Beitragvon Rüdiger Langtim » 5. November 1999, 17:52
Hallo Marcus,
ich bin einer der wenigen glücklichen Besitzer eines R&B. Obwohl ich nicht vorbestellt hatte, konnte ich dem netten Mitarbeiter von Splotter Spellen um 9:02 am Donnerstag ein Exemplar aus dem Kreuz leiern. Noch einmal vielen vielen Dank an dieser Stelle, denn ich habe die hohe Investition keinesfalls bereut.
Ein erster Test in einer Spielerrunde ist für meine Mitspieler nicht sehr gut verlaufen, weil diese Gruppe mehr auf andersartige Spiele steht. Die Kritikpunkte hiessen: Zu unübersichtlich und zu wenig Interaktion.
Daraufhin habe ich mich in einem Selbstversuch mit einem der 1-Spieler-Szenarien beschäftigt und habe es in drei Anläufen kein einziges Mal geschafft innerhalb von 20 Spielrunden eine Münze zu prägen geschweige denn eine Aktie zu kaufen. Was ist der Grund ? Das Spiel ist in seinem Handlungsablauf (Produzieren, Transportieren, Bauen, Monument verschönern) denkbar einfach, in seinen inneren Abhängigkeiten ist das Spiel aber dermaßen komplex, wie ich es noch in kaum einem Spiel erlebt habe und ich kenne sehr viele hochkomplexe Spiele europäischer und amerikanischer Verlage. Man muß jeden einzelnen Schritt äußerst präzise abwägen und in den 1-Spieler-Szenarien 20 Züge im Voraus planen, wenn man ein gutes Endergebnis erreichen will. Jeder Fehlversuch hat aber meinen Ehrgeiz um so mehr angestachelt und mein Spielverständnis geschärft. Man kann z.B. eine Partie Roads & Boats hoffnungslos verlieren, wenn man am Anfang einen ungünstigen Startort wählt oder eine Landschaft zusammenzimmert, in der man auch in 33 Runden auf keinen grünen Zweig kommt. Zum Einstieg empfehle ich, gar keine Flüsse/Seen zu bauen oder sehr dezent damit umzugehen und im übrigen die Landschaft wie einen bunten Flickenteppich ausschauen zu lassen anstatt große homogene Einheiten zu konstruieren. Außerden sollte für jeden Spieler ein Fleckchen Land zur Verfügung stehen, wo dieser sich erst einmal ungehindert entfalten kann.
Von der Möglichkeit, den größten Teil des Spieles simultan zu spielen, halte ich nicht sehr viel. Man muß sich so stark auf seine eigenen Handlungen konzentrieren, daß man dann überhaupt nicht mehr mitbekommt, was die anderen Spieler so treiben. Das simultane Handeln führt auch erst zu der oben erwähnten Unübersichtlichkeit. Die fehlende Interaktion trifft auch nicht zu, denn wir haben das Spiel nur angespielt gehabt. Irgendwann kommt automatisch der Punkt an dem mehrere Spieler gleichzeitig vor der Mine stehen und das eine Goldstück dieser Runde fördern wollen und auch der Bau von Mauern wird nicht sehr lange auf sich warten lassen.
Für mich ist Roads & Boats der schiere Wahnsinn.
Die Materialfülle (ca. 1700 Einzelteile), die Aufmachung (aufwendige Plastik-Box für die Marker, Holzsteine, Glasteine, starker Karton, große Plexiglasscheibe, Tempel aus Ton - ich hätte fast gesagt mundgeblasen - handgefertigt), eine Spielregel, die keine Fragen offen läßt und ein Heft mit Szenarien für verschieden Spielerzahlen (1-5) und sehr guten Hilfestellungen und Tips für das erste Spiel sprechen eindeutig für sich.
Ich habe für mein Geld weit mehr bekommen als ich mir auf Grund der sehr knappen - und sehr treffenden - Beschreibung im Internet zu träumen erhofft hatte.
Rüdiger