Beitragvon Detlef W. » 15. Mai 2012, 09:48
Ich will mich einmal als Jurist, der vom Urheberrecht keine Ahnung hat (im Gegensatz zu offenbar vielen anderen, die sich an dieser Diskussion hier beteiligen (Achtung: Ironie)) ebenfalls an der Diskussion beteiligen: Wenn das Problem doch so einfach wäre! Doch das ist es leider nicht.
Wo soll man die eigene geistige Schöpfung ansetzen und wo endet sie? Hat der Erfinder von " Wer wird Millionär " mit dem Begriff des Telefonjoker oder des Publikumsjoker eine eigene geistige Schöpfung geschaffen? Dürfen wir diese Wörter jetzt gar nicht mehr verwenden, oder nur noch privat?
Auf welche Mechanismen und Materialien in anderen Spielen darf ein Spieleautor zurückgreifen, ohne dass ihm geistiger Diebstahl vorgeworfen wird? Ich kenne Spiele, in denen ein Autor meines Erachtens nicht eine einzige eigenständige geistige Schöpfung vorgenommen hat (meine eingeschlossen, man denke nur an das Stein-Schere-Papier-Prinzip in Mausen), manchmal nur mit Ausnahme der, dass er drei oder vier verschiedene Mechanismen vermischt und so zu einem gelegentlich schönen und hin und wieder sogar kommerziell erfolgreichen Spiel zusammengefügt hat. Ist das erlaubt oder muss er jetzt jeden Autor der drei - vier zusammengewürfelten Mechanismen um Erlaubnis fragen? Oder hängt es davon ab, welche Mechanismen es sind? Oder von etwas anderem, und wenn ja, wovon?
Oder nehmen wir einmal die Kramer - Leiste. War es wirklich Wolfgang Kramer, der sie entwickelt hat (bitte entschuldige, lieber Wolfgang, ich möchte dir die Leistung nicht streitig machen, allerdings eignet sich deine Leiste als wunderbares Beispiel für meinen Beitrag, ich hoffe du verübelst es mir nicht; auf diesem Wege herzliche Grüße, auch an deine Frau, und auch von meiner Frau), oder gab es sie schon vorher in irgend einem von Chinesen, Indern oder Griechen entwickelten Spiel der Antike? Oder war er es, der sie zuerst veröffentlicht hat? Und wenn er es war, der sie entwickelt hat, darf sie jetzt niemand mehr verwenden?
Im Gegensatz zu Ihnen, lieber Herr Beiersdorf (auch an Sie natürlich an dieser Stelle Grüße), glaube ich nicht, dass es vereinzelte Juristen sind, die eine differenzierte Meinung vertreten (ich halte den Beitrag des Kollegen, auf den Sie hingewiesen haben, teilweise für sehr gut) und ich glaube auch nicht, dass man über die von Ihnen erwähnten Urteile im Zusammenhang mit Borniertheit sprechen kann. Die Urteile mögen das Gesetz anders auslegen als man es selbst möchte, schlechtestenfalls mögen sie falsch sein, aber borniert?
Ich glaube, dass unser Gesetzgeber mit großer Verantwortung an dieses Problem herangeht. Ich teile bestimmt nicht die Meinung derjenigen, die jeden Urheberrechtsschutz versagen wollen. Gerade bei Spielen ist die Problematik aber besonders schwierig, wie sicherlich auch der Kollege Risthaus (den ich an dieser Stelle ebenfalls grüße) viel besser weiß als ich.
Schimpfen alleine, wie ich es gelegentlich bei dieser sehr emotionalen Diskussion feststelle, wird wenig hilfreich sein, man muss die Diskussion schon sachlich austragen.
Vielleicht wäre es schon hilfreich, wenn sich Spieleverlage und Spieleautoren dazu durchringen könnten, in ihren Spielen, am besten in der Spielregel, in besonders eklatanten Fällen der Identität, darauf hinzuweisen, dass bestimmte Dinge aus anderen Spielen übernommen wurden, ähnlich wie bei wissenschaftlichen Artikeln/Büchern, bei denen in Fußnoten Zitate oder Meinungen aus anderen Werken aufgeführt werden. Warum also nicht eine Spielregel, bei der am Ende steht, dass man sich, um die Punkte der jeweiligen Spieler auf dem Spielbrett darzustellen, der Kramerleiste bedient hat. Für Wolfgang Kramer wäre es eine Ehre, so glaube ich, und es wäre auch eine verdiente Hommage an ihn, aber einen Urheberrechtsverstoß würde ich darin nicht sehen.
Urheberrechtliche Grüße, Detlef W.