Beitragvon toolate » 6. Februar 2008, 02:39
Hallo allerseits.
Hab ich mir doch gedacht, dass ich mit meinen Zeilen ein paar Antworten provozieren würde. Deshalb habe ich auch überlegt, ob ich den Text überhaupt abschicken soll, aber die Antworten waren dann ja doch wesentlich höflicher als erwartet, deshalb bin ich auch weit davon entfernt, irgendjemand übel zu nehmen, was er geschrieben hat, Michael G. :)
Ich erlaube mir mal hier an dieser Stelle auf alle Antworten einzugehen um Überschneidungen zu vermeiden.
Grzegorz Kobiela schrieb:
Gerücht. Wer nichts anderes kennt, der findet Monopoly und Risiko genial. War bei mir genauso. Und wenn man dann Besseres kennen lernt, dann interessiert man sich auch etwas mehr dafür. Und dann kauft man auch etwas bessere Spiele und noch bessere und man ist erstaunt, was noch alles in der Spieleindustrie steckt.
Dem kann ich nur teilweise zustimmen. Ja, mir ging es da wie dir, auch ich habe diese Spiele geliebt (Als ich noch nichts anderes kannte), aber den meisten anderen nicht (meine persönliche subjektive Erfahrung im Bekanntenkreis, das muss sicher nicht repräsentativ sein). Auf die Gründe dafür und für meine Sichtweise komme ich noch.
Helmut schrieb:
Das möchte ich so nicht stehen lassen.
Wie Mädn so gehört auch Monopoly zur Grundausstattung in einer Familie mit Kindern, weil gerade Kinder voll auf dieses Spiel abfahren und sich stundenlang damit beschäftigen können.
Monopoly war für mich früher "das" Spiel schlechthin, das mir immer Freude machte. Ich wollte kein anderes spielen. Das konnte ja schlechter sein....
Ja, stimmt, gerade bei Kindern kommen diese beiden Spiele sehr gut an, aber in meinen Augen auch nur gerade weil sie häufig nichts anderes kennen.
Michael Weber schrieb:
Hm, dabei vergisst du, dass es 750.000 Menschen gibt - und damit nach wohlwollenden Schätzungen ca. 75-mal mehr als Spielefreaks, die Monopoly gut genug finden, um damit viel Spaß zu haben. Oder meinst du, es sind nur die Omas, die ihren Enkeln das Spiel schenken, die dann eben dieses ungeöffnet neben dem Computer vergammeln lassen?
Ich glaube, die sogenannte Szene sollte sich mal langsam bewusst machen, dass es da draußen Menschen gibt, die genau DIESE Spiele wollen und kein Cuba und kein Agricola oder Puerto Rico. Zudem ist Monopoly nach außen für die "normale Bevölkerung" nunmal das Flaggschiff der Spielebranche. Wie ich finde, durchaus zurecht und glücklicherweise, auch wenn ich es selbst nicht spielen mag.
Siedler mag der Einstieg in die German Games sein, aber Monopoly ist der Einstieg in das Familienspiel und damit vielleicht sogar das wichtigere Spiel für die Branche (aus rein wirtschaftlicher Sicht).
Ich denke, dass 75-mal mehr "Normalos" als Spielefreaks Monopoly deshalb kaufen weil es eben das beste Spiel ist, dass sie kennen(!) und ja, ich denke, dass viele Menschen das Spiel zusammen mit einer Spielesammlung (Mädn, Halma, Dame, Mühle usw.) und in manchen Fällen noch Risiko als eine Art Grundausstattung betrachten, die man halt haben nicht aber zwingend auch tatsächlich benutzen muss. Ich bin keineswegs der Meinung, dass jeder Mensch Cuba, Agricola oder Puerto Rico zuhause stehen haben sollte, auch mir sind manche der in Spielerkreisen beliebten Spiele zuviel und wenn jemand mit einem simplen Würfelspiel glücklich ist, dann bitte gern, jedem das seine.
Michael G. schrieb:
Und dass, obwohl sie sogar etliche dieser (guten) Vielspieler-Spiele/German Games kennen und schon gespielt haben.
Solche Menschen mag es zwar durchaus geben, aber ich denke sie sind deutlich in der Minderheit. Dann schon ehr Leute, die wirklich gar keine Brettspiele mögen.
