Beitragvon Der Siedler » 17. Januar 2019, 02:01
Mittwoch, 16.1.2019 | Spieleabend #174
Man muss ja immer mal wieder was Neues ausprobieren. Oder soll. Zumindest kann man das schon mal machen. Wobei das jetzt heute auch nichts revolutionär Neues wäre, dass es so noch nie gegeben hat, nur halt bei uns in dieser Form noch nicht. Disclaimer: Das war ein Disclaimer. Denn ehrlich gesagt war der heutige Abend schon deutlich anders als gewohnt: Zunächst mal waren wir zu sechst, was wirklich sehr sehr selten vorkommt. Ich bin mir nicht einmal sicher, dass wir diese übervolle Besetzung in der WG schon einmal hatten. Dazu kommt noch, dass das nicht (wie man denken könnte) purer Zufall war, sondern dass ich heute bewusst die große Runde zusammengerufen habe. Party war angesagt. Party-Spiele-Abend, eben das, was Brettspieler sich unter einer Party vorzustellen scheinen. Seien wir ehrlich: Spiele in diesem Genre sind tatsächlich eher für größere Runden geeignet, bei denen die meisten Brettspiele nicht mehr spielbar sind. Und nein, Caverna ist kein Partyspiel, auch nicht zu siebt. Die meisten dieser Spiele sind auch eher kommunikativer Natur, sie erfordern keien Optimierungsstrategie, sondern setzen aufs (ideenreich abgewandelte) Wortspiel, sind Quizspiele oder irgendwie werwolfverwandt, indem man mit verdeckten Rollen hantiert und mit Deduktionen verdächtigt - oder einfach nur so, weil's Spaß macht. Und so war es auch heute, wir hatten Vertreter aller dieser Genre mit dabei, auch wenn die Aufzählung ganz bestimmt nicht vollständig ist. Die Sitzplatzreihenfolge war ganz bestimmt nicht fest, weil man bei diesen Spielen eh ständig hin- und herrückt. Mit dabei warean aber (in der Reihenfolge ihres Ankommens) David und Judith, Erik, Eiko und Mattes. Ja, in der Tat, Mattes kam als letztes. Ich war zu dem Zeitpunkt aber immer noch nicht fertig mit dem Abendessen, weshalb es erst nach ein wenig Geplauder loslegen konnten mit...
Decrypto. Gewöhnlich erkläre ich jetzt das Spiel. Das ist hier nicht so einfach, obwohl das Spiel gar nicht schwierig ist. Nur etwas schwierig zu verstehen. Zumindest hört man das überall. Im Gegensatz dazu schienen es alle Mitspieler nach meiner Erklärung verinnerlicht zu haben, es gab im Folgenden kaum Nachfragen. Es scheint mir also trotz hinreichender Unstrukturiertheit gelungen zu sein, das Spielkonzept zu vermitteln. Also versuche ich es auch hier ganz kurz: Wir spielen in zwei Teams. Jedem Team werden vier Wörter zugeordnet, die es nur selbst kennt. Beispiel aus der Spielanleitung: Schwarz, Schildkröte, Cocktail, Mafia. Das andere Team hat vier andere Begriffe. Nun erhält ein Spieler pro Team eine Codekarte mit drei der vier Positionen: 4-1-3 zum Beispiel. Der Verschlüssler muss nun Hinweise auf die drei Worte Mafia(4), Schwarz(1) und Cocktail(3) geben. Er sagt Italien, Horror und... An dieser Stelle setzt bei mir leider das Beispiel aus der Anleitung aus. Jetzt muss ich mir wohl oder übel selbst was überlegen. Das macht allerdings gar nichts, denn während des Spiels muss man das die ganze Zeit über! Für die Cocktails gibt er also den Tipp Zombie. Wobei mir gerade einfällt, dass der Code im Beispiel anders ist, aber das tut jetzt nichts zur Sache. Wer will, kann das Beispiel ja auch nachlesen, ich will ja hier weiß Gott keine einfache Nacherzählung der Spielregeln liefern! Das Team muss nun also Italien, Horror und Zombie richtig zu den vier Wörtern zuordnen, die es sieht. Eins wird naturgemäß nicht bestückt. Das andere Team macht mit seinen Worten übrigens dasselbe. An der Stelle kam die Frage: "Okay, nicht so schwierig, dann wähle ich als Verschlüssler eben einfach Begriffe, die möglichst nah am Zielbegriff sind, optimalerweise Synonyme. Und jetzt kommt der Kniff: Ab Runde zwei hört das gegnerische Team mit und versucht ebenfalls den Code zu knacken, sprich die Begriffe richtig zuzuordnen. Kommen dann beispielsweise die Tipps Tortuga, Malerei und Sex, so wüsste das Heimteam wohl, dass es um Schildkröte, Schwarz und Cocktails geht, aber die anderen müssen nur auf Grundlage der bisherigen Tipps die neuen richtig zuordnen! Tricky, und so richtig versteht man es erst nach den ersten paar Runden. Außer natürlich, man hat so einen genialen Erklärer wie mich, dann raffen es scheinbar alle direkt.
