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Sonderpreis komplexes Spiel geschäftsschädigend?

Das ehemalige spielbox-Spielerforum
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Spielratte
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Sonderpreis komplexes Spiel geschäftsschädigend?

Beitragvon Spielratte » 13. August 2008, 17:28

Die Diskussionen über das Spiel des Jahres sind längst vorbei und ich will sie auch nicht wieder vom Zaun brechen. Aber wir hatten am Wochenende in unserer Runde ein wie ich finde interessantes Thema, das hier noch nicht angeschnitten wurde. Wenn man unterstellt, dass das normale Publikum mit Spielen nicht überfordert werden darf und die Jury deshalb in den letzten Jahren nur noch einfache Spiele auszeichnet, ist da ein Sonderpreis für das komplexe Spiel nicht ein Antipreis nach dem Motto: Leute, laßt bloß die Finger davon, das ist für Euch viel zu schwer zu verstehen? Wirkt sich ein solcher Preis nicht eher verkaufshemmend aus?
Dass die Spielszene weiß, was damit gemeint ist, ist klar, aber wie wirkt das auf den gewöhnlichen Spielekäufer? Gibts Erfahrungen?
Sabine

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Daniel R.
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Re: Sonderpreis komplexes Spiel geschäftsschädigend?

Beitragvon Daniel R. » 13. August 2008, 17:51

Ich sehe kein Problem solange das drin ist, was drauf steht.
So kann jeder Interessent selber entscheiden ob er nun was einfaches oder was anspruchsvolles kaufen will.

Wenn auf einer Speisekarte zu einem Gericht steht "Achtung scharf", so ist das auch neutral zu verstehen und als Orientierungshilfe gedacht und nicht "für 99% der Gäste ungeniessbar".
Darum ist auch der Preis für das komplexe Spiel für mich neutral und kein Antipreis.

Grüsse
Daniel

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Richard van Vugt | GAMEPACK.nl
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Re: Sonderpreis komplexes Spiel geschäftsschädigend?

Beitragvon Richard van Vugt | GAMEPACK.nl » 13. August 2008, 18:03

Wie ich es sehe: so wie ich mich als Spieler 'entwickelt' habe, ist das ich in der Zeit daß ich noch 'alleine' war und nur ein guter Freund hatte womit ich (Kriegs)Spiele von Avalon Hill aber auch Ravensburger spielte, daß ich jeder Laden besuchte auf der Suche nach was auch immer für ein Spiel. Da würde mir ein Segel 'Komplexes Spiel' schon geholfen haben. Nicht das ich es übersehen würde, aber doch...

Mit freundlichen Grüßen,
Richard van Vugt

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Tyrfing

Preis ist Preis

Beitragvon Tyrfing » 13. August 2008, 18:16

Ich glaub, es ist völlig egal was dort draufsteht. Preis ist (fast) gleich Preis.

Es gibt auch viele, die nicht zwischen "Nominiert für", "Auf der Auswahlliste für" oder dem tatsächlichen "Spiel des Jahres" unterscheiden.
da glaubst du, das "komplexe Spiel" wird eher beachtet?

Pöppel drauf, ausgezeichnet... super Wahl und *zack* im Einkaufswagen.

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Helby
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Re: Sonderpreis komplexes Spiel geschäftsschädigend?

Beitragvon Helby » 13. August 2008, 18:22

Spielratte schrieb:
> Dass die Spielszene weiß, was damit gemeint ist, ist klar,
> aber wie wirkt das auf den gewöhnlichen Spielekäufer? Gibts
> Erfahrungen?


Meine eigene vielleicht, wenn es damals schon diesen Preis gegeben hätte...
Ich habe mit Tikal und Torres angefangen, da brauchte man solchen Preis noch nicht, da war das SdJ noch in anderen Dimensionen. Heutzutage wäre ich sicherlich froh über einen solchen Sonderpreis, wenn ich nicht so in der Materie stecken würde.

Ich sehe diesen Preis als Orientierungshilfe für all diejenigen, die wie ich damals, auch schon auf komplexere Spiele stehen und dadurch erfahren, dass es noch anderes außer 'normale/einfache' Familienspiele gibt.