Also nochmal von vorn und etwas detaillierter erklärt:
Zunächst mal haben die Spiele natürlich durchaus ihre Vorteile, die Spielerzahl ist sehr flexibel, von 2-6 Spieler ist alles möglich (da hakt es bei vielen anderen Titeln recht häufig) und die Regeln sind so einfach, dass es wirklich jeder kapiert und niemand überfordert wird. Auf der anderen Seite (und das schreckt meiner Erfahrung nach ganz viele Leute ab) das ist die unglaublich lange Spieldauer, es ist praktisch nicht möglich das Spiel zuende zu bringen, ohne wenigstens einen halben Tag dafür aufzuwenden, dazu kommt die hohe Downtime, auch gerade dadurch, dass Spieler vorzeitig ausscheiden und dann entweder heimgehen oder durchaus auch mal stundenlang zuschauen und sich langweilen können. Abschließend wäre da noch die geringe Komplexität, man sitzt die ganze Zeit da und würfelt sich einen, für viele(sicher nicht alle und wegen mir auch bei weitem nicht mal die Mehrheit, aber bei so wenigen Freaks, da würden auch nur ein paar Tausend einiges reißen) ganz sicher zu wenig, an komplexeren Spielen kennt der Durchschnittsmensch dann aber wieder nur noch Schach und das dürfte aber wohl wieder das andere extrem sein, dazwischen klafft eine sehr weite Lücke. Nochmal, wer reine Würfelspiele mag, bitte, aber jemand (ich glaube, es war auch hier im Forum) hat es mal sehr schön formuliert, Monopoly und Risiko (ich war jetzt einfach mal so frei, das mit in den Ring zu werfen, auch wenn es darum in dem Ursprungspost gar nicht ging) dauern einfach viel zu lang für das was sie sind, Spiele diesen Niveaus dürfen auf keinen Fall länger als sagen wir eine Stunde dauern, sonst landen sie ganz schnell in der Ecke.
Ich fasse also mal zusammen, viele Menschen (meiner höchst subjektiven Meinung nach wahrscheinlich eine große Mehrheit, aber auch wenn es nur ein paar wenige Prozent sein sollten ändert das nichts) diese beiden Spiele und sonst nur Spiele aus einer 08/15-Sammlung kennt, der denkt doch über Brettspiele etwa das folgende: Eine sehr zeitaufwändige, auf dauer ziemlich fade Angelegenheit, bei der man die meiste Zeit nur dasitzt und nichts tut. So jemand wird sich aber wohl kaum umschauen, ob es da nicht vielleicht doch noch etwas besseres für ihn gibt. Noch ein kleiner Äpfel-und-Birnen-Vergleich: Wenn ich mal die vier Marktführer auf dem Biermarkt durchprobiert habe und nichts davon hat mir geschmeckt, dann suche ich mir wohl ehr ein anderes Getränk, das blau macht als noch weitere Sorten zu probieren, die vielleicht um klassen besser sein könnten (ich z.B. werde auch nie verstehen, warum international ausgerechnet Erdinger Weißbier so verbreitet ist).
Mein Problem ist nicht das Niveau von Monopoly, sondern seine alles andere verdrängende Dominanz im Massenmarkt. Die meisten anderen Menschen kennen einfach nichts anderes, selbst die Siedler von Catan haben eine Bekanntheit von gerade mal 50% in der bundesdeutschen Bevölkerung, ich bin mir bewusst, dass nicht mal unsere Kanzlerin oder Mickey Maus es auf 100% bringen, bin mir aber sicher, dass Monopoly diese Zahl locker toppen kann. Die Siedler haben sich in den Jahren 1995-2005 in Deutschland, Österreich und der deutschsprachigen Schweiz über 8 Mio. mal verkauft, Monopoly hat dieses Jahr mit 750000 Exemplaren allein in D einen neuen Rekord aufgestellt, Pi mal Daumen könnte man also sagen, dass die Verkaufszahlen beider Spiele in den letzten 10 Jahren in ähnlichen Regionen gelegen haben müssen (ja, das ist pure Spekulation), aber nochmal, wir vergleichen hier das wohl bekannteste aller Eurogames (das in den Augen der meisten Menschen, die beide Spiele kennen auch noch um Klassen besser ist) mit einem Spiel, das bereits 7 mal länger auf dem Markt ist.
Ich denke, dass Monopoly und Risiko schlechte Botschafter für den Rest der Spielebranche sind. Sie sind meist kein Einstieg in das Familienspiel sondern vielmehr eine Sackgasse. Meine Meinung.
mfg,
toolate