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The Cousins War (Surprised Star Games, 2017): Spieleindruck

Kritiken und Rezensionen: Wie ist Spiel XY?
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Marc Gallus
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The Cousins War (Surprised Star Games, 2017): Spieleindruck

Beitragvon Marc Gallus » 10. Dezember 2017, 12:57

Was braucht es, um die (Kauf)Lust eines Mannes zu wecken? Card Driven Games und History !

So geschehen anno 2017 in Essen. Der Schatz „The Cousins War“ von „Surprised Stare Games“ wanderte voller Vorfreude für 15 Taler in meine kostbare Sammlung. Gestern Abend wurde der Schatz behutsam ausgepackt und begutachtet: Echtes Gold oder doch nur Katzengold?

CDG = Geschichte?

„History“ gehört zum Card driven Mechanismus dazu wie Rotwein und Baguette. Kaum liegen die Materialien auf dem Tisch, erfolgt die Ernüchterung: Solides Material, durchaus, aber wo ist die History geblieben? Fehlanzeige: Keine Karte hat Zitate oder einen historischen Background , was für die richtige Stimmung am Tischen sorgen könnte. Einzig auf der Spielplanrückseite ein kleiner historischer Abriss über die „Rosenkriege“. Immerhin, doch für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance, wie jeder weiß.

Eurogamer? – Pfui!

Höre ich da nervöse Stimmen der Eurogames-Fraktion? Der Mechanismus ist doch das Entscheidende! Yes, wenn man dieser Zielgruppe angehört. Ich tue es nicht. Jawoll, ich bin ein Ketzer und stehe dazu!

Aber ehe ich hier von der Meute auf dem Scheiterhaufen verbrannt werde, worum geht es genau bei diesem Spiel?

Gespielt werden 5 knackige Runden (60 Minuten), in denen wir versuchen, alle 3 Provinzen Englands während der Partie zu erobern (Mehrheiten in Regionen). Semiprofessionelle Kriegstreiber wie ich wären auch schon mit der Kontrolle von 2 Provinzen am Ende des Spiels zufrieden. Einfach? Mitnichten, denn der Weg dorthin ist ebenso knifflig wie spannend.

CDG- Das ungeliebte Kind (Mechanismus) der deutschen Verlage

In jeder Runde stehen uns 6 Handkarten zur Verfügung, die allerhand „Schweinereien“ erlauben. Dabei gibt es 2 Arten von Handkarten: Schlachtkarten und Eventkarten. Erste bestimmen den Ort der Schlacht und letztere Ereignisse, die „plötzlich“ stattfinden. Um den Spielreiz zu erhöhen, hat der Autor beim Ausspielen von eigenen Eventkarten noch einen kleinen, aber feinen Haken eingebaut: Zeitgleich mit dem Ausspielen der Karte wird ein gegnerisches Ereignis ausgelöst, was man tunlichst vermeiden möchte als Ausspielender.

Wer glaubt, das wäre schon alles, der hat sich geschnitten, denn: Zu einem ordentlichen CDG Mechanismus gehören noch „OP“ Punkte (Operationen Punkte), mit denen man hier 5 unterschiedliche Aktionen durchführen kann. Je mehr OP-Punkte auf einer Karte abgebildet sind, desto öfter darf ich eine der 5 Aktionen ausführen. Brillanter und einfacher Mechanismus, der noch viel zu wenig Beachtung findet in Old Germany.

Kämpfen? – „Um den endgültigen Sieg davonzutragen, muss man rücksichtslos sein“ (Napoleon Bonaparte I)

Gefangene werden nicht gemacht. Sorry an alle Pazifisten. Falls es also unweigerlich zu einer Schlacht in einem Gebiet kommen sollte, so treffen wir unverhofft auf einen alten Bekannten: Mäxchen. Wie bitte? Richtig gelesen, meine Damen und Herren. Das uralte Lügen- und Bluffspiel, das man früher in üblen und dunklen Spelunken gespielt und seinen Lohn verprasst hat. Wer noch zu jung und unverdorben ist, hier die Kurzbeschreibung:

(Ich):„Zeig, was in dir steckt- und würfle“

(Gegner): Würfelt mit drei Würfeln und sagt “3 Fünfen“ (ansagen kann man wahlweise 1 beliebige Zahl, 2 gleiche Zahlen oder 3 gleiche Zahlen) und hofft, dass ich drauf reinfalle.

Welche Optionen habe ich?

1 Ich zweifle nicht an und muss das Ergebnis mit einem anschließenden höheren Würfelwurf übertreffen. Schaffe ich das nicht, muss ich Armeen abbauen. Ansonsten muss der Gegner Armeen abbauen.

2 Ich zweifle an und er muss seine Würfelergebnisse aufdecken.

2.1Hat der Gegner die Wahrheit gesagt, muss ich eine Armee (Würfel) abbauen.

2.2 Hat der Gegner gelogen, so muss er versuchen mithilfe von Handkarten seinen Würfelwurf so zu verändern, dass seine ursprüngliche Ansage doch noch eintrifft. Schafft er das, hat er gewonnen, ansonsten der Gegner. In jedem Falle muss der Unterlegene auch hier Armeen abbauen.

Netter Mechanismus.

Bewertung 7/10 Punkten

Das Spiel macht Spaß, aber ein geschichtlicher Bezug fehlt leider. „History“ sucht man in dem Spiel vergebens. Das Spiel an sich überzeugt mit seinen Mechanismen. Es ist lobenswert, dass ein Autor den CDG Mechanismus für ein relativ einfaches und kurzes Spielerlebnis adaptiert hat. Für eine Handvoll Partien sicher eine Kauf- und Spielempfehlung. Auf Dauer wird das Spiel jedoch nicht genug Abwechslung bieten, denn dazu fehlen auch strategische Entscheidungen und Wege. Der Spielreiz nimmt sicher mit Kenntnis der Karten zu, dennoch ist es eher ein Taktikspielchen. Nichtsdestotrotz:Wer auf kurze und knackige Spiele steht, bei denen man mitdenken muss, macht hier nichts falsch. Warum ich keine 8 vergebe liegt an dem fehlenden historischen Bezug und den nicht vorhandenen Bildern/Grafiken auf den Ereigniskarten.

Anmerkung: Wer das Spiel inklusive Erweiterung und Promokarte erwerben möchte, hat leider ein Problem. Beim Verlag ist das Spiel derzeit vergriffen.

PS: Gerade erfahren, dass eine deutsche Ausgabe 2018 bei Frosted Games erscheinen soll.
Zuletzt geändert von Marc Gallus am 11. Dezember 2017, 10:59, insgesamt 1-mal geändert.
Meine Promoliste zum Tauschen und Verkaufen: https://www.spiele-offensive.de/Liste/P ... 459-0.html

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SpieLama
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Re: The Cousins War (Surprised Star Games, 2017): Spieleindruck

Beitragvon SpieLama » 10. Dezember 2017, 23:18

Danke für diesen ausführlichen Spieleindruck.


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