Beitragvon Roman Pelek » 4. Juni 2000, 01:20
Hi,
jetzt diskutieren wir seit Wochen und stimmen ab, was SdJ werden sollte. Und dann kommt's ganz, ganz anders als alle dachten. Mir persönlich stellt sich angesichts dieser Liste die Frage, nach welchen Kriterien die Jury bewertet. Ich jedenfalls kann sie nach der Nominierungsliste nicht nachvollziehen. "Carolus Magnus" ist nett, in manchen Spielen verdammt gut, in anderen wieder mies. Allzuoft ist der Glücksfaktor zu hoch, und die Spieldauer variiert ohne aussergewöhnliches Zutun der Spieler zwischen 20 Minuten und über 2 Stunden. Sieht so ein Familienspiel aus? Ein Spiel, das richtig gut sein kann, aber auch in ein ewiges Hin- und Hergezerre ausarten mag, bei dem am Ende vielleicht auch noch allein das Glück entscheidet?
Und ohne Furcht und Adel? Richtig: ein bissl arg Verräter, in grossen Runden lustig, aber mit 3 oder 4 Spielern spielerisch etwas "duenn". Funktioniert meines Erachtens nur richtig gut, wenn fast alle Charaktere verteilt werden, und die Königsposition, die öfters ewigst bei einem Spieler bleibt, sind die grössten Kritikpunkte.
Tja, und Torres? Klasse Spiel, ohne Zweifel. Zu zweit gut, zu dritt gut, zu viert manchmal etwas voll auf dem Spielplan, aber immer noch sehr reizvoll. Aber: das als einziges? Und ist der Preis wirklich angesichs des Materials auf Familienniveau zu druecken? Und wieso schon wieder Ravensburger, wieder Kramer/Kiesling und wieder Aktionspunkte verteilen?
Wem diese Kritik vielleicht zu hart erscheint: so hart ist sie nur, weil eben mit Tadsch Mahal, La Citta, Vinci und Kardinal & König ernsthafte Konkurrenten da waren, die zudem noch neben den spielerischen Vorzuegen andere haetten: Tadsch Mahal: Reiner Knizia macht viele gute Spiele, aber nie wird's SdJ (warum?), das Spielmaterial ist richtig gut für's Geld, das Thema auch für Familien interessant. Vinci - einfach ein tolles Spiel, und die Korrekturen in der Regel und Beschriftung bei SdJ-Gewinn sicher schnell erledigt. Nur - wahrscheinlich zu kriegerisch oder anspruchsvoll für Familien. Aber diese Kritikpunkte wiegt in meinen Augen weniger als die bei Carolus Magnus und Ohne Furcht und Adel.
Und Kardinal & König? Kurzweiliges Spielchen mit netten strategischen Elementen und bezahlbar. Mir persönlich manchmal etwas zu kurz und etwas zu wenig abwechslungsreich (im Vergleich zu Tadsch Mahal, das mit dem Kartenauslegen nette Abwechslung, Spannung und Interaktion aufbaut), aber für einen "Familienpreis" von der Komplexität und Spieldauer durchaus angenehm und auch mit jüngeren Semestern zu spielen.
Tja, La Citta: klar, eigentlich ein bisschen zu komplex. Aber das waren Siedler und El Grande auch. Und die Spieldauer ist zwar lang, aber immerhin berechenbarer als bei Carolus Magnus (ich werde nie wieder den Fehler machen, Carolus Magnus zu dritt als "Aufwärmer" spielen zu wollen...).
Ums nochmal ins rechte Licht zu rücken: die Auswahlliste dieses Jahr war meines Erachtens klasse. Und auch die nicht nominierten Spiele hatten alle ihre Macken. Aber warum dann zwei Spiele (CM & OFUA) mit teilweise richtig gravierenden Kanten im Spielverlauf (Spieldauer zum einen, Spieleranzahl >4 zum anderen) nominiert werden, und ein anderes, das vom gleichen Verlag, gleichen Autoren wie im Vorjahr ist und zudem noch einen Teil der Spielelemente unverändert mit übernimmt, verstehe ICH nicht.
Was denkt Ihr? Oder wer von der Jury, der hier mitliest, kann da mal ein Statement zur Auswahl angeben? Wenn ich die Abstimmung bedenke, dürfte diese Nominierung ja relativ weitverbreitete Verblüffung verursacht haben.
Ciao,
Roman