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Carcassonne: schlechte Qualität der Anleitung (Wiesenwertung)!?

Diskussionen über einzelne Spiele
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Roman

Carcassonne: schlechte Qualität der Anleitung (Wiesenwertung)!?

Beitragvon Roman » 5. November 2000, 02:27

Hi,
um der Diskussion um unzulängliche Regeln und penible Spieler die Krone aufzusetzen, hätte ich hier noch was zu Carcassonne anzubieten:
Die Regel ist zwar weitgehend eindeutig, was Wegelagerer, Mönche und Ritter angeht. Aber Bauern eröffnen dafür eine Vielzahl von unmöglichen Wertungskombinationen:
Lt. Anleitung erhalten, wenn zwei Bauern von unterschiedlichen Wiesen an eine Stadt angrenzen, beide die Punktzahl für die Stadt. Nur, was ist, wenn die zwei Bauern die gleiche Farbe haben? Gemäß Anleitung ist die Formulierung hier nicht eindeutig, auch wenn wir mutmassen, dass eine Stadt nur einmal gewertet werden darf, ausser es herrscht Gleichstand zwischen verschiedenen Spielern.
Und es geht noch besser: Auf einer Wiese sitzen von 2 Farben zwei Bauern und von zwei jeweils einer. Die mit dem einen Bauern erhalten keine Punkte - klar. Die mit den zwei Bauern erhalten beide für alle Städte jeweils vier Punkte - klar? Hm, doch halt, an zweien der acht Städte sitzt von einer anderen Wiese noch ein Bauer der einen Farbe, dann kriegt wohl nur der für die zwei Städte die Punkte, die anderen 6 Städte müssten dann für beide gelten...
Und für die Hardcore-Spieler noch die letzte Preisfrage: auf einer Wiese sitzen einmal 2 Bauern der Farbe, sagen wir mal: rot, und einer in blau. Auf der anderen Wiese einer in blau. Beiden Wiesen gemein sei eine Stadt. Erhalten nun beide die Punkte für die Stadt, obwohl sie an verschiedenen Wiesen ihre Bauern in unterschiedlichen Mehrheiten haben? (Ich denke, die Antwort ist klar ja, aber dennoch: im ersten Moment...)
Nun, ich denke, im Endeffekt liesse sich das ganze logisch aufdröseln, wenn man Städte statt Wiesen werten würde, im Gegensatz zu dem, was in der Regel ausgebreitet wird - diese Regelung schliesst nämlich sämtliche Sonderfälle mit ein. Statt wie in der Regel nach Wiesen zu werten und zwei von vielen Sonderfällen zu behandeln, wär's mit der Wertung nach Städten (wieviele Bauern grenzen an eine Stadt, der mit den meisten kriegt die Punkte, bei Gleichstand alle mit den meisten) deutlich kürzer und klarer geworden. Gelegenheitsspieler dürfte die Wiesenregelung durchaus in manchen Situationen an den Rand der Verzweiflung treiben. Ich habe manchmal das Gefühl, dass man für Regelunklarheiten im Zweifelsfall Mathematiker in der Runde braucht...
Okay, jetzt genug gemosert, also: wer braucht noch Testspieler, die Regelfehler und -ungereimtheiten finden - meine Bekannten und ich bieten uns an ;-) Referenzen: siehe die Regelfragen der letzten sieben Tage...
Um jetzt mal nebenbei wirklich ernst zu bleiben: alle oben geschilderten "Sonderfälle" sind bei uns heute abend im Rahmen eines hundsnormalen Spieles im Familienkreis aufgetaucht! Ich kann mir vorstellen, dass Otto-Normalspieler unterm Weihnachtsbaum ganz schön grün aus der Wäsche kuckt, wenn er in einem Spiel mit solchen Situationen konfrontiert wird - nicht jeder ist passionierter Spieler oder hat eine mathematisch geartete Ausbildung, um solche Situationen spontan und halbwegs fair zu lösen... Vielleicht sollten Spiele vielleicht ein paar mehr Testspieler haben, die auch gezielt nach Regelversäumnissen suchen, und nicht nur nach Defiziten im Spiel selbst. Die paar Mark mehr holt man wieder rein, wenn Otto-Normalspieler auch nächstes Jahr sich wieder ein Spiel kauft, und nicht zögert, weil er das alte noch nichtmal verstanden hat...
Ich find's so schade, dass die Spiele so exzellent ausbalanciert sind (was wirklich ein grosse Leistung darstellt!), und es dann an ein paar Testrunden zu scheitern scheint, was die Regelformulierung angeht. Klar, man erklärt das Spiel den Spielern, und läßt sie nach Fehlern im Spiel suchen, im Zweifelsfall beantwortet man auch Fragen zu Regel. Aber was wirklich fehlt, ist, mal ein paar Spieler mit der Regel allein zu lassen und ein paar Partien spielen zu lassen, um festzustellen, was an der Regel unsauber ist.
So langsam verstehe ich auch die "Goldene Feder" für Tadsch Mahal - dazu hatte ich zu keinem Zeitpunkt auch nur eine Regelfrage. Ansonsten sind die Regeln zu Java und Babel m.E. dieses Jahr bislang hervorragend geraten: Glückwunsch.
So, nun schreibt mal, was Ihr so denkt - bin mal gespannt. Kann ein unbedarfter Gelegenheitsspieler ohne Internet-Präsenz wirklich ein Spiel heutzutage mehr als drei Mal spielen ohne auf eine Unklarheit zu stossen, die sie/er vielleicht nicht zu lösen weiss? Liegen die Fehler eigentlich guter und didaktisch durchaus klug aufgebauter Regeln darin, dass sie nie ganz "neuen" Spielern zum Verstehen vorgelegt werden, so dass immer das letzte Quentchen Sonderfall oder allgemeiner Logik fehlt?
Ciao,
Roman

