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Strategie / Taktik

Das ehemalige spielbox-Spielerforum
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Micha

Strategie / Taktik

Beitragvon Micha » 6. Dezember 1999, 13:55

Hallo,
am Wochenende kam in unserer Spielerunde folgende existentielle Frage auf: bis wann ist ein Taktikspiel ein Taktikspiel, ab wann oder durch was wird es zu einem Strategiespiel? Ist die Grenze fließend oder gibt es eindeutige Kriterien?
Da wir uns auf keine befriedigende Antwort einigen konnten würden mich mal Eure Meinungen hierzu interessieren.
Neugierig, Micha

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Volker L.

Re: Strategie / Taktik

Beitragvon Volker L. » 6. Dezember 1999, 17:15

Die Begriffe "Taktik" und "Strategie" stammen aus dem militaerischen Bereich und sind nicht so ohne Weiteres auf andere Bereiche zu uebertragen. Grob gesagt bezieht sich Taktik auf die einzelne Schlacht (sehr kurzer Zeitrahmen, konstante Material-/Personalmenge), waehrend sich Strategie auf den ganzen Krieg bezieht und Fragen der Logistik, Spionage, technische Weiterentwicklung etc. beinhaltet. Ich weiss nicht, ob es allgemeingueltige Konventionen gibt, wie diese beiden Begriffe auf ein Spiel zu uebersetzen sind. Vom Gefuehl her wuerde ich vorschlagen, dass man solche Spiele, bei denen man unter weitgehender Kenntnis aller wichtigen Faktoren Entscheidungen treffen muss, deren Wirkung sich ueber einen im Vergleich zur Gesamtspieldauer relativ kurzen Zeitraum erstreckt, eher als Taktikspiel bezeichnen koennte, waehrend Strategiespiele solche sein muessten, bei denen man langfristig planen und sich dabei zwischen mehreren verschiedenen Moeglichkeiten, das Spiel zu gewinnen, entscheiden muss. Es wuerde mich aber interessieren, ob es eine "offizielle" Definition fuer diese beiden Begriffe, bezogen auf Spiele, gibt. Gruss, Volker L.

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Wolfgang Ditt

Re: Strategie / Taktik

Beitragvon Wolfgang Ditt » 6. Dezember 1999, 18:02

Hallo,
ich wiederhole mal mein Posting, dass ich vor eingier Zeit in der Newsgroup de.rec.spiele.brett+karten getätigt habe. Wie leicht zu erkennen ist, teile ich Volker Landgrafs Meinung nicht, dass die Begriffe nicht übertragbar seien, denn die Begriffe
>Taktik< und
>Strategie< werden schon lange im Gesellschaftsspiele-Bereich verwendet; leider nur nicht immer korrekt. Sehr woh lkorrekt ist seine Definition des Umfelds.
>>Hallo die Begriffe Taktik und Strategie werden leider häufig vermischt.
Unter Taktik versteht man KURZfristtige Handlungen, in der Hoffnung oder der Erwartung bestimmter Gegenreaktionen
Unter Strategie versteht man die LANGfristige Planung.
Ein Beispiel am genannten El Grande: Wenn ich gut darstehe, ist es eine Taktik, 5 Caballeros in das Castillo zu werfen mit der Hoffnung "die anderen haben Angst, das ich im Castillo zu stark bin, also werfen sie auch hinein und greifen mich nicht direkt an"
Eine Strategie hingegen ist es, in jede Region einen Caballero zu haben, um mit geringem Aufwand Punkte zu machen.
Eine Taktik läßt sich im Spiel daher einfacher ändern als die Strategie.
Taktik und Strategie haben nichts mit Dauer und Komplexität eines Spiels zu tun, obwohl es nur wenige strategische Spiele mit kurzen Spieldauer gibt.
Gibt es in einem Spiel einen Glücksfaktor, so ist es schwieriger, eine Strategie zu entwickeln, weil das Spiel unberechenbarer ist. Häufig wird man dann gezwungen, die Strategie aufzugeben und häufig sagen wir dann statt Strategie "Spielstil".
Auch bei Siedler gibt es Strategie wie schnelle Ausbreitung oder vorzugsweise Entwicklungskarten kaufen. Aber durch den Glücksfaktor beim Rohstoffwurf kann man die Strategie nicht zielstrebig verfolgen. Deshalb würde ich Siedler auch nie ein Strategiespiel nennen.
Wolfgang<<

