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Wie geht der Weg zu guten Anleitungen?

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ravn

Wie geht der Weg zu guten Anleitungen?

Beitragvon ravn » 1. Mai 2013, 23:41

Hallo,

wegen Keyflower bin ich wieder auf das alte und leider immer wieder neue Thema "verbesserungsfähige Anleitungen" gekommen.

Klar, jetzt könnten wir Spieler zum grossen Bashing ausholen und Hobby-Übersetzer verfluchen, die sich mit nicht angemessenen Entlohnungen zufriedenstellen und damit den Markt der professionellen Fach-Übersetzer kaputt machen. Ebenso könnten wir alle die Verlage verfluchen, die übereilt als Wiederholungstäter ihre Spiele auf den Markt werfen und ihre Anleitungen deshalb mit heisser Nadel stricken. Dazu könnten wir verbal auf alle Mitspieler einprügeln, die sich wissend mit schlechten Anleitungen zufrieden geben und diese Spiele nicht durch Nichtkauf abstrafen.

Aber ändern wird sich dadurch rein gar nichts!

Was also muss konkret passieren, damit wir in Zukunft bessere Spielanleitungen bekommen können?

Weil ist es nicht arg schade, wenn Spiele wegen missverständlichen Anleitungen falsch gespielt und damit eventuell schlechter werden - bis zum Extrem, dass die nicht mehr aufm Tisch kommen? Oder ist das Autoren und Verlagen und Euch Spielern egal?

Cu / Ralf

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Droegi
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Re: Wie geht der Weg zu guten Anleitungen?

Beitragvon Droegi » 2. Mai 2013, 00:43

Hallo Ralf,

das ist Autoren und Verlagen total egal. Und den meisten Spielern auch. Was nicht passt, wird passend gemacht. Je schlechter eine Anleitung ist, desto mehr Kreativität ist dem engagierten Spieler zu entlocken.

Es ist wichtig, Priotitäten zu setzen. Und die zeitintensive Ausarbeitung einer Anleitung steht generell eher weiter unten.

Ich hoffe, ich habe Dir bei Deinem Problem helfen können.

Grüße
Droegi

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Ernst-Jürgen Ridder
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Re: Wie geht der Weg zu guten Anleitungen?

Beitragvon Ernst-Jürgen Ridder » 2. Mai 2013, 00:54

Hallo Ralf,

eine Spielregel wird am Ende nur dann gut geschrieben sein, wenn nicht nur das Spiel, sondern auch die Spielregel sorgfältig getestet worden ist. Der Regelschreiber wird manche Unklarheit als solche gar nicht bemerken, weil er ja weiß, was er sagen will. Es müsste aber ausreichend getestet werden, ob Spieler, die das Spiel nicht kennen, allein mit Hilfe der Spielregel ohne jedwede Erklärung in der Lage sind, das Spiel so zu spielen, wie der Autor sich das gedacht hat.

Davon abgesehen gibt es ja auch schon die von Dir angesprochenen Schwächen von Übersetzungen. Diese liegen nicht stets an mangelnder Kompetenz des Übersetzers. Ferdinand Köther, dessen Übersetzungen nicht jeder mag, hat das mal so erklärt: Manchmal muss er übersetzen, ohne das Spiel vorliegen zu haben; manchmal wird an der Originalregel noch geschraubt, ohne dass der Übersetzer das erfährt, usw..

Erst in den letzten Tagen ist mir mit der Regel von Snowdonia (sehr gutes Spiel, wie ich meine) das mal in einem Punkt besonders aufgefallen. Zum Ausspielen von Aktions-/Auftragskarten zu Beginn einer jeden Aktionsphase heißt es in der deutschen Spielregel, dass jeder "genau eine" ausspielen dürfe, während es in der englischen Regel heißt "one or more". Ich muss kein professioneller Übersetzer sein, um zu wissen, dass "one or more" nicht "genau eine" ist. Das könnte selbst der dümmste Übersetzer nicht wirklich ernst meinen. Wie kommt so etwas zustande? Was ist denn richtig? Wie das passieren konnte, weiß ich nicht. Was richtig ist, habe ich durch eine Regelfrage auf BGG geklärt, die der Spieleautor selbst beantwortet hat. Richtig ist "one or more".

Als Spieler empfinde ich es als ausgesprochen ärgerlich, wenn ich mir Regeln dadurch erarbeiten muss, dass ich nach FAQs im Internet suche, oder Regelfragen stellen muss, die nicht einfach nur auf eigener Unzulänglichkeit im Leseverständnis beruhen. Ich möchte die Regeln lesen, dabei verstehen und dann das Spiel spielen können.

Nur, was soll man als Spieler tun? Wenn ich merke, dass eine Regel schlecht geschrieben ist, habe ich das Spiel normalerweise schon gekauft. Kann ich wirklich etwas dadurch ändern, dass ich weitere Spiele des jeweiligen Verlages nicht mehr kaufe? Ist es nicht besser, in einschlägigen Foren auf die Mängel hinzuweisen? Solange es aber viele Regelfragen gibt, die nur auf eigenem mangelndem Leseverständnis beruhen, und solange es Spieler gibt, die nicht müde werden zu behaupten, die "Erarbeitung" der Spielregeln gehöre doch zum Hobby, wird sich aber nicht viel ändern, glaube ich.

All die Jahre Essener Feder haben immer noch nicht das allgemeine Bewusstsein geschaffen, dass in einer Spieleschachtel nicht nur einwandfreies Spielmaterial zu sein hat, sondern auch eine aus sich heraus verständliche, einwandfrei und korrekt anwendbare Spielregel. Mir jedenfalls wäre es entschieden lieber, es gäbe jährlich sehr viel weniger neue Spiele, dafür aber solche, die in jeder Hinsicht einwandfrei konzipiert und produziert sind.

Spielerische Grüße
Ernst-Jürgen
Spielerische Grüße
Ernst-Jürgen

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KMW

Re: Wie geht der Weg zu guten Anleitungen?