Der Sonderpreis sagt dann eben aus:

''schaut her das ist von den komplexen das Beste in diesem Jahr'', bzw.
''dieses Jahr gibt es mal wieder ein wirklich heraus ragendes Spiel, welches aber zeitintensiver in der 'Erarbeitung' ist''.

Helby

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Niccolo
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Re: Preis ist Preis

Beitragvon Niccolo » 13. August 2008, 18:30

Tyrfing schrieb:

> Pöppel drauf, ausgezeichnet... super Wahl und *zack* im
> Einkaufswagen.

Mann sollte per se einen gelben Pöppel auf die Schachteln drucken.

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Twixtim
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Exkurs: H@LL9000

Beitragvon Twixtim » 13. August 2008, 18:58

> nach dem Motto: Leute, laßt bloß die Finger davon, das ist
> für Euch viel zu schwer zu verstehen? Wirkt sich ein
> solcher Preis nicht eher verkaufshemmend aus?

Schwer zu sagen, da müßte man sich mal die Verkaufszahlen ansehen.

In unserer Spielegruppe (erfahrene Spieler) beobachten wir aber etwas ganz Ähnliches: Spiele, die bei H@LL9000 wirklich hervorragend bewertet werden, kommen bei uns nach den Startpartien kaum noch auf den Tisch. Eine Ausnahme bilden Spaßspiele wie Looping Louie & Co.

Am besten schneiden bei uns regelmäßig Spiele ab, die bei H@LL9000 mit 4-5 bewertet werden. Wir bewegen uns also ganz klar auf SdJ-Zielgruppen zu. Liegt zum einen natürlich am Alter und der beruflichen Einbindung, zum anderen aber sicher auch an schlechten Regeln. :-/


Tim

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Daniel R.
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Re: Exkurs: H@LL9000

Beitragvon Daniel R. » 13. August 2008, 20:58

Twixtim schrieb:
>
> Spiele, die bei H@LL9000 wirklich
> hervorragend bewertet werden, kommen bei uns nach den
> Startpartien kaum noch auf den Tisch.
> Am besten schneiden bei uns regelmäßig Spiele ab, die bei
> H@LL9000 mit 4-5 bewertet werden.

Hallo Tim,
Was möchtest Du uns damit sagen:
Dass H@ll9000 anspruchsvolle Spiele zu gut oder einfache Spiele zu schlecht bewertet?

Lässt sich das überhaupt verallgemeinern?
H@ll9000 hat verschiedene Rezensenten und somit auch verschiedene Meinungen/Bewertungen.

Ich tendiere dazu, Deine Aussage auf die erste Interpretation zu beziehen, da Du Eure Gruppe mit SDJ-Zielgruppe bezeichnest, folglich also H@ll9000 schwere Spiele bevorzugen würde.

Hierzu einige Benutzerkommentare zu einer H@ll9000 Rezension von Race for the Galaxy:

[i]Langsam befürchte ich, die H@ll9000 Reszendenten passen sich der Jury zum Spiel des Jahres an - sobald ein Spiel etwas komplexer ist, bekommt es schlechte Noten.[/i]

[i]Ich kann die Bewertungen hier nicht wirklich nachvollziehen. Nach einigen Partien offenbart das Spiel sein volles Potential. Das "Glück" kann durch geschicktes kombinieren durchaus kompensiert werden.[/i]

[i]Das nimmt hier langsam wirklich groteske Züge an mit euren Rezensionen. Ich kann mir das nur so erklären das ihr (halbwegs aktuell) sein wollt und daher Rezensionen zu Spielen veröffentlich die ihr nicht ausreichend gespielt habt. Und die ihr daher auch noch nicht wirklich begriffen habt.[/i]

[i]Was RftG angeht ist die hier veröffentlichte Rezension schon fast peinlich. Sollte das Spiel die geistigen Kapazitäten von Frau Nos übersteigen muss man eben einen anderen Rezensenten finden. Insbesondere der ständige Hinweis auf die Einstiegshürde ist absolut nicht nachvollziehbar.[/i]


Bei all diesen Kommentaren (obwohl sich diese hauptsächlich auf RftG beziehen) ist Deine Meinung wohl nicht mehrheitsfähig.
Auch ich kann keine "Bevorzugung" eines bestimmten Anspruchgrades in den Noten erkennen.