Nach dieser länglichen Erklärung nun aber noch kurz zu unseren konkreten Partien: Mein Team Weiß manövrierte sich zwei Mal ins Aus, in dem die eigenen Leute die Tipps nichtmal richtig zuordnen konnten, was um jeden Preis vermieden werden sollte: Passiert dies zum zweiten Mal, gewinnen die Gegner. Und uns ist es zwei Mal passiert. Und das zwei Mal. Nach nur vier Runden waren beide Partien vorbei, aber Spaß hat es trotzdem eine Menge gemacht. Das ständige Abwägen zwischen offensichtlichen Tipps, die die eigenen Leute auf die richtige Spur bringen, sowie verrückten Ausreißern, die die Gegner verwirren, ist anspruchs- und reizvoll. David, Judith und Erik dürfen sich nichtsdestotrotz die Siegerkrone aufsetzen - Auch ohne Gruppennamen.
Erik hatte es auf der Warteposition erspäht, seine Wahl fiel auf Kneipenquiz. Was im Übrigen auch meiner im Voraus überlegten Reihenfolge entsprach. Während Decrypto nämlich denklastig ist, ist dieses kooperative Quiz eher wissenslastig, was tatsächlich etwas ganz anderes ist. Ja, man kann sich auch mal das ein oder andere erschließen oder raten, aber es schadet quizbedingt nicht, wenn man eine Menge weiß, bzw. zumindest das, was gerade abgefragt wird. Die Regeln sind dabei so gut wie zu vernachlässigen: Alle rätseln zusammen innerhalb von fünf Minuten über fünf Fragen, danach wird gewertet. Man spielt gegen vier imaginäre andere Teams, wobei man deren Fortschritt nicht ganz aufhalten, aber zumindest abschwächen kann. Hier gibt es einen kleinen Einschätz-Mechanismus, wie sicher man sich bei den einzelnen Fragen ist. Nach fünf dieser Runden, also nach 25 Fragen, steht der Sieger fest. Da es hier weniger um das Spiel als um die Fragen geht, will ich mal ein paar nennen, die mir im Gedächtnis geblieben sind: Wofür steht die Abkürzung IBAN? Welcher UN-Generalsekretär führte einen Teil seines Nachnamens auch im Vornamen? Wer waren Paul, Heidi und Knut? (Mit Antwortmöglichkeiten, die ich euch aber nicht verrate) Wo steht das Klingenmuseum? Welche Figuren haben eine Sprechrolle in der Weihnachtsgeschichte nach Lukas? Frei nach Mark-Uwe Kling: Viel Schweres dabei. Mit sechs Köpfen am Tisch kommt schonmal durchaus interessantes Wissen hervor, mit dem man so nicht gerechnet hätte. Aber man schaut auch in viele ratlose Gesichter, wenn die Redaktion es hier und da mit dem Schwierigkeitsgrad der Fragen etwas übertrieben hat. Partie eins mussten wir demnach auch verloren geben, und zwar mehr als deutlich. *
Bevor Eiko sich vom Acker machen würde, wollte ich noch die gerade Parität der Spieleranzahl ausnutzen, um Codenames zu spielen. Eiko und Judith machten klar, dass sie sich nicht dazu geeignet sähen die Hinweise zu geben, was wir auch respektierten. Da wir in den Decrypto-Teams verbleiben wollten, gab es eine Ermittler-Begegnung Mattes VS. David und eine zweite Daniel VS. Erik. Beide gingen zu Ungunsten des Teams Boys aus, einmal per Attentäter und einmal sehr knapp mit einem Treffer Rückstand. Es gab heute keine genialen Treffer, die Auslagen waren uns aber meiner Ansicht nach durchaus wohlgesinnt. Hätten die Ermittler in der ersten Runde etwas länger überlegt, wäre es vermutlich gar nicht zur zweiten Runde gekommen. Es ging dann aber doch recht schnell, auch wenn man hin und wieder die Sanduhr umdrehen muss - Ja, im Zweifel auch mal gegen das eigene Team. Interessant ist immer wieder, welches Hintergrundwissen man selbst für recht offensichtlich hält, was anderen aber überhaupt nichts zu sagen scheint. Das hatte mich auch bei Decrypto schon erstaunt. Ich meine, was für ein genialer Hinweis ist denn bitte Kaiser Wilhelm zu Gedächtnis. Wie sich herausstellte, war der Treffer meiner Kumpanen an dieser Stelle reiner Zufall. Auch, wenn Eiko seine längst bekannte Abneigung gegen das Spiel ein weiteres Mal kundgetan hat: Ich halte Codenames für einen ganz großen Wurf, der auch in 30 Jahren noch auf den Tischen liegen wird. Wahrscheinlich nicht überall, natürlich nicht. Aber für mich ist es das eine Spiele unter Zehntausenden, das aus den letzten Jahren jeder Bundesbürger gespielt haben sollte. Schade nur, dass sich das Spiel in der breiten Öffentlichkeit so (noch) nicht durchgesetzt hat.
