Folgenden Leserbrief aus unserer Tageszeitung will ich euch nicht vorenthalten:
Die reinsten Horrorwesen
THEMA: POKEMON
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Pokemon ist die Abkürzung für ,,Pocket-Monster". Es handelt sich sozusagen um erfundene, un- und widernatürliche Kreaturen, die man in die Tasche stecken kann. Jedes Einzelne der Fantasiewesen hat nicht nur übernatürliche Fähigkeiten, sondern ist auch von den findigen japanischen erwachsenen Geschäftemachern auch gleich weltweit urheberrechflich geschützt worden.
Im Gegensatz zu harmlosen, weil mehr zufälligen Trends und Modewellen bei Schulkindern wurde die ,,Poke'-
manie" ganz gezielt auf die Kinder und Jugend losgerollt. Dabei gibt es nur ein Ziel: eine Manie, eine Sucht zu erzeugen und so die Kasse klingeln zu lassen.
Auf jedem Poke'mon-Produkt steht in Amerika ,,Gotta catche'm all", in Deutschland: ,,Schnapp' sie dir alle".
Das wird zur treibenden Kraft von Millionen von Kindern. Bilder, Karten, Puppen, Spiele, Comics, Filme, Platten
und so weiter werden zu Objekten der kindlichen Begierde und zur kommerzialisierten Sucht.
Bedenklich erscheint aber nicht nur die drogenartige Wirkung, sondern vor allem die magische Komponente der
Fantasieviecher. Denn neben der ,,Einstiegsdroge", dem bewusst harmlos gestylten und possierlich anmutenden
"Pikachu", gibt es auch die reinsten Horrorwesen mit übersinnlichen Fähigkeiten, gegen die Vodoo-Zauber als
harmlose Spielerei erscheint: Da ist zum Beispiel ein Viech mit Namen "Hypno", der andere "mit einem Mix aus Psychokräften angreift". Andere Monsterchen, von denen es bis heute 150 gibt - bei starkem Zuwachs -
können krank machen und anderen Kopfschmerzen zufügen.
Die Kinder sollen sich nach Willen des Herstellerkonzerns mit ihrem Taschenmonster idenrifizieren und dessen Eigenschaften übernehmen. Das kann fatale Folgen haben. Amerikanische Eltern berichten in großen Zeit-
schriften über plötzliche Verhaltensänderungen sonst unauffalliger Kinder, die bisher kaum aggressive oder ge-
walttätige Regungen gezeigt hatten.
Sie verändern ihre Stimmen und zeigen Symptome psychischer Deformierung.
Ein neunjähriger Junge bricht drei Mal in das Raus des Nachbarkindes ein, um dessen Pokemon-Karten zu stehlen. Als
er zur Rede gestellt wird, antwortete er mit wildem Blick: "Ich weiß, es ist falsch, aber ich kann es einfach nicht
kontrollieren. Eine Stimme in meinem Kopf sagte mir, dass ich diese Karten unbedingt haben muss."
Als Pädagoge kann ich nur an die Eltern appellieren, nicht kritiklos auf jeder neuen Welle mitzureiten.
Nicht alles ist so harmlos, wie es im ersten Augenblick scheint.
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