Beitragvon Günter Cornett » 27. August 2008, 13:49
Michael Weber schrieb:
>
> Günter Cornett schrieb:
> > Und du brauchst deine Meinung auch nicht zu verklausulieren.
> > Du kannst schreiben: Wir spielen es so, dass man nur das Feld
> > blockiert, aber gar nicht klaut. Du kannst auch dazu
> > schreiben, warum du es so spielst.
>
> Ich frag dich mal ganz konkret: Sind die vielen Sammlungen
> von Varianten bei den bekannten Online-Magazinen deiner
> Meinung nach Kritik, Handhabung zum Besserspielen oder
> bereits Einstieg in die Urheberrechtsverletzung.
>
> Mir geht es jetzt gar nicht darum, welche Varianten dabei
> eine Rolle spielen, sondern dass es einen konkreten Bereich
> gibt, der abseits einer Rezension genau diese
> Änderungsvorschläge bereitstellt.
>
> Ist das noch mit dem abgedeckt, was du Kritik nennst? Oder
> ist es bereits formal zumindest deutlich in der Tendenz
> Richtung Urheberrechtsverletzung?
Teils, teils. Die Frage ist insofern schwer zu beantworten, als dass nicht nur strittig ist, ob Spiele urheberrechtsfähig sind sondern, was ggf. einer Erlaubnis bedarf. Gerade bei Spielen ist die Grenzziehung sehr schwierig:
a) kritischer Kommentar, Änderungsvorschlag
b) nackte Variante, die selbst aufgrund geringer Schöpfungshöhe kein Urheberrecht begründet
c) eingebettete Variante, -"-, aber den Originaltext zitiert
d) Variante, die eine urheberrechtsfähige Bearbeitung darstellt
e) freie Benutzung (=>anderes Spiel)
b), c) und d) bedürfen imho grundsätzlich der Erlaubnis des Urhebers, wobei b) als bloße Kritik formuliert werden kann, es u.U. eine rein formale Geschichte ist, ob ein Beitrag a) oder b) zugeordnet wird. Bei c) handelt es sich um eine direkte Bearbeitung, was sich aber durch Weglassen des Originaltextes vermeiden lässt.
Als problematisch sehe ich von daher vor allem d) an. Aber wo will man da die Grenze ziehen?
Das ist zum einen eine Frage der Herangehensweise:
1) sachliche Beurteilung: Ist die Bearbeitung geringfügig (z.B. Startspielervorteil ausgleichen), oder verändert sie das Spiel gravierend? Wird gar ein anderes Spiel daraus?
Vorteil: es zählt nur, was ist.
Nachteil: In der Bewertung dessen, was ist, gibt es unterschiedliche Meinungen.
2) Die Darstellungsform: formuliere ich es als Kritik oder als Regelwerk. Ersteres geht imho nur bei geringfügigen Änderungen.
3) Entstehung:
a) setze ich mich wie ein Autor hin, mache mir Gedanken, teste Möglichkeiten aus, schreibe das hinterher auf?
b) Oder kommt jemand bei einem Spieleabend auf eine Idee, entsteht eine Hausregel, die vielleicht gar nicht schriftlich fixiert wird. Wird irgendwann über diese Hausregel berichtet?
c) Schreibe ich als Kritiker über ein Spiel, teste ich beim Kritisieren die eine oder andere Variante?
a) ist für mich ganz klar urheberechtlich relevant,
b) imho nicht
c) hier ist die Frage: findet der Kritiker einen oder mehrere 'Fehler' und dazu jeweils eine naheliegende Lösung, dann sehe ich es als praktische Kritik. Zieht die Lösung weitere Tests oder Regeländerungen nach oder ist sie nicht naheliegend, dann ist es eine Bearbeitung.
Der Vorteil dieser Herangehensweise ist, dass man intuitiv spürt, ob man Urheberrechte verletzt. Damit wird man - ohne objektive - Prüfung fast immer richtig liegen.
Der Nachteil ist, dass es nicht wirklich eine Frage des Selbstverständnisses ist, ob man ein Urheberrecht begründet.
Kinder, die Bilder malen, haben an diesen Werken die gleichen Urheberrechte wie ein anerkannter Künstler an seinem Werk, auch wenn sie gar nicht wissen, was ein Werk ist, sie einfach nur ein schönes Bild für die Kühlschranktür malen wollen.
Die Frage nach dem konkreten Verhalten gegenüber dem Autor stellt sich dann wieder einfacher:
Möchte ich eine Hausregel veröffentlichen, ist es ein Indiz dafür, dass ich darin einen Wert sehe, ihr Werkscharakter zubillige. Also frage ich lieber.
Sehe ich mich als Kritiker, der den Künstler natürlich nicht um Erlaubnis fragen möchte, ob und wie ich dessen Werk kritisieren darf, werde ich dem Künstler aber zumindest ein Belegexemplar meiner Kritik zukommen lassen. Nimmt er diese zur Kentnis ohne Einspruch zu erheben, kann ich das als nachträgliche Zustimmung interpretieren.
Für den Autor stellt sich allerdings die Frage:
Möchte er gefragt werden?
Die spontane Antwort: natürlich, es ist sein Werk.
Andererseits möchte er nicht unbedingt gezwungen sein, eine Entscheidung zu fällen:
Verbiete ich eine Veröffentlichung,
enthalte ich den Spielern eine interessante Variante vor, verzichte ich auf den Werbeeffekt einer solchen Variante; mache mich womöglich unbeliebt bei einem wichtigen Medium.
Erlaube ich die Veröffentlichung,
muss ich womöglich den Bearbeitern Urheberrechte an der Bearbeitung meines Werkes zugestehen, was besonders schwer wiegt, wenn ich selber gerade an ähnlichen Varianten arbeite oder mir das für später offen halten will.
Da ist es manchmal besser, nicht gefragt zu werden, so dass man durch Ignorieren einer Variante die Nachteile von Verbot und Veröffentlichung vermeiden kann. Allerdings ist das auch keine optimale Lösung. Denn als Autor möchte man schon herr über sein Spiel bleiben.
Gruß, Günter