Beitragvon Weltherrscher » 13. Mai 2012, 00:55
Michael Weber schrieb:
>
> Weltherrscher schrieb:
> > Ich nenne einfach mal Stichworte wie Open Science,
> > Abmahnwesen und Fair Use, Aushöhlung der Bürgerrechte als
> > Themenfelder die aufzeigen dass das Urheberrecht in seiner
> > heutigen Form einer Reform bedarf.
>
> Falscher Schluss, Herr Weltherrscher. Alles hat nur indirekt
> mit dem Urheberrecht als solchen zu tun. Die Baustellen
> Abmahnwesen, Überwachung, digitale Geschäftsmodelle. All das
> hat nur ganz am Rande (und zwar GANZ am Rande) mit dem
> Urheberrecht zu tun. Und genau das habe ich versucht etwas
> differenziert darzustellen. Übrigens Bürgerrechte ... Das
> Urheberrecht ist ein ganz wichtiges Bürgerrecht. Zu wichtig,
> um es mit Halbwissen mal reformbedürftig zu diskutieren und
> dabei Nutzungsrechte zu meinen.
>
Ja klar, man kann da ganz genüsslich argumentieren das hätte alles nur ganz indirekt mit dem Urheberrecht zu tun. Wenn Nutzungsrechte zum Beispiel nix mit Urheberrecht zu tun haben, wieso tauchen sie dann so oft im Urheberrechtsgesetz auf? Ist sicher nur ein Zufall, ein Zusammenhang nur rein zufällig, und man kann sie natürlich fein säuberlich trennen. Komischerweise ist diese Trennung in anderen Ländern noch undeutlicher als in Deutschland. Dort kann man das Urheberrecht sogar direkt abtreten.
http://de.wikipedia.org/wiki/Nutzungsrecht#Urheberrecht
Das Urheberrecht ergibt sich auf dem Recht auf Eigentum, aber Eigentum verpflichtet eben auch. Das heißt zugespitzt gesagt, man kann sich nicht einfach alles unter den Nagel reissen, und im Gegenzug es nur wieder rausrücken, wenn andere bereit sind dafür zu bezahlen.
Wenn man die Themenbereiche abarbeitet, dann bleibt das Urheberrecht eben nicht verschont,weil es eine Wechselwirkungen zwischen den Bereichen gibt.
Es ist auch immer nett gegenteilige Meinungen als Halbwissen abzutun, das ist eines der schwächsten Scheinargumente die man überhaupt bringen kann.
ACTA hat doch gezeigt das die Verwerter ihr gutes Recht darin sehen mit dem massiven Eingriff in die Bürgerrechte ihre wirtschaftlichen Interessen durchzusetzen. Ich sehe es nicht als gesamtgesellschaftliches Ziel an, die Gewinne von Konzernen zu optimieren.
> Aushöhlung der Bürgerrechte? Überwachung verurteile ich. Aber
> ich begrüße punktuelle Maßnahmen gegen Menschen, die
> ungenemigt Werke vervielfältigen/veröffentlichen. Letzteres
> ist nämlich KEIN Bürgerrecht, sondern ein Vergehen (über
> Ausmaß uind Strafmaß müssen wir hier nicht diskutieren).
>
Das ist der Traum von der absoluten Sicherheit in anderer Form geträumt, die es nicht gibt. Es gibt das Recht auf Privatkopie, die Vervielfältigung ist also im privaten Bereich absolut erlaubt. Das veröffentlichen wiederum nicht. Das Herunterladen aber zum Beispiel ist nicht strafbar, das teilen aber schon.
Nein eine Diskussion über die Strafen ist wirklich nicht nötig, das meiste wird sowieso im Zivilrecht abgehandelt, weil mittlerweile regelmäßig die Staatsanwaltschaften abwinken, und sich durch die Verwerter missbraucht fühlen. Ansonsten kann man ja die Strafen nachlesen, und schauen wir mal auf die Kampagne Raubkopierer sind Verbrecher, an der kein Fünkchen Wahrheit dran ist :
http://de.wikipedia.org/wiki/Raubkopie
Weder gibt es so etwas wie eine Raubkopie, noch ist das Kopieren ein Verbrechen, manchmal allerdings ein Vergehen wenn eine Urheberrechtsverletzung vorliegt.