Eine interessante weitere Diskussion wünscht
Daniel

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Twixtim
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Re: Exkurs: H@LL9000

Beitragvon Twixtim » 13. August 2008, 22:01

> > Spiele, die bei H@LL9000 wirklich
> > hervorragend bewertet werden, kommen bei uns nach den
> > Startpartien kaum noch auf den Tisch.
> Was möchtest Du uns damit sagen:

Genau das, was ich oben gesagt habe. :)

> Lässt sich das überhaupt verallgemeinern?

Nein, dazu eignet sich H@LL9000 sicher nicht. Ein besserer Indikator für "allgemeine" (= repräsentativere) Spielebewertungen ist z.B. die Häufigkeit der gespielten Partien auf yucata.de. "Just 4 Fun" liegt dort unangefochten auf Platz eins. Rate mal, welches Spiel ich verschenke, wenn ich bei nicht so furchtbar spieleerfahrenen Freunden eingeladen bin. :)

Wir haben in den H@LL-Bewertungen aber jedenfalls einen ziemlich guten Prädiktor für den Spielspaß, den wir am Tisch erleben werden. 4-5: kaufen! 6: lieber nicht kaufen, verstaubt sowieso im Schrank. Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel. :D


Tim

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CarstenS

Re: Exkurs: H@LL9000

Beitragvon CarstenS » 14. August 2008, 02:04

Die RftG-Bewertungen der "offiziellen" Bewerter und die diese auszukontern versuchenden Gegenbewertungen sind aber wirklich ein seltsames Phänomen.

Fans des Spiels wie Ich sind wirklich perplex,wie die "Profis" von H@ll 9000 quasi durchgehend das Spiel als unspielbaren Murks außer für ASL-like Freaks "niedermachen" - a la "Welch wirre, schlimme Regel, konfuse Grafik" etc (aus dem Gedächtnis "zitiert") ...weswegen sich wohl auch schon einige Leute, denen ich dieses supertolle Spiel vorgeschlagen habe, geweigert haben, es zu spielen, mit dem Hinweis, es sei zu unverständlich und schwer zu erlernen.

Das halte ich bei diesen wirklich gut geschriebenen Regeln, der sehr durchdachten Iconographie und der auch guten, wenn auch etwas wortwörtlich-konservativen Übersetzung für nur schwer nachvollziehbar. Wo rutschen denn unsere Massstäbe hin?

[OT] Neulich Amiytis gespielt, während am Tisch nebenan zeitgleich IMPERIAL anfing (zu viert bzw. zu fünft) - und die waren (nach circa 2 Stunden) tatsächlich früher fertig als wir! Ist das Ding (Amiytis) wirklich so schrecklich zäh wie es uns erschien (trotz der eigentlich interessanten Mechanismen)?

Tiefnächtliche Grüße ... Carsten (einer von vielen dieses Namens)

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Frank

Re: Exkurs: H@LL9000

Beitragvon Frank » 14. August 2008, 08:36

Dazu möchte ich aber auch mal feststellen, dass der Spieler, der hier RttG bewertet hat und Hall9000 einfach nur unverschämt und in völlig indisktutabler Weise angreift ganz offensichtlich nicht ganz richtig tickt!
Er hat hier nicht seine Meinung über das Spiel ausgedrückt, sondern ist in extrem unverschämter Weise sehr viel weiter gegangen.

Frank

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Björn-spielbox
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Re: Exkurs: H@LL9000

Beitragvon Björn-spielbox » 14. August 2008, 08:59

Ja, den Stil fand ich auch echt daneben - da hat sich wohl jemand sehr geärgert, dass sein Lieblingsspiel mittelmässig davon kam.
Ungeachtet einzelner Bewertungen gehört Hall9000 neben fairspielt.de zu den Seiten, wo ich einmal die Noten von den festen Schreibern finde und aber auch die Noten der Spieler.

