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[PEEP] Spielekritik Fauna

Verfasst: 6. Januar 2009, 19:33
von Thomas Reh
Hallo zusammen,

hier eine Spielekritik zu "Fauna":

eine Version mit Fotos:
http://www.spielengehtimmer.de/index.php?option=com_content&view=article&id=68:fauna&catid=40:e-h&Itemid=2

Ende der 90er Jahre wurde das Genre der Wissensspiele bei manchen Vertretern (z.B. Anno Domini, Pi mal Daumen) um eine Schätzkomponente erweitert. Ein neuer Vertreter dieses Genres von Friedemann Friese ist bei Huch & Friends erschienen. Fauna wurde bei der Spiel 2008 zum erstenmal einem größeren Publikum vorgestellt.

Wie der Name des Spiels schon vermuten lässt, geht es in dem Spiel um verschiedene Tiere, ihren Lebensraum und ihre Körpermaße. Die Spieler versuchen durch ihr Wissen, Schätzen/Raten und geschicktes Nutzen von Mitspieler Wissen möglichst viele Punkte zu sammeln.

Der Spielaufbau:
Der Spielplan wird in die Mitte des Tisches gelegt, und jeder Spieler erhält seine 6 Schätzsteine. Der siebte Stein jeder Spielerfarbe wird neben der Eins auf der Wertungs-leiste des Spielplans als Punkteanzeiger gelegt. Die schwarzen Auswertungssteine werden neben dem Plan bereit gelegt. Die Kartenbox wird komplett mit Tierkarten gefüllt, so daß bei allen Tierkarten das Bild des Tieres noch sichtbar ist. Vor dem Spiel entscheidet man sich, ob man nur mit der grünen Seite (einfachere Tiere), der schwarzen Seite oder mit einem Mix spielt.

Die Tierkarten und der Spielplan:
Auf der oberen Hälfte (sichtbarer Bereich während der Schätzphase) der Tierkarten sind neben dem Namen, der Tierklasse und der Tierabbildung natürlich auch die gesuchten Informationen aufgeführt. Immer gesucht wird das Verbreitungsgebiet des Tieres, als Hilfe ist hierfür die Anzahl der Gebiete angegeben. Darüber hinaus wird immer eine Kombination aus folgenden Parametern gesucht (1, 2 oder 3 Parameter): Gewicht; Länge (Kopf-Rumpf), Gesamtlänge (inkl. Schwanz) oder Höhe des Tieres; Schwanzlänge.

In der Auswertungsphase kommt die Karte aus der Kartenbox raus. Dann sieht man auch die untere Hälfte mit weiteren Angaben (Ordnung, Familie) und der Auflösung für die gesuchten Informationen.Die verschiedenen Verbreitungs-gebiete sind einmal aufgezählt und zum einfacheren Auffinden zusätzlich auf einer Mini-Weltkarte markiert. Für die anderen gesuchten Informationen sind dort durchschnittliche Maße (i.d.R. Intervalle) angegeben.

Der Spielplan wird dominiert von der in verschiedene Gebiete (ca. 70) aufgeteilte Weltkarte, die ca. 2/3 der Fläche einnimmt. Links darunter befinden sich die drei Skalen (Gewicht, Länge/Höhe und Schwanzlänge) für die Schätzung der Tiermaße. Rechts daneben befindet sich die Übersicht für die von der Anzahl der Verbreitungsgebiete des Tieres abhängigen Punkte für die Landkarte. Außen am gesamten Rand des Spielplans befindet sich eine Kramersche Wertungsleiste (1 - 120 Punkte).

Der Spielablauf:
Startspieler für die erste Runde wird der Spieler mit dem exotischsten Haustier und bekommt die gefüllte Kartenbox. Alle Spieler schauen sich das oberste Tier (Karte bleibt in der Box) an. Bei der Auswahl der Tiere haben wir uns immer für einen Mix entschieden. Somit hat jeder Startspieler immer ein grünes und ein schwarzes Tier zur Auswahl. Dann beginnt der Startspieler damit, seinen ersten Schätzstein zu setzen. Er kann seinen Stein entweder auf ein Gebiet der Weltkarte oder aber auf ein Zahlenfeld einer für das Tier relevanten Skala (Gewicht, Länge/Höhe, Schwanzlänge) legen. Danach setzen die anderen Spieler reihum ihren ersten Schätzstein.