Beitragvon KMW » 2. Mai 2013, 07:35

Ernst-Jürgen Ridder schrieb:
>
> Es müsste aber ausreichend getestet
> werden, ob Spieler, die das Spiel nicht kennen, allein mit
> Hilfe der Spielregel ohne jedwede Erklärung in der Lage sind,
> das Spiel so zu spielen, wie der Autor sich das gedacht hat.

Oh ja. In den frühen 90er Jahren, als ich noch Spielregeln schrieb, habe ich bei einem Spiel (Kohle, Kies & Knete) mal sieben (!) Spielergruppen zu je 4 Personen "verschlissen", weil die Spielanleitung noch nicht richtig verstanden wurde oder irgendwas unklar war. Für jede Regelfassung brauchte ich eine neue Gruppe.
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Dumon
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Re: Wie geht der Weg zu guten Anleitungen?

Beitragvon Dumon » 2. Mai 2013, 08:37

Tja, das ist ein schöner Gedanke. Einem Regelübersetzer wird das aber wohl kaum möglich sein, da meist einfach die Zeit nicht langt. Von Verlagen, die zeitnah Übersetzungen in Auftrag geben und dann haben wollen, brauchen wir da gar nicht reden, aber im Großen und Ganzen fehlen da Möglichkeiten und Zeit. Immerhin wird einem Übersetzer ja nicht vergütet, aktiv nach Spielrunden zu suchen.

Womit wir wieder beim leidlichen Thema Übersetzer-Vergütung wären. Dadurch, dass viele Kollegen das für das eine oder andere freie Spiel machen, drücken sie natürlich allgemein die "Preise", und Verlage müssen sich nur den günstigsten raussuchen. Das ist natürlich verallgemeinert, und trifft weder auf jeden Kollegen, noch auf jeden Verlag, zu. Ich hab es aber schon am eigenen Leib erfahren...

Der Günstigste ist aber nicht immer der Beste. Ich bin nun relativ neu in der Szene, und habe grade bei meinem Erstling doch einige Fehler gemacht. Woran das lag, ist egal - fest steht, da sind Fehler passiert. Liegt das nun daran, dass ich Hobby-Übersetzer und nicht diplomiert bin? Als jemand, der ausschließlich aus der bzw. in die Sprache übersetzt, die er studiert hat (und in der auch sehr fit ist), würde ich das verneinen. Es gibt noch viel mehr Zu- und Umstände, die da mit rein spielen, und die der OP ja auch genannt hat. Aber je nach Kenntnissen der Sprache kommen da eben auch massive Fehler vor. Insbesondere dann, wenn man feststellt, dass:
a) der Übersetzer nicht in seine Muttersprache übersetzt hat, oder
b) der Übersetzer keine Ahnung vom Spiel, oder von Spielen allgemein, hat.

Letzteres sehe ich aber als Problem bei diplomierten Übersetzern, die nicht selbst Spieler sind. Man muss sich mit der Materie befassen, um etwas übersetzen zu können. Da hilft dann auch Herr Köthers Aussage nicht, das Spiel selbst hätte nicht vorgelegen. Zwar hilft ein vorliegendes Exemplar, sich Abläufe zu vergegenwärtigen, und Fragen bzw. Probleme besser und schneller zu erkennen. Ein erfahrener Spieler aber sollte nicht nur ein geschultes Auge mit an den Tisch bringen, wenn er übersetzt, sondern auch den Willen, sich etwas mehr mit dem Spiel auseinanderzusetzen, als nur den Text und das Material zu bearbeiten, das er auf den Tisch bekommt. Übersetzen ist in diesem Metier eben nicht mit Spracharbeit getan, man muss sich mit dem Spiel beschäftigen. Das dauert länger, als bloßes Übersetzen, ist aber am Ende den Aufwand für den Konsumenten wert.

Natürlich verhindert auch das Fehler nicht. Oder Auslassungen, die einfach nicht auffallen, weil die Regeln ja stimmen. Aber es macht einiges besser.


Die Situation ist keine ideale. Aber solange ein Übersetzer gewillt ist, die bestmögliche Arbeit zu leisten, und nicht nur die Vergütung im Auge hat, ist schon mal ein erster Schritt getan. Der langt nur eben leider auch nicht.
Ich würde daher immer dazu raten, mindestens einen anderen erfahrenen Spieler, und besser sogar, einen Kollegen, die eigene Anleitung nicht nur korrekturlesen zu lassen, sondern auch die Originalfassung parallel überprüfen zu lassen. Dann fallen Fehler, und in jedem Fall aber Unterlassungen, besser und schneller auf.


Verständnis von Regeln lässt sich dadurch natürlich nicht messen. Dafür bräuchte es eben wieder die angesprochenen Tester. Aber das ist etwas, was man kaum in die Hände der Übersetzer legen sollte und kann. Nicht für das, was er meist dafür erhält - ein Freiexemplar, oder auch zwei...

Grütze,
Dumon

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Duchamp

Zeit. Geld. Prototypen. Testspieler.

Beitragvon Duchamp » 2. Mai 2013, 08:45

"Konkret passieren"? Hm.

Wenn es um Übersetzungen geht, gibt es m.E. drei Faktoren, um die Qualität zu verbessern:

- Prototyp zur Verfügung stellen. Bei den Lamont Brothers und jetzt bei Asmodée absolut üblich. Ich spiele diesen Proto dann mit der Originalregel, und stelle Rückfragen. Direkt an den Autor. Von den über 30 Übersetzungen, die ich inzwischen gemacht habe, gab es keine, bei der nicht aufgrund meiner Rückfragen auch die Originalregel ergänzt oder verbessert wurde. Das liegt einfach daran, dass der Übersetzer (der das Spiel vorher ja nicht kennt), der genaueste Leser ist, der Wort für Wort Ungenauigkeiten oder Inkonsistenzen aufspürt. Das ist Teil des Jobs, geht aber deutlich besser mit Prototyp.

