Beitragvon Duchamp » 21. Januar 2015, 14:41
Wie heißt es schon im Deutschen Alltagssprachgebrauch: "Wenn das Wörtchen "wenn" nicht wär ..."
Golbin schrieb:
> Eine der wichtigste Hydieneregeln sagt:
> Wenn du auf der
> Toilette warst, wasche dir die Hände. Bei obiger Auslegung
> ist ja kein direkter zeitlicher Zusammenhang zu sehen, also
> kann ich dazwischen noch etwas machen, z. B. ein Hähnchen mit
> den Händen essen. Ich wasch mir dann danach die Hände. Ich
> wünsche schon mal guten Appetit.
>
Aber nein nein nein!
Falls in diesem Falle das "Wenn" als konditional angewendet ausgelegt würde, müsste ich mir permanent und jederzeit und immerfor die Hände waschen - denn natürlich war ich auf der Toilette, sogar schon öfter als nur einmal, und da ja keine zeitliche Einschränkung oder sonstige Präzisierung angegeben ist, gilt dies ab dem Zeitpunkt des Toilettengangs fortlaufend!
Also, Leute, ab zum Waschbecken und dort weiterspielen! Sagt immerhin die wichtigste Hydieneregel - wobei, was ist "Hydiene" überhaupt? Wer hat denn das wieder übersetzt? Der Post ist ja unspielbar! Kann ich da Geld zurückfordern, oder nur, wenn ich nachweisen kann, dass mir dadurch ein materieller Schaden entstanden ist?
Aber nochmal: "Wenn du in deinem Spielzug eine unentdeckte Küstenstadt aufdeckst, darfst du 1 Geld zahlen, um 1 zusätzlichen Siegpunkt zu erhalten." müsste unmissverständlich und korrekt heißen:
"Falls du im Laufe deines Spielzuges eine bis dahin unentdeckte Küstenstadt aufdeckst, darfst du im Falle, dass dir noch mindestens ein Geld zur Verfügung steht, sofort anschließend ein Geld zahlen, um wiederum direkt im Anschluss an diese Zahlung einen zusätzlichen Siegpunkt zu erhalten."
Ich halte diese kurzen Regeln sowieso für einen typischen Auswuchs des 21. Jahrhunderts: Nur noch Computer und Analphabetismus. Kein Wunder, dass wir bei Pisa schlecht abschneiden - bei solchen Spielregeln! Früher hatte eine vernünftige Spielregel 24 eng bedruckte Din A 4 - Seiten und jede, aber auch jede Sonderregel für jede, aber auch jede auch nur theoretisch mögliche Spielsituation war sofort und mitten im Text erfasst und ausführlich dargelegt. So muss das sein! Keine Kompromisse an die Lesbarkeit, bitte schön! Spielen ist schließlich kein Spaß, sondern muss nach dem Deutschen Reinheitsgebot durchexerziert werden.
Das Schlimmste nämlich überhaupt ist, wenn (man beachte die temporäre Anwendung!) eine momentan aufs sorgsamste grübelnde Optimierspielrunde, jeder einzelne Spieler hochkonzentriert durchrechnend, wie er beispielsweise - falls (!) einer seiner Mitspieler eine bestimmte Möglichkeit NICHT sieht - doch noch Chancen auf einen schlechten zweiten Platz hätte, was auf seiner Highscore-Liste auf Boardgamegeek immerhin besser aussähe als ein guter dritter Platz, WENN also, sage ich, in einem solchen Moment spielerischer Euphorie eine REGELFRAGE auftaucht. Wisst ihr Redakteure eigentlich, WAS DAS HEISST?!
Es muss GEREDET werden !!!!!
GEREDET!!! Falls (NICHT WENN) nicht ohnehin eine Frau im Raum ist (was meistens bedeutet, dass ohnehin geschwätzt wird) und daher ohnehin nur eine semi-optimale, bestensfalls grundständige Konzentration möglich ist und die Partie also ohnehin gar nicht highscorelistenqualifiziert ist, falls (!!!) also dies NICHT der Fall sein sollte, dann MUSS GESCHWIEGEN WERDEN! Muss. Das ist ein IMPERATIV. Die Regeln hat man gefälligst intus zu haben und gegebenenfalls eben vor der Partie geklärt, mein Gott, so schwer ist das doch!
Ja, liebe Redakteure, so sieht es nämlich aus mit euren laxen Regeln "à la Francais" (der Franzmann spielt nämlich zum "Spaß" und alles irgendwie "so so la la", aber nicht bei UNS, NICHT bei uns!) und eurer Zielgruppe, die wohl aus nicht einmal zum einfachsten logischen Denken fähigen "Familien" und dergleichen besteht. Ha! Doch nicht bei einem STRATEGIE-SPIEL aus JAPAN!
Also, Herren Redakteure, bitteschön, belegt doch einfach mal ein Fortbildungsseminar in deutscher Schriftsprache und ein weiteres über die Abfassung technischer Texte, damit ihr mal begreift, wie man unzweideutig zu formulieren hat in diesem Land.
Im Übrigen gedenke ich, eine Petition in diesem Sinne anzustoßen sowie Demonstrationen unter dem Motto "Europäische Regelspieler Gegen Uneindeutige Spielregeln", kurz ERGUS.
Als Letztes noch ein Aufruf an alle Redakteure, Übersetzer, Regelschreiber und sonstige geistige Tiefflieger: Vergesst nicht, dass der Autor eines Spieles dessen Gott ist, und die Spielregel das Wort Gottes, und der ganze Krampf mit den religiösen Streitigkeiten wann begann? Richtig, als plötzlich angefangen wurde, die Schriften AUSZULEGEN. Wir wollen Regeln nicht auslegen, wir wollen ihnen gehorchen.
Punkt. Aus.
"Der Rest ist Schweigen."
(Hamlet)