*: An dieser Stelle muss ich einen kleinen Kunstgriff anwenden, weil die übliche Struktur des Berichts und des Spieleabends hier auseinanderfallen. Normalerweise wird ein Spiel pro Abend einmal gespielt, entweder als Aufwärmer, Hauptspiel oder Absacker. In dieser Reihenfolge berichte ich auch über die Spiele. Heute war das ganz anders. Es gab viele kleinere Spiele, und - Achtung Spoiler! - alle wurden sie doppelt gespielt. Nur eben nicht alle direkt hintereinander. Mir war schon klar, dass die Runde mit nur einer Runde Kneipenquiz nicht zufrieden sein würde. Allerdings wollte ich auch den 6-Spieler-Vorteil nicht einfach so vertun, weshalb ich - wie erwähnt - Codenames einschob. Das Kneipenquiz wurde nach Eikos Abreise aber direkt wieder geforderz. Und auch gewonnen! Ich erwähne an dieser Stelle ausdrücklich nicht, dass wir auf der einfachsten Stufe mit dem unwürdigen Namen "Easy Peasy" spielten und ebenfalls nicht, dass die Eulen uns deutlich mehr gewogen waren, mit denen man ein paar Schritte gutmachen kann. Nein, wir haben einfach deutlich gewonnen, und das zurecht! Wo ist nun der Kunstgriff, ich schreibe doch wie gewöhnlich in der richtigen Reihenfolge über die zweite Partie Kneipenquiz? Tja, man beachte das Sternchen! Ob ich das morgen noch so genial finde, wenn das Bier vergessen ist, bleibt abzuwarten. Wahrscheinlich schon. Moment mal, wo kommt den plötzlich das Bier her? Normalerweise feiert der Siedler das doch immer, als wäre es ein Ausgeburt der Gemütlichkeit, die einen Spieleabend erst so richtig zu einem Gemeinschaftserlebnis macht. Dazu eine kleine Begebenheit: Das Kneipenquiz geizt weder im Namen noch in seiner Aufmachung mit Verweisen auf den Biergenuss und den Ursprung des Gruppenratens: Das Pub-Quiz. So sind die gegnerischen Teams alle als Flaschen dargestellt ("Richtig so!"), und auf dem Cover prangt ein Frischgezapftes. Bereits auf dem Nachhauseweg prophezeite ich meiner Freundin, dass Erik dies zum Anlass nehmen würde, ein Bier vorzuschlagen. Und, man kennt ja seine Pappenheimer, so kam es auch. Also wurde unsere zweite Runde gegen die ganzen Flaschen von ein paar Flaschen unterstützt, und zack, die zweite Partie konnten wir direkt für uns entscheiden. Im Nachhinein bin ich echt froh, dass ich den niedrigeren Schwierigkeitsgrad unseres Zweitversuchs nicht erwähnt habe.
Zum Abschluss gab es leider kein Krazy Wordz, das David irgendwie suspekt erschien. Ihm war da wohl zu viel Spaß im Spiel. Zumindest ließ ich mich zu so einer Bemerkung hinreißen, die Judith köstlich amüsierte, was mir wiederum schon fast unangenehm war. Aber zurück zum Thema: Tempel des Schreckens sollte unser kommunikativer Absacker sein, und es erfüllte seinen Zweck wieder gut. Die erste Runde war anfangs eher langweilig, dann ging es schnell dem Ende zu: Erik hatte als Wächterin seine Feuerfalle nicht angesagt, sie wurde aufgedeckt. Judith dagegen hatte freizügig die Ihrige preisgegeben, weshalb Erik bei ihr nachschaute. Und, siehe da, er fand direkt die zweite Falle, was Erik und mich zu den raschen Siegern dieser Partie machte. Das zweite Spiel ging sehr knapp aus, die Wächter hatten bei optimalem Spiel auch durchaus gewinnen können. Glücklicherweise wurde Erik (mir aber auch) dies erst zu spät klar, wodurch meine Partei, die Abenteurer, den Sieg nach Hause trugen. Nach den Niederlagen bei Decrypto und Codenames konnte ich also wenigstens hier auftrumpfen.
Bevor die Gäste dann um viertel vor zwölf fort waren, gab es noch eine Terminanfrage seitens Mattes und ein zuweilen kontroverses Gespräch über Homosexualität und Kirche, welchem eine Erörterung der Möglichkeiten zum Kneipenquiz in Aachener Kneipen vorausging. Offenbar kann man hier und da durchaus sein Glück versuchen und für den Sommer steht dann wohl auch ein Kneipenabend inklusive Quizteilnahme an. Man darf gespannt sein. Mein Resümee für den heutigen Abend ist jedenfalls eindeutig: Zwischen den vielen gute, ruhigen Strategieabenden macht sich ein solcher kommunikativer Abend in großer Runde mit ein paar Bier sehr gut. Partyspiele haben nunmal auch ihre Berechtigung. Zwar nicht auf einer Party, aber vielleicht auf einem solchen, etwas größer gefassten Spieleabend. Von fast allen kam die Rückmeldung: Gerne wieder! Hand aufs Erz,
Der Siedler
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Der Siedler am 21. Januar 2019, 12:52, insgesamt 2-mal geändert.
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