- Zeit. Wenn es ganz ganz schnell gehen muss, ist immer schlecht. Es sind aber nicht nur die Verlage, sondern auch ungeduldige Spieler, die hierzu beitragen. Wer meckert, dass ein angekündigtes Spiel um einen Monat (oder drei) verschoben wird, sollte daran denken, dass es womöglich neben Probleme mit den Lieferanten (nein, nicht den Spieleautoren, sondern den Materialzulieferern, oft aus China, denn die Spiele sollen ja auch billig sein, oder?) eben auch Regellücken sind, die überarbeitet werden müssen.

- Geld. Letztlich kostet Kommunikation Zeit. Ptototypen zur Verfügung zu stellen auch. Testspielergruppen, die das Spiel noch nicht kennen (!) und eine neue Regel probespielen, auch. Zeit ist Geld. Verschieben kostet Geld. Verärgerte Spieler kosten Geld. Aber eben erst ganz am Ende. Zwischendurch, wie gesagt, ärgern sich die Spieler erst einmal über die Verschiebung oder den "hohen" Preis des Spiels, erst danach über eine mangelhafte Regel.

Zusätzlich anzumerken ist, dass die Spieler verschiedener Länder sehr unterschiedlich mit Regeln umgehen. In Frankreich z.B. ist quasi alles erlaubt, was nicht verboten ist, in Deutschland alles verboten, was nicht explizit in der Regel vorgegeben ist. Da kann man nicht einfach "übersetzen", sondern in eine andere Spielkultur hinein übertragen, ergänzen, präzisieren. Und am Ende sollen die Regeln aller Sprachen ins selbe Layout passen, und auch inhaltlich identisch sein, sonst erbost sich der nächste Spieler in einem Forum und zieht über den unfähigen Verlag her ...

---

Zum Aspekt der guten Original-Regel: KMW schreibt sehr schön, wie er viele Testgruppen brauchte, um Regelversionen zu prüfen. Nacheinander. Also auch wieder ein Zeit ist Geld - Faktor. Aber mehr noch: Testspieler-Gruppen zu finden, bzw. zu Spieletreffen zu fahren, und sein Spiel vorzustellen, ist das Eine. Viele sind durchaus bereit, neben den aberhunderten Neuheiten, die ja alle gespielt werden wollen, auch noch unfertige Protos zu testen. Als Spieleautor aber zu verlangen, dass die Spieler eine REGEL testen, also arbeiten, anstatt sich das Spiel nett erklären zu lassen, diese Bereitschaft ist nicht ganz so häufig.
Ich hatte das Glück, viele Leute zu kennen, die bei meinem Spiel dazu bereit waren. Ich habe an die 30 "Blindgruppen" gehabt, die sich das Spiel selbst ausdrucken und mit der damals aktuellen Regel tatsächlich blind testen konnten / wollten. Natürlich habe ich nur von der Hälfte wirklich detaillierte Rückmeldungen bekommen. Diese waren aber alle absolut hilfeich, vor allem auch bezüglich der Regel! Nur sprechen wir hier über ein quasi selbstausbeuterisches Projekt, nicht über ein finanziell in der Masse wiederholbares Modell, das ein Verlag für jedes seiner Spiele übernehmen könnte. Oder?

Ich habe schon überlegt, ein Testspielgruppen-Netzwerk aufzubauen. Eine Internet-Plattform, in die sich Spielegruppen eintragen können, die bereit sind, Spiele zu testen, bzw. eben auch, Regelversionen zu überprüfen. Dies wäre eine Initiative, die durchaus von Spielern ausgehen könnte. Aber wer baut eine Webseite auf? Wer investiert? Die Verlage? Die Spieler? Die Autoren? Wie sieht es mit der Verschwiegenheit aus? Wie mit der Zuverlässigkeit? Mit der Bezahlung?

Im Kern berührst du in deiner Eingangsfrage einen wichtigen Punkt: Sind die Spieler ausschließlich Konsumenten oder auch Mit-Gestalter?

So, jetzt muss ich wieder an meine Spielregel ran.

Arbeitende Grüße,

Daniel

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Warbear

Re: Wie geht der Weg zu guten Anleitungen?

Beitragvon Warbear » 2. Mai 2013, 10:22

KMW schrieb:
>
> Oh ja. In den frühen 90er Jahren, als ich noch Spielregeln
> schrieb, habe ich bei einem Spiel (Kohle, Kies & Knete) mal
> sieben (!) Spielergruppen zu je 4 Personen "verschlissen", ...
Und ich dachte bis jetzt, daß das normalerweise so üblich ist.
Anscheinend war ich da wohl sehr naiv ... :-/

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Micha A.
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Beiträge: 1340

RE: Wie geht der Weg zu guten Anleitungen?

Beitragvon Micha A. » 2. Mai 2013, 11:41

Das klingt nun gerade so, als wären Anleitungen grundsätzlich schlecht geschrieben. Das deckt sich aber überhaupt nicht mit meiner Sichtweise.

Meiner Meinung nach sind bei allen "großen deutschen "Mainstreamverlagen" (mal unabhängig von deren tatsächlicher Größe) wie HiG, Kosmos, Ravensburger, Amigo,... die Regeln üblicherweise sehr gut.
Hin und wieder schleicht sich natürlich mal ein Fehler oder eine Unklarheit ein, aber m.M.n. ist das eher die Ausnahme.
Viel eher habe ich oft den Eindruck, dass es Leute gibt (auch hier, aber viel extremer auf BGG), die offensichtlich versuchen, jede noch so eindeutige Formulierung irgendwie umzuinterpretieren, zu drehen und zu wenden, bis eine potentielle Unklarheit gefunden ist. Ob diese tatsächlich existiert und für das Spiel auch wirklich relevant ist interessiert dann mal niemanden - der "Finder" dieser "Regellücke" darf sich zunächst mal superschlau fühlen. Auf BGG gibt es zu einigen Spielen ziemlich viele Regelfragen, die in den von mir gespielten Partien der jeweiligen Spiele nie aufgekommen sind. Entweder, weil sie absolut hypothetisch sind oder weil die Antwort doch irgendwo in der Anleitung steht - genaues Lesen schadet manchmal ja auch nicht.

