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Spielregeln anderes schreiben

Das ehemalige spielbox-Spielerforum
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Marc Wickel

Spielregeln anderes schreiben

Beitragvon Marc Wickel » 6. August 2002, 14:34

Was ich mich frage: Weshalb kann man eine Spielregel nicht so schreiben, das sie so formuliert ist, als ob einer den anderen das Spiel erklären würde. Wenn einer sie Regel kennt und schnell erklärt kapiert man es viel schneller als wenn man sieerst lesen muss. Es sind doch beide Male hauptsächlich "nur" Worte.

Und eventuell dann noch eine Variante (also momentan üblichen Regeln) mit hierachischer Ordnung für die Vollständigkeit?

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Hanno Schwede
Kennerspieler
Beiträge: 392

Re: Spielregeln anderes schreiben

Beitragvon Hanno Schwede » 6. August 2002, 14:45

Hy Marc

versuch es doch mal, nimm Dir ein hinreichend einfaches modernes Spiel, zum Beispiel TransAmerica, Carcasonne oder ähnliches und schreib eine Regel nach deiner Vorstellung. Ich denke Du wirst dabei das ein oder andere Problem bekommen.

Ausserdem meine ich das es so etwas in früherer Zeit schon gab, damals hat es sich nicht Durchgesetzt. Eine moderne Variante stellen wohl die Prof. Easy Spielanleitungen von Kosmos da, über deren Sinn und Umsetzung man trefflich streiten könnte, aber zu diesem Thema gibt es bestimmt einiges in der Forensuche.

Ciao

Hanno, der weiss das man bei schreiben einer Anleitung wirklich VIEL falsch machen kann.

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Das Wiesel
Brettspieler
Beiträge: 84

Re: Spielregeln anderes schreiben

Beitragvon Das Wiesel » 6. August 2002, 14:53

Hallo Marc,

die Antwort ist relativ einfach: Die Spielregel ist zu lang!

Während Du normalerweise ein Spiel anhand des Materials erklärst, das Du griffbereit hast und per Zeigefinger auf besondere Felder u.Ä. hinweist, benötigst Du in der Regel dann ein Beispiel. Da würden selbst die einfachsten Regeln sehr ausufern und der Kunde gibt dann ein "Das is' mir zu kompliziert" von sich.

Gruß
Das Wiesel

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Heinrich Glumpler

Re: Spielregeln anderes schreiben

Beitragvon Heinrich Glumpler » 6. August 2002, 14:55

Hi Marc,

wenn du ein Spiel erklärst, verwendest du Gesten, Betonung, Körperhaltungen, Witz, Anspielungen, Gegenstände - also Mittel, die sich alleine durch Worte nur von genialen Autoren ersetzen lassen.

Ein Beispiel: ich wette, ich könnte dir eine Spielregel, vor der du normalerweise alleine aufgrund des Umfanges zurückschrecken würdest, relativ locker vermitteln, indem ich dich z.B. "vertröste" - etwa durch solche Bemerkungen wie "also, prinzpiell ist es ganz einfach...", "tja, nur noch eine Sache, nämlich....", "ach, was ich vergessen habe..."...
Sprich: ich stachele deine Konzentration und Aufmerksamkeit mit rhetorischen Mitteln an immer wieder an -
- keine Spielregel mit 10 Seiten kann das leisten.

Und das ist nur ein Beispiel.

Trotzdem ist die Idee faszinierend - ich hab' es nämlich schon probiert.

Mein Tipp: Am besten nimmst du mal per Tonband eine Erklärung auf ... ich denke, das wird sehr lehrreich sein!

Grüsse
Heinrich

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cristinus

Re: Spielregeln anderes schreiben (ist etwas länger)