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andreas haun

re: Carcassonne - Ein Eldorado für Regelfragen

Beitragvon andreas haun » 5. November 2000, 10:00

moin,
den letzten absatz kann ich nur unterstreichen.
ohne internet gehts net. was bei den pc-spielen zur tradition geworden ist, macht also bei den brettspielen keinen halt !
andreas

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Bernd

re: Carcassonne - Ein Eldorado für Regelfragen

Beitragvon Bernd » 5. November 2000, 10:52

Hallo Roman,
ich finde die Regeln auch bezüglich der Bauern eindeutig. Auch nach ca. 6 Spielen tauchte keine Regelfrage auf. Vielleicht solltest Du als Ausgangspunkt der Wertungen nicht die Wiesen sondern, wie in der Regel beschrieben, die Städte nehmen. D.h., die wertest nacheinander die fertigen Städte und schaust bei jeder Stadt, welche der im Spiel befindlichen Bauern auf einer Wiese stehen, die an die gerade betrachtete Stadt angrenzt. Hat ein Spieler die meisten Bauern auf diesen Wiesen, erhält er die 4 Punkte. Haben mehrere Spieler die meisten Bauern, erhalten sie alle 4 Punkte.
So ist die Wertung dann ganz einfach
Bernd

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Roman

re: Carcassonne - Ein Eldorado für Regelfragen

Beitragvon Roman » 5. November 2000, 16:23

Hallo Bernd,
>ich finde die Regeln auch bezüglich der Bauern eindeutig. Auch nach ca. 6
Spielen tauchte keine Regelfrage auf. Vielleicht solltest Du als
Ausgangspunkt der Wertungen nicht die Wiesen sondern, wie in der Regel
beschrieben, die Städte nehmen.<
Wir haben dann auch nach kurzem Nachdenken und dem Schlussatz "so wird Stadt für Stadt gewertet" die Städte gewertet - aber die Regel ist in diesem Punkt zu Anfang ein bisschen missverständlich formuliert - so redet sie über 3 Punkte/Beispiele hindurch immer über einzelne Bauern, die ihre Städte versorgen, so dass man leicht den Fehler machen kann, von den einzelnen Bauern aus zu werten - auch die Beispiele sind diesbezüglich eher irreführend.
Der Schlusssatz "auf diese Weise wird Stadt für Stadt gewertet" klärt das wieder auf, nur haben wir den Fehler gemacht, uns an den Beispielen orientieren zu wollen.
Würde die Regel durchweg aus der Sicht der Städte formuliert sein, wäre es wesentlich einfacher, statt dessen irritieren Sätze wie "Für jede Stadt, die EIN Bauer versorgt, erhält der Besitzer des Bauern 4 Punkte[...]" Und nachher wird das z.T. wieder widerlegt, indem geklärt wird, dass die Punkte für eine Stadt nur an den Spieler mit den meisten angrenzenden Bauern gehen.
>D.h., die wertest nacheinander die fertigen
Städte und schaust bei jeder Stadt, welche der im Spiel befindlichen Bauern
auf einer Wiese stehen, die an die gerade betrachtete Stadt angrenzt. Hat
ein Spieler die meisten Bauern auf diesen Wiesen, erhält er die 4 Punkte.
Haben mehrere Spieler die meisten Bauern, erhalten sie alle 4 Punkte.
So ist die Wertung dann ganz einfach<
Ist sie auch, Du hast vollkommen recht! Nur die Regel führt etwas vom Pfad der Logik ab und verwirrt durch die Beispiele mehr, als dass sie klärt. Eigentlich hätte statt einem fetten Absatz mit Beispielen Deine obige Erklärung vollauf genügt...
Ciao,
Roman

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Markus Barnick

re: Carcassonne - Ein Eldorado für Regelfragen

Beitragvon Markus Barnick » 5. November 2000, 20:27

Mein Wort - schon die ganze Zeit.
Liebe Verlage, drückt doch mal einem Spieler eine Regel in die Hand und machts, wie oben beschrieben!!!
Vorbildliche Regeln:
Ravensburger und Kosmos.
Meistens ok: HIG und Amigo
über den Rest möchte ich im Moment schweigen...

