Beitragvon Günter Cornett » 3. Mai 2007, 22:32
Ferdinand Köther schrieb:
>
> Hi Günter,
>
> wie immer meine Bewunderung für deine meist ausführlichen,
> engagierten und fundierten Beiträge!
>
> Ich denke, wir meinen im Großen Ganzen das gleiche oder
> verstehen zumindest, was der andere meint.
Hi Ferdi,
jo, bis hierhin sind wir einer Meinung, aber nicht weiter :)
> Aber deinem Widerspruch muß ich energisch widersprechen ;- -
> natürlich ist und bleibt eine Spielregel eine
> Gebrauchsanleitung, nicht nur was den Zusammenbau von Teilen
Als Autor muss ich meinen Widerspruch aufs Entschiedendste bekräftigen, nicht nur weil Spielregeln - im Gegensatz zu Gebrauchsanweisungen - urheberechtsfähig sind, sondern weil SpielREGELN wesentlich mehr sind als GebrauchsANWEISUNGEN.
> etc. angeht, sondern besonders und ganz konkret hinsichtlich
> des Ablaufs und Gebrauchs von Spielmechanismen - wird eine
In dieser Hinsicht gibt es eine Überschneidung: Spielanleitungen enthalten - natürlich auch hinsichtlich von Spielmechanismen - Gebrauchsanweisungen, aber nicht nur. Andernfalls wären sie nicht urheberrechtsfähig. IMHO ist das bei Tempo, kleine Schnecke so. Die Spielanleitung von TKS ist eine bloße GebrauchsANWEISUNG, da der Spieler keine Wahl hat, über seine Handlungen zu entscheiden.
> Karte offen oder verdeckt abgelegt, werden alle auf dem
> Festland vorhandenen Figuren ener Farbe transportiert oder
> beliebig viele davon? Deshalb sind Gebrauchsanweisungen und
> Regeln ja auch so schwer zu schreiben, es darf keinerlei
> Interpretationsspielraum geben.
Im optimalen Fall sind auch Regeln klar formuliert. Aber zugunsten der Verständlichkeit muss man vereinfachen.
> Gut und richtig: Schneide zuerst den blauen Draht durch,
> danach den roten.
Das ist eine Anweisung.
> Schlecht, da interpretationsbedürftig: Es gibt einen roten
> und einen blauen Draht, einer muß vor dem anderen
> durchgeschnitten werden.
Naja, wenn zuerst der blaue Draht durchgeschnitten werden muss, ist das eine Fehler in der Anweisung.
Wenn es aber egal ist, welcher Draht zuerst durchgeschnitten ist, nur nicht beide gleichzeitig durchgeschnitten werden dürfen, ist die Formulierung ok.
Dass die Drähte einzeln durchgeschnitten werden müssen, ist die Spielregel. Welcher zuerst durchgeschnitten wird, bleibt dem Spieler überlassen.
Das ist der Unterschied zwischen einer Regel und einer Anweisung.
Worin ich mit dir grundsätzlich übereinstimme, ist dass die Regel natürlich auch klar, nach Möglichkeit eindeutig formuliert werden muss. Anders als bei einer Anweisung, die alle zum Gebrauch erforderlichen Schritte präzise und in der richtigen Reihenfolge enthalten muss, folgt ein Regelwerk (zusätzlich) anderen Gesetzmäßigkeiten.
Bei der im wesentlich linearen Gebrauchsanweisung ist es richtig, sich den einzelnen Punkten ausschließlich in der logischen Reihenfolge zu widmen und keindetail wegzulassen. Regeln aber sind ein komplexes Netzwerk von Möglichkeiten. Für die Beurteilung eines einzelnen Schrittes ist immer der Gesamtzusammenhang von Bedeutung. Man müsste eigentlich alle Punkte gleichzeitig und detailliert erklären. Da das niemand verstehen kann, kommt es bei der Regel wesentlich mehr auf die Kunst des Weglassens an.
> Gaaaanz schlecht, wenn falsch interpretiert: Tot!
> Zum Glück sind unsere heißgeliebten Spiele nicht so
> lebensgefährlich.
Ne, 'dann spielen wir das eben so' ist immer eine Möglichkeit für Detailfragen, solange man das Spiel grundsätzlich versteht.
> Auch deine Aussage
> >Es gibt keine 'richtige' Regel, die auch allgemein
> verständlich ist.
> erntet meinen entschiedenen Widerspruch. Wenn dem so wäre,
> gäbe es praktisch keine richtige, verständliche Regel - das
Sagen wir mal so: Wortklauber finden in jeder Regel was.
'Öl für uns alle' dagegen hat zum Beispiel eine durchaus funktionierende, aber 'falsche' Regel: Es gibt kein klar definiertes Spielende. Tausende von Familien haben es gern gespielt und selber entschieden, wann sie aufhören.
> ist aber zum Glück nicht so, auch wenn es viel Mist gibt.
>
> Es gibt allgemeine Übereinkünfte, die von 99,99% der Leute
> verstanden und akzeptiert werden, das reicht.
