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Caylus - die ultimative Strategie

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Andreas Riese
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Caylus - die ultimative Strategie

Beitragvon Andreas Riese » 24. Mai 2007, 18:58

Dieser Artikel soll einen Überblick für Anfänger und gleichzeitig eine Diskussionsanregung für Fortgeschrittene sein. Über dieses wunderbare Spiel kann gar nicht genug geschrieben werden.

Zunächst muß ich zugeben, dass die Überschrift nichts weiter als eine Provokation ist: es gibt gar keine ultimative Strategie! Ich habe sicher über 50 Caylus Partien gespielt (meist zu fünft, aber auch zu viert und zu dritt) und jede Partie ist anders verlaufen. Gerade das macht den Reiz dieses Spieles aus!
Natürlich gibt es gute und weniger gute Strategien. Diese will ich im Folgenden beleuchten.

1. Die Eröffnung
Am Anfang darf eine Glücksfee die Startreihenfolge bestimmen und somit für das einzige Zufallselement sorgen. Für den ersten Zug gibt es folgende Möglichkeiten:
Der Zimmermann: Mit dem Startvorrat an Nahrung und Holz kann das erste Holzgebäude gebaut werden. Idealerweise ist dies ein Produktionsgebäude, das (sofern man es selbst nie betritt) einen Prestigepunkt pro Runde bis zum Spielende garantiert. Was will man mehr?
Einen Stein oder ein Tuch besorgen: Ziel ist es, mit dem zweiten Arbeiter den Mauerbau einzuläuten und somit die erste Gunst zu erlangen.
Wer in der Startreihenfolge vierter oder gar fünfter ist, sollte den Stall aufsuchen, um in der zweiten Runde eine bessere Position zu haben. Gerade am Anfang gibt es wenig gute Möglichkeiten, darum ist die freie Auswahl umso wichtiger.

2. Die Gebäude
Das Tor: Kaum ein Feld wird bei uns so selten benutzt, wie das Tor. Ich werde später darauf zurückkommen.
Geld: Money makes the world go round. Man zahlt 1 Dukate, setzt einen Arbeiter ein und erhält dafür 3 Dukaten. 2 Dukaten Gewinn sind nicht toll, aber besser als gar keine Aktion zu machen.
Turnier: Man zahlt 2 Dukaten, ein Tuch und setzt einen Arbeiter ein, um die Gunst des Königs zu erlangen. Wird im weiteren Verlauf des Spiels immer wichtiger.
Stall: Im 4er oder 5er Spiel sollte man nie lange auf der letzten Position verharren. Gerade zu Beginn sollte man regelmäßig Erster sein, um auch wirklich das machen zu können, was man machen will.
Gasthaus: Im Spiel zu dritt weitgehend überflüssig, da der Arbeiter schon sehr früh im Spiel fehlt. Zu fünft ist es jedoch ganz nützlich, für 1 Dukate einen Arbeiter einsetzen zu können, obwohl schon mehrere Spieler aus Geldmangel gepasst haben. Vereinfacht es dadurch auch, die letzte Position auf der Brücke(s.u.) zu ergattern.

3. Der Vogt / die Brücke
Der Vogt erfreut sich in vielen Runden großer Beliebtheit. Dient er bei destruktiver Spielweise dazu, den Mitspielern zu schaden, so kann er auch zum eigenen Vorteil und zur Spielbeschleunigung eingesetzt werden.
Die Bewegung des Vogts kostet entweder 1 Dukate (und 1 Arbeiter) für 3 Felder oder 1 Dukate pro Feld (also maximal 3 Dukaten) bei der Abrechnung der Brücke. So eingesetztes Geld bringt keine direkten Vorteile, nur indirekte: entweder verhindert man, dass die Konkurrenten Vorteile erlangen, oder man sorgt dafür, dass anderes eingesetztes Geld nicht umsonst eingesetzt wurde.
Ich habe die Beobachtung gemacht, dass häufig der Sieger ziemlich wenig Geld für den Vogt ausgegeben hat. Wenn andere Leute viel Geld ausgeben, um mir zu schaden, dann sollen sie das tun. Natürlich ist es immer sinnvoll, auf der Brücke weit hinten zu stehen, um eine falsche Vogtbewegung noch korrigieren zu können. Aber man muß immer genau abwägen: Wieviel Geld gebe ich gerade aus und was erreiche ich damit? Brauche ich diese 2 Rohstoffe wirklich so dringend, dass ich insgesamt 4 Dukaten plus einen Arbeiter dafür opfere?
Zusammen mit dem Vogt erhält allerdings das Tor einen Sinn: Ich setze je einen Arbeiter auf's Tor und den Vogt. Wenn ein anderer Spieler das höchst attraktive Feld vor dem Vogt besetzt, geht dieser nach hinten. Ansonsten geht mein Arbeiter vom Tor auf ebendieses Feld und der Vogt bewegt sich nach vorne.