> Fair Use bspw. hat NULL mit Urheberrecht zu tun! Fair Use ist
> für mich eine Forderung von Usern, die kostenlos an
> Musik/Programme/sonstwas kommen wollen und nur bei Gefallen
> zahlen möchten. Total fair, klar. Macht man im Laden ja auch.
> Abgesehn davon, hindert das Urheberrecht den Urheber eben
> NICHT, eben seine Werke so zur Verfügung zu stellen. Es würde
> aber alle anderen zwingen, das zu tun und dann nur den
> "Produzenten" der Werke und eben NICHT den Urhebern Geld
> bringen können. Allein dieser Unterschied ist so wahnsinnig
> wichtig und wird immer schön vergessen.
>
Fair Use ist ein Begriff aus dem angloamerikanischen Raum, dort allerdings nicht in dem Sinne, in dem ich Fair Use verstehen würde. Und natürlich hat er was mit dem Urheberrecht zu tun, sonst würde er, wenn auch in abgeschwächter Form, im amerikanischen Recht nicht vorkommen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Fair_use
> > Die Gema "sperrt" sogar gegen den Willen der Verwerter diese
> > Videos, bzw. will sich mit Youtube nicht auf eine angemessene
> > Vergütung einigen. In anderen Ländern, so argumentiert
> > Youtube sind die Gebühren ungleich geringer. Kann man ja auch
> > alles nachlesen.
>
>
> Meines Wissen hat die GEMA bis vorletzte Woche nach eigenen
> Aussagen selbst nur 6 Videos gesperrt. Auf Bitte der
> jeweiligen Urheber übrigens. Alle anderen Sperrungen sind von
> Plattenformen, Bands oder Komponisten direkt an YouTube
> herangetreten worden.
>
Ich hab das sperren in Anführungszeichen gesetzt, die Gema ist sich zu fein das von Youtube zur Verfügung gestellte System für Sperrungen zu nutzen. Lieber mal eine Klage, vielleicht kommt man ja damit durch.
> YouTube toleriert massivbe Urheberrechtsvberletzungen und
> weigert sich angemessen zu zahlen.
> Vor Gericht hat YouTube übrigens in der Sache zunächst
> verloren.
>
You Tube stellt wie gesagt ein System für die Sperrungen zur Verfügung, was der GEMA aber nicht ausgereicht hat. Die Auslegung der Störerhaftung durch das Landgericht Hamburg ist hier übrigens auch nicht umunstritten.
In anderen Urteilen im Bereich von Foren im Internet wurde diese zwar bejaht, allerdings wurde nie verlangt das ein Filter eingesetzt wird. Es wurde als ausreichend angesehen wenn entsprechende Einträge innerhalb von 24 Stunden ab Kenntnis entfernt werden. Natürlich könnte man hier argumentieren, das hier der Schaden direkt bei Einstellen des Liedes eintritt, diese Argumentation ist laut meiner Kenntnis aber nie in der Begründung des Gerichtes aufgetaucht. Und wie gesagt, es gibt ein Sperrsystem,welches durchaus mal missbraucht wird:
http://www.heise.de/newsticker/meldung/Neue-Wirren-um-Copyright-Filter-bei-YouTube-1397517.html
> Ich bin kein Freund vom Vorgehen der GEMA gegenüber kleinen
> "Sendern" und Discos und man kann auch über interne Dinge der
> GEMA trefflich streiten, aber im Netz wird zum Thema
> YouTube/GEMA viel Unsinn verbreitet. Da hat YouTube mit der
> Propaganda-Einblendung viel PR geleistet ... Denn nichts
> anderes ist dieses "Hinweisschild". Da müsste eigentlich
> stehen: "Leider zeigen wir das Video in deinem Land nicht,
> weil wir den Urhebern der Songs/Videos nicht ausreichend Geld
> geboten haben, dass diese einen Kompromiss eingehen, obwohl
> wir und unsere Nutzer das Urheberrecht verletzen". Ganz fies
> könnte man noch hinzufügen " und obwohl wir gigantische
> Gewinne durch Werbung erzielen".