> Beispiel aus meiner aktuellen Regelarbeit:
> "Alle Spieler wählen eine Spielfarbe, ..." Wer das falsch
> versteht, dem ist nicht zu helfen. Jeder weiß, daß nicht alle
> Spieler dieselbe ("eine") Farbe wählen, auch,
Weiß das wirklich jeder?
Mancher kommt vielleicht aus einem sehr kooperativ orientierten Kindergarten und fragt freundlicherweise auch die Spieler am Nachbartisch. :)
Ok, soweit muss man nicht unbedingt gehen, wenn man falsch verstehen WILL.
Aber: wählen alle Spieler eine gemeinsame Spielerfarbe oder wählt nicht jeder für sich eine eigene?
Und was ist, wenn alle Gelb haben wollen? In unserer gelben Autorentestrunde wurde das spontan so geregelt, dass der Besitzer des Spiels Gelb haben darf, wovon aber hin und wieder spontan dahingehend abgewichen wird, dass derjenige Gelb haben darf, der sich die zuerst die gelben Steine greift.
In den meisten Fällen, ist das nur eine Farbe. Bei Adel verpflichtet haben die Farben unterschiedliche Startbedingungen. Dass die Farbwahl dort nicht geregelt ist, ist imho aber kein Manko des Spiels. Im Gegenteil es wäre unnötiger Ballast, wenn dazu noch was in der Regel stünde. Wenn es in einer Spielrunde auffällt, dass eine Farbe einen Vorteil hat, dann kann die Spielrunde das selber regeln.
> daß mit "Alle
> Spieler" nur diejenigen gemeint sind, die augenblicklich am
> Tisch sitzen und jetzt dieses Spiel spielen und nicht "alle"
> Millionen Spieler auf dieser Welt. Genau so wie jeder weiß,
Gut. Mit 'alle Figuren einer Farbe' sind dann aber auch - ganz selbstverständlich? - alle Spielfiguren gemeint, die einen Platz auf einer Insel haben und dort hinfahren sollen.
> was mit "Tischmitte" gemeint ist. So gesehen kann man jeden
> Satz, fast jedes Wort endlos zerpflücken, das Ende der
Ja, kann man. Aber wie war das mit den Aktionspunkte, die dem Spiel nicht beilagen?
> Kommunikation ... Aber wir wollen doch die Kirche im Dorf
Welche Kirche in welchem Dorf? ;-)
> lassen (auch wenn diese Gebäude meist auf den besten
> Parkplätzen herumstehen).
Naja, solange sie dabei keinen Alkohol trinken ...
> So viel zu deiner, mit Verlaub gesagt und nicht böse gemeint,
> an den Haaren herbei gezogenen Erwiderung auf mein "10 X"
> Beispiel. Ok, ich weiß, was du sagen willst, aber in dem
> Falle ist absolut klar, was mit "alle" gemeint ist, genau so
> klar wie "Alle Figuren einer Farbe" bei Wikinger, nur ist das
> in dem Falle leider falsch.
>
> "Beliebig viele Figuren einer Farbe" ist richtig - und
> gaaaaanz einfach unjuristisch deutsch "unverständlich"
> formuliert.
Man kann auch sagen: Alle Figuren einer Farbe, die auf den Inseln platziert werden (können/sollen?).
Ich denke, die Situation, dass man freiwillig weniger Figuren übersetzt als auf den Inseln Platz haben, ist extrem selten und kaum spielentscheidend, so dass man das im Sinne einer schlanken Regel getrost weglassen kann bzw. durch die Formulierung festlegen: Man muss alle Figuren, die auf den Inseln Platz haben, übersetzen.
Wenn man freiwillig weniger Figuren übersetzen darf, ist das keine gravierende Regelabweichung. Ob die Regel dasteht da steht oder nicht, ist ziemlich egal. Das Weglassen spart aber Platz auf dem Blatt und im Hirn.
Wichtig ist imho nur, dass mit 'alle Figuren' nur alle gemeint sind, die einen Platz auf der Insel haben. Das versteht man imho intuitiv - solange man nicht zu sehr nachdenkt.
> Ich habe übrigens oben genannten Regelsatz noch geändert in
> "Alle Spieler wählen jeweils eine Spielfarbe, ..." damit auch
> die restlichen 0,01% das noch verstehen ... die mir ansonsten
Wenn die Spieler gemeinsam entscheiden, wer welche Spiel(er)farbe bekommt, ist das richtig. Wenn jeder sich eine Farbe aussucht, solltest du das auch so schreiben. :)
> auch gerne den Buckel runterrutschen können :grin:
> Spielfarbe? Ist das Spiel gelb, grün, schwachlila ...?
> Spielerfarbe? Ist der Spieler rot, blau (vielleicht ;-)),
> moosgrün ...?
Wie gesagt: es gibt keine richtige Regel, die auch allgemein verständlich ist.
Was meinst du, wieso man bei juristischen Streitigkeiten Anwälte zu Rate zieht, wo die Gesetze doch alle ganz klar formuliert sind ...
> Auf jeden Fall 100%ige Grüße
Das sind auf alle Fälle wieviel Prozent?
(in der Summe aller Fälle, meine ich)
> :-) Ferdi
:grin: Günter