Und obwohl ich mich als Spieler meist mit den Bewertungen vieler meiner Spielkollegen nicht übereinstimme, finde ich trotzdem noch welche, die ähnlich denken, wie ich. Dann fühle ich mich nicht mehr so allein :-)
Ich bewerte nicht jedes komplexe und/oder glücksarme Spiel hoch und jedes leichte oder glückslastige Spiel niedrig. Wichtig ist, wie das Ganze zusammenpasst. Deshalb bekommt z.B. ein Jenseits von Theben von mir Höchstpunktzahl, weil alles perfekt zusammenpasst und wenn ich noch so oft nur Dreck aus dem Beutel ziehe. Genauso stört mich das schnelle zugreifen bei Factory Fun nicht - weil es ohne sehr dröge wäre... und so weiter. Andererseits stört mich aber der Glücksfaktor bei "Die Säulen der Erde" - da weiss ich noch nicht mal genau, warum.

Jedes Spiel wird Anhänger haben - mal mehr und mal weniger. Passt ein Spiel zu mir erfahre ich jedenfalls viel besser aus den Meinungen verschiedener Spieler, als nur von einem Rezensenten. Und um mich überzeugen zu können, braucht es zumindest sachliche Argumente. Die fehlten in dem angesprochenem Beitrag so völlig.

In diesem Sinne - macht weiter so,
Fan Björn.

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Minos
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Re: Sonderpreis komplexes Spiel geschäftsschädigend?

Beitragvon Minos » 14. August 2008, 10:11

Hallo,

meine Erfahrung als Händler ist, dass der Preis sich eindeutig positiv auf die Absatzzahlen auswirkt.
Und zwar durch die Berichterstattung in der Presse.
Die Kunden kommen und fragen gezielt nach dem Spiel, über dass in der Zeit, im Stern...berichtet wurde.

Grüßle,
Marc

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Ralf Arnemann
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Re: Sonderpreis komplexes Spiel geschäftsschädigend?

Beitragvon Ralf Arnemann » 14. August 2008, 10:34

Man sollte nicht vergessen, daß die Jury-Auszeichnung den Firmen zwar die Möglichkeit bietet, einen Werbeaufkleber auf die Spiele zu machen - aber sie nicht dazu zwingt.

Sollte irgendwann ein Verlag Angst haben, ein "komplexes Spiel" würde sich schlechter verkaufen, würde er einfach nicht mit der Auszeichnung werben.

Ich persönlich glaube schon, daß dieser Preis hilft.
Außerhalb der "echten Spielerszene", die über Spielbox oder BGG viele Informationen bekommt, gibt es m. E. noch deutlich mehr Spieler, die mehr wollen als nur das "normale Familienspiel", es aber nur schwer finden.
Denen ist so ein Preis eine echte Hilfe.

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Michael Weber

Unterschreib usw.

Beitragvon Michael Weber » 14. August 2008, 11:13

Ralf Arnemann schrieb:
> Außerhalb der "echten Spielerszene", die über Spielbox oder
> BGG viele Informationen bekommt, gibt es m. E. noch deutlich
> mehr Spieler, die mehr wollen als nur das "normale
> Familienspiel", es aber nur schwer finden.
> Denen ist so ein Preis eine echte Hilfe.

Unterschreib, Stempel drauf, Blinklicht dran und Achtung-Fähnchen schwenk!

Michael
(der mit dem Fotowettbewerb: http://www.reich-der-spiele.de/Ungewoehnliche-Orte-Fotowettbewerb.php )

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Marten Holst
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RE: Sonderpreis komplexes Spiel geschäftsschädigend?

Beitragvon Marten Holst » 14. August 2008, 14:16

Moin,

> Ich habe mit Tikal und Torres angefangen, da brauchte man
> solchen Preis noch nicht, da war das SdJ noch in anderen
> Dimensionen.

naja, das klingt so, als wäre das die Regel gewesen. Tatsächlich sind ja diese beiden und El Grande eher die Ausreißer nach oben, speziell zu Beginn der Auszeichnung war das Niveau (in dem hier besprochenen unscharfen Mischmasch Anspruch/Spieltiefe/Komlexität, nicht in Spielqualität) auch noch ein deutlich niedrigeres. Dieser unterstellte Trend ist mir von einem stochastischen Standpunkt her nicht nachvollziehbar. Wenn Du 2000 anfängst ist der Eindruck natürlich klar, aber schau Dir mal ein Drunter & Drüber an, ein Café International...