Etwas anders sieht es bei im Ausland angesiedelten Verlagen aus, insbesondere bei denen, die z.B. in Essen mit einem Erstlingswerk auftreten. Hier stimme ich zu, dass oftmals die Übersetzungen nicht optimal sind - ebenso oft ist aber auch die Originalregel nicht viel besser. Geschuldet ist dies vermutlich der fehlenden Erfahrung dieser Verlage auf dem Spielesektor (wobei man auch hier nicht alle ausländischen Verlage über einen Kamm scheren kann). Möglicherweise bin ich davon schon abgestumpft, aber ehrlich gesagt rechne ich bei Spielen dieser Art insgeheim schon ein wenig mit diversen Lücken. Wobei auch hier einige Lücken gar nicht so dramatisch sind, wie oftmals getan wird, denn mit etwas Menschenverstand bzw. einfach einer Einigung in der Gruppe, wie etwas gespielt werden soll (ggf. nach vergleichendem Blick in eine andersspachige Regel), lässt sich eigentlich das meiste heilen.

Gruß
Micha

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gimli043
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RE: Wie geht der Weg zu guten Anleitungen?

Beitragvon gimli043 » 2. Mai 2013, 11:54

So sehe ich das auch. Die Regeln der "Mainsteam-Verlage" wie Du sie nennst :), sind fast immer sehr gut. Manchmal gibt es Ausreißer, wie z.B. Schwarzer Freitag oder Hawaii.

Häufig schlecht geschrieben oder übersetzt sind aber Anleitungen von Kleinverlägen.
There is freedom! Just behind the fences we build ourselves.

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Ingo Althöfer
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Re: Wie geht der Weg zu guten Anleitungen?

Beitragvon Ingo Althöfer » 2. Mai 2013, 12:11

Hallo Dumon,

danke für die ausführlichen Eindrücke.

> Ich bin nun relativ neu in der Szene, und habe grade bei
> meinem Erstling doch einige Fehler gemacht. Woran das lag,
> ist egal - fest steht, da sind Fehler passiert. Liegt das
> nun daran, dass ich Hobby-Übersetzer und nicht diplomiert
> bin?

Darf ich Dich fragen, wieviel Du für den Job bekommen
hast und wieviel Stunden Du reingesteckt hast?

Greetings le Jeu,
Ingo.

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Ernst-Jürgen Ridder
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RE: Wie geht der Weg zu guten Anleitungen?

Beitragvon Ernst-Jürgen Ridder » 2. Mai 2013, 14:34

Hallo Micha,

das sehe ich grundsätzlich so wie Du.

Die meisten Regelfragen (zumindest sieht das hier im Forum nicht selten so aus) sind nicht wirklich solche, beruhen vielmehr auf unzureichendem Lesen der Regel.

So manche Unklarheit lässt sich mit gesundem Menschenverstand "klären".

Dann fangen die Geister aber schon an, sich zu scheiden. Was dem einen genügt, nämlich nach seiner eigenen Interpretation der Regel zu spielen, reicht dem anderen nicht, weil er halt "richtig" spielen will. Mir genügt meist meine eigene Interpretation, aber manchmal fragt man sich ja doch, ob das denn wirklich so gewollt ist, wie man selbst das zu verstehen meint.

"Krass" sind dann Fälle, die auch nicht mit Übersetzungsfehlern erklärbar sind, sondern in denen z.B. englische und deutsche Regel in Einzelpunkten schlicht anders sind. So ist z.B. bei Snowdonia "one or more" nun einmal nicht das selbe wie "genau eine" (das weiß doch sogar jeder, der nur Schulenglisch kann); spieltechnisch macht es durchaus einen Unterschied, ob ich zu Beginn einer Aktionsphase mehrere Auftragskarten spielen darf, oder nur eine. Dieser Unterschied kann aber natürlich redaktionell gewollt sein; man kann ja auch nach der deutschen Regel das Spiel einwandfrei spielen, es ist halt nur relevant anders, als das Spiel nach der englischen Regel. Im Sinne des Ausgangspostings ist aus meiner Sicht die deutsche Regel zu Snowdonia nicht etwa "mangelbehaftet", sondern einwandfrei spielbar, sie ist nur spieltechnisch gesehen nicht in allen Punkten mit der englischen identisch, warum auch immer das so ist. Bei dem Verlag, der die deutsche Ausgabe zu Snowdonia herausgebracht hat, gehe ich am ehesten davon aus, dass dieser Unterschied redaktionell gewollt ist; denn wer etwa versehentlich "one or more" mit "genau eine" übersetzt, sollte sich fragen, ob er nicht lieber etwas Anderes machen sollte.

Im Ergebnis meine ich, dass eine Spielregel so geschrieben sein muss, dass der Käufer eines Spiels, der sich in der Szene nicht auskennt, keinerlei Websites zu Spielen kennt, das Spiel ohne jedwede Erklärung von dritter Seite so spielen kann, wie Autor und Verlag sich das vorgestellt haben. Kann er das trotz hinreichenden Leseverständnisses nicht, ist die Regel schlicht schlecht. Es kann doch nicht nur darum gehen, Spiele zu verkaufen, die Käufer müssen doch ihre Freude daran haben können, ohne dafür gleich "Spieleexperten" sein zu müssen.

Wie Du aber schon sagtest, sollte man nicht den Eindruck aufkommen lassen, überwiegend seien die Spielregeln schlecht, weil das ja gar nicht der Fall ist. Qualitätsunterschiede gibt es da aber durchaus.

Spielerische Grüße
Ernst-Jürgen
Spielerische Grüße
Ernst-Jürgen

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Volker L.

Re: Wie geht der Weg zu guten Anleitungen?

