Beitragvon Dumon » 3. August 2014, 00:38
Ode, ich argumentiere hier nicht nur auf der Basis des Kunden. Sondern auch vor der Grundlage von Regelüberarbeitungen (und ggf. auch Übersetzungen, wobei in diesem Fall die "Freiheiten" zu gering sind, um solcherlei überhaupt nicht betreffen...).
Ein generelles Beispiel, das mir grade einfällt:
Meine Frau hat einen gänzlich anderen Ansatz beim Spielen als ich. So spiele ich klar zielorientiert und kompetitiv (wenn auch nicht unbedingt gut), sie aber macht eher Züge, auf die sie Lust hat. Das wird der Sache nicht gerecht, denn auch sie hat meist eine (mir nicht einleuchtende, und selten zielführende) Strategie, aber besser kann ichs nun nicht beschreiben.
Während des Spiels fragt sie nicht selten "MUSS ich eine Aktion machen, oder kann ich auch verzichten?" Und wenn in de Regel dann nicht explizit steht, man MUSS agieren, dann verzichtet sie.
Nun gibt es aber eine ganze Menge Spiele, bei denen der Verzicht auf eine Aktion vollkommen unsinnig ist, da selbst die geringste Aktion noch besser wäre, als gar nichts zu tun. Und ich spreche hier nicht von Spielen, bei denen Aktionsverzicht in zukünftigen Runden bessere Situationen erzeugt, sondern solche, bei denen "Trostaktionen" besser sind als gar nichts.
Muss ich in solchen Spielen dem Spieler vorschreiben, dass er Aktionen tätigen muss, so lange er kann? Oder kann ich es der Eigenverantwortung des Spielers überlassen, dass er selbst entscheidet, ob er den Sieg anpeilen will oder nicht? Und ggf. Entscheidungen trifft, die keinerlei Vorteil haben?
Anderes Beispiel:
Es gibt jede Menge Spiele, in denen direkter Konflikt die Regel ist, und mit keinen Nachteilen verbunden.
Nehmen wir z.B. La Granja, wo direkter Konflikt im ganz Kleinen auch vorhanden sein kann. Da kann z.B. ein Spieler entscheiden, wo er seinen Marker auf dem Markt abstellt, wenn er einen 6er-Marktkarren beliefert hat. Sofern es noch mehrere freie Plätze gibt.
Logischerweise wird ein kompetitiver Spieler IMMER die Plätze wählen, bei denen er die Marker anderer Spieler entfernt. Immerhin gibt es dafür nicht nur Punkte, sondern man verhindert auch, dass die Gegner weiterhin Punkte bekommen.
Wäre es ein suboptimaler Spielzug (im direkten Spiel), wenn er das nicht täte, und stattdessen ein Feld wählt, wo er keinen anderen Marker entfernt? Ja.
Ist es zwingend notwendig, ihm deshalb vorzuschreiben, den besten Platz zu wählen? Nein.
Gut, in diesem Fall ist eine solche Formulierung auch etwas schwierig, da die Platzierung von 2er- bis 5er-Karren auch andere Abwägungen mit einbezieht. Fakt ist aber, dass die eben genannte Platzierung ganz definitiv die schlechtere ist.
Und da kommt dann nicht nur Metagame (wenn ich ihm nicht schade, vielleicht schadet er mir später dann auch nicht?) mit ins Spiel, sondern auch noch viele andere kleine Nuancen. In jedem Fall aber liegt es im Ermessen des Spielers, so optimal zu spielen, wie er will.
Und was genau heißt eigentlich "den Spieler vor Schaden bewahren"? Woher soll denn der Spielanleitungsschreiber genau wissen, was der Spieler eigentlich WILL?? Warum er spielt? Oder warum er gerade SO spielen will? Muss er sich in die Position begeben, es vermeintlich besser zu wissen als der Spielende?
Kurz zur Einordnung - ich spreche hier nicht von Spielmechaniken, die an KANN und MUSS geknüpft sind, und deren Definition notwendig ist. Ich spreche einfach davon, dass eine Spielanleitung nicht alles regeln muss, und den Spieler nicht davor bewahren muss, schlechte Züge zu machen. Das zu lernen ist Aufgabe und vielleicht ja auch Lustgewinn des Spielers.
Es gibt eine Menge Spiele auf dem Markt, die (so sagt man) "keine Fehler verzeihen". Sprich: wenn man im Laufe des Spiels, oder gar zu Anfang, einen Fehler macht, dann hat man keine Chance mehr, zu gewinnen, falls die Mitspieler nicht auch Fehler machen. Auch genannt Lernkurve - und diese kann ziemlich steil ausfallen.
Sind diese Spiele schlecht, weil die Anleitung den Spieler nicht vor diesen Fehlern bewahrt? Immerhin könnte man ja darin beschreiben, wie man optimal spielt. Oder sogar die Regeln so konstruieren, dass solche gravierenden Fehler nicht mehr passieren.
Oder ist das etwa "was ganz anderes"?
Eine Regel muss erklären, was nötig ist, und so präzise und klar verständlich wie möglich, ohne "Interpretationsmöglichkeiten". Und nicht weniger, aber auch nicht mehr.
Grütze,
Dumon