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peer

RE: Sonderpreis komplexes Spiel geschäftsschädigend?

Beitragvon peer » 14. August 2008, 15:30

Hi,
Marten Holst schrieb:

>
> naja, das klingt so, als wäre das die Regel gewesen.
> Tatsächlich sind ja diese beiden und El Grande eher die
> Ausreißer nach oben, speziell zu Beginn der Auszeichnung war
> das Niveau (in dem hier besprochenen unscharfen Mischmasch
> Anspruch/Spieltiefe/Komlexität, nicht in Spielqualität) auch
> noch ein deutlich niedrigeres. Dieser unterstellte Trend ist
> mir von einem stochastischen Standpunkt her nicht
> nachvollziehbar. Wenn Du 2000 anfängst ist der Eindruck
> natürlich klar, aber schau Dir mal ein Drunter & Drüber an,
> ein Café International...

Jo, Die Zeit von 1995-2000 war die Zeit der anspruchsvollsten SdJs (trotz Mississippi Queens). Bislang den niedrigsten Schnitt findet man in den 80er Jahren - Legt man die BGG-Weight-Wertung zu gute, wurden da die "anspruchslosesten" Spiele gekürt.
Früher war also nicht zwangsläufig alles besser - mal abgesehen davon, dass Torres sich als das am schlechtesten verkauften SDJs entpuppte...

ciao
peer

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CarstenS

Re: Exkurs: H@LL9000

Beitragvon CarstenS » 16. August 2008, 09:56

Ja, ich mag wohl rhetorisch etwas über's Ziel hinausgeschossen sein. Ich mag RftG sehr, und ich finde auch H@ll9000 allgemein ganz sympathisch und seine Rezensionen zumindest nachvollziehbar, und oft stimme ich mit ihnen sogar überein.
Aber in diesem Fall ... naja, siehe mein obiges Posting und die Originaldiskussion bei H@ll9000. Rezensenten fanden das Spiel schwer verständlich bzw. schwer zu erklären und die Ikonografie unintuitiv. Mir und einigen Kommentatoren auf H@ll9000 scheint das Gegenteil der Fall zu sein.
Wenn ich die Diskussionen auf BoardGameGeek und anderswo verfolge, und dazu noch meine Erfahrung mit dem Spielen und Erklären dieses Spiel nehme, muss ich doch sagen:
Dieses Spiel ist besser und zugänglicher, als seine Kritiker es darstellen. Und 4 von 6 Punkten bei H@ll9000 sind ja aber auch gar keine so schlechte Wertung. Ich mag nun einmal komplexe Spiele. Ich möchte sie gelobt und hochgerated sehen. Ich denke / hoffe, für Kritik hinreichen offen zu sein. Die Rezis auf H@ll9000 aber fand ich zu harsch / unzutreffend.
So ich mit "der Spieler, der hier RttG bewertet hat und Hall9000 einfach nur unverschämt und in völlig indisktutabler Weise angreift" gemeint bin - ich habe eine Rezension dort als aus meiner Sicht nicht nachvollziehbar bewertet und dafür Gründe angeführt.
Uh ... Carsten

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Roman

Re: Sonderpreis komplexes Spiel geschäftsschädigend?

Beitragvon Roman » 16. August 2008, 10:27

Hi Helby,

Helby schrieb:

> Ich habe mit Tikal und Torres angefangen, da brauchte man
> solchen Preis noch nicht, da war das SdJ noch in anderen
> Dimensionen. Heutzutage wäre ich sicherlich froh über einen
> solchen Sonderpreis, wenn ich nicht so in der Materie stecken
> würde.

Genau das Zeitfenster, das Du ansprichst, war eine wohl eine Lehrstunde für die Jury SdJ und die betroffenen Verlage. Die Siedler-Euphorie war noch aktuell, und deswegen glaubte jeder, komplexere Kost sei wirklich verkaufbar. Für jedweden Spielebegeisterten war diese Zeit natürlich ein Glücksfall. Denn in dieser Zeit sind verdammt gute anspruchsvolle Spiele in professioneller Aufmachung veröffentlicht worden. Nur sagten die Verkaufszahlen letztlich etwas anderes: nämlich dass nicht jedes Spiel sich wie Siedler verkauft.

