Beitragvon achim » 19. September 2006, 13:50
St. Brück/alea schrieb:
> Nun, wir bei alea ziehen den feinen, aber u.E. [i]sehr
> wichtigen[/i] Unterschied zwischen komplex und kompliziert.
> Leider schwang das Pendel bei besagtem Prototypen (dass ich
> überhaupt weiß, wovon hier die die Rede ist, zeigt übrigens,
> wie viele (ich sollte wohl besser sagen: wie wenige)
> "anspruchsvolle" Protos wir mittlerweile überhaupt noch
> angeboten bekommen) deutlich in Richtung "kompliziert", so
> dass selbst unsere freakigsten Tester überfordert waren, die
> - fürs Spielverständnis so wichtigen - Zusammenhänge im Spiel
> herzustellen und dadurch den Reiz zu erneutem Spiel verspürten.
Als Spieler erwarte ich von einem Spiel, dass es mich unterhält, im Besonderen soll es mir Spaß bereiten im Allgemeinen möchte ich auch eine gewisse intelektuelle Herausforderung. Sind die Komponenten fein aufeinander abgestimmt, dann bekommt solch ein Spiel meinen Zuspruch und auch Weiterempfehlung. Ich kann daher den zwanghaften Drang einzelner Spieler nach sehr komplizierten oder auch extrem komplexen Spielen nicht verstehen, da häufig diesen die von mir gewünschte Ausgewogenheit fehlt. Viele dieser Spiele täuschen durch ein aufgeblähtes Regelwerk Komplexität vor, im Extremfall sind sie nur komplizierte Würfelspiele. Der angloamerikanische Markt ist bestückt mit solchen Machwerken, hochgelobt aber kaum gespielt. Als Beispiel für überreglementierte Spiele führe ich hier mal Ogallala und Chaos Marauders an. Ogallala ein lustiges Spielchen für Zwischendurch wurde hier mit einer Menge an Regelbeiwerk dermaßen überfrachtet, dass der Spielspaß mit der Lupe gesucht werden muß.
Ein weiteres Problem komplizierter und auch komplexer Spiele ist, dass die Mitspieler fast alle den gleichen "Know-How-Level" aufweisen sollten, damit diese Spiele überhaupt funktionieren. 1830 ist bestimmt ein sehr gutes Spiel. Mit einem Anfänger kann ich das Spiel allerdings kaum spielen, da er schneller bankrott ist als das Spiel erklärt ist.
Die Marke ALEA hat eine Anspruchskala von 1-10. Hier findet sich für jeden "normalen anspruchsvollen" Spieler etwas. Sicherlich sind die extremen Ränge nach oben nur schwach oder nicht besetzt. Ich halte das aber für in Ordnung. Ich bin mit den meisten Spielen von ALEA zufrieden, das kann ich von manch anderen Verlagen nicht sagen. Ich kann daher die Aussage von ALEA sehr gut verstehen, nur um eine Skala zu bedienen kein unbefriedigendes Spiel veröffentlichen zu wollen. Übrigens ein "Caylus", das hier immer wieder angeführt wird, hätte auf der ALEA-Skala imo auch nur eine 5 oder 6 erhalten.
"Third Reich" oder "Struggle of Nations" hatte bei Avalon Hill ein Ranking von 10.
"Merchant of Venus" eine 4. Als Verlag muss die Frage nach dem erwarteten Umsatz gestellt werden. Ich denke, auch ALEA würde, unabhängig vom Thema, eher zu letzterem Spiel greifen, auch auf die Gefahr hin, wieder nicht die Skala im obersten Bereich zu besetzen. Ich als Spieler jedenfalls greife lieber nach "Merchant of Venus", die Besetzung einer Skala ist mir nämlich wurscht.
Ich bin der Meinung, dass ALEA ihre Unternehmensphilosophie "anspruchsvolle Spiele für anspruchsvolle Spieler" schon im weitesten Sinne verwirklicht. Letztes Wochenende habe ich "Celtica" von Ravensburger gespielt. Eine Abgrenzung von ALEA zu Ravensburger konnte ich dabei spürbar merken. Nach Australia war dies nochmals ein Schritt weiter weg von dem, was ich als anspruchsvoller Spieler erwarte.
Gruß
achim