4. Die Burg
Ein Weg, Prestigepunkte zu erlangen, ist an der Burg zu bauen. Man gibt seine Rohstoffe aus (plus Geld plus Arbeiter) und erhält dafür unmittelbar einige Prestigepunkte (im Laufe des Spiels immer weniger). Richtig lukrativ wird der Bau allerdings erst, wenn man auch die Gunst des Königs erhält. Dazu muß man entweder in einem Zug am meisten bauen (oder als erstes) oder in der Abrechnung eines Bauabschnittes genug gebaut haben. Ich halte es für eine schlechte Idee, an der Burg zu bauen, wenn ich dafür keine Gunst (sofort oder bei der Abrechnung) erhalte. Dafür ist der Arbeiter und die Dukate zu schade.

5. Die Gunst des Königs
Kernstück jeder Strategie ist die Frage, welche Gunstleiste erklommen werden soll. Unabhängig von der Anzahl der Spieler gilt: Wer das Spiel gewinnen will, muß auf einer Leiste ganz oben stehen. Im Spiel zu dritt sollte es auch eine zweite Leiste sein.
Die oberste Leiste bringt sofort Prestigepunkte. Auf den ersten Blick mag es verlockend erscheinen, irgendwann jede Gunst direkt in 5 Prestigepunkte umwandeln zu können. Aber während des Spiels nützen einem diese Punkte nichts. Ich halte die oberste Leiste für die schwächste.
Auf der zweiten Leiste gibt es Geld. Erst wenig, dann viel. Häufig ist es spielentscheidend, immer genügend Dukaten zu haben: In jeder Runde alle Arbeiter einsetzen, eine gute Position auf der Brücke haben und notfalls irgendwelchen Unfug mit dem Vogt wieder geradebiegen. Gegen Spielende sollte man das Geld jedoch in Prestigepunkte ummünzen, z.B. über die Bank (5 Dukaten => 2 Gold => 6 Punkte).
Die dritte Leiste gibt einen Rohstoff. Rohstoffe kann man nie genug haben. Am Ende gibt's Gold: das sind zwar nur 3 Siegpunkte pro Gunst, aber dafür hat man während des Spiels immer etwas mehr Rohstoffe gehabt und hat evtl. weniger Aufwand, um an das begehrte blaue Gebäude zu kommen.
Die vierte Leiste ist vielleicht die stärkste: Am Anfang gibt's nichts, aber dann baut man pro Gunst ein Gebäude. Das kann schon sehr früh spielentscheidend sein, wenn man z.B. über das Turnier baut und so dem Spieler auf dem Zimmmermann/Maurer ein wichtiges Gebäude vor der Nase wegschnappt. Ganz zu schweigen von der Möglichkeit, Wohngebäude bzw. Prestigegebäude zu bauen, ohne das Notar/Architekt gebaut sind.
Der einzige Nachteil an der untersten Leiste: Es könnte zu eng werden. Wenn alle Spieler nur noch Gebäude bauen, ist die Stadt sehr schnell zugebaut (dauert im 3er-Spiel natürlich länger). Dann kann es sinnvoll sein, auf einer anderen Leiste zu punkten, damit man bei den letzten Günsten nicht auf 2-Punkte Wohnhäuser zurückgreifen muß. Ausserdem bleibt immer das Risiko, den noch erforderlichen Rohstoff gerade nicht zu haben.

6. Die Stadt
Man baut ein Gebäude, erhält unmittelbar einige Prestigepunkte und dann einen pro Runde, wenn ein anderer Spieler das Gebäude benutzt. Was will man mehr? Die drei Steinproduktionsgebäude werfen sogar noch einen Rohstoff für den Besitzer ab. Einen Rohstoff, ganz umsonst!
Egal, welche Strategie man fährt, man sollte immer darauf achten, ein Steinproduktionsgebäude zu haben. Wenn das nicht gelingt, sollten alle drei Steinproduktionsgebäude in verschiedenen Händen sein.

Ich habe schon häufig die Strategie angewandt, am ersten Bauabschnitt an der Burg gar nicht zu bauen. Das gibt schlappe 2 Minuspunkte, dafür habe ich am Anfang der Stadt mehrere attraktive Gebäude, die mir jeweils einen Punkt pro Runde bescheren. Schon alleine durch den Bau eines Holzproduktionsgebäudes habe ich die 2 Punkte wieder raus!

