
Mit Fotos gibt's das Ganze hier:
http://mittwochsspielen.com/2016/08/14/ ... orschau-3/
Wem der Text reicht liest hier weiter:
Quinns:
Ok, du ich und ein paar Freunde haben gestern Abend mit der SeaFall Kampagne angefangen, natürlich volle Kanne mit 5 Spielern. Aktuell sind in der Spieleszene ja schon ein paar Dinge über SeaFall bekannt, z.B. dass es Daviaus erstes, komplett neu entwickeltes Legacy-Spiel ist, dass es komplexer als seine Vorgänger ist und dass es verflucht cool aussieht. Schiffe! Machtkämpfe! Unbekannte Inseln zum Erforschen und auf-die-Karte-kleben!
Nach dem ersten Abend waren wir uns allerdings einig, dass es vielleicht nützlich wäre, darüber zu reden, was SeaFall nicht ist
Leigh:
Wow, ein Legacy-Spiel! Ich steh ja eigentlich nicht so auf die superlangen Spieleabende, weil ich doch lieber kürzere Sachen spiele (ich hab die Aufmerksamkeitsspanne einer Fliege), aber die Kampagne Pandemic Legacy mit dir war dann doch eine der besten Erfahrungen der letzten Zeit.
Pandemic Legacy war, als würde man zusammen eine Geschichte erleben und erzählen, mit einem „Jahr“ pro Spieleabend. So viele Spiele normales Pandemic hintereinander zu spielen, wäre ja nicht so mein Ding gewesen. Aber Legacy, das fordert ohne zu überfordern und bringt uns dazu, wirklich an einem Strick zu ziehen. Ich habe mich dabei sehr auf die Kernaspekte des Legacy-Konzepts konzentriert: Dinge benennen! Überraschungspäckchen öffnen! Der gruselige Schauder, wenn man Teile des Spiels zerreißt (sowas geht sonst *gar* nicht).
Ich schätze, dass eine Menge Leute ähnliche Erfahrungen mit den bestehenden Legacy Spielen gemacht haben, bei denen der Legacy Aspekt insgesamt recht zugänglich und somit auch für Gelegenheitsspieler interessant ist.
Quinns:
Korrekt. Und eine der wichtigsten Feststellungen zu SeaFall ist, dass es definitiv kein Spiel für jedermann ist. Das sollten alle berücksichtigen, die jetzt schon planen, wann und mit wem sie die Kampagne durchspielen wollen.
SeaFall ist die Spieleschachtel für Leute, die Spaß an den Schwergewichten haben. Große, umfangreiche Spiele, wo es schon mal passieren kann, dass sich alle am Tisch geraume Zeit anschweigen. Es gibt eine Menge Optionen und Taktiken abzuwägen, man muss hier und da schauen, bevor man weiß, wie’s am besten weiter geht. Um konkret zu werden: Will ich zu Insel A oder zu Insel B segeln? Will ich Waren kaufen oder die Insel ausrauben? Welche Schiffsausbauten, welche Gebäude will ich haben? Kann sie mir ein anderer Spieler wegschnappen? Das Ganze muss langfristig geplant werden! Sehr langfristig, denn es wirkt sich ja auch auf künftige Partien aus.
SeaFall ist ein sich langsam entwickelndes Spiel, was allein schon daran liegt, dass das Spielbrett zu Beginn der Kampagne noch gar nicht vollständig existiert. Die Karte und damit die möglichen Strategien eröffnen sich erst von Spiel zu Spiel. Und das klingt nur so lange total sexy und spannend, bis man versteht, dass es wirklich Stunden dauert, bis sich neue Teile des Bretts erschließen. Der „Prolog“ des Spiels, den man als eine Art Tutorial auffassen kann und in dem wir die ersten paar Inseln entdecken, hat bei uns echt hingezogen, so dass die Leute am Ende echt auf die Uhr geschaut haben und sich gefragt haben, wann wir denn endlich durch sind. Das ist schon anders als bei Pandemic Legacy, wo man sich nach Ende einer Partie sofort fragt, ob man nicht noch schnell eine weitere Runde dranhängen kann.
Für uns heißt das außerdem: Wird 'ne Weile dauern bis unsere Review zu SeaFall kommt. Ob wir wirklich die vollen ~20 Spiele brauchen, sei dahingestellt. aber ich tippe mal, dass man sich frühestens 5 oder 6 Partien vor dem Ende ein abschließendes Urteil erlauben kann.