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Michael Siedentopf

Re: Strategie / Taktik

Beitragvon Michael Siedentopf » 9. Dezember 1999, 07:59

Da bin ich anderer Meinung. Gerade Siedler, insbesondere Städte und Ritter, ist eine hervorragende Mischung von strategischer Planung und Glück. Vielleicht ist es darum auch so ein Renner geworden. Bei Siedler legt jeder Spieler schon mit dem Startaufbau seiner Siedlungen eine Strategie fest. Dieser muß er im Spielverlauf dann rücksichtslos folgen, auch wenn er zwischenzeitliche Rückschläge einstecken muß. Ich persönlich sehe leichte Vorteile im Standard-Spiel für die Strategien, die auf schnellen Städtebau abzielen (also 2 Erzfelder, 1 Getreidefeld im Startaufbau). Bei Städte und Ritter kommt noch hinzu, daß man durch die Wahl der Start-Stadt auch seine Ausbaurichtung vorbestimmt (also ob z.B. eher Handels- oder Rittermacht angestrebt werden, mit der entsprechenden Metropole). Dies sind rein strategische Entscheidungen. Später wird die Siegfähigkeit einer Strategie natürlich vom Glück beeinflußt.
MfG MS

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nochmal Michael S.

Re: Strategie / Taktik

Beitragvon nochmal Michael S. » 9. Dezember 1999, 08:49

Zunächst schließe ich mich den "Vorrednern" an. Strategie bezeichnet eine langfristige Planung von Aktionen, der sich kurzfristige taktische "Schläge" unterzuordnen haben.
Gut läßt sich das am Beispiel des Klassikers SCHACH erklären.
Strategische Ziele werden hier über 20 und mehr Züge verfolgt. Dabei steht für den guten Spieler nicht eine bestimmte Zugfolge im Vordergrund, sondern eine Figurenanordnung, die erreicht werden soll. Es geht um Fragen wie Angriff auf welcher Seite des Brettes? Überleitung in eine Endspiel? usw. Taktische Momente sind im Gegensatz dazu immer an konkrete Zugfolgen gebunden. Hier wird über 3 bis 5 Züge wirklich durchgerechnet, was man tut. Das geschieht z.B. bei Opfervarianten. Strategiespiele müssen also die Forderung erfüllen, daß langfristige Planung möglich ist. Man muß sich strategische Marschrouten vorgeben können, die außer vom Gegner nicht behindert werden. Das trifft selbst für viele Brettspiele ohne Zufallsgenerator (Würfel) nicht zu, wenn mehr als zwei Spieler agieren. Dann ändern sich Spielsituationen unter Umständen zu schnell um eine klare Strategie verfolgen zu können. Man ist der jeweils aktuellen Situation ausgeliefert und kann nur taktisch reagieren. Dennoch wird der Name "Strategiespiel" gern benutzt, da er von vielen gleichgesetzt wird mit "geistig anspruchsvolles Spiel".
MfG MS

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Micha

Re: Strategie / Taktik

Beitragvon Micha » 9. Dezember 1999, 12:27

Da bin ich wiederum Wolfgangs Meinung, denn auch ich halte Siedler unter den bereits gemachten Voraussetzungen (Strategie = langfristige Planung) nicht für ein Strategiespiel.
Aufgrund des hohen Glücksanteils kann ich ja gezwungen sein, beispielsweise um nicht allzuviele Rohstoffe auf der Hand zu behalten (Räuber!) irgendwas zu bauen, wofür ich aber eigentlich nicht „gespart“ habe, weil meine Strategie eine andere war. Dies kommt meines Erachtens relativ häufig vor, weswegen es sich hierbei meiner Meinung nach höchstens um ein (allerdings zugegebenermaßen recht gut gemachtes) Glücksspiel mit taktischem Einschlag (da kurzfristige Planung ja doch möglich ist) handelt.
Anders verhält es sich bei der Siedlervariante mit den Drei Würfeln (3 Würfel werfen, 2 davon gelten lassen – steht glaub ich bei GoSo’s Varianten). Der Glücksanteil ist hierbei deutlich minimiert, und dann würde ich tatsächlich von einem Strategiespiel sprechen.

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Micha

Re: Strategie / Taktik

Beitragvon Micha » 9. Dezember 1999, 12:38

> ...die außer vom Gegner nicht behindert werden...
Das reicht ja wohl meistens :-)
> Dennoch wird der Name "Strategiespiel" gern benutzt, da er
> von vielen gleichgesetzt wird mit "geistig nspruchsvolles Spiel".
OK, dem stimme ich voll zu (und vor diesem Hintergrund habe ich meine Eingangsfrage eigentlich auch gestellt), aber was ist dann ein Taktikspiel? Ein nicht zu glücksabhängiges aber auch nicht zu anspruchsvolles Spiel?
Was ist z.B.: -Löwenherz -Verräter -Giganten -Union Pacific -Ra -6 nimmt -Civilisation -Die Händler -Rosenkönig -Linie 1 -Durch die Wüste -Kahuna
Um nur mal ein paar mehr oder weniger aktuelle Beispiele zu nennen?


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