Beitragvon cristinus » 6. August 2002, 15:01

Hallo Marc und alle,

das geht nicht, weil du nicht weißt, was der Leser versteht und was nicht.
Wenn ich Regeln erkläre, also das Format nutze, was du vorschlägst, kommen bei den an sich simpelsten Zusammenhängen Grundsatzfragen. Und wenn du deine Regel wasserdicht gestalten willst, daß wirklich keine Fragen offen bleiben, hast du wahrscheinlich schnell ein Buch geschrieben.
Der Unterschied zwischen den abgedruckten Regeln und dem gesprochenen Wortlaut ist doch der, daß der Erklärer sich damit auseinandergesetzt hat, die Zusammenhänge nachvollzog, evtl. Unklarheiten durch nochmaliges Lesen beseitigte, und erst danach damit "an die Öffentlichkeit" geht.
Aber teilweise ist es schon komisch, wie bestimmte Regelformulierungen klingen, so daß man annehmen muss, daß der Bereich Regel bei einigen Verlagen ein wenig stiefmütterlich behandelt wird.
Vor allem bei "schwierigeren" Spielen, wo Klarheit über die Mechanismen herrschen muss, fühle ich mich nach dem ersten Lesen oft dümmer als davor, und das Erarbeiten gleicht einem Studium. Wahrscheinlich wird davon ausgegangen, daß die Vielspieler sich schon damit abgefunden haben und auch aus schneller hingeschriebenen Regeln die Zusammenhänge rauspressen, so daß man auf eine teure und zeitfressende Über- und Überüberarbeitung verzichtet.
Wenn das Spiel hingegen offensichtlich "fürs Volk" gedacht ist, siehe Carcassonne, kommt man sich wieder eher wie ein Kind vor, dem alles dreimal erklärt wird. Das ist auch so ein Punkt. Der eine Spieler versteht einen Spielmechanismus einfach so, wenn er ihn liest. Der Nächste möchte gern noch ein Beispiel, mit Pseudonamen. Und jemand ganz anderes braucht es einfach Schritt für Schritt ausgearbeitet, mit vielen Bildern, Einstiegsspiel und was weiß ich noch. Man müßte also auch mehrere Versionen schreiben, für Einsteiger, Fortgeschrittene und Profis. Und all diese Gedanken wurden bestimmt auch schon bei den Verlagen durchgekaut, und am Ende hat bestimmt immer einer gesagt: "Komm, lassen wir es so, wie es war, es haben am Ende doch immer alle verstanden." Und ansonsten würde diese Seite hier wohl nur noch halb so stark frequentiert, das wäre doch auch schade.
Huch, das ist wohl etwas länger geworden, mir war grad so.

Salut

Christian

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Peter Steinert

Re: Spielregeln anderes schreiben (ist etwas länger)

Beitragvon Peter Steinert » 6. August 2002, 15:42

Hi,

einen Ansatz in dieser Richtung gab es mal im Spiel "Top Secret" von Alex Randolph (nur in einer bestimmten Auflage).
Der Meister himself erklärte damals auf einer beiliegenden Schallfolie die Grundzüge des Spiels. Ein netter Gag, der sich aber nicht durchgesetzt hat.
Es ist eben ein riesiger Unterschied, ob mir ein Mensch von Angesicht zu Angesicht ein Spiel erklärt, oder ob ich ein Medium einsetze, das dieses Gefühl nur simuliert, ohne mit mir interagieren zu können.
War nicht auch im Spiel "Dallas" so eine Spielregel - Schallplatte drin? Lang lang ist's her...

Gruß

Peter

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Michael Blumoehr

Spielregeln auf Band oder Video

Beitragvon Michael Blumoehr » 6. August 2002, 15:50

Hallo,

mit fallen noch folgende Spiele mit akustischer bzw. Videospielregel:

- Hase und Igel gab es einige Zeit mit Kassette
- zu den Siedlern gab es ein Video (ich hab's nie gesehen)

Aber warum hat es sich nicht durchgesetzt? Wohl nicht nur, weil es zu teuer zu produzieren ist, oder?

Michael (der am Donnerstag wohl Goldland erklären wird)

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Peter Steinert

Re: Spielregeln auf Band oder Video

Beitragvon Peter Steinert » 6. August 2002, 16:14

Hi Michael,

einen Erklärungsversuch, warum sich derartige Konzepte nicht durchsetzen, habe ich ja schon gegeben. Es handelt sich um ein scheinbar lebendiges, aber in der Praxis äußerst starres Regelsystem. Kaum hat man mal eine Sekunde weggehört, etwas nicht verstanden oder gedanklich nicht rechtzeitig umsetzen können, muß irgendjemand an die Rückspultaste hechten oder die Plattennadel anheben.
Ein, wie ich finde, unfreiwillig komisches Szenario, das aber oft genau so abläuft.
Deutlich wird es, wenn man sich bewußt macht, wie oft bei der Lektüre einer Regel hin- und hergesprungen wird, bis der gesamte Kontext verstanden ist, oder wie dynamisch die Erklärung einer Regel durch eine Person der Spielrunde ist.
Chrisitian hat das eigentlich schon sehr gut beschrieben, denke ich.

Gruß

Peter

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Michael Andersch

Re: Spielregeln anderes schreiben

Beitragvon Michael Andersch » 7. August 2002, 09:40

Manches geht auch schneller, weil ich bei den Mitspielern auf bekanntes verweisen kann, was ich bei mir unbekannten Lesern nicht voraussetzen darf:

- "und der Versteigerungsmechanismus ist wie bei..."
- "dann folgt eine freie Verhandlungsphase wie bei..."

Das erklärt so oft eine halbe Seite Regeln mit einem Satz.

VG,
Micha

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Marc Wickel

Re: Spielregeln anderes schreiben

Beitragvon Marc Wickel » 7. August 2002, 17:32

O.k. ich sehe ein, dass das nicht so einfach ist wie ich dachte. Und eine Marktlücke werde ich damit bestimmt nicht füllen können (und, was viel wichtiger ist - damit reich werden :D )


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