Wie fast jedes Jahr bin ich nach
Essen auch in Stuttgart auf der
Spielemesse. Diese ist wesentlich kleiner, aber man hat – zumindest donnerstags und freitags – etwas mehr Raum zum Spielen. Donnerstag und Freitag war ich dieses Jahr wieder als Erklärer am Stand des
FsF e.V. aus Böblingen mit dabei – erstmals für zwei Tage. Ca. 30 Spiele habe ich in diesen zwei Tagen erklärt, ca. 1/3 davon war nur
Azul. Das Spiel war sehr gefragt und kam eigentlich bei allen Spielern super an. Und die Erklärung beherrsche ich inzwischen innerhalb von 5 Minuten.
Am Samstag war ich dafür als Spieler auf der Messe und konnte mir einige der Neuheiten, die ich in Essen nicht spielen konnte, anschauen.
Drop it (Kosmos)„Drop it“ ist ggf. keine Essenneuheit, aber auch erst dieses Jahr erschienen. Es spielt sich ein wenig wie Tetris, denn die Spieler lassen unterschiedlich geformte Teile in einen durchsichtigen Kasten fallen und bekommen dann Punkte dafür. Oder genau genommen bekommen sie meistens keine, denn zahlreiche Ausschlusskriterien sorgen für keine Wertung: gleiche Farben berühren sich, gleiche Formen berühren sich, das Teil berührt an der falschen Stelle den Boden oder eine der Wände.
So simpel es klingt, so spaßig ist es. Lautes Fluchen, wenn die Teile leicht federnd woanders hinhüpfen. Oder ein schallendes „Ha“, wenn einem der unmögliche Wurf gelungen ist, obwohl es eigentlich nicht machbar war – nur, um dann wieder laut zu Fluchen, weil das Teil vor der Wertung doch noch leicht nach links kippt und die Wertung zunichte macht.
Die Stimmung, die das Spiel erzeugt, ist großartig mit einer tollen Spannungskurve. Und selbst, wer am Anfang keine Punkte bekommt, kann später locker aufholen, wenn er seine Teile taktisch aufhebt und nicht nur wild irgendwie etwas einwirft. (Wertung: 8,5)
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Teotihuacan: Stadt der Götter (NSKN Games/Schwerkraft)Das Spiel mit dem unaussprechlichen Namen – zumindest, wenn ich mich so auf der Messe umhörte, wer sich da alles verhaspelte.
„Teotihuacan“ ist eine Mischung aus zahlreichen Spielmechaniken, die man in anderen Spielen bereits gesehen hat.
Ziel des Spiels sind natürlich Siegpunkte (wie in tausend anderen Spielen), die man auf vielfältige Art und Weise erreichen kann. Zentrales Element ist die Pyramide – sie liegt im Zentrum des Spielplans – die meist alle Spieler gemeinsam aufbauen. Dennoch handelt es sich nicht um ein kooperatives Spiel, aber der Pyramidenbau ist sehr lukrativ und lohnt sicher daher.
Jeder Spieler hat drei oder später vier Würfel, die er als Arbeiter auf einem der acht Aktionsfelder einsetzen darf. Die Felder fungieren als Rondell, auf dem man nur im Kreis laufen darf. Beginnend mit einer Augenzahl von 1 darf man die Würfel im Laufe des Spiels aufwerten, sodass sie bessere Aktionen freischalten können. Erreicht ein Würfel die 6, stirbt der Arbeiter und wird als 1 neu geboren, was einem wieder Boni bringt. Zu den Standardaktionen gehört natürlich das Ressourcen sammeln (Gold, Stein, Holz), aber auch das Anbeten der Götter in drei Tempeln ist möglich. Und so hat man zahlreiche, mögliche Optionen – genau genommen sind es ca. 25 Aktionsmöglichkeiten, wenn man am Zug ist.
Die Anleihen von „Teotihuacan“ sieht man schnell:
Tzolk'in stand bei einigen Spielelementen Pate, nur das Setting wurde von Maya auf Azteken geändert. Aber das sei erlaubt, schließlich hat mit Daniele Tascini einer der „Tzolk'in“-Autoren „Teotihuacan“ mit vertreten, während „Tzolk'in“-Autor Simone Luciani sich mit dem großartigen „Barrage“ (siehe
SPIEL '18 am Samstag) gerade wieder einen Namen macht. Von ein paar Ähnlichkeiten abgesehen, spielt sich „Teotihuacan“ aber völlig anders – zwar sehr gut, aber mit kleinen Häkchen.
Die Runden gehen sehr schnell und ohne Downtime herum, man gut voraus planen, sehr selten blockieren die Mitspieler einem alle Optionen. Anfangs denkt man noch, dass die ca. 30 Runden pro Spiel ja sehr viel sind. Wir stellten aber alle fest, dass wir gerne noch ein, zwei Runden länger gespielt hätten. Die Spielzeit ist mit ca. 30 Minuten pro Spieler ganz angenehm – für diese Art von Strategiespiel.
