Hi Leute.
Ein immer wieder interessantes Thema.
Meine Meinung hierzu:
Glück ist nicht per se schlecht. Ich finde man muss immer einen differenzierten Blick haben. Aber in vielen Spielen kommt durch irgendein Faktor (Karten, Würfel, Plättchen die gezogen werden etc.) Glück in ein Spiel.
Als erstes muss ich mich Basti in einem Punkt anschliessen (wobei ich mich eigenlich all seinen Punkten anschliessen kann): Wenn man lange und intensive Spiele spielt (zwei, drei, vier...Stunden) und es am Schluss - überspitzt formuliert - spielentscheidend ist, ob ich eine gerade oder ungerade Zahl würfle, dann empfinde ich das als ein schlechtes Spiel. D.h. bei den meisten Strategiespielen wo ich mir viele Gedanken zu Strategie und Taktik machen muss, ist es einfach unbefriedigend, wenn am Schluss ein Glücksfaktor spielentscheidend ist. Etwas anderes ist es natürlich, wenn man diesen Faktor beeinflussen kann (Würfelergebnisse modifizieren, Karten anordnen etc.). Jedoch gilt für mich: In vielen Strategiespielen will ich durch meine Entscheidungen gewinnen (und auch verlieren, damit ich mein Spiel verbessern kann) und nicht durch Glück.
Aber es kommt auch auf die Art von Spiel an. Z.B. finde ich, dass ein Wargame einen Glücksfaktor braucht. "Miniaturspiele"/"Kriegsimulationen" (Runewars, War of the Ring, Axis&Allies) kommen für mich nicht ohne Würfel aus. Ok, Runewars versucht das ganze über Karten zu steuern, aber das ist ja im Prinzip das Gleiche. Wobei ich bei Wargames Würfel bevorzuge. Es geht hier auch darum, was simuliert wird. Z.B. bei War of the Ring: Wenn halt nur eine 5 oder 6 trifft, dann simuliert dies, dass in einem Kampf ein Schlag daneben gehen kann, der Gegner pariert oder dem Schlag ausweichen kann. Bei Feuerwaffen können auch Schüsse danebengehen etc. Hier finde ich den Glücksfaktor durch Würfel immens wichtig, den ansonsten würde diese Art von Spiel für mich nicht funktionieren; denn es ist ja eine Simulation eines Kampfes. Also Glück ist in diesem Fall nicht schlecht. Zumal in solchen Spielen die Würfelergebnisse auch modifiziert werden können. Und man den Erfolg einer Schlacht ja auch durch spezifisches Rekrutieren und Truppen einsetzen beeinflussen kann.
Aber es kommt auch darauf an, ob die Spielmechanik auf Glück ausgelegt ist oder nicht. Z.B. habe ich früher viel Monopoly gespielt. Ich finde das Spiel unterhaltsam und lustig, aber ein "gutes" Spiel ist es nicht, denn es ist mehr oder weniger reines Würfelglück (ok, ein wenig Entscheidungsfreiheit bleibt). Und Spiele mit einer "Glücksmechanik" sind ja eigentlich auch nicht wirklich innovativ...(oder?).
Wenn wir aber nach einer langen Spielnacht den Abend ausklinken lassen wollen, dann kann gut ein lustiges und kurzweiliges Glückspiel auf dem Tisch landen (Bang!, Bohnanza etc.). Es kommt also immer auch auf die äusseren Umstände an, ob Glück in einem Spiel gewünscht ist oder nicht.
Und wie gesagt, einige Karten kommen gar nicht ohne Glück ausl, z.b. LotR:LCG. Das Begegnungsdeck wird halt gemischt und dann die oberen Karten sukzessive aufgedeckt. Aber hier stört das mich auch weniger, den auch dass simuliert abwechslung in einem Szenario.
Basti hat das gut gesagt: Es kommt auf die eigenen Erwartungen und Ansprüche an.
Jetzt möchte ich aber noch zwei weiter Punkte anstossen bzw. zwei Spiele besprechen.
