Beitragvon Günter Cornett » 28. April 2005, 01:29
Roland G. Hülsmann schrieb:
>
> Günter Cornett schrieb:
>
> > Und lange Zeit, war es ziemlich schwer gegenüber der Kirche
> > zu behaupten, die Erde sei keine Scheibe - und dann noch am
> > Leben zu bleiben.
>
> Wirfst Du da nicht was durcheinander? Das Thema Scheibe oder
> Kugel wurde zwar im 15. Jahrhundert noch kontrovers
> diskutiert, war aber niemals Thema kirchlicher
> Lehräußerungen. Bei Galilei ging es darum, ob die Sonne im
> Zentrum des Universums steht oder nicht. Hier ging es zwar um
Jo, da hast du recht.
> kirchliche Lehrmeinungen, aber nicht um Glaubenswahrheiten.
die wie im Fall Giordano Bruno mit dem Scheiterhaufen verteidigt wurden.
> (Wir erinnern uns: eine astronomische Tatsache kann keine
> Glaubenswahrheit sein. Und Galilieis Behauptung, die Sonne
Sie kann aber sehr wohl im Widerspruch zu 'Glaubenswahrheiten' stehen.
Der Begriff Glaubenswahrheiten ist eh schon ein Witz. Wenn ich etwas nur glaube, kann ich nicht fordern, dass andere das als Wahrheit ansehen sollen.
> wäe der Mittelpunkt, war durchaus astronomisch und nicht
> irgendwie sinnbildlich gemeint.)
> BTW: Natürlich hatte Galilei Unrecht, wenn auch nicht so, wie
> seine "Richter" vermeinten. Tatsächlich steht die Sonne nicht
> im Zentrum des Universums ... aber die Erde auch nicht. Es
Galilei hatte 'relativ recht' (Die Planeten des Sonnensystems drehen sich um die Sonne). So wie diejenigen 'relativ recht' haben, dass das Weltall sich ausdehnt. Diese Aussage kann sich nur auf einen Teil des Weltalls beziehen, da wir schlecht eine Aussage über das gesamte Weltall machen können ohne dessen Grenzen zu kennen.
> war aber in der Tat ein Relikt vergangener Zeit, daß die
> Kirche sich als Hüterin der Wissenschaften fühlte. Im
> Mittelalter war das sicher wichtig ...
>
> > Wobei die Kirche mächtig ins Gewissen reinredet. Für ein
> > eigenes gewissen ist da nicht immer viel Platz.
>
> Meines Wissens lehrt sie, ein eigenes Gewissen zu bilden.
> Natürlich gibt sie auch, angefangen mit den 10 Geboten,
> Anleitung und Hilfestellung dazu. Aber die letztliche
Die Gebote sind nicht nur Hilfestellungen sondern Forderungen, formuliert als wären sie von Gott selbst gesprochen.
> Verantwortung kann sie Dir niicht abnehmen, genauso wenig wie
> eine Partei, eine Bewegung oder sonst etwas.
> (Und ich will nicht abstreiten, daß es auch da in der
> Vergangenheit zu "Übergriffen" kam und die Kirche fei von Schuld sei.)
Übergriffe ist eine Verharmlosung, auch in Tüttelchen gesetzt.
> > Jo, die geistlichen Verrenkungen mache ich nicht mit.
>
> Muß Du ja auch nicht, wenn Du kein gläubiger Katholik bist! ;-)
Und gläubige Katholiken [b]müssen[/b] die Verrenkungen mitmachen?
> > Was hat das mit Jungfräulichkeit zu tun?
>
> Der Begriff "jungfäulich" wurde von Johnannes (und späteren)
> nicht so rein biologisch und sexuell verstanden, wie das
> heute der Fall ist. Derartige Glaubenssätze haben sich zu
Sagt er das irgendwo? Welche Quelle gibt es dafür?
> Zeiten herausgebildet, als Sprache noch viel allegorischer
> verwandt wurde als heute. Ich will nicht abstreiten, daß es
> auch in der Kirche zeitweise und bei einigen älteren
> Semestern immer noch biologisch verstanden wird. Diese
> Scheuklappensicht verhindert aber den Blick auf die tiefere
> Bedeutung.
Ich denke eher, es ist die Wortwahl, Jungfräulichkeit, die den Blick auf irgendeine möglicherweise dahinter stehende Bedeutung verhindert.