Ein paar Abstriche gibt es bei der Ikonographie bzw. eher beim Abdruck einiger Aktionen, weil man Dinge vergisst. Als Beispiel ein kompletter Ablauf, wenn man einen oder mehrere Pyramidensteine einbaut: 1. Ressourcen bezahlen, 2. Stein wählen und auf die passende Ebene legen, 3. Siegpunkte für die Ebene bekommen, 4. Siegpunkte für die passenden Symbole des Steins bekommen, 5. Tempel emporsteigen, wenn das passende Symbol farbig ist, 6. Tempel emporsteigen, wenn man die passende Entwicklung auf dem Spielbrett hat, 7. Sich dran erinnern, dass man ja auch noch ein anderes Entwicklungsfeld hat und deswegen weniger Ressourcen zahlen muss, 8. Auf der Pyramidenbauleiste ein Schritt vorgehen, 9. Würfel aufwerten. Die Punkte 1-4 ergeben sich eigentlich selbst, aber die Punkte 5-9 haben wir mehrfach vergessen. (Sogar beim Schreiben dieser Zeilen hatte ich ursprünglich Punkt 6 vergessen und erst durch einen anderen Spielbericht gemerkt, dass es fehlte …)
Davon abgesehen, dass nicht alles auf dem Spielplan steht, was ich mir wünschen würde, handelt es sich um ein sehr gutes Spiel mit klasse Mechaniken, einem Thema, das sich gut integriert und über zwei Stunden lang Spaß macht. Aber: Es schlägt „Tzolk'in“ in meinen Augen nicht, weil es zu viel macht und zu viele Optionen gibt. „Tzolk'in“ fühlt sich einfach stromlinienförmiger an. (Wertung: 8,5)
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VOLT (HeidelBÄR Games)Bereits auf der
SPIEL '18 in Essen habe ich
„VOLT“ gespielt und es bekam eine sehr hohe Wertung von 8,5.
In Stuttgart konnten wir es erneut spielen, dieses Mal sogar eine komplette Partie – und irgendwie sprang bei mir der Funke nicht mehr ganz über. Ob das daran lag, dass wir im Stehen spielen mussten oder weil ich immer Letzter bei der Programmierung war – für beides kann das Spiel natürlich nichts. Ich glaube, viel mehr störte mich der geringe Spannungsfaktor. Man kommt fast immer in einer einzigen Runde an den neuen Siegpunktmarker, der zufällig ausgelegt wird. Bei „Robo Rally“ findet tatsächlich ein Wettrennen statt. Hier muss ich mir kaum die Mühe geben, auf die andere Seite des Bretts zu laufen, weil in der nächsten Runde vermutlich neben mir eh wieder ein Marker auftaucht. Und die Interaktion durch das Zerstören eines Bots bot mir nur kurzzeitig Freude, weil es viel zu oft passierte. Jede Runde schied ein Spieler aus, weil er zerschossen oder in ein Loch geschoben wurde. Bei „Robo Rally“ passiert das seltener und gerade diese Seltenheit macht die Besonderheit und Spannung aus.
Insofern muss ich „VOLT“ ein paar Punkte abziehen. Es ist immer noch unterhaltsam für die Kürze des Spiels (ca. 30 Minuten), aber ich fürchte, es spielt sich schnell ab. (Wertung: 7,5)
Everdell (Starling Games)„Everdell“ war neben „Discover“ eines der Spiele, über die im Vorfeld am meisten berichtet wurde. Zumindest fühlte es sich so an. Schade war, dass es wir in Essen keine Chance hatten, einen freien Tisch zu ergattern. Umso schöner, dass es Stuttgart jemand dabei hatte.
In Everdell baut jeder Spieler mit Karten ein kleines Dorf im Wald auf, in der dann Fuchs, Lurch und Eule gemeinsam wohnen. Vom Prinzip her handelt es sich um ein Arbeiter-Einsetzspiel. Die Besonderheit ist, dass man sehr wenig Arbeiter hat und auch nur drei Runden spielt, wo man diese einsetzen kann. Das Mehr an Spiel erhält man dadurch, dass man Handkarten hat, welche mit Ressourcen ausgespielt werden können – auch ohne Arbeiter zu haben. Zusätzlich ergänzen sich die Handkarten, denn in einmal gebaute Häuser können bestimmte Tiere kostenlos einziehen. Ein bisschen erinnert das an „7 Wonders“, wo man bestimmte Gebäude kostenlos bauen darf, wenn man das Vorgängergebäude bereits gebaut hat. Diese Jagd nach sich ergänzenden Karten funktioniert bei „7 Wonders” und ebenso gut bei „Everdell“.
Grafisch ist „Everdell“ bombastisch. Die Illustration von Andrew Bosley ist großartig. Ich fühlte mich richtig wohl in meinem Dörfchen und es war mir wichtig, welche Tiere einziehen. Ebenso ist das Spielmaterial sehr gut. Die Beeren sind aus Gummi und hüpfen toll (sogenannte Gummibären), Stein und Harz ist auch klasse. Nur beim Holz hätte der Designer auf runde Plastikbaumstämme verzichten sollen, da diese ständig vom Brett rollten.
