Beitragvon Michel » 8. Oktober 2012, 13:42
Längerer Exkurs vorweg (ohne viel über die Spielszenarien zu verraten):
Andor? Das wird bestimmt ein spielerischer Megaflop, dachte ich. Ein bisschen war das bösartig (weil nicht sein kann, was nicht sein darf: "jemand, der sich bislang nur als Spiele-Illustrator hervorgetan hat, kann doch kein vernünftiges Spiel entwickeln, da kann doch bloß Eitelkeit und Werbemasche im Spiel sein"), ein bisschen war's Erfahrung (gehypte Sachen, speziell im Fantasybereich, sind oft Rohrkrepierer) und ein bisschen hat mich die virtuell-reale Schnitzeljagd, die der Veröffentlichung voranging, irritiert. Die war zwar ausgezeichnet konzipiert, passte für mich aber thematisch überhaupt nicht zu dem, was man vom Spiel bisher erfahren hatte. Viel Rauch um nichts. Dachte ich. Dann habe ich mir's gekauft und war sofort angefixt.
Bei aller Begeisterung über die grundsätzlichen Spielideen (wirklich neu ist daran nichts, aber der Mix aus bekannten Elementen spricht mich sehr an) gibt es ein ähnliches Problem wie beim von mir ebenfalls sehr geschätzten Galaxy Trucker. Letzteres hat spielerisch zwar gar nichts mit Andor zu tun, besitzt aber ebenfalls Einstiegsregeln, die Schritt für Schritt und mithilfe speziell vorbereiteter Karten die Hürde zunächst sehr niedrig legen, was tatsächlich großen Spaß macht. Dann aber schreitet man in beiden Spielen voran, und kleine, nervende Fragen tauchen auf, die sich mit den vorliegenden Spielregeln nicht oder nur mühsam klären lassen.
Ich kann mich bei Galaxy Trucker jetzt kaum noch an unsere Schwierigkeiten erinnern, aber da war z.B. etwas mit dem Bau des zweiten Schiffs und den Bauteilkarten, bei denen unklar war, ob sie wieder alle umgedreht werden müssen oder nicht (bitte hier drauf nicht antworten - die Antwort ist jemandem, der Galaxy Trucker schon mehrfach gespielt hat, völlig klar, einer Erstlingsspielergruppe jedoch absolut nicht - und eventuell ist dieses Manko in den Folgeauflagen ja sogar behoben).
Bei Andor geht es uns ähnlich. Da sind wir beim ersten Szenario gescheitert und lesen auf der entsprechenden Karte, wo und wie wir erneut beginnen sollen - nur dass dort auf einmal unsere Helden an ganz anderen Startorten aufgestellt werden sollen (den Nummern der Rangstufe, wie später üblich), dass jetzt offenbar kein Gold mehr auf dem Plan liegt, und dass der erste ausschmückende Kartentext besagt, einer der Helden stehe in der Burg (obwohl das nun nicht mehr der Fall ist). Klar ignoriert man das alles letztendlich, aber es weckt das ungute Gefühl, irgend etwas missverstanden oder übersehen zu haben, und das Blättern und Suchen in Regelbögen und Karten beginnt.
Wir haben es also ignoriert, uns sklavisch an die neuen Vorgaben gehalten und das erste Szenario im zweiten Anlauf problemlos geschafft.
Beim zweiten aber werden wir uns (zu zweit) erst mal die Zähne ausbeißen, scheint mir - trotz glücklich sofort gefundener Hexe war bald abzusehen, dass wir verlieren würden, wahrscheinlich, weil man den zweiten Bauern, der in unserem Fall unrettbar war, als er auftauchte, unbedingt benötigt. Noch habe ich leise Zweifel, ob die unterschiedlichen Schildanzahlen in der Burg und die Kampfwerte des Festungsmonsters wirklich alleinig ausreichen, das Spiel bei unterschiedlichen Spielerzahlen immer gleich schwierig zu machen, aber ich sollte da wohl Vertrauen in die Redaktion von Kosmos haben.
Bei den ersten Versuchen tauchten allerdings einige Fragen auf, die wir uns nicht (schlüssig) beantworten konnten (Exkurs zu Ende, zur Sache):
1. Das Heilkraut in diesem Szenario: Man kann es aufnehmen, sobald man den Gegner, der es trägt, besiegt, denke ich. Doch was ist dann? Bisher aufgenommene Dinge (Pergament, Bauern) werden zerstört, wenn man auf ein Feld mit Gegner kommt, bzw. ein Gegner auf das eigene Feld zieht. Ist das beim Heilkraut auch so?
2. Runensteine werden wie genau aufgenommen? Am Ende der Bewegung (denke ich mal) oder im Vorbeigehen?
3. Ich stehe zu Beginn meines Zuges auf einem Brunnen und möchte diesen leeren (also stehen bleiben und trinken). Es heißt "am Ende meiner Bewegung" kann ich den Brunnen benutzen. Ist meine Bewegung in diesem Fall nun "Passen" und kostet 1 Stunde? Oder kostet meine Bewegung, die ja "beliebig weit" sein darf (beliebig: 0 bis X), nichts? Dieselbe Frage stellt sich natürlich beim Aufnehmen eines Gegenstandes.
4. Timing: Wann genau ist für einen Spieler ein Tag rum? Beispiel, zwei Spieler: Zwerg kämpft in Stunde 7, gibt Willenskraft aus, um noch eine Stunde weiter zu kämpfen, siegt. Zauberer ist dran, landet bei Stunde 4. Zwerg ist wieder dran, und
a) gibt weitere Willenskraft aus und geht noch ein Feld und beendet dann seinen Tag.
b) will doch keine weitere Willenskraft ausgeben und möchte jetzt den Tag beenden.
Geht das? Oder MUSS er einen Tag beenden, sobald er die 7 erreicht hat und keine Willenskraft ausgeben will (anders ausgedrückt: Stunde 7 lässt sich also nur im selben Zug um bis zu 3 Stunden verlängern)?
Ich fürchte, dass wir den einen oder anderen Regelhinweis schlicht übersehen haben (wir waren ziemlich platt, aber Andor schrie einfach danach, gespielt zu werden), und ich möchte auch ganz deutlich anmerken, dass der Spielreiz unter diesen Fragen kaum gelitten hat (wir haben das einfach meistens zu unseren Gunsten gehausregelt, was bei einem knackigen Koop-Spiel anfangs sicher legitim ist, und wollten später nach den korrekten Antworten suchen).
Obwohl Andor das grundsätzliche Problem fast aller kooperativen Spiele teilt (ein Alpha-Tier unter den Spielern, das den Überblick hat bzw. glaubt, ihn zu haben, wird allen anderen vorschreiben, was sie tun sollen), gefällt es mir bisher richtig, richtig gut.
Believe the Hype (if you are into cooperative games).