7. Das Ende
Wenn das Spielende droht, sollten alle vorhandenen Ressourcen in Prestigepunkte umgesetzt werden. 3 Rohstoffe bringen einen Prestigepunkt, wenn sie übrigbleiben, aber wenn man mit zweien davon noch ein ansonsten nutzloses Steingebäude baut, hat man 6 Punkte. Für 5 Dukaten erhält man entweder 1 Punkt oder über die Bank 2 Gold = 6 Punkte. Oder man geht in die Kirche und erhält die Punkte direkt.
Auf alle Fälle ist es wichtig, am Ende des Spiels die Fäden in der Hand zu halten. Auch wenn man in der vorletzten Runde schon erster in der Reihenfolge ist, macht es Sinn, sich in den Stall zu begeben, damit man auch in der letzten Runde garantiert erster ist.
Eine gute Idee ist es auch, an der Burg zu bauen und die nötigen Rohstoffe bereitzuhalten, die Burg zu vervollständigen. Kein anderer traut sich, einen Arbeiter zur Burg zu schicken und am Ende kann man es sich überlegen, ob man tatsächlich zuende baut oder ob es noch eine weitere Runde gibt (und man sich im Stall die erste Position gesichert hat). In der nächsten Runde baut man natürlich wieder an der Burg (als einziger => noch eine Gunst ...).
Man muß natürlich immer darauf achten, was die Mitspieler machen: Wenn jemand erst in der nächsten Runde ein Prestigegebäude bauen kann, will ich das Spiel vielleicht eher beenden.

Zum Schluß noch ein Tipp: Es ist immer gut, den wahren Führenden herauszufinden. Jemand, der auf der Punktleiste weiter hinten steht, kann Rohstoffe für 5 Häuser an der Burg vor sich liegen haben. Das sind 15 Punkte plus eine Gunst direkt plus zwei Günste bei der Endabrechnung. Ein anderes Beispiel sind die unscheinbaren 4 Goldstücke, die vor dem Spieler liegen. Das sind 12 Punkte oder der Grundstock für das 25er blaue Gebäude.

Wie ich schon sagte: die ultimative Strategie gibt es nicht. Jedes Spiel verläuft anders und gerade das ist das faszinierende an Caylus!

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rororolf
Spielkind
Beiträge: 7

Re: Caylus - die ultimative Strategie

Beitragvon rororolf » 24. Mai 2007, 21:04

Hallo Andreas,

zum Tor folgender Tip:
wir spielen die Variante, dass der Arbeiter, der beim Tor platziert wird, zu Beginn der darauf folgenden Runde auf ein anderes Bauwerk bzw. die Burg versetzt werden kann, noch bevor die eigentliche Reihenfolge zum Zug kommt. Damit wird das Tor ziemlich häufig genutzt.

Möge Dir die Gunst des Königs niemals verwehrt werden,

rororolf

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Bernd Eisen
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Beiträge: 311

Re: Caylus - die ultimative Strategie

Beitragvon Bernd Eisen » 24. Mai 2007, 22:03

Hi Andreas!

Schöne Übersicht und gute Tipps, speziell für Neulinge und unerfahrene Caylus-Spieler.

Zu folgendem Punkt vielleicht noch ein paar Worte:

> ...Ich habe schon häufig die Strategie angewandt, am ersten
> Bauabschnitt an der Burg gar nicht zu bauen. Das gibt
> schlappe 2 Minuspunkte, dafür habe ich am Anfang der Stadt
> mehrere attraktive Gebäude, die mir jeweils einen Punkt pro
> Runde bescheren. Schon alleine durch den Bau eines
> Holzproduktionsgebäudes habe ich die 2 Punkte wieder raus!nierende an Caylus!

Ich spiele häufig die Strategie in der ersten Phase keinen einzigen Siegpunkt zu haben - ergo können auch die 2 Punkte nicht abgezogen werden.
Vorteil: Wenns dann mit der nächsten Phase losgeht habe ich noch meine kompletten Rohstoffvorräte und auf der untersten Gunstreihe bin ich auch bereits auf dem ersten Feld (kann ich ja vorher machen ohne Punkte zu bekommen).
Dann kann ich sofort losklotzen und muss nicht erst Rohstoffe sammeln, sprich, eine Runde keine Konkurrenz im Schloss. Spätestens nach der 2. Runde dieser Phase habe ich den Rückstand meist aufgeholt (meist 10-12 Punkte).
Allerdings kann es auch ungünstig laufen wenn das Spiel langsam ist (Vogt läuft immer ein Feld weiter) - dann kann der Rückstand zu groß werden.
Muss man halt frühzeitig erkennen und regulierend eingreifen :-)

Grüße
Bernd


www.irongames.de

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Stargaze
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Beiträge: 39

Re: Caylus - die ultimative Strategie

Beitragvon Stargaze » 25. Mai 2007, 09:38

Ich würde an dem Tor nichts ändern. Ich spiele ziemlich oft 2er Caylus und verwende das Tor sehr häufig. Zugegeben, je mehr Leute desto weniger bringt es, aber im 2er Spiel ist es eine starke taktische Position.

Ich sehe das Tor als Gegenpol zum Stall und dem Gasthaus, die beide umso weniger nutzen, je weniger Personen am Spiel beteiligt sind (im 2er-Spiel ist der Stall ganz außen vor und das Gasthaus habe ich noch nie verwendet). So hat man ein Spezial-Gebäude das bei geringerer Spielerzahl nützlicher ist.


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