Nach der ersten Pflicht Setzrunde kann jeder Spieler, der an der Reihe ist, entweder soweit vorhanden einen weiteren Schätzstein setzen oder aber für dieses Tier endgültig passen. Für das Setzen gibt es nur eine Regel: in jedem Gebiet und auf jedem Feld einer Skala darf nur ein Schätzstein liegen. Dagegen darf z.B. ein und derselbe Spieler mehrere Felder einer Skala besetzen. Haben alle Spieler gepasst, wird das Tier ausgewertet.

Die Auswertung:
Zur Auswertung wird die Karte komplett aus der Box herausgezogen. Als Hilfe werden jetzt die schwarzen Auswertungssteine eingesetzt. Auf jedes (auf der Karte genannte) richtige Gebiet wird ein solcher Stein gelegt. Dann werden für den Kartenbereich Punkte verteilt. Für jeden Schätzstein auf einem Gebiet mit einem schwarzen Stein und jedes an ein solches Gebiet angrenzende Gebiet (bei weniger als 17 Verbreitungsgebieten des Tieres) bekommen die Spieler Punkte anhand der Wertungstabelle rechts auf dem Spielbrett (Treffer 3 bis 12 Punkte, benachbart 0 bis 8 Punkte). Die Höhe der Punkte sind abhängig von der Anzahl der Verbreitungsgebiete des Tieres.

Gebiete mit gemeinsamen Grenzlinien, oder Land und Meeresgebiete die aneinander stoßen, sind benachbarte Gebiete. Bei den Skalen ist die Wertung ein wenig einfacher, da es immer die gleichen Punkte gibt. Für jeden Schätzstein auf einem korrekten Feld gibt es 7 Punkte, auf angrenzenden Feldern 3 Punkte. Die Punkte werden auf der Wertungsleiste durch Bewegung der Punktwürfel angezeigt. Wir haben in unseren Partien für die Punkteermittlung der Skalen ebenfalls die Auswertungssteine eingesetzt, da dies übersichtlicher ist.

Alle Schätzsteine die nicht auf korrekten Feldern/Gebieten oder benachbart liegen werden neben dem Plan zur Seite gelegt. Am Ende der Auswertung eines Tieres bekommt jeder Spieler einen Schätzstein zurück, soweit er nicht bereits alle sechs Steine für das nächste Tier zur Verfügung hat. Generell bekommen alle Spieler ihren Vorrat auf drei Steine aufgefüllt.

Das Spielende:
Abhängig von der Spieleranzahl endet das Spiel bei einer bestimmten Punktzahl: 2/3 Spieler - 120 Punkte, 4/5 Spieler - 100 Punkte, 6 Spieler - 80 Punkte. Erreicht ein Spieler diese Punktzahl, wird das Tier zu Ende ausgewertet. Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt.

Die Spielbewertung:
Das Material des Spiels ist von guter Qualität. Sehr schön ist auch die Idee des Begleitheftes mit zusätzlichen Informationen zu allen im Spiel vorkommenden Tieren. Zwar sind pro Tier nur jeweils 4-5 Zeilen enthalten, trotzdem ist dies zumindestens ein lobenswerter Ansatz.. Bei einigen Gebieten ist die Frage der Nachbarschaft nur schwer zu beantworten (dazu gibt es auch einen Spielbox Thread), das ist bei uns jedoch kein Problem gewesen, da wir uns vorab über die jeweilige Grenzsituation geeinigt haben. In einer neuen Auflage sollen solche Probleme durch eine eindeutigere grafische Umsetzung vermieden werden.

