen:
a. Um die Position der Angreifer zu stärken (denn sie sind definitiv im Nachteil), könnte man eine solche Situation als Sieg für die Angreifer werten. Zusammen mit Regelvariante 3.a. müsste man dann aber sehen, ob die Punkteverteilung noch ausreichend in Balance ist.
b. Man wertet das einfach als Patt.
Wie gefällt mir Brandu jetzt? Zuerstmal muss ich dazu sagen, optisch ist Brandu einfach genial. Monika Sim, ihres Zeichens Figure Artist, hat sehr originelle Spielsteine, in Form von Köpfen aus Stein entworfen. Der König mit seiner Krone und seine Verteidiger sehen wirklich herrschaftlich aus und die Angreifer erwecken den Eindruck gewalttätiger Schergen. Das Spielfeld ist auf Stoff gedruckt mit schönen, keltisch inspirierten Symbolen. Das Ganze wird in einem Stoffbeutel mit Kordelzug geliefert, mit dem man das Spiel auf einfach im Rucksack oder in der Handtasche mitnehmen kann. Das Design finde ich also sehr stimmig und passend zum Thema. Das Spiel ist übrigens in 3 Versionen erhältlich: Mit runden Spielsteinen, sowie den beschriebenen Figuren in 2 verschiedenen Größen.
Das Spiel selber gefällt mir aber nicht minder. In den ersten beiden Partien, die ich bisher spielen konnte, hatte ich den Eindruck, dass es, wie schon erwähnt, eine, besonders für das kurze Regelwerk, enorme Spieltiefe besitzt, dabei aber nicht zur harten Kopfnuss mutiert. Auch taktisch unbegabtere Spieler finden sich hier schnell zurecht und haben ihren Spaß am Spiel.
Die Spielzeit ist dabei sehr unterschiedlich. Einige Runden können nach wenigen Zügen entschieden sein, andere dauern dafür deutlich länger, was der Spannung dann aber keinen Abbruch tut. Eher im Gegenteil. In jedem Fall ist es immer gut für eine Runde zwischendurch, ist leicht zu spielen und wird trotzdem nicht langweilig.
Die anderen, mit Brandu verwandten Spiele funktionieren nach demselben Prinzip, sind dabei im Wesentlichen nur Größer, haben mehr Figuren und unterscheiden sich im Regelwerk eher in Details, wie der Startaufstellung. Sowohl beim Tablut (9x9 Feld mit 8 Verteidigern+König und 16 Angreifern) als auch beim Königszabel (13x13 Feld mit 12 Verteidigern+König und 24 Angreifern), die wahrscheinlich (soweit ich es verstanden habe) aus einer Version des Hnefatafl mit einem 18x18 Feld mit 24 Verteidigern+König und 48 Angreifern hervorgingen, geht es darum, den König in Sicherheit zu bringen, bzw. ihn gefangen zu nehmen.
Für mich sind Brandu und seine Verwandten eine echte (Wieder-)Entdeckung, die ich allen Freunden einfacher Spiele sowie alle Taktikern nur ans Herz legen kann.
Ich habe Monika Sim übrigens eine Mail mit meinen Regelvorschlägen geschrieben. Vielleicht übernimmt sie ja welche davon ;-)
Weiterführende Links:
http://brandu.simcreations.de/
http://de.wikipedia.org/wiki/Hnefatafl
http://www.hnefatafl.net/indexd.html