Beitragvon Dario » 11. August 2008, 15:03
Auch ich habe früher vermehrt "grosse" Spiele gespielt und trauere dem einen oder anderen Spielemarathon nach. Doch in letzter Zeit spiele ich auch nur noch sehr selten solche Monsterpartien, nicht weil das Interesse bei Mitspielern vollkommen fehlt sondern weil ich solche Spiele nur noch mit den passenden Leuten spiele. Das schränkt die Spieleranzahl sehr ein und die wenigen die in Frage kommen dann unter einen Hut zu bekommen ist schwierig. Sprich so grosse Spiele kommen meist nur einmal im Jahr als besonderer Event auf den Tisch.
Das Spielerlebnis bei komplexen Spielen ist meiner Meinung nach sehr viel abhängiger von den Mitspielern als es dies bei kurzen Spielen der Fall ist. Die falschen Leute ergeben einfach nicht den notwendigen Kick den es für solche Spiele braucht, damit die 6 und mehr Stunden Monsterspiel wie im Fluge vergehen und spannende Spielzüge gemacht werden.
Ich habe es leider zu oft erlebt, dass trotz grossem Interesse von Spielern für ein grosses Spiel in einigen Runden der erhoffte Spielspass nie aufkam (im Gegenteil)!
Diese grossen Spiele selbst haben eine lange Spieldauer 6 oder mehr Stunden sind wie gesagt keine Seltenheit, wenn nur ein Spieler dabei ist der das Spielgeschehen negativ beeinflusst (sei es dass er über jeden Spielzug sehr lange nachdenkt, oder dass er ständig in den Regeln blättern muss oder dass er total geschafft in den Seilen hängt und nur noch zombiehaft mitspielt) dann sinkt der allgemeine Spielspass massiv in denn Keller. Bei kurzen Spielen ist das schon störend aber bei langen Spielen mit 6 Stunden und mehr Spielzeit (wenn man zügig spielt) ist das ein absoluter Killer und alle am Tisch quälen sich nur noch durch das Spielgeschehen.
Ein Spieler muss für solche Spiele die notwendige Ausdauer und freie Zeit mitbringen. Viele sind, trotz grossem Interesse, einfach von so einer langen Spieldauer vollkommen überfordert. Ich habe es leider zu oft erlebt, dass Leute mitten in einem Spiel das Handtuch werfen mussten (oder wollten) und aufgehört haben. Zum Teil nachvollziehbar aber nicht gerade toll für die Mitspieler.
Das Regelstudium schlägt auch kräftig zu Buche. Bei Spielen wie z.B. 1830 oder Advanced Civilization ist meiner Meinung nach eine vollumfassende Erklärbär Session einfach nicht mehr drin. Zumindest wir machten das immer so, dass die Regeln vor solchen Events verteilt wurden und dass wir klar gesagt haben, jeder Mitspieler muss die Regeln gelernt haben bis zum Spieltag. Auch wenn man das Spiel schon mal gespielt hat braucht die Auffrischung der Regeln einiges an Zeit. Für jemanden der das Spiel noch nicht kennt, sogar recht viel Zeit. Und die meist doch grosse Anzahl an Seiten im Regelheft dürfte viele Spieler überfordern. Auch hier habe ich leider zu oft erlebt, dass die Leute das Regelstudium nicht ernst genug genommen haben und man dann beim Spiel viel zu viel Zeit mit Erklären und Regelstudium verbraten hat.
Noch schlimmer wenn jemand gewisse Feinheiten der ausufernden Regeln nicht gecheckt hat und man ihn dann als geübterer Spieler durch einen Winkelzug in die Pfanne haut (Haha, Gratulation Du bist der neue Präsident einer maroden Bahngesellschaft und nun kommen die Dieselloks...), dann ist beim einen zwar die Schadenfreude gross aber beim anderen ist das extrem frustrierend. Dies drückt zum einen auf den Spielspass des betroffenen Spielers selbst aber am Ende auch auf den allgemeinen Spielspass der Gruppe. Vor allem wenn der Frust gross ist und man deutlich merkt, dass der betroffene Spieler eigentlich keine Lust mehr hat weiterzumachen, man aber noch 3 Stunden Spielzeit vor sich hätte.
Man kann einwenden, dass man ja erst mal mit Teil-Probespielen anfangen und zu gegebener Zeit abbrechen kann (man muss ja nicht unbedingt gewinnen), aber so ein Probespiel geht auch oft 3 Stunden, ohne aber zu einem vernünftigen Ende gekommen zu sein.
Um ehrlich zu sein, wenn ich mir schon die Zeit nehme für ein grosses Spiel, dann will ich es auch zu Ende spielen auch wenn es als ganzes nur ein Probespiel ist. Dazu brauche ich aber nicht nur interessierte Spieler sondern solche mit Ausdauer, etwa gleicher Spielstärke, vernünftiger Frustationsgrenze und vor allem viel Zeit.
Gruss
Dario