Leigh:
Fairerweise muss man erwähnen, dass wir mit der vollen Besetzung von 5 Leuten gespielt haben. Jeder Spielerzug hat mehrere Phasen und bei SeaFall gibt’s eine Menge Variablen zu berücksichtigen. Und ich persönlich fand es knifflig, dass sich vor meinem Zug noch so viel verändern kann. Einer der Spieler hat das schnell drauf gehabt und direkt fette Punkte eingestrichen aber ich hatte echt Probleme, das Spiel gedanklich in den Griff zu bekommen. Und das, obwohl ich die meiste Zeit vorne lag und am Ende sogar Zweiter geworden bin. Man muss hier ein Faible für geduldige und sorgfältige Planung haben – wie bei allen Spielen mit komplexer Ressourcenverwaltung
Vielleicht sind 5 Spieler aber auch einer zu viel angesichts der Größe der Karte. Ich war eigentlich total gespannt, was es zu entdecken gibt, aber die Warterei hat mich wirklich zermürbt. Ok, ich bin ein ungeduldiger Spieler, aber ich weiß auch, dass ich nicht der einzige bin und ich bin mir sicher, dass es eine Menge Leute gibt, die sich auf das Legacy Konzept freuen und dann nicht darauf vorbereitet sind, welche Tiefe dieses Spiel hat.
Quinns:
Ok, d.h. wir können festhalten, dass du dich schon nach dem ersten Abend entschieden hast, es dranzugeben und auszusteigen?
Leigh:
Ja. Ist wohl einfach nicht mein Ding. Ich bin hin und her gerissen, weil das Spiel echt wunderschön ist und ich wirklich wissen will, wie’s weiter geht. Die Legacy-Elemente, die ich im ersten Spiel gesehen habe, waren wirklich klasse. Aber ehrlich gesagt: um diese Nummer noch x-Mal durchzuziehen, fehlt mir einfach die Geduld. Klötzchenscheiberei ist sowieso nicht so mein Ding.
Quinns:
Stimmt wohl. Ironischerweise sind wir restlichen Vier gar nicht so böse, dass du aussteigst, denn zu viert wird’s sicher flotter vorangehen. Bittererweise muss ich sagen: wenn nächste Woche wirklich noch alle 5 Spieler an Bord wären, müssten wir einen zum Ausstieg überreden.
Es ist ja nicht nur, dass weniger Spieler weniger Wartezeit bedeuten. Es bedeutet auch, dass sich vor dem eigenen Zug weniger ändert und man so besser voraus planen kann. Allerdings ist bei weniger Leute auch weniger Action auf dem Brett in Form von Überfällen und anderen Gewalttaten. Aber das kann man wohl verschmerzen. Vielleicht ist es sogar ein Vorteil. Ein Autor, der auf von den Spielern auf der einen Seite sorgfältige Planung verlangt, auf der anderen Seite aber Mechanismen einbaut mit denen diese Planung durch die Gegner wild über den Haufen geworfen werden kann, spielt m.E. mit dem Feuer. Und damit meine ich, dass Leute wirklich angepisst sein könnten.
Leigh:
Ich bin wirklich neugierig, wie sich das Design von SeaFall entfaltet. Schätze ich werden bei euren nächsten Spielen aufkreuzen, zuschauen und ab und zu darum betteln, auch mal eine Karte zerreißen oder beschriften zu dürfen. Ich frage mich, ob ich dran geblieben wäre, wenn wir den Prolog nur dritt gespielt hätten. Wahrscheinlich hätte ich mich dann einfach besser eingebunden gefühlt.
Quinns:
Genau so ist es.
Zusammenfassend ist zu sagen: Spielt SeaFall besser nicht zu fünft. Seid darauf vorbereitet, dass sich das Spiel nur langsam entfaltet und erwartet nicht das Gleiche, wie bei den vorherigen Legacy-Spielen. Aber auch der Vergleich mit ähnliche thematisch intensiven Spielen wie Archipelago oder Merachants & Marauder verbietet sich, weil diese leichter und interaktiver sind und schnellere, direktere Erfolge bringen.
SeaFall ist ein ganz eigenes Ding und das ist tatsächlich der spannendste Aspekt an diesem Spiel. Momentan sehe ich den langsamen Start, die enorme Länge der Kampagne und die ungewöhnliche Mischung aus Erzählelemente und tiefen, strategischen Planungen. Eins ist klar: Das wird 2016 unser schwierigstes Review.
Aber egal. Wir bei SU&SD mögen Herausforderung. Auf geht’s mit der zweiten Woche der Kampagne!