Die Regeln des Spiels sind nicht lang und auch nicht besonders schwer, so daß davon auszugehen ist, daß sich auch Gelegenheits-/Nichtspieler die Regel gut selber erarbeiten können. Das Problem bei reinen Wissensspielen ist der Spielspass bei sehr unterschiedlichem Wissensstand der Mitspieler. Der eine sammelt Ecken und die anderen Spieler schauen ihm dabei zu. Fauna versucht dieses Problem zu verringern, indem es zum einen aufgrund der Tierauswahl für fast alle Mitspieler bei den meisten Tierkarten zu einem Schätz-/Ratespiel wird und zum anderen die Möglichkeit besteht, sich an die ggf. richtige Antwort eines Mitspielers durch benachbartes Legen anzuhängen. Da im Normalfall auch die meisten erwachsenen Spieler nur wenige Tiere wirklich gut kennen (Zoologen mal ausgenommen :-) ) und das Thema sehr passend ist, sollten auch Kinder (angegeben ab 10 Jahren) gut mitspielen können. Gerade die Lerneffekte (Tiere, Geographie) sind positive Elemente dieses Familienspiels.

Da in den meisten Fällen nicht nur ein Gebiet/Skalenfeld richtig ist, und zusätzlich auch angrenzende Gebiete/Felder Punkte bringen, ist der Frustfaktor i.d.R.für alle Mitspieler relativ gering. Zwar wird auch in diesem Spiel größeres Fachwissen i.d.R. eine höhere Punktzahl erzielen, trotzdem werden fast alle Spieler im Verlauf einer Partie aufgrund der Wertungsstruktur Erfolgserlebnisse erzielen. Neben Wissen können sich auch Fähigkeiten wie Mitspieler einschätzen und gelegentlich bluffen positiv auf das Gesamtergebnis auswirken.

Bei Fauna gibt es zusätzlich auch strategische Entscheidungen. Insbesondere der Startspieler kann durch das Setzen seines ersten Steines in einen bestimmten Kontinent / auf eine bestimmte Skala das weitere Setzverhalten der Mitspieler beeinflußen. Da alle Spieler pro Runde immer nur einen falsch gesetzten Schätzstein wiederbekommen, steht man immer vor der Entscheidung zwischen Risiko (Einsatz mehrerer Steine und dadurch ggf. mehr Punkte) und vorsichtigem Setzen (nur 1 - 2 Steine). Gerade dieses Zocken kann (muß aber nicht) bei Erfolg bzw. Mißerfolg vorentscheidend für den Spielverlauf sein. Für einen Angriff mit vollem Risiko sollte das Tier jedenfalls gut ausgewählt werden.

Natürlich wird auch Fauna nicht bei allen Spielern gut ankommen. Eine positive Einstellung gegenüber Wissensspielen ist auf jedenfall vorteilhaft. Darüber hinaus sollte dieses Spiel jedoch nicht zu ernst genommen werden. Zwar versuchen die Spieler natürlich ihr Wissen in Punkte zu verwandeln, richtig Spass macht das Spiel aber wahrscheinlich nur, wenn man es gleichzeitig auch als Funspiel begreift.

Insbesondere Situationen in denen ein Mitspieler selbstbewußt sich als einziger traut, einen Stein auf die Weltkarte zu legen, "dieser Frosch kommt natürlich aus Europa", um dann unter dem Gelächter der Mitspieler festzustellen, daß das Amazonas-Becken die bessere Wahl gewesen wäre, haben in unseren Spielerunden für herzhaftes Lachen gesorgt. Genau diese Situationen machen aus Fauna ein richtig gutes Wissens-/Schätz-/Funspiel. Da die Tiere alleine ohne Größenbezug abgebildet sind, kann es auch bei den verschiedenen Skalen zu großen Fehleinschätzungen und somit Schadenfreude kommen.

Mir hat das Spiel in den größeren Runden sehr viel Spass gemacht. In der 2er Besetzung verliert das Spiel für mich ein wenig an Spielspass. Denn umso mehr Personen mitspielen, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß es zu lustigen Situationen kommt. Zu zweit ist es dann doch eher "nur" ein nettes Wissens/Schätzspiel. Insgesamt erhält Fauna für ein Spiel dieses Genres sehr gute 7,5 Punkte (von 10.

Gruss
Thomas

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