Beitragvon Volker L. » 2. Mai 2013, 14:38

Hier sind schon eine ganze Reihe von richtigen und wichtigen
Dingen geschrieben worden, vor allem von Ernst-Jürgen und
Duchamp, deshalb will ich in meinem Beitrag nur auf einen
weiteren Punkt hinweisen:

[b]Die optimale Regel gibt es nicht.[/b]
Und zwar, weil verschiedene Spielertypen unterschiedliche
Ansprüche an eine Regel stellen. Es gibt Spieler, die
bevorzugen knappe Regeln und verdrehen jedes Mal die
Augen, wenn in der Regel etwas, das eigentlich doch
selbstverständlich ist, ausdrücklich erwähnt wird,
während andere Leute es hassen, wenn der Regelschreiber
erwartet, dass man aus dem Umstand, dass etwas bestimmtes
nicht ausdrücklich erwähnt wird, logisch schlussfolgern
soll, dass es dann nicht gilt, was nicht nur im von
Duchamp erwähnten Kontext verschiedener nationaler
Eigenarten zum Tragen kommt, sondern auch schon, wenn
verschiedene persönliche Ansichten, was denn das "normale"
wäre, das keiner ausdrücklichen Erwähnung bedarf,
aufeinandertreffen.(1)

hypothetisches Beispiel:
In einem Spiel wird in 4 verschiedenen Situationen mit
je 2 Würfeln gewürfelt, der Spieler entscheidet sich
für einen der beiden Würfe. An 3 der 4 Stellen steht
explizit, dass er auch die Summe beider Würfel
verwenden darf. In der 4ten Situation fehlt ein
Hinweis auf eine mögliche Summe. Die Anhänger der
redundanzfreien Definition werden sagen "richtig so,
es ist ja eindeutig: wenn an den anderen Stellen steht,
dass man die Summe nehmen darf und hier nicht, dann
ist es doch eindeutig, dass man es hier nicht darf."
Ich erlaube mir, anderer Ansicht zu sein: wenn es an
3 anderen Stellen erlaubt ist, die Summe zu nehmen und
an 4ten nicht, dann muss da ausdrücklich stehen "hierbei
darf nicht die Summe verwendet werden", andernfalls
gehört die Regel dem Regelschreiber links und rechts um
die Ohren gehauen.

Ich weiß, dass es Spieler gibt, die anders denken, aber
ich finde, es sollte lieber zu viel als zuwenig
in der Regel stehen - es muss ja nicht gleich so extrem
werden wie das legendäre "Fantasy Pub" :lol:
(vgl. http://www.spielbox.de/phorum4/read.php4?f=1&i=131945&t=131807 ff)

Noch eine Anmerkung zu Micha:

Micha A. schrieb:
>

> Viel eher habe ich oft den Eindruck, dass es Leute gibt (auch
> hier, aber viel extremer auf BGG), die offensichtlich
> versuchen, jede noch so eindeutige Formulierung irgendwie
> umzuinterpretieren, zu drehen und zu wenden, bis eine
> potentielle Unklarheit gefunden ist. Ob diese tatsächlich
> existiert und für das Spiel auch wirklich relevant ist
> interessiert dann mal niemanden - der "Finder" dieser
> "Regellücke" darf sich zunächst mal superschlau fühlen. Auf
> BGG gibt es zu einigen Spielen ziemlich viele Regelfragen,
> die in den von mir gespielten Partien der jeweiligen Spiele
> nie aufgekommen sind. Entweder, weil sie absolut hypothetisch
> sind (...)

Neben Pedanten und (Regellücken-)Schatzsuchern, die es
sicherlich auch gibt, halte ich noch eine dritte
Erklärung für denkbar: Es gibt ja durchaus Spieler,
die an den Regelerklärer sehr hohe Ansprüche stellen
(entweder die Mitspieler, vielleicht auch er selbst).
Wenn nun ein Spiel zum ersten Mal auf den Tisch kommen
soll und der Erklärer - 1 oder 2 Tage vorher - zum ersten
Mal die Regeln liest und den Spielverlauf im Kopf
nachvollzieht, fallen ihm dabei vielleicht gewisse
Konstellationen auf, die in der Regel nicht genau
beschrieben sind, und da er weiß, dass seine Mitspieler
(und/oder er selbst) von ihm erwarten, absolut
sattelfest zu sein und sich vorab auch über mögliche
Regel(-fehl-)interpretationen informiert zu haben,
stellt er eben im Forum diese Frage, weil man erst
nach der ersten (oder vierten) tatsächlichen Partie
bemerkt, dass diese denkbare Situation real überhaupt
nicht auftritt.

Gruß, Volker


(1)
Ich habe beispielsweise einen Mitspieler, der bei jedem
Spiel, wo es irgendwie relevant sein könnte, bestrebt
ist, seinen Vorrat (Geld, Rohstoffe, Anzahl Handkarten,
Figurenvorrat etc.) vor den anderen geheim zu halten und
davon nur abgebracht werden kann, wenn in der Regel
ausdrücklich drinsteht, dass diese Informationen offen
zu sein haben.

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ravn

RE: Konkretes Fallbeispiel Snowdonia

Beitragvon ravn » 2. Mai 2013, 16:19

Ernst-Jürgen Ridder schrieb:

> "Krass" sind dann Fälle, die auch nicht mit
> Übersetzungsfehlern erklärbar sind, sondern in denen z.B.
> englische und deutsche Regel in Einzelpunkten schlicht anders
> sind. So ist z.B. bei Snowdonia "one or more" nun einmal
> nicht das selbe wie "genau eine" (das weiß doch sogar jeder,
> der nur Schulenglisch kann); spieltechnisch macht es durchaus
> einen Unterschied, ob ich zu Beginn einer Aktionsphase
> mehrere Auftragskarten spielen darf, oder nur eine.

Ganz konkret habe ich Snowdonia nach einer falschen Erklärung falsch gespielt und der Spielspass wollte sich (bei mir) schlicht nicht einstellen.

So hatten wir die Bonuskarten jede Spielrunde immer wieder neu benutzt, aber eben nur genau eine davon pro Spielphase (A / B / C / ...) und Spieler. So hatten wir (bzw der Erklärer der Runde) es aus der Anleitung verstanden und es gab auch keinerlei Diskussionen darüber, ob das anders gemeint sein könnte, weil alle anderen Mitspieler es vorab in ihren Spielrunden ebenso falsch gespielt hatten.

