Qvist hat geschrieben: Sorry, aber hier muss ich definitiv eingrätschen, denn hier wird es unsachlich. Dann ist ja jedes Spiel schlecht balanciert. Ich bin kein Schachexperte, aber Schach müsste dann ja auch schlecht gebalanct sein, da e2-e4 ja doch in ~80% aller Fälle die optimale Eröffnung ist. Aber das an sich macht das Spiel doch nicht unbalanciert, sorry. Wenn es keine offensichtliche Taktik in einem Strategiespiel gibt, dann wäre es doch auch kein Strategiespiel mehr oder? Die Kunst ist es doch aus einem Repertoire bekannter guter Strategien die für diesen Fall beste auszuwählen (siehe Entscheidungsbaum), um zu gewinnen. Dabei spielen viele Faktoren mit. Und nur, weil Karte a zusammen mit Karte b ausliegt und eine Siegwahrscheinlichkeit von 75% ausmacht, ist das Spiel dadurch nicht unbalanced, denn das könnten die 25% sein, in denen man verliert. Und das gilt es doch herauszufinden. Da komme ich absolut nicht mit.
Warum wird es hier unsachlich? Es war eine ganz sachliche Analyse. Und ein Paradebeispiel ist "A few Acres of Snow". Nur weil "ein Zug" optimal ist, macht es das Spiel aber nicht unbalanced oder schlecht. Absolut richtig. Das macht ein Strategiespiel ja aus. Eine möglichst gute Reihe an optimalen Zügen zu produzieren. Aber: wenn eine Kombination von Zügen sehr stark ist ,und 75% der Zeit, ist schon sehr viel - dann ist das kein gutes Spiel mehr- weil sehr eindimensional und gar unbalanced. Und offensichtlich Taktiken sind sowieso immer öde. Da gäbe es ja kein Herausforderung.
Die Frage ist nach dem Aufwand des Konterns. Ist ein Zug etwa leicht auszuführen aber nur mit viel Finesse zu kontern ist das gruselig.
Und zu deinem Filmbeispiel. Nur weil Millionen Leute in Transformers 3 gehen und die Masse ihn gut findet - erfüllt der Film dennoch nicht einen cineastischen Anspruch. Sei es in Dialog, Kamera, oder, oder, oder.
Darum hat auch "The Artist" die Oskars gewonnen und nicht Transformer 3. Ich glaube mittlerweile ist das SdJ mehr eine Würdigung kommerziellen Erfolges als gutes Spieldesign. (wie etwa ein Platinum-Award bei Musik - trotzdem ist aber Brittney Spears kein Dvorak was Musik angeht. Ich kann es nur immer wieder wiederholen, Popularität ist kein Qualitätsmerkmal)
Alucard hatte einen sehr schönen Absatz formuliert:
"Ich persönlich versuche immer einen Differenzierten Blick einzunehmen. Soll heissen, dass ich einem Spiel "gute" Kriterien anerkennen kann - das heisst, dass ich anerkennen kann, weshalb eine gross Zahl von Leuten ein Spiel "gut" findet und das Spiel auch unter anspruchsvollen Spielern gespielt wird, sowie dass das Spiel über interessante Mechanismen verfügt - es aber trotzdem "schlecht" finde, einfach aufgrund von Präferenzen und subjektiven Empfindungen (so geht es mir bspw. bei Agricola).
Da kann ich nichts hinzufügen. Möchte aber auch das ganze etwas auführen:
Zum Thema Rezension und Objektivität:
Aber zur generellen "Objektivität" meiner Spielebewertung. Jede Bewertung ist subjektiv. Es gibt keine "objektive Meinung". Humbug. Absolut klar. Jedes Kriterium, dass den Spielspaß betrifft, ist so subjektiv wie "mir schmeckt keine Schokolade". Zumindest am Anfang.Ich mag Dominion nicht. Dass ich damit in ein Hornissennest stoße, war mir klar. Ich bin mir aber dafür nicht zu schade. Ich finde aber, man sollte sich als Rezensent nicht vor seiner Meinung verstecken.
Ich belasse es aber nicht bei "mir schmeckt keine Schokolade". Ich erkläre wieso: Schokolade ist sehr süß. Das ist aber keine subjektive Einschätzung mehr. Das ist Fakt. Das ist messbar, quantifizierbar. Bei Brettspielen ist das natürlich nicht so einfach. Basti und ich arbeiten mit Erfahrung um das ganze dann journalistisch Aufzuarbeiten. "Spielspaß" kann man aber nicht quantifizieren. Und objektiv ist da gewiss auch nichts, darum haben wir auch die Noten abgeschafft. Andere Sachen kann man eher quantifizieren. Wie etwa Entscheidungsbäume. Gewiss könnte man diese mit genug Aufwand mathematisch darstellen - spätestens dann, wenn man eine KI für eine Computerumsetzung programmieren wollte. Hat man aber keine Daten, kann man maximal so wie ich seine Erfahrung in ein "informiertes Bauchgefühl" umwandeln. Das ist natürlich wieder so subjektiv wie der ganze Rest. Klar. Das sieht man daran, dass ich und Ben den Entscheidungsbaum für sehr eng halten - viele hier aber nicht. Wir haben keine Daten, also gibt es auch keine "Objektivität". Und selbst dann käme wieder: wie interpretiere ich diese Daten - alles sehr sehr subjektiv. Es ist halt eine Meinung, egal wie fundiert.
Was bedeutet das für die Schokolade? Schokolade ist süß. Wenn einem süß aber gut schmeckt, ist Schokolade toll.
Alles was also übrigbleibt ist das Vertrauen in den Rezensenten und in dessen Geschmack. Wie sehr man dessen Meinung schätzt.
Das ist aber alles kein Ersatz für den eigenen Kopf, und ob einem dann ein spezifisches Spiel Spaß macht - eine ganz andere Sache. Es kann ja auch helfen, zu wissen, dass ich Dominion schlecht finde - und vorallem WARUM. Wenn ich ein ähnliches Spiel ähnlich schlecht finde, findet man selbst es vielleicht mit hoher Wahrscheinlichkeit gut! Beispiel: Ich kenne viele die den Funkenschlag Fabrikmanager für sehr schlecht empfinden. Auch etablierte Kritiker. Mir machts Spaß. Trotz aller negativen Punkte - die ich aber nachvollziehen kann.
Wichtig ist mir deswegen ein ausgiebiges Fazit und eine Argumentation wie ich Sie über Dominion gebracht habe. Das weiß man woran man ist. Aber ich bin Gott weiß nicht unfehlbar. Und wenn ich sage, Dominion hat, meiner Meinung und Erfahrung nach einen kleinen Entscheidungsbaum, dann kann ich ohne empirische Beweise so daneben liegen, wie es nur geht. Und schon ist mein Argument haltlos. Darum dieser Thread hier - darum schätze ich diese sachliche Diskussion.
Mir ist nur wichtig, dass ich hier nochmal anmerke: Ich führe keinen "Feldzug" gegen Dominion. Oder "Mainstream" oder was immer man dazu sagen möchte. Ich habe es gespielt und mir hat es halt keinen Spaß gemacht. Ich fand es so richtig schlecht. Warum? Das habe ich dargestellt. Und nicht nur "weil es so ist" sondern ganz sachlich in ausführlichen Argumenten. Ganz vorbildlich. These-Analyse-Beispiel.
Das manch anderer dann diese Argumente nicht überzeugend findet - das ist so. Und gut so. Denn wenn es so wäre, wäre es ja eine arme, diskussionslose Welt. Mir war e nur wichtig, darzustellen wieso.