Nicht wenige hatten damals Ideale, die sich nicht halten ließen. Deswegen wurde das ganze Projekt irgendwann zu Recht "repositioniert" (vergleichbar mit den 68ern in Deutschland ;-) - und heute jammern Vielspieler darüber und verklären "die gute alte Zeit".

Ciao,
Roman (nicht dass wir uns missverstehen: ich bin nach einer langen Rollen- und Computerspielphase selbst erst durch Siedler wieder zu Brettspielen gekommen. Ein solches Phänomen lässt sich nur nicht beliebig iterieren - ziemlich viele Leute hier würden ziemlich viel dafür geben, zu wissen, wie sowas geht.)

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Daniel R.
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Re: Sonderpreis komplexes Spiel geschäftsschädigend?

Beitragvon Daniel R. » 16. August 2008, 16:38

Roman schrieb:
>
> war eine wohl eine Lehrstunde für die Jury SdJ...
> ...und deswegen glaubte jeder, komplexere Kost sei wirklich verkaufbar.


Problem dabei: Verkäufe sind ≠ (ungleich) Förderung der Spielkultur.
Der Ausstausch des Anspruches von "Mittel" zu "Gering" steigert möglicherweise die Verkäufe, aber nicht die Spielkultur (was ja auch ein erklärtes Ziel der Jury ist).

Vergleich:
Wenn Ärzte raten, mehr zu trinken, das sei gesund und nachher steigern sich die Umsätze bei Wein und Bier (anstatt Wasser), dann ist das eben auch nicht Förderung der Volksgesundheit, obwohl [i]mehr[/i] getrunken wird.

(Spielregeln) Lernen ist wie Rudern gegen den Strom. Sobald man aufhört, treibt man zurück. -- Benjamin Britten, brit. Komponist.

Und dieser Trend des Zurücktreiben in seichteste Gefilde ist konträr zu den Zielen der Förderung der Spielkultur.

Mir scheint eher, als habe die SdJ Jury die Lehrstunde, die Du erwähnst, nicht richtig begriffen. Die stecken mitten in einer ideologischen Krise. Mit Verkaufszahlen alleine lässt sich das nicht wegdiskutieren, das greift viel zu kurz.

Viele Grüsse
Daniel

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Daniel R.
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RE: Sonderpreis komplexes Spiel geschäftsschädigend?

Beitragvon Daniel R. » 16. August 2008, 16:41

peer schrieb:

> Früher war also nicht zwangsläufig alles besser - mal
> abgesehen davon, dass Torres sich als das am schlechtesten
> verkauften SDJs entpuppte...
>


Was nicht unbedingt am Anspruch alleine festgemacht werden darf. Ich gehe davon aus, dass auch die Abstraktheit von Torres viel dazu beigetragen hat.

Viele Grüsse
Daniel

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Twixtim
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Re: Sonderpreis komplexes Spiel geschäftsschädigend?

Beitragvon Twixtim » 16. August 2008, 17:46

> Der Ausstausch des Anspruches von "Mittel" zu "Gering"
> steigert möglicherweise die Verkäufe, aber nicht die
> Spielkultur (was ja auch ein erklärtes Ziel der Jury
> ist).

Vielleicht schätzt die SdJ-Jury die Situation einfach nur realistischer ein als viele andere. Es gibt ja heute einen Riesenhaufen wirklich komplexer Spiele, mit denen sich Hunderttausende Spieler wochen- oder monatelang beschäftigen. Nur sind das eben Computerspiele oder MMORPGs und keine Brettspiele. Diese Konkurrenz kann man nicht einfach wegdiskutieren oder ignorieren.

Was also tun? Das Wesensmerkmal des Brettspiels wird auch in Zukunft im geselligen Zusammensein bestehen. Daß Komplexität beim Thema "Spielkultur" der SdJ-Jury vielleicht nicht mehr so wichtig wie noch vor einigen Jahren ist, kann ich gut verstehen - dieser Bereich wird von anderen ganz einfach sehr viel besser bedient.


Tim

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Helby
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Re: Exkurs: H@LL9000

Beitragvon Helby » 16. August 2008, 18:17

CarstenS schrieb:
>
> Die RftG-Bewertungen der "offiziellen" Bewerter und die diese
> auszukontern versuchenden Gegenbewertungen sind aber wirklich
> ein seltsames Phänomen.

