Mit großem Interesse habe ich KMWs Kritik von "Geheim Code" in der Spielbox 5/99 gelesen. Ich kenne das geniale Spiel "Eleusis" aus Robert Abbotts Buch "Kartenspiel als Kunst", und finde es sehr erfreulich, dass es mal wieder ins Gespräch kommt.
Allerdings habe ich mich nach Lektüre des Artikels gefragt, wieso eigentlich ausgerechnet diese neue Fassung "die beste aller Spielversionen" sein soll!? Ohne das Spiel selbst gesehen geschweige denn gespielt zu haben (an Weihnachten versuchte ich es in Deutschland zu kaufen, konnte es jedoch nirgendwo finden), und nur auf der Grundlage meiner Kenntnis früherer Versionen und dieser Rezension, sind meine Bedenken folgende:
- Die Zahl von 48 Karten ist viel zu gering. Eleusis wird standardmäßig mit über 100 Karten (zwei Pokerblätter) gespielt.
- Das Karten-Design mag auf den ersten Blick ganz nett sein, aber mir scheint dennoch, dass hier eine Chance verpasst wurde: 1. Wenn sich die Karten wirklich nur in zwei Merkmalen (2 - im übrigen arbiträre - Epochen und 3 Tätigkeitsbereiche) unterscheiden, dann ist das, gelinde gesagt, armselig! Schon ein Standard-Pokerblatt bietet 4 Farben, weiter unterteilbar in 2 (schwarz und rot), sowie Zahlen (bzw. in Zahlen konvertierbare Ränge) von 1-13. Und gerade mit den Zahlen lässt sich beim Erstellen der Legeregel viel anfangen! (Auf der Abbildung in der Spielbox ist allerdings zu erkennen, dass die Karten mindestens 5 verschiedene Buchstaben tragen: D, P, T, A, L !?) 2. Dass man nur 3 Frauen in die 48 (!!!) Karten aufgenommen hat, finde ich (in spielerischer und allgemeiner Hinsicht!) ärgerlich und unakzeptabel. 3. Die hundert vorgegebenen Regelmuster können als Anregung ganz nützlich sein, sie jedoch - wie anscheinend vorgesehen - zur Spielgrundlage zu machen, eliminiert einen wesentlichen Spielreiz von "Eleusis", das kreative Ausdenken von fiesen und dennoch knackbaren Legeregeln! 4. Dass der "Code-Master" ausschließlich bei einer gescheiterten Totalablage eines Mitspielers punkten kann, schränkt seine strategischen Überlegungen beim Erstellen der Regel krass ein, da es weitgehend Glücksache ist, ob jemand sich derart vertut. Alle mir bekannten brauchbaren Punktsysteme laufen zu Recht darauf hinaus, dass der Code-Master dann am besten abschneidet, wenn er unter den Mitspielern ein möglichst großes Erkenntnisgefälle erzeugt. 4. Das ins Spiel bringen von neuen, ursprünglich nicht vorgesehenen Merkmalen (mit / ohne Bart o.ä.) ist prinzipiell nur eingeschränkt möglich, weil ihre Verteilung im Kartenkorpus nicht eingeplant und deshalb meist zu unregelmäßig ist.
Angesichts all dieser Putativ-Mängel (wie gesagt, ich vor-urteile hier über ein Spiel, das ich leider nicht direkt kenne!) bin ich eigentlich ganz froh, das Spiel noch nicht gekauft zu haben, zumal mich der Spielbox-Bericht dazu inspiriert hat, die mir bekannten Spielregeln von Eleusis zu überdenken und zu überarbeiten und auch meine eigenen Karten zu fabrizieren. Auf diesen sind je 24 lebende/tote Frauen/Männer abgebildet (lebende Personen in Farbe, tote schwarzweiß), die Karten haben 4 Hintergrundfarben, die Fotos Rahmen in 3 Farben und 2 Formen (rund/quadratisch), schwarze/weiße Zahlen von 1-12, schwarze/weiße Namen + Lebensdaten, und die Person schaut nach rechts oder links (!). Alle diese Merkmale sind nummerisch gleichmäßig auf den 96 Karten vertreten.
Ich wäre für jeden Kommentar dankbar, insbesondere von Leuten die "Geheim Code", "Heureka" und/oder "Eleusis" gespielt haben. Und wenn sich jemand für meine Eleusis-Hausregel interessiert, kann ich sie ihm gern schicken!
Ulrich Roth