Beitragvon ravn » 11. Oktober 2013, 20:37
KMW schrieb:
> Ich fühle
> mich durchaus befähigt, das Spiel in diesem Zustand zu
> bewerten, vertraue aber auch darauf, dass Pegasus auf den
> letzten Metern vor der Produktion keinen Fehler mehr macht.
Danke für die Infos. Die (für mich) entscheidende Frage dabei wäre, ob der Leser dieser Spielbesprechung das auch so im Heft mitgeteilt bekommt und eben nicht der Eindruck erweckt wird, dass ein endgültiges Produkt getestet wurde.
Weil die journalistische Sorgfalt gebietet es eigentlich, auf so etwas hinzuweisen und eben nicht nur zu vertrauen. Das könnte am Ende sogar Täuschung der Leser sein, deren Vorsatz ich in keinster Weise unterstellen will.
Die Diskussion erinnert mich an Entwicklungen im Videospiel-Journalismus vor gut 10 Jahren und davor: Im Wahn der konkurrierenden Videospiel-Testzeitschriften wurden Testberichte immer früher veröffentlicht, teils Monate vor dem eigentlichen Release und als Test betitelt:
Dabei lag nicht immer ein Produkt im Endstadium vor (Review-Code), sondern gerne auch mal ein Sammelsurium von arg frühen Programmteilen, die man unter Anleitung des Produktmanagers vor Ort beim Publisher unter Beobachtung "testen" durfte. Ergänzt durch ein internes Dokument, was denn alles noch geändert werden wird bis zur Verkaufsversion. Screenshots wurden vom Publisher selbst zur Verfügung gestellt, weil das Spiel in so einem frühen Stadium nicht gezeigt werden durfte.
Dass diese Screenshots allerdings vom Publisher nachbearbeitet worden sind, geschönt waren und so später nicht im Spiel zu finden waren, war blöd. Ebenso blöd war, wenn der Tester von Funktionen erzählt und diese positiv bewertet hat, die es so dann doch nicht ins Spiel geschafft haben.
Das alles war gerne umrahmt von einem Wohlfühl-Event-Rahmenprogramm, das die Tester milde stimmen sollte. Wie soll man auch was schlechtes schreiben, wenn man von vorne bis hinten auf Einladung bewirtet wird? Schliesslich will man ja auch in Zukunft gerne an solchen Produkt-Events teilnehmen, zu denen eben nur ein begrenzter Personenkreis eingeladen wird.
Irgendwann platze diese Publisher-Vertrauens- und Kunden-Verarsche-Blase, weil kritisch nachgefragt wurde von den Kunden. Ein herber Vertrauens- wie auch Auflagenverlust war die Folge bis dann endlich zurückgerudert wurde oder die Redaktionen in die Offensive gegangen sind und diesen Termindruck nicht mehr mitmachen wollten.
Inzwischen achtet ein Grossteil der Videospiel-Verlagsbranche darauf, dass den Lesern genau aufgezeigt wird, wie und was und unter welchen Bedingungen ein Test erfolgte und vom Publisher zur Verfügung gestelltes Bildmaterial auch als solches gekennzeichnet und eingeordnet wird, was dort zu sehen ist.
Ich hoffe, die Brettspiel-Branche (die ich hingegen nur privat als Spieler kenne) tappt nicht in die selbe Falle und die Redaktionen sind auch stark genug, sich gegen den Druck der Spiele-Verlage zu behaupten, wenn Testberichte unter Bedingungen entstehen sollen, die der eigenen journalistsichen Verantwortung nicht gerecht werden.
Cu / Ralf