>
Ich gehe da mal nicht auf die einzelnen Punkte ein, sondern verweise auf diesen Link:
http://www.irights.info/?q=content/worüber-gema-und-youtube-streiten
Dort wird die Problematik eingehend geschildert, und erklärt warum Youtube so agiert, wie es eben agiert. Die GEMA will einfach ihre Ansichten durchdrücken, ohne das abschließend geklärt ist wie Youtube zu bewerten ist.
> > Sony Music ist zum Beispiel überhaupt nicht begeistert vom
> > Verhalten der Gema:
> >
> >
> http://www.golem.de/news/sony-music-millionenverlust-wegen-gema-sperren-auf-youtube-1202-89982.html
>
> Genau. Und immer bis zum Ende lesen. Wenn du schon verlinkst,
> solltest du deine Aussagen aufgrund des letzten Absatzes
> zurücknehmen. (Oder bastelst du an weltherrschaftlicher
> Dogmatie der gezielten Tatsachenverzerrung?)
>
Der letzte Absatz sagt nur das die Gema nicht selbst sperrt, aber ihr Verhalten führt zur Sperrung der Links. Ich habe ja auch nie behauptet das die Gema selbst sperrt, sie verweigert das ja sogar, obwohl Youtube ihr die Möglichkeit bietet. Ich bastele an überhaupt nix, ich weiß durchaus was in dem Artikel geschrieben steht, ich bin nicht auf die Verschleierung von Tatsachen angewiesen. Man soll es nicht glauben, ich kenne sogar den Standpunkt der GEMA, und käme nicht auf die Idee diesen zu verschweigen, ich halte ihn nur eben nicht für stichhaltig.
Und Sony Music findet das Verhalten der GEMA nicht gut, und das ist in dem Artikel doch deutlich geschrieben. Das hat sich natürlich vor Jahren noch anders angehört, aber auch einige große Labels können dazu lernen.
> Es ist bei dem Thema so leicht, immer schön neue Spielfelder
> zu eröffnen. Die Frage bleibt:
>
> "Was genau ist am Urheberrecht eigentlich falsch? Etwa, dass
> die Urheber für das "Senden" oder "Konsumieren" ihrer Werke
> bezahlt werden sollen? Warum ist das falsch?"
>
> Wo bleibt die Antwort auf genau diese alles entscheidende?
> Und was wären angemessene Alternativen für die Urheber (und
> nur die!), wenn man das aktuelle System nicht möchte?
>
Das ist natürlich eine gute Frage, was ist die Antwort darauf, der Status Quo ist es auf jeden Fall nicht, der bedient sich zu sehr Methoden die man vielleicht in totalitären Regimen für völlig normal hält. Kriminalisiert Konsumenten, schüchtert sie ein mit Kampagnen wie Raubkopierer sind Verbrecher und ähnlichem.
Ein gravierender Punkt ist zum Beispiel die Dauer der Schutzrechte, bis 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers wenn ich mich richtig erinnere. Ist das wirklich nötig, damit der betreffende nicht elendig verhungert? :)
>
> > Es profitieren mehrheitlich die Verwerter, nicht die Urheber,
> > die werden oft, wenn sie nicht eine gewisse Machtposition
> > erreicht haben, pauschal abgegolten oder mit einer geringen
> > Umsatzbeteiligung.
>
> Papperlapapp: Das Urheberrecht regelt ganz andere Dinge.
> Wovon du sprichst, ist Vertragsrecht, intere Aufteilungen von
> Ausschüttungen und davon, dass Urheber sich FREIWILLIG und
> bewusst für einen "Verwerter" entscheiden, der ihnen Arbeit
> abnimmt und der dafür praktisch über Anteile an
> Ausschüttungen "bezahlt" wird. Immer schön beim Thema bleiben
> und nicht wieder zig Nebenkriegsschauplätze eröffnen. Wer von
> Reform des Urheberrechts spricht, aber immer nur
> Nutzungsrechte und Internet meint, vernachlässigt einen
> riesigen und überwiegenden Teil, der auf Basis des
> Urheberrecht sinnvoll und für alle Seiten halbwegs
> befriedigend gelöst ist (damit meine ich nicht Zwist über
> interne Ausschüttungen sondern das grundlegende System als
> solches). Es ist nicht das Gesetzt/Recht, was reformbedürftig
> ist, sondern es sind Randbereiche, die abseits von diesem zu
> regeln und überprüfen sind.