Erst durch die Spielbesprechung in der aktuellen Fairplay bin ich darauf gekommen, dass da irgendwas nicht stimmt, weil der Artikel genau auf dieses Regel-Missverständnis einging. Inzwischen hatte ich mir aber schon meine (ablehnende) Meinung zu Snowdonia gebildet und das Spiel mehrfach auf anderen Spieletreffs deshalb verweigert.

Endlich richtig gespielt, hat mir Snowdonia wesentlich besser gefallen. Wie vielen potentielle Mitspielern und auch Käufern ich bis dahin aber von Snowdonia abgeraten habe, weiss ich hingegen nicht. Mit einer bessere Anleitung wäre das nicht passiert.

Cu / Ralf

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Re: Wie geht der Weg zu guten Anleitungen?

Beitragvon Helby » 2. Mai 2013, 18:19

Droegi schrieb:
> das ist Autoren und Verlagen total egal. Und den meisten
> Spielern auch.

Sprichst Du aus Erfahrung, oder woher nimmst Du die Gewissheit?
Bei den Autoren und Verlagen weiß ich es nicht (einige hier haben aber schon anderes verlauten lassen), aber mir als Spieler (für den Du ja auch sprichst) ist es nicht egal (aber ich bin ja wohl nicht die Meisten).


> Was nicht passt, wird passend gemacht. Je
> schlechter eine Anleitung ist, desto mehr Kreativität ist dem
> engagierten Spieler zu entlocken.

Falsch, je mehr Arbeit hat man mit Recherchen und Faqs, das nenne ich nicht unbedingt Kreativität.
Gerade Dein Spiel 'Zepter von Zavandor' ist ein Beispiel für eine schlechte Regel, welche mir mal den Spieleabend versaut hat (siehe Bewertung bei Spiele-Offensive).

> Es ist wichtig, Priotitäten zu setzen. Und die zeitintensive
> Ausarbeitung einer Anleitung steht generell eher weiter unten.

Aber nur so lange es keine finanziellen Konsequenzen nach sich zieht. Bei Snowdonia könnte man diese schon sehen (wenn man wollte), ich habe es mir bis jetzt nicht gekauft, weil mir abgeraten wurde (siehe auch weiter unten Ravn sein letzter Beitrag).

Man sieht ja leider nicht, ob eine schlechte Regel dem Verkauf schon hinderlich war oder nicht.

Im großen und ganzen muss ich aber sagen, dass ich mit den meisten Regeln zu Recht komme und kaum mal Probleme sehe (als Katastrophen sehe ich vorher genanntes Zepter von Zavandor, Railroad Tycoon und die erste Regel von Railroad Barons an, auch Poseidon ist nicht gerade optimal).

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Re: Wie geht der Weg zu guten Anleitungen?

Beitragvon Dumon » 2. Mai 2013, 18:46

Stunden waren es sehr, sehr viele. Weit über hundert - für beide Regeln (deutsch und die neue englische).
Aber Vergütungen gehören im öffentlichen Rahmen nicht auf den Tisch - sorry.

Grütze,
Dumon

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Korinthenkacker, Pedanten und Fehlersucher...

Beitragvon Dumon » 2. Mai 2013, 18:58

...so könnte man mich nennen. Obwohl ich die Fehler gar nicht wirklich suche, sondern mir Ungereimtheiten einfach irgendwie auffallen.

Häufig dann, wenn zwei Formulierungen den Eindruck erwecken könnten, dass eine davon nicht ganz intendiert war. Das ist nämlich auch so ein Problem bei Regeln - wir gehen davon aus, dass JEDES Wort, was da steht, genau so da steht, weil es hundertprozentig genau so gemeint ist. Das macht es bei komplexen Spielen aber nicht einfach. Gerade bei solchen, in denen sich Ausnahmen häufen.
Und schon hat der Übersetzer das Problem, dass er nicht nur mit dem Kamm durch die Original-Regel muss, sondern auch noch jedes Wort einzeln wie der Maurer an die richtige Stelle zementiert, um ja nicht irgendwelche Hebelpunkte zu bieten.

Oder?
Naja, so schlimm ist es oft nicht. Aber als jemand, der Spiele gerne ganz genau so spielt, wie sie vom Autor gedacht waren (in allen Kleinigkeiten), reicht mir für den Spielabend ein Konsens, auf Dauer ein solcher Kompromiß aber nicht. Und da will ich als Übersetzer natürlich auch, dass sowas verhindert wird.

Leider kann aber nicht immer eine Regel alle Eventualitäten abdecken. Gerade bei den vielzitierten "Ameritrash"-Spielen, bei denen Kartentexte ihre eigenen Regeln oder Regellücken kreieren, sind nicht immer alle Synergien oder Antagonismen abzudecken. Besonders natürlich, wenn dann Erweiterungen mit ins Boot steigen.
Aber auch bei Basisspielen macht man manchesmal die Entdeckung, dass die eine oder andere Besonderheit es wohl nicht in die Regel geschafft hat.
Das ist ärgerlich, und wirkt dann wie ein schlecht bearbeitetes Spiel. Noch ärgerlicher, wenn der Übersetzer nicht die Kapazitäten hatte (persönlich oder den Umständen geschuldet), solcherlei Unklarheiten aufzuklären.

...andererseits kann das manchmal auch eine ganz schöne Sysiphos-Arbeit sein...

Grütze,
Dumon

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Tom Hilgert
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Re: Wie geht der Weg zu guten Anleitungen?

Beitragvon Tom Hilgert » 2. Mai 2013, 19:07

Ich kann zu diesem leidigen Thema auch etwas sehr Skurilles beizutragen. Da ich Kris Gould von Wattsallpoag Games ganz gut kenne und ich die wohl durch Babelfish durchgejagte Uebersetzung von "Claim it" grausam fand, obwohl ich das Spiel sehr gut finde, habe ich ihm angeboten dafuer eine vernuenftige dt. Uebersetzung zu schreiben. Spaeter durfte ich dann die Regen zu "Nomads of Arabia" und "Fruit Fair" noch machen. Hat mir trotz grossen Zeitaufwand auch Spass gemacht.
Dann kam "Jet Set" und ich habe wieder brav uebersetzt , bis mir Kris mitteilte, dass er noch zwei Leute, warum auch immer die Regel uebersetzen liess. Er wollte dann die Regelteile allen Ernstes mischen, was dazu fuehrte, dass ich ihn darum bat, mich aus den Credits zu streichen.