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Carsten Wesel

re: Carcassonne - Ein Eldorado für Regelfragen

Beitragvon Carsten Wesel » 5. November 2000, 23:49

> ich denke, im Endeffekt liesse sich das ganze logisch
> aufdröseln, wenn man Städte statt Wiesen werten
> würde, im Gegensatz zu dem, was in der Regel
> ausgebreitet wird
Oh shit. Dann haben wir es in Essen unbewusst erstens falsch und zweitens angenehm handlich gespielt. Wir sind einfach die Städte durchgegangen - weil, war eben logisch.
Gruß Carsten (spielt falsch)

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Ilka

Qualitätskontrolle bei Spieleverlagen

Beitragvon Ilka » 6. November 2000, 07:59

Tja, Carcassone scheint ein wenig unausgegoren zu sein - schade, ist doch eigentlich ein nettes Spiel. Ich hab mich in einem anderen Posting schon über die blöde Wertungstafel ausgelassen...
Da fragt man sich: haben Spieleverlage keine Lektoren, die auf sowas achten, z.B. Schlüssigkeit der Regeln, Sinn und Unsinn von Wertungstafeln u.a.m. - ich mein',
das ist ja nun kein Kleinverlag, der das Spiel in mühevoller Kleinarbeit produziert hat, sondern eher einer der größeren??
Für sein Geld kann man doch auch 'was erwarten, selbst wenn das Spiel nur knapp 30 DM kostet - oder geht's nach dem Motto: quick and dirty?
Ilka (spielt trotzdem gern Carcasonne)

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Stefanie

re: Qualitätskontrolle bei Spieleverlagen

Beitragvon Stefanie » 6. November 2000, 10:10

>das ist ja nun kein Kleinverlag, der das Spiel in
>mühevoller Kleinarbeit produziert hat, sondern eher
>einer der größeren??
Soweit ich weiss, hat HiG ganze 3 Vollzeit-Mitarbeiter.
Cheers,
Stefanie

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Roman

re: Qualitätskontrolle bei Spieleverlagen

Beitragvon Roman » 6. November 2000, 17:50

Hi Ilka,
>Tja, Carcassone scheint ein wenig unausgegoren zu sein - schade, ist doch
eigentlich ein nettes Spiel. Ich hab mich in einem anderen Posting schon
über die blöde Wertungstafel ausgelassen...<
Du meinst die "Setz' Blau 5 Punkte vor aber kuck vorher, welche Richtung 'vor' gerade ist"-Schlangenlinien-Wertungstafel? ;-)
>Da fragt man sich: haben Spieleverlage keine Lektoren, die auf sowas
achten, z.B. Schlüssigkeit der Regeln<
M.E. kann man das aus der Welt schaffen, indem man ein paar interessierten Spielern ein Probeexemplar samt Regel schenkt und dafür einfach einen kurze E-Mail mit aufgefallenen Fehlern oder Regelungenauigkeiten verlangt. Ist billiger als Unmut oder zusätzliche Lektoren, die kaum einen Vollzeitjob besetzen dürften bei den meisten Spielefirmen.
Und interessierte Spieler, die nach dem Testen ihr Exemplar behalten dürfen, findet man ja wohl genug!
Ciao,
Roman

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Thomas Rosanski

re: Qualitätskontrolle bei Spieleverlagen

Beitragvon Thomas Rosanski » 10. November 2000, 17:42

Hallo Roman,
warum ein paar Spielern die Spiele schenken? Noch billiger ist es doch, den vielen spielwütigen Besuchern der Spiel-Messe einfach ein Exemplar zum "Testen" (in doppeltem Sinne) auszuleihen. Wenn man dann noch die Erstauflage klein hält, ist das Spiel erstens schnell ausverkauft (muss ja wohl gefragt sein), die zweite Auflage fehlerfreier und man kann mit der FAQ für die erste Auflage auch noch die Verlags-Homepage füllen. :-)))
Aber im Ernst, auf der Spiel in Essen hat mich besonders gewundert, dass bei Störtebecker laut Anleitung eine der Zahlen auf den quadratischen Schiffskarten überhaupt keine Bedeutung haben sollte - sie (die Zahl) wurde gar nicht erwähnt.


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