>
Natürlich werden die endgültigen Verträge vom Vertragsrecht bestimmt, allerdings gibt es auch Absätze im Urheberrecht, die von einer angemessenen Beteiligung fabulieren, und die scheint oft eben nicht gegeben zu sein. Freiwillig ist auch immer relativ.
Das Urheberrecht umfasst eben auch Nutzungsrechte, es gibt kein Nutzungsrechtegesetz, das steht alles im Urheberrecht drin.
Nutzungsrechte im Internet, und wenn man eine CD kauft sind übrigens auch zwei verschiedene paar Schuhe nach geltendem Recht, bzw. dessen Auslegung. Es macht also durchaus, auch für die Urheber und Verwerter einen Unterschied, wie sie ihr geistiges Eigentum unter die Leute bringen.
Eine Musik CD darfst Du verkaufen,weil das Verbreitungsrecht erschöpft ist,eine MP3 nicht :
§17 Urhg Verbreitungsrecht
(2) Sind das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes mit Zustimmung des zur Verbreitung Berechtigten im Gebiet der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht worden, so ist ihre Weiterverbreitung mit Ausnahme der Vermietung zulässig.
Ausführlicher hier:
http://www.heise.de/resale/artikel/Warum-duerfen-MP3-Dateien-nicht-weiterverkauft-werden-1225678.html
Das Verbreitungsrecht ist übrigens auch ein Nutzungsrecht, wie hat sich das nur ins Urheberrecht eingeschlichen? :)
> Übrigens ist meiner Meinung bei jeder umfassenden Betrachtung
> das bisherige System nicht nur fürs Internet geeigent,
> sondern alle Neuansätze würden sogar auf ein ähnliches System
> herauslaufen müssen. Aber die Diskussion wird gerade von der
> "Netzgemeinde" immer sehr verengt geführt. Und wie gesagt:
> Ich bin ein Internetfreak, der das Internet gerade wegen der
> Freiheit sehr schätzt und sein Geld dort verdient und weiß,
> wovon er spricht.
>
>
Das sehen ja sogar die Urheber und primär Verwerter anders, sonst hätten sie nicht gern ACTA eingeführt. Da schlägt halt das Pendel leider nur in die andere Richtung aus.
> Ich frage mal ganz platt: Soll jeder meine/deine/jedermans
> Werke frei nutzen und ausschlachten dürfen, ohne dass er a)
> die Genehmigung des Urhebers benötigt (es also auch gegen den
> Willen des Urhebers darf) und es es b) ein System der
> Vergütung für den Urheber gibt? Bist du also dafür, dass
> Urheber nicht selbst oder über Dritte bestimmen dürfen, was
> mit ihren Werken geschieht?
> (Komm mir jetzt nicht mit Fair use oder so etwas, denn das
> hat nichts mit einer Vergütung von Urhebern zu tun. Wenn du
> das glaubst, hast du nicht kapiert, was das Urheberrecht mit
> allen Institutionen wie GMEA/VG Wort/GVL usw. ist.)
>
Ich sag mal so, es ist mir natürlich lieber, wenn ich darüber bestimmen kann was mit dem dem passiert was ich geschrieben, programmiert, komponiert oder sonst wie geschaffen habe. Und wenn ich damit etwas verdienen kann soll es mir auch Recht sein. Auf der anderen Seite weiß jeder, das ein Wort das einmal den eigenen Mund verlassen hat nicht mehr zurückzuholen ist, und es keinen absoluten Schutz gibt. Diesen durch die Beschränkung der Rechte anderer Menschen erreichen zu wollen ist ein gefährliches Spiel. Und wenn ich entscheiden muss was mir lieber ist, verzichte ich lieber ganz auf ein Urheber und Vergütungsrecht, als das ich die Rechte andere Menschen beschneide.
Es gibt aber sicher einen Mittelweg der für alle angenehmer ist, und der die Gesellschaft insgesamt voranbringt, nicht nur den einzelnen.