Ich denke uebersetzen und Regeln schreiben sind zwei paar Stiefel. Wer die Chance hat, Prototypen zu testen sollte sich mal der Aufgabe stellen, dafuer eine Regel zu schreiben oder lasst Euch mal ein Spiel erklaeren und schreibt danach die Regel. Klar ist es Aufgabe der Verlage was Vernuneftiges zu produzieren. Aber ich glaube die "Gabe" tolle Regeln aus dem Aermel zu schuetteln, haben nur wenige.

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Ingo Althöfer
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Re: Wie geht der Weg zu guten Anleitungen?

Beitragvon Ingo Althöfer » 2. Mai 2013, 19:47

Hallo Dumon,
danke für die Antwort, und Dir alles Gute.
Ingo.

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bernsteinkatze
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Beiträge: 242

Re: Wie geht der Weg zu guten Anleitungen?

Beitragvon bernsteinkatze » 2. Mai 2013, 19:57

Also ich kenne keinen einzigen Spieler, dem eine schlecht geschriebene Regel egal ist. Im Gegenteil, man ärgert sich und das ist weder eine Empfehlung für den Verlag noch für den Autor. In unseren Spielrunden werden Spiele bevorzugt, deren Regeln gut gegliedert sind und auch beim ersten Lesen verstanden werden, bzw. wo man auch mal etwas nachschlagen kann. Wir spielen meist abends und haben dann keine Lust, uns stundenlang durch unzulängliche Regeln zu kämpfen anstatt zu spielen. ;-)

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Re: Wie geht der Weg zu guten Anleitungen?

Beitragvon Dumon » 2. Mai 2013, 20:40

Stelle grade fest, dass mein Tonfall im letzten Post etwas zu drastisch ausfiel. Sollte es so angekommen sein, tut es mir leid...

Grütze,
Dumon

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Mist...

Beitragvon Dumon » 3. Mai 2013, 06:37

...argh, wie sieht das denn jetzt aus? Ohne Korrekturfunktion kann ich in so nem Thread ja nicht mal Sisyphos ändern. Wie peinlich...
:(

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Micha A.
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RE: Wie geht der Weg zu guten Anleitungen?

Beitragvon Micha A. » 3. Mai 2013, 06:40

Hallo Ernst-Jürgen,

> Die meisten Regelfragen (zumindest sieht das hier im Forum
> nicht selten so aus) sind nicht wirklich solche, beruhen
> vielmehr auf unzureichendem Lesen der Regel.

Oder auch auf ausschliesslichem Lesen der Regel, ohne das Spiel mal aufgebaut und zumindest angefangen zu haben. Vieles klärt sich doch in einer ersten partie von selbst, weil Zusammenhänge klar werden, die beim reinen Durchlesen vielleicht nicht so augenschenlich sind.


>
> So manche Unklarheit lässt sich mit gesundem
> Menschenverstand "klären".
>
> Dann fangen die Geister aber schon an, sich zu scheiden.
> Was dem einen genügt, nämlich nach seiner eigenen
> Interpretation der Regel zu spielen, reicht dem anderen
> nicht, weil er halt "richtig" spielen will. Mir genügt
> meist meine eigene Interpretation, aber manchmal fragt man
> sich ja doch, ob das denn wirklich so gewollt ist, wie man
> selbst das zu verstehen meint.

Ja. Wobei zumindest ich hier nochmal unterscheide.
Beispielsweise wenn ein Spieler mehrere Karten aus einer offenen Auslage nehmen darf, aber die Anleitung keine klare Aussage dazu liefert, ob die Auslage erst nach dem Zug des Spielers oder nach jeder einzelnen genommenen Karte aufgefüllt wird.
Bei einer Unklarheit dieser Kategorie einigt man sich halt, wie man's machen will, und fertig ist die Laube.
Fälle, in denen unterschiedliche Spielweisen bzw. Regelauslegungen das Spiel deutlich beeinflussen gibt es zwar durchaus, in den meisten Fällen handelt es sich imho aber um kleinere Holprigkeiten, um die häufig viel mehr Aufhebens gemacht wird, als der sache angemessen wären.


> "Krass" sind dann Fälle, die auch nicht mit
> Übersetzungsfehlern erklärbar sind, sondern in denen z.B.
> englische und deutsche Regel in Einzelpunkten schlicht
> anders sind. So ist z.B. bei Snowdonia "one or more" nun
> einmal nicht das selbe wie "genau eine" (das weiß doch
> sogar jeder, der nur Schulenglisch kann); spieltechnisch
> macht es durchaus einen Unterschied, ob ich zu Beginn einer
> Aktionsphase mehrere Auftragskarten spielen darf, oder nur
> eine. Dieser Unterschied kann aber natürlich redaktionell
> gewollt sein; man kann ja auch nach der deutschen Regel das
> Spiel einwandfrei spielen, es ist halt nur relevant anders,
> als das Spiel nach der englischen Regel. Im Sinne des
> Ausgangspostings ist aus meiner Sicht die deutsche Regel zu
> Snowdonia nicht etwa "mangelbehaftet", sondern einwandfrei
> spielbar, sie ist nur spieltechnisch gesehen nicht in allen
> Punkten mit der englischen identisch, warum auch immer das
> so ist. Bei dem Verlag, der die deutsche Ausgabe zu
> Snowdonia herausgebracht hat, gehe ich am ehesten davon
> aus, dass dieser Unterschied redaktionell gewollt ist; denn
> wer etwa versehentlich "one or more" mit "genau eine"
> übersetzt, sollte sich fragen, ob er nicht lieber etwas
> Anderes machen sollte.

Hier stimme ich Dir zu. Das würde ich - sofern nicht gewollt - durchaus als krassen Fehler bezeichnen.