Es scheint ziemlich zu polarisieren. Viele sehen ja auch nur einen komplizierten Abklatsch von San Juan. Für mich ist es das bessere San Juan.


> Fans des Spiels wie Ich sind wirklich perplex,wie die
> "Profis" von H@ll 9000 quasi durchgehend das Spiel als
> unspielbaren Murks außer für ASL-like Freaks "niedermachen" -

Verstehe ich auch nicht, wenigstens einer der 'Profis' hätte es doch wenigstens besser als nur 4 finden sollen.
Die haben wohl alle den gleichen Geschmack :-?


> a la "Welch wirre, schlimme Regel, konfuse Grafik" etc (aus
> dem Gedächtnis "zitiert") ...weswegen sich wohl auch schon
> einige Leute, denen ich dieses supertolle Spiel vorgeschlagen
> habe, geweigert haben, es zu spielen, mit dem Hinweis, es sei
> zu unverständlich und schwer zu erlernen.

Wegen diesen Bewertungen lag es bei mir auch etwas länger herum.
Nachdem ich es jetzt ein paar mal gespielt habe, muss ich sagen, dass weder das Regellesen und -verstehen, noch die Spielerklärung an meine Mitspielerin ein Problem war, nicht größer als z.B. bei Brass oder Caylus.


> Das halte ich bei diesen wirklich gut geschriebenen Regeln,
> der sehr durchdachten Iconographie und der auch guten, wenn
> auch etwas wortwörtlich-konservativen Übersetzung für nur
> schwer nachvollziehbar.

Die Icons zu verstehen ist eigentlich das Hauptproblem (falls man überhaupt ein Problem mit diesem Spiel hat). Einige sind darunter wo ich öfter mal nachschauen muss, aber die Meisten sind einleuchtend.
Die Regel selber ist wie bei San Juan aufgebaut, welche dadurch für mich wirklich leicht verständlich war.



> [OT] Neulich Amiytis gespielt, während am Tisch nebenan
> zeitgleich IMPERIAL anfing (zu viert bzw. zu fünft) - und die
> waren (nach circa 2 Stunden) tatsächlich früher fertig als
> wir! Ist das Ding (Amiytis) wirklich so schrecklich zäh wie
> es uns erschien (trotz der eigentlich interessanten
> Mechanismen)?

Ich habe es dreimal durchgespielt, es ist wirklich so zäh, wie es Dir/Euch auch vorkam.
Obwohl ich es mögen wollte, werde ich einfach nicht warm damit und es versauert jetzt ganz hinten unten im Schrank :-(

Helby

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Marten Holst
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RE: Sonderpreis komplexes Spiel geschäftsschädigend?

Beitragvon Marten Holst » 16. August 2008, 18:30

Moin,

> Der Ausstausch des Anspruches von "Mittel" zu "Gering"
> steigert möglicherweise die Verkäufe, aber nicht die
> Spielkultur (was ja auch ein erklärtes Ziel der Jury ist).

Das hängt jetzt zum größten Teil an der Frage, was genau für Dich, für mich, für die Jury diese ominöse "Spielkultur" ist. Die Jury versteht darunter, so wie ich es verstehe, erst einmal: das Spielen(*) sollte in zunehmend mehr Haushalten regelmäßiger Bestandteil des Alltags (oder des "Alltäglichen besonderen Tages") werden, es soll weiterhin das Interesse geweckt werden, sich mit dem Angebot in diesem Sektor zu beschäftigen und weitere Spiele anzusehen (also nicht nur Skat- oder Siedlerrunde), auch mal neue Spiele anzusehen und nicht nur die Klassiker. Also "Spielen als Teil der (Lebens- oder Alltags-) Kultur". Dein Anspruch (so wie ich ihn herauslese) geht mehr in Richtung "Förderung des anspruchsvollen Spieles innerhalb des Spielemarktes", also Vorstellung des "anspruchsvolleren auf dem aktuellen Markt" oder als Schlagwort "Mehr Kultur im Spielen(**)". Noch anders plakativ formuliert: die Jury will, dass (mittelfristig) die Verkaufszahlen steigen, Du willst, dass die Durchschnittsqualität der verkauften Spiele steigt. Das muss sich nicht ausschließen, aber es sind eben doch sehr verschiedene Ziele. Und - ziemlich sicher im Gegensatz zu Dir, wie ich Deine Postings verstehe - ich glaube nicht, dass es in der Breite erfolgreicher ist, Nichtspieler mit anspruchsvollerer Kost (in diesem Sinne) zu ködern. (***)

