Beitragvon Christian Hildenbrand » 22. Juli 2007, 12:35
"Der Landvogt" hat am 22.07.2007 geschrieben:
>> Wie Hans im Glück arbeiten übrigens auch andere Verlage, wie z.B. Phalanx, Days of Wonder, Tilsit, eggertspiele, Ystari und und und ... manche prinzipiell, andere in ausgewählten Ländern oder ausgewählten Vertriebskanälen.
> Damit ist Dein Vergleich etwas hinkend.
>
> Ja, der Vergleich mag ein wenig hinkend, aber suchen die
> von dir erwähnten Verlage nicht einfach nach einer guten
> Möglichkeit ihre professionell produzierten Spiele auch
> professionell zu vertreiben? Ist nicht der Vertrieb
> generell das Problem für kleine Verlage?
Der Vertrieb ist ein wichtiger, zeiteinnehmender und auch personell gut zu besetztender Teil eines Verlages. Das Wählen eines externen Vertriebes, wie es Hans im Glück mit dem Angebot von Schmidt Spiele macht, spart dem Verlag in München mind. 3-4 Angestellte (wenn nicht mehr). Einen externen Vertrieb zu wählen bringt auch den Vorteil mit, vorhandene erschlossene Vertriebskanäle zu nutzen. Es ist für einen kleinen Verlag praktisch unmöglich, in die großen Kaufhäuser zu kommen. Über große Verlage besteht zumindest die Chance, bis zum Einkäufer dieser großen Kaufhäuser zu kommen und somit eine Chance zu haben.
> Wenn ich einen Verlag hätte und die Ravensburger würden sie
> vertreiben, dann würde ich wohl mehr als erfreut darüber
> sein. Die Ravensburger-Spiele gibt's doch überall,
> wahrscheinlich in 99,9% aller Spieleläden. Diesen Zugang zu
> haben, theoretisch zumindest, klingt doch sehr verlockend.
Hier noch einmal der Vermerk, dass Stefan Brück den Verlag "alea" nicht besitzt, sondern dass "alea" ein Teil von Ravensburger ist (und auch bleibt), und Stefan "nur" angestellt ist bei Ravensburger.
> Meine Frage ist einfach, worin der Unterschied des
> Schmidt-Vertriebs zum Ravensburger-Vertrieb liegt. Die
> Spiele von HIG sind aus meiner Sicht wirklich mit denen von
> Alea gleichzusetzen. Zumeist ausgezeichnet bearbeitet und
> ziemlich anspruchsvoll. Wikinger und Notre Dame nehmen sich
> nicht viel. E&T und Puerto Rico auch nicht. Sankt
> Petersburg und Ra/Tadsch. Amun Re und HvG. Vielleicht
> entspricht ein Carcassonne in etwa einem Royal Turf.
> Wieso kann Schmidt das zufriedenstellend vertreiben (setze
> ich mal voraus) aber Ravensburger nicht? Und wenn es
> Ravensburger doch kann, warum wollen sie es nicht?
Hier gibt es in meinen Augen einen wichtigen Punkt:
SchmidtSpiele hat im Familienspielbereich mit Ausnahme von ein paar Klassikern praktisch nichts. Wenn nun also der Vertriebsmensch von Schmidt bei z.B. Kaufhof vorspricht, um die neuen Produkte vorzustellen, decken die Hans im Glück-Spiele den Bereich der Familienspiele praktisch allein ab und haben so gute Chancen, mit ins aktuelle Sortiment genommen zu werden.
Kommt nun aber der Ravensburger-Vertriebler, so bringt er neben den alea-Spielen noch eine ganze Kiste Familien-Spiele aus der (reinen) Ravensburger-Reihe mit. Der Einkäufer muss eine gewisse Entscheidung treffen, was rein kommt ins Programm und was nicht, denn alles ist schlicht nicht machbar, weil der Platz im Lager und in denVerkaufsregalen begrenzt ist. Mit Spielen wie "Sphinx", "Sagaland", "Scotland Yard", "Das Verrückte Labyrinth", "Make 'n Break" usw. wurden vermutlich bessere Erfahrungen gemacht als mit "Ra", "Fürsten von Florenz", "San Juan", "Royal Turf" ... entsprechend ist die Wahrscheinlichkeit in meinen Augen größer, dass die alea-Spiele diejenigen sind, die wenn dann nur in sehr begrenzter Zahl in erster Reihe berücksichtigt werden. Die (großen) Kaufhäuser achten aus wirtschaftlichen Gründen natürlich auf die Verkaufsmöglichkeiten, nicht auf die Qualität der Spiele. Denn das machen die meisten Kunden aus reiner Unwissenheit in diesen großen Vertriebskanälen auch nur bedingt.
Um es mal auf den Punkt zu bringen: den Einkäufer interessiert es einen feuchten Kericht, ob da ein Spiel vor ihm steht, das so gut sein soll wie "Euphrat & Tigris" oder "Puerto Rico" oder "Sankt Petersburg", da ich bezweifle, dass er auch nur ein Viertel der Spiele von der spielerischen Qualität her kennt. Er kennt die Verkaufszahlen und die kurzen übersichtlichen Produktinformationen von Seiten des Verlages ... und daran richten sich seine Entscheidungen. Wenn da steht "Anspruchsvolles Familienspiel mit kleinem Regelstudium", dann ist das nun mal ein schlechterer Start als die Angabe "Einstieg in 5 Minuten, wenige Regeln und Spielspaß für die ganze Familie", weil sich zweiteres von Seiten des Verkaufspersonals in den großen Kaufhäusern leichter an den Mann oder (was mehr der Fall ist) die Frau bringen lassen. Zugegeben, das steht so nicht wortwörtlich drin, aber ein guter Einkäufer sieht wohl den Unterschied schon in der Präsentation durch den Vertriebler des Verlages.
> Letztlich nehmen sich Notre Dame und Baumeister von Arkadia
> nicht viel. Und Tikal/Torres/Java/Mexica sind auch keine
> Leichtgewichte, eher Alea-Spiele als Ravensburger-Spiele.
> (Wieso eigentlich nicht bei Alea erschienen?)
> Ich verstehe es nicht so ganz. Aber das heißt ja nichts.
> Vielleicht kann es jemand erklären und uns erhellen.
> Solange bleibt mein komisches Gefühl! :seufz:
Es ist völlig egal, ob sich Spiele aus spielerischer Sicht viel nehmen ... die Welt des Spieleverkaufs in der Größenordnung, wie sie für einen Verlag wie Ravensburger mit all seinen Mitarbeitern notwendig ist, ist nun mal eine andere wie die der Spieler, die sich im spielerischen Inhalt umfassend auskennen.
Völlig außer Frage steht in meinen Augen auch noch, ob Heidelberger den alea-Spielen einen besseren Dienst erweisen kann als es Ravensburger konnte in der letzten Zeit (wobei es hier reine Spekulation wäre zu überlegen, was Ravensburger NICHT konnte). Es bleibt abzuwarten. Für diejenigen unter den Spielern, die immer händeringend auf die neuen Spiele aus Stefans Büro warten, wird es in meinen Augen praktisch keinen Unterschied machen, denn wie an anderer Stelle schon erwähnt bestellt fast jeder Spieleladen irgendwann beim Heidelberger - oder macht es schon seit Jahren regelmäßig. Einzig bei den ganz großen wird es vielleicht einen Unterschied geben in Zukunft.
Sonntägliche Grüße,
Christian (freut sich schon auf das neue in Essen)