Christian Raß schrieb:
> Da die Messe in Essen jetzt doch schon ein paar Wochen
> zurückliegt, hat ja der eine oder andere vielleicht schon die
> Gelegenheit gehabt eines der beiden Spiele (Arkwright und Wir
> sind das Volk) zu testen.
Spielerfahrungen zu Arkwright findest Du gesammelt hier:
http://www.unknowns.de/wbb4/index.php/T ... #post91054http://www.unknowns.de/wbb4/index.php/T ... #post87915http://www.unknowns.de/wbb4/index.php/T ... #post86011Kurz gesagt: Wenn Du eine herausfordernde wie konfrontative Wirtschafts-Simulation suchst, die Du in unterschiedlichen Komplexitätsstufen spielen kannst, dann findet Du in Arkwright eine Referenz-Spiel seines Genres.
Allerdings solltest Du keine Denkblokaden bei schwerwiegenden Entscheidungen haben und magst mit Kalkulationen zu hantieren, um in Konkurrenz mit Deinen Mitspielern, erfolgreich auf bis zu vier Märkten zu agieren. Ganz klar ein Spiel, bei dem eine Partie nur der Anfang ist, um zu beginnen auszuloten, was alles möglich ist, mit dem zur Verfügung stehenden Räderwerk der begrenzten Aktionen und begrenzten Geldmitteln. Je mehr mitspielen, desto grösser wird der Konkurrenzdruck und desto grösser ist die Herausforderung.
"Wir sind das Volk" ist hingegen ein ganz anderes Spiel, irgendwo auf der Grenzlinie zwischen Eurogame und einfachem CoSim. Die Anleitung muss man sich erarbeiten, da zunächst die Spieldetails und Ausnahmen aufgelistet werden, bevor man überhaupt begreift, wie und warum man agiert. Einfach durchhalten, Spiel aufbauen und losspielen. Komplett fehlerfrei wird diese Partie eh nicht sein können, was bei dem Genre aber eher normal ist.
Spielerischer Kern ist dabei die Abrechnung nach einer von jeweils vier Dekaden, in denen dann u.a. diverse Fortschritte der BRD und DDR verglichen, belohnt oder auch bestraft werden. Bis zu diesen Dekaden-Abrechnungen werden abwechselnd Karten ausgespielt, um u.a. Industrie hochzuziehen, um den Lebensstandard zu erhöhen und Unruhen zu verhindern. Viele Rädchen, an denen man zeitgleich drehen müsste, wobei einem der liebe Mitspieler allzu gerne unter Zugzwang setzt, die schlimmsten Folgen zu verhinden.
Durch die historischen Ereignisse der Karten spielt es sich atmosphärisch, auch wenn das Geschehen auf dem Spielplan eher abstrakt gehalten ist. Mich erinnerte es an Twilght Struggle, allerdings ohne Krieg und stattdessen auf politischen und wirtschaftlichen Ebenen.
Dabei sehe ich eine erste Partie als eine reine Lernpartie, weil um erfolgreich zu spielen, muss man ganz genau verstehen, auf was es in den Dekaden-Abrechnungen ankommt und welche Vergleichswerte welche Auswirkungen haben. Der Spielplan mit seiner Symbolleiste hilft da nur bedingt im Verständnis, vieles muss man sich merken oder nachschlagen, bis man es schliesslich durch Wiederholung verinnerlicht hat. Auf Boardgamegeek.com gibt es dazu Spielübersichten, die aber wohl erst helfen, wenn man das Spiel einmal gespielt hat - mich haben die zunächst nur verwirrt.
Meine erste Partie auf Seiten der DDR habe ich übrigens verloren, weil ich vor lauter Sicherung des Lebensstandards, Aufbau der Industrie und Niederschlagung von Aufständen, völlig die Wichtigkeit der Sozialisten vergessen hatte und ohne die war für mich das Spiel dann vorzeitig in der allerletzten Dekaden-Abrechnung mit einer Niederlage zu Ende. Hätte ich mal doch die FDJ gegründet oder die Mauer gebaut, so wurde ich stattdessen von der Geschichte eingeholt. Bin schon auf die Revanche gespannt.
Ein Top-Spiel, wenn der Zugang auch nicht ganz so einfach ist. Hat man die Hürde aber erstmal genommen, wird man mit einem herausragenden Spiel belohnt.
Cu / Ralf