Wobei bei Verkaufszahlen immer schwierig ist, herauszufinden, warum sie so sind. Sind die Verkaufszahlen von Torres schlechter, weil das Spiel Leute vom Design her nicht ansprach ("Kauf via Regalblick"), weil weniger Leute beim Spielen bei Freunden von dem Spiel überzeugt wurden, weil die SdJ der Vorjahre das Vertrauen in die Marke erschüttert hatten und SdJ nicht mehr blind gekauft wurden, etc.

Tschüß
Marten




(*) Natürlich zu verstehen in unserem Sinne der Brettspiele, Kartenspiele etc. Also nicht Kubb, nicht mit Kindern spielen, kein MMUORPG oder QVCPDFXYZ

(**) Nein, kein Quiz über klassische Kunstrichtungen in Musik, Bild und Architektur... das war anders gemeint...

(***) Ausnahmen bestätigen die Regel. Und da alle Vergleiche hier hinken, meiner auch nur in der Fußnote: ich bekomme wohl Whiskynichtmöger eher überzeugt, immer mal wieder einen Whisky mit Genuss zu trinken, wenn ich ihnen einen anständigen Blended(****) vorsetze und ihn sie so trinken lasse, wie sie wollen, also gerne mit etwas Cola und Eis. Komme ich mit einem 17-Jahre-Ardbeg an, verbiete Cola und Eis, dann denke ich, werden mehr Leute von "prrrrrrrrrrrr örx" reden. Obwohl ich persönlich genau mit letzterer Methode an Whisky "herangeführt" wurde.(*****)

(****) Der Germanist spricht hier von einem "Oxymoron"

(*****) Insofern ein schlechtes Beispiel, weil man sich sehr gut streiten kann, ob die Verbreitung alkoholischer Kultur, und sei es nur bei denen, die eh schon mal ein Glas trinken, ein wünschenswertes Ziel darstellt.

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peer

Re: Sonderpreis komplexes Spiel geschäftsschädigend?

Beitragvon peer » 16. August 2008, 18:39

Hi,
Twixtim schrieb:

> Was also tun? Das Wesensmerkmal des Brettspiels wird auch in
> Zukunft im geselligen Zusammensein bestehen. Daß Komplexität
> beim Thema "Spielkultur" der SdJ-Jury vielleicht nicht mehr
> so wichtig wie noch vor einigen Jahren ist, kann ich gut
> verstehen - dieser Bereich wird von anderen ganz einfach sehr
> viel besser bedient.

Bedeutet Spielkultur denn dass man anspruchsvolle Spiele spielt? Ist ein Wargamer also "kultivierter" als ein Skatspieler?

Übrigens möchte die Jury nicht die "Spielkultur" sondern das "Kulturgut ´Spiel´" fördern. Es ist also nicht das erklärte Ziel der Jury die Qualität des Spielens zu verbessern (was immer das heisst), sondern dafür zu sorgen, dass überhaupt mehr gespielt wird und dass das Brettspiel als Kulturgut anerkannt wird.Unter "Sinn &Zweck" auf der Juryseite ist z.B. die Rdde davon "sich werbend einzusetzen für die Werte des Spiels in der Gesellschaft, im Freundeskreis und in der Familie"

Das hat soweit mit Komplexität also nix zu tun - dieser Zusammenhang hat sich der Daniel (mal wieder) selbst ausgedacht. Vermutlich steht er auf dem Standpunkt "Wenn die Leute nix komplexes spielen, sondern Spiele mit einfachen Regeln, hohem Glücksfaktor und womöglich noch kurzer Spieldauer, dann sollen sie lieber gar nicht spielen!" :-) Jedenfalls schließe ich das aus dem Ärztevergleich.

ciao
peer


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