> Im Ergebnis meine ich, dass eine Spielregel so geschrieben
> sein muss, dass der Käufer eines Spiels, der sich in der
> Szene nicht auskennt, keinerlei Websites zu Spielen kennt,
> das Spiel ohne jedwede Erklärung von dritter Seite so
> spielen kann, wie Autor und Verlag sich das vorgestellt
> haben.

Theoretisch schon.
Praktisch behaupte ich aber, dass ein solcher Käufer im Kaufhof eher Doktor Bibber kauft und Snowdonia sein Leben lang nicht zu Gesicht bekommt (vielleicht den echten Berg, aber niemals das Spiel).
Im Grunde hast Du aber natürlich recht - so sollte es sein.

Bestens geregelte Grüße
Micha

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Ingo Althöfer
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offtopic: nix peinlich

Beitragvon Ingo Althöfer » 3. Mai 2013, 08:33

> ...argh, wie sieht das denn jetzt aus? Ohne
> Korrekturfunktion kann ich in so nem Thread ja
> nicht mal Sisyphos ändern. Wie peinlich...
> :(

Nix peinlich.

S(yi)s(yi)ph(ou)s ist mein Lieblingsbeispiel für die
schier unbegrenzten Möglichkeiten im Internet.
Durch Auswahl in den drei Klammern kann man das Wort
S*s*ph*s auf acht Arten schreiben.
Für jede davon kann man sich von einer Suchmaschine die
TrefferANZAHL nennen lassen. Das habe ich hier mal mit
bing.de gemacht, weil google in falsch verstandenem Ehrgeiz
einfach vermeintliche Rechtschreibkorrekturen vornimmt.

Heute früh ergab sich
Sisiphus 388.000
Sisiphos 70.300
Sisyphus 383.000
Sisyphos 67.600
Sysiphus 399.000
Sysiphos 76.700
Sysyphus 30.700
Sysyphos 69.700
Tenor: Es scheint alles zu gehen!

Diese Anzahlen schwanken natürlich, mindestens von Woche
zu Woche, manchmal sogar noch häufiger.

Drauf gekommen auf diese Spielerei bin ich vor ein paar
Jahren. Meine Schwester ist Französischlehrerin und muss
in Klausuren Rechtschreibfehler anstreichen. Bei den
Nachverhandlungen kamen dann manchmal Schüler an und
rechtfertigten ihre Schreibweise mit dem Argument, dass
es dazu bei Google viele Treffer gebe.
Nach einigem Sträuben hat sich meine Schwester folgende
Faustregel zurecht gelegt: Hat die "komische" Schreibweise
mindestens 10 % der Treffer-Anzahl von der offiziellen,
lässt sie das Wort durchgehen.

Ingo.

PS. Spielbox wäre (noch) nicht durch Spülbox gefährdet.
Bei Google sind die Trefferzahlen 323.000 und 2.020,
bei bing 30.100 zu 43.

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Dumon
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Re: offtopic: nix peinlich

Beitragvon Dumon » 3. Mai 2013, 08:54

Interessanter Ansatz.
Ich denke allerdings, wenn wir zur Bewertung von Rechtschreibung Datenakkumulationen nehmen, sollten wir uns wenigstens auf bestehende "Corpora" beziehen (also auf Sammlungen von Texten zum Zwecke der Sprachwissenschaft). Diese haben nämlich den Vorteil, dass sie nicht einfach jegliche Form von Eingabe im Netz zur Grundlage haben, sondern zumindest auf Sammlungen von Daten in Druckform (also Presse und/oder Büchern) zurückgreifen.

Und selbst bei so etwas ist es fraglich, in wieweit man das als Grundlage für Rechtschreibung und Grammatik geltend machen kann. Es wird schwierig, vernünftige Regelungen festzulegen für richtige und falsche Schreibweise (im Rahmen akademischer Lehre) - und ich denke, dass diese absolut notwendig sind, um eine Richtlinie zu geben.

Dass etwas "durchgeht", heißt noch lange nicht, dass etwas richtig ist.

Dessenthalben würde ich Deiner Schwester auch raten, ihren Ansatz noch einmal zu überdenken. Nur dadurch, dass eine Schreibwaise im Internet vorkommt, und auch gerne mehrfach, heißt das noch nicht, dass diese Schreibwaise auch vernünftig ist. Wie oft hat man es mit Foren zu tun, in denen ein Beitrag nicht editiert werden kann. Oder einfach mit Beiträgen, Nachrichten etc., bei denen jemandem die korrekte Schreibwaise nicht ganz so wichtig ist. Oder eben Beiträge, in denen der betreffende eben nicht genug Kenntnisse besitzt, um die Schreibwaise noch zu korrigieren, geschweige denn, sich darum einen Kopf zu machen.

Gerade bei einem Lehrer (oder einer Lehrerin) empfinde ich diesen Ansatz mehr als fragwürdig. Sprache verändert sich ständig, und vieles ist möglich, das ist richtig. Das sollte aber nicht dazu führen, dass wir Kinder lehren, dass ihnen alles erlaubt ist, solange die Teilmenge derer, die es ebenso machen, nur groß genug ist.

Grütze,
Dumon

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Axel Bungart

Re: Wie geht der Weg zu guten Anleitungen?

Beitragvon Axel Bungart » 3. Mai 2013, 09:03

Dein mittlerer Absatz (Punkt b) + Ausführungen) trifft es wohl auf den Punkt.

Ich habe mich mal spaßeshalber und erst mal nur für mich an die Übersetzung von Revolver gegeben und gemerkt, dass man ein Spiel einfach kennen muss, um die Regeln sinnvoll zu übersetzen. Da waren Absätze drin, die, wörtlich übersetzt, niemand je hätte verstehen und richtig übersetzen können, wenn man nicht wüsste, was gemeint war.

Im übrigen funktioniert das übrigens auch anders herum: Wenn man ein Spiel übersetzt, lernt man es richtig gut kennen (vorausgesetzt, man wusste vorher schon, wie es geht).

Gruß
Axel


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