> > So gesehen kann man dann auch weltlich fremd gehen und dem
> > Ehepartner 'im Glauben' treu bleiben...
>
> Wenn ich den Begriff "treu" nicht aufs sexuelle beschränke,
> sondern er für mich etwas mit Verläßlichkeit zu tun hat, dann
> mag es durchaus Beziehungen geben, in denen die unbedingte
> Treue gegeben ist, auch wenn sich die Partner gegenseitig
> sexuelle Freiheiten eingestehen. Partnerschaft und Treue ist
> mehr, als nicht mit anderen ins Bett zu gehen. Wenn ich
> natürlich für mich die kirchliche Morallehre akzeptiere, nach
> der Sexualität nur in der Ehe stattfinden sollte, dann
> impliziert Treue auch die sexuelle Komponente.
> Bevor das Thema hier ausartet: Ich gestehe durchaus zu, daß
> die kirchliche Sexuallehre zu den Lehren gehört, die einer
> Erneuerung bedürfen. Aber mit Glaubenswahrheiten hat das eh'
> nichts zu tun.
Aber durchaus mit Vorschriften, die den Gläubigen gemacht werden.
Vorschriften, die aus dem Mund des Papstes stammen, der für sich in Anspruch nimmt, auch in Fragen der Moral (nicht nur des Glaubens) Unfehlbares von sich zu geben.
> > Das müssen sehr interessante Darbietungen in der Kunst der
> > Wortakrobatik gewesen sein. :)
>
> Naja ... ich weiß ja nicht, was Du Dir so vorstellst, aber es
> war auch sehr viel Trockenes und mühsames dabei. Ich fand da
> die Exegese und die Kirchengeschichte durchaus farbenfroher.
Zum Beispiel die Umdeutung des Begriffes Jungfräulichkeit, damit er nicht biologisch verstandenw erden muss.
> > Heisst das dann auch, Abtreibung und Verhütung sind nur im
> > Glauben abzulehnen, was real geschieht, ist nicht Sache des
> > Papstes und der Kirche?
>
> Hier geht es nun wirklich nicht um Glaubenswahrheiten und es
> sollte jeder das tun, was er nach seinem Gewissen tun muß!
Sagt das auch der Papst?
> Wenn die kirchliche Lehre Abtreibung und Verhütung ablehnt,
> meint sie das auch so. Trotzdem erlaube ich mir eine eigene
> Meinung und kann z.B. das Verbot der Verhütung oder auch das
> Verbot der Aids-Prevention durch Kondome in keinster Weise
> nachvollziehen. In Sachen Sexualmoral ist einiges an
> Aufarbeitung inner halb der kirchlichen Lehrmeinung notwenig.
> Aber wie gesagt, man muß sich ja nicht alle Leitlinien der
> Kirche zueigen machen. Das hatr aber mit unserem Thema
> eigentlich nichts zu tun, obwohl ich stundenlang darüber
> diskutieren könnte ...
Doch. Auch wenn der Papst dieses nicht als absolute Wahrheit verkündet, so werden seine Äußerungen von vielen als abolute Wahrheit angesehen, da er nun mal Kraft seines Amtes(!) die Gabe der Unfehlbarkeit hat.
> > Woran erkennt ein Normalsterblicher den Unterschied zwischen
> > dem was 'im Glauben' gemeint ist und was real?
>
> Nun, bestimmt nicht, indem er seine Kenntnisse über seinen
> Glauben nur aus dem Spiegel oder vom Stammtisch bezieht,
> sondern die reichlichen Bildungsangebote seiner
> Kirchengemeinde in Betracht zieht.
Sorry, diesen Satz kann jeder Sektenguru für seine Sekte unterschreiben.
Abgesehen davon habe ich keine Kirchengemeinde, lese so gut wie nie den Spiegel, habe als Stammtisch allenfalls eine Spielerunde, in der ich mich nicht über die Kirche unterhalte. Mein Wissen über christliche und andere Religionen habe ich aus dem schulischen Religionsunterricht, aus dem Konfirmandenunterricht, Tageszeitungen, Geschichtsbüchern, Gespräche mit Gläubigen.
Wenn z.B. die Jungfräulichkeit Marias eine so zentrale Rolle spielt, es aber nirgendwo öffentlich gesagt wird, dass das gar nicht biologisch gemeint ist, sondern dieses Argument nr auf Nachfragen kommt, dann ist mir schon klar, was ich davon halte. ;-)
Gruß, Günter