Hingucker ist natürlich auch der dreidimensionale Baum, auf dem neben den restlichen Arbeitern, die man in den drei von vier Jahreszeiten freischalten kann, auch bestimmte Zielkarten liegen. Unter dem Baum, im Stamm sozusagen, liegen die Karten, welche die Spieler nachziehen dürfen. Und so toll der Baum aussieht, so unnütz ist er auch. Zum einen muss der ein oder andere Spieler immer um den Baum greifen, um Karten zu ziehen. Daneben sieht man nicht alle Ziele, die ausliegen. Noch schlimmer ist, dass der Baum in unserer Runde meine Karten verdeckt und so mein Mitspieler schräg gegenüber keine Chance hatte, zu erkennen, was ich in der Auslage hatte. Wenn ich das Spiel besitzen würde, wäre der Baum wohl das, was ich lieber separat flach auf den Tisch legen würde.
Wenn man hinter die Fassade der großartigen Grafik und tollen Komponenten blickt, bleibt glücklicherweise auch noch ein gutes Spiel zurück. Die Interaktion hielt sich zwar in Grenzen, aber das habe ich auch nicht erwartet. Natürlich besetzt man mitunter ein Feld, welches ein andere Spieler gerne nutzen würde, aber meist hatten wir genügend alternative Wahlmöglichkeiten für Aktionsfelder. Die andere Interaktionsmöglichkeit ist es, bestimmte „offene“ Orte der Mitspieler zu nutzen. Aber auch hiervon gibt es nicht extrem viele. Wie gesagt, stört das aber nicht, es macht einfach auch so Spaß, sein Dorf aufzubauen. Vor allem eine gute Engine aufzubauen, sodass man mit seinen vier Arbeitern in der letzter Runde doch noch wesentlich mehr Aktionen durch das Ausspielen von Karten nutzen kann.
Einziger Kritikpunkt, den ich habe, ist die fehlende Übersicht. Vor jedem Spieler liegen am Spielende 15 Karten, die mitunter miteinander interagieren können. Hier die Übersicht nicht zu verlieren, will gelernt sein – was man aber vermutlich mit mehr Partien sicherlich irgendwann beherrscht, da es nur fünf unterschiedliche Kartentypen gibt. Ich freue mich auf die deutsche Version, wo auch immer diese erscheinen wird. (Wertung: 9,0)
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Reef (Pegasus)Nachdem ich „Azul“ fast 10x erklären durfte, freute ich mich noch auf den „Nachfolger“ im Geiste mit vier Buchstaben:
„Reef“. Das Spiel ist sehr simpel: Entweder eine Karte ziehen oder eine ausspielen. Wenn man eine ausspielt, darf man die zwei darauf abgebildeten Korallen in sein Riff (Tableau) einbauen. Danach wird die Karte gewertet, wobei es Punkte für bestimmte Farbkonstellationen im Riff gibt. Dabei ist nur wichtig, welche Korallenfarbe von oben gesehen wird.
Das war's dann leider auch schon und spielt sich leider auch so. Wo „Azul“ auch mich als Vielspieler noch begeistern kann, hat „Reef“ keinerlei Wirkung auf mich. Ja, man kann taktisch Karten nehmen und dann der Reihe nach ausspielen, aber großartige Planung gehört nicht dazu. Das soll „Reef“ natürlich auch gar nicht leisten, aber selbst als simples Zwischendurchspiel finde ich es zu trivial.
Wir hatten auch noch die Mini-Erweiterung
„Fische“ im Spiel. Hierüber lassen sich am Zugende zwei Fische bewegen, die einem jeweils einen Bonuspunkt bei der Wertung geben. Das verändert das Spiel nicht wirklich, macht es von der Verwaltung her sogar noch etwas aufwändiger, was das Aufwand-/Nutzenverhältnis noch mehr abschwächt. (Wertung: 5,0)
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TAGS (HeidelBÄR Games)Wer „Stadt, Land, Fluss“ mag, wird
„TAGS“ vermutlich auch mögen. In diesem Wortspiel zeigen die Spalten bestimmte Überbegriffe und die Zeilen bestimmte Buchstaben. An den Kreuzungspunkten liegen farbige Murmeln, die unterschiedlich viele Punkte wert sind. Wer am Zug ist, dreht die Sanduhr um und hat 30 Sekunden Zeit passende Begriffe zu finden. Wird das Gesagte akzeptiert, sammelt man die Murmel ein. Nimmt ein Spieler die letzte Murmel einer Spalte, erhält er noch einmal extra Siegpunkte für den Oberbegriff.
Und so spielt man einige Runde und am Ende gewinnt jemand. Es geht bei „TAGS“ aber auch weniger um die Siegpunkte als vielmehr um den Spaß am Raten. Das ist auch ganz nett, aber im Gegensatz zu anderen Wortspielen wie „Decrypto“ oder „Trapwords“ spielt es sich zu unspektakulär. Es war nett, aber nicht mehr. (Wertung: 5,5)