1. Eclipse: Dieses Spiel wurde ja extrem gehypet und ist auf BGG schnell nach oben geklettert. Versteht mich nicht falsch, ich finde es ein gutes Spiel, aber ehrlich gesagt hat es meine "gehypten" Erwartungen nicht erfüllt. Da hätte ich mir von der Mechanik mehr erhofft. In diesem Spiel stört mich zum Beispiel der in meinen Augen sehr grosse Glücksfaktor (Sektoren, Technologien, Ansehensplättchen). Ok gut, die Erkundung der Sektoren geht vollkommen in Ordnung und passt thematisch gut (man weiss ja nicht, was einem in All erwartet...). Und mit den Ansehensplättchen und den Erkundungsplättchen kann ich leben. Aber das die Technologien zufällig gezogen werden empfinde ich als wirklich extrem störend und führt IMHO zu krass "ungebalancten"-Spielen. Hier finde ich, dass die vielen Glückselemente das Spiel ein wenig kaputt machen. Wie seht ihr das?
2. War of the Ring: Ich liebe dieses Spiel. Ich halte es für strategisch extrem anspruchsvoll, jedoch werde ich den Eindruck nicht los, dass es im Kern doch ein starkes Glücksspiel ist bzw. mehr Glückselemente beinhaltet, als ich mir selber eigentlich engestehen will. Ich rede nicht von den Kampfwürfeln (s. Oben), aber ich bin mir nicht sicher wie gross der Einfluss von den Aktionswürfeln ist. Zwar haben das die Spieldesigner das gut gelöst, dass es z.B. Wille des Westens-Symbole gibt oder dass einige Symbole mehrfach auf den Würfeln sind. Und die Ereigniskarten sind da ja auch noch. Wobei ich mir hier gedacht habe, dass man zwar Glück haben kann, doch kann man hier sein Glück schon ein wenig forcieren (von welchen Stapel ziehen, als FV Gandalfs Ratgeberfähigkeit ausnutzen, als Schattenspieler die Fähigkeit des Hexenkönigs etc.). Aber trotzdem bleibt ein grosser Glücksfaktor und meiner Erfahrung nach können die Karten durchaus spielentscheidend sein. Zwar kann man ja selber bestimmen, ob man gewisse Karten abwirft, ausspielt, als Kampfkarte nutzt oder für später aufspart, aber welche Karten man zieht bleibt halt ein Glücksfaktor. Zudem kommt das Glück ja auch über die Jagdplättchen rein. Also alles in allem sehr viele Glückselemente. Was meint ihr, ist War of the Ring im Kern glücksache? Denn so haben sich die Siege oft angefühlt...was aber den Spielspass erstaunlicherweise für mich in keinster Weise mildert
So, das wars fürs erste. Gruss Alucard
Edit: Sorry, zu den Wahrscheinlichkeiten wollte ich mich ja auch noch äussern. Also Poker finde ich kein guter Vergleich. Ich gebe dir recht, Wahrscheinlichkeiten spielen dort eine sehr wichtige Rolle. Aber Poker zählt für mich nicht zu dem, was ich meinem Hobby "Brett-, Karten- und Gesellschaftsspiele" zuordnen würde

.
Und klar kann man sich auch bei Würfeln die Wahrscheinlichkeiten ausrechnen. Doch das ändert häufig nichts am "Glück". Klar ist die die Wahrscheinlichkeit mit zwei Würfeln zwei Sechsen zu werfen (wenn gleichzeitig geworfen) 1/36. Doch das ist ja nur die theoretische und nicht die empirische Wahrscheinlichkeit und wenn ich dann 36-mal Würfle, dann können die zwei Sechsen beim ersten oder letzen Mal kommen (in der Theorie. Aber in der Realität eben auch nie..); somit ist es Glück, wenn ich zwei Sechsen brauche und die bei meinem einzigen Wurf gereade werfe. Es gibt in Spielen mit solchen Elementen doch strategische Überlegungen und in einem Fall wo man unbedint zwei Sechsen braucht, kann man das ausrechnen und so einwenig kalkulieren. Aber das Glückselement bleibt ja trotzdem
