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Wir sind nicht von dieser Welt...

Das ehemalige spielbox-Spielerforum
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achim

Re: Wir sind nicht von dieser Welt...

Beitragvon achim » 12. März 2007, 11:21

Ernst-Jürgen Ridder schrieb:

> Mein 10-jähriger z.B. spielt Venedig, Shogun, Maestro
> Leonardo, Puerto Rico, Siedler von Catan, Wikinger (ProLudo)
> und anderes ganz gut mit, hat auch Dolmengötter in einer
> Erwachsenenrunde schon gewonnen.
> Versuche ich aber, seine gleichaltrigen Spielkameraden mal in
> ein solches Spiel einzubeziehen, zeigen sich oft
> Verständnisschwierigkeiten, weil es keine Gewöhnung an
> derartige Regelwerke gibt. Ganz zu schweigen natürlich von
> der in dem Alter meist anzutreffenden mangelnden Fähigkeiten,
> sich auch über eine Stunde hinaus auf ein solches Spiel zu
> konzentrieren.
>
> Spielerische Grüße
> Ernst-Jürgen

Hallo E.-J. R,
da stimme ich dir 100-prozentig zu.
Auch mein Sohn musste (durfte) schon zu seinen Windelzeiten ständig ran an den Spieltisch. Mit 10 Jahren, war ihm kein Spiel zu schwierig zu spielen, heute mit 14 Jahren wird es für seine Mitspieler schwierig gegen ihn zu gewinnen. Seine Klassenkameraden und andere Freunde finden ihre Freude aber meist nur bei electr. Spielen. Konnten wir sie dennoch mal dazu bewegen ein Brett- oder Kartenspiel mitzuspielen, so sollte dies immer sehr einfach und auch kurz sein.
Ist eben doch alles nur ein Fall von Erziehung und auch Gewöhnung.

Gruß
achim

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achim

Re: Wir sind nicht von dieser Welt...

Beitragvon achim » 12. März 2007, 11:46

Günter Cornett schrieb:
> Ein paar kurze allgemein gehaltene Tipps zu sinnvollen
> Spielzügen halte ich für ausgesprochen förderlich. Wenn ich
> weiß, warum ich etwas tue, kann ich mir das wesentlich
> leichter merken, als wenn ich einfach nur Anweisungen stapeln
> muss.
>
> Gruß, Günter (hat mitunter auch Probleme Spielregeln so zu
> formulieren, dass Dritte sie verstehen)

Hallo Günter,
in meinem Besitz befinden sich einige sehr alte Spiele. Die Spielanleitungen zu diesen meist sehr einfachen Spielen sind häufig dermaßen eigenartig, dass es selbst sehr erfahrenen Spielern sehr schwer fällt, diesen Texten zu folgen. Ich denke, dass Spielregeln im Laufe der Jahrzehnte eine auf einander aufbauende Weiterentwicklung erfahren haben. Wer hier über die Jahre immer schön "mitgespielt" hat, der wird Spielregeln meist auch sehr leicht verstehen können. Nimm aber mal ein paar alte Spiele 1900-1950 zur Hand, und einige Regelpassagen werden dir genauso fremd erscheinen, wie es bei Wenigspielern mit neuen Regeln passiert. Wenn diese didaktisch auch tausendmal besser konstruiert sind, so sind viele Begriffe für Uneingeweihte unverständlich.
Übrigens, bei "verdeckt mischen" muss man keinen Schleier tragen, und die Begriffe "dürfen", "können", "müssen" "und" "oder" sind keine Synonyme für "keine Ahnung, wie das zu verstehen ist".

Beispiele für Spielzüge gab es früher in Spielregeln normalerweise nicht. Wenn Vorgänge unverständlich sind, bleiben sie dies auch. Die von dir vorgeschlagenen Beispiele helfen dabei sehr gut Licht ins Dunkel zu bringen. Leider wird immer das beispielhaft erklärt, was ich sowieso schon verstanden habe, und meine Regelprobleme bleiben in Beispielen unberücksichtigt. :smile:

Gruß
achim

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achim

Re: Wir sind nicht von dieser Welt...

Beitragvon achim » 12. März 2007, 11:59

Thomas O. schrieb:
> Da stellt sich mir die Frage: Sollte in der Spielregel eine
> Rubrik "Taktische Tipps für Anfänger" oder "So spielen Sie
> sinnvoll" enthalten sein oder nicht? Viele
> Gelegenheitsspieler würden sich bei der Regellektüre gierig
> darauf stürzen. Kann man damit eine gewisse Einstieghürde
> erleichtern? Oder nimmt man damit den Spielern den Reiz, dies
> selbst zu entdecken?

Hallo,
ich denke schon, dass es bei manchen Spielen Sinn macht, Spieltipps am Ende der Regel mitzugeben. Das wird ja auch häufiger so gehandhabt. Wer zum ersten mal mit jemanden spielt, der dieses Spiel schön häufiger gespielt hat, für den ist es sogar sehr wichtig diese Regelzusätze zu lesen, um Anfängernachteile wenigstens etwas zu kompensieren. Oder wenn du bei "Blue Moon City" deine Männchen frühzeitig verbaut hast, ist das Spiel u.U. für dich zu Ende. Das macht dann der gesamten Runde normalerweise keinen Spass. Spieltipps zu Beginn der Partie sind daher schon nützlich. Wer sie dennoch nicht lesen will, sollte die letzte Seite der Regel mit den Tipps übergehen.

Gruß
achim

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Günter Cornett

Re: Wir sind nicht von dieser Welt...

Beitragvon Günter Cornett » 12. März 2007, 12:54

achim schrieb:
>

> Hallo Günter,
> in meinem Besitz befinden sich einige sehr alte Spiele. Die
> Spielanleitungen zu diesen meist sehr einfachen Spielen sind
> häufig dermaßen eigenartig, dass es selbst sehr erfahrenen
> Spielern sehr schwer fällt, diesen Texten zu folgen. Ich

Hi Achim, möglicherweise muß es nicht [i]selbst'[/i] sondern [i] vor allem sehr erfahrenen Spielern [/i] heissen. :)
Beispiel: 'Öl für uns alle' kommt ohne ein klar definiertes Spielende aus. Man spielt solange, bis man keine Lust mehr hat und zählt dann sein Geld.

Was heute zurecht als ein großer Fehler angesehen würde, war damals kein Problem. Wir haben es gern gespielt. Was in der Regel nicht geklärt war, haben wir intuitiv oder per Vereinbarung ergänzt.

> denke, dass Spielregeln im Laufe der Jahrzehnte eine auf
> einander aufbauende Weiterentwicklung erfahren haben. Wer
> hier über die Jahre immer schön "mitgespielt" hat, der wird
> Spielregeln meist auch sehr leicht verstehen können. Nimm

Die meisten Kids verfügen nu mal nicht über eine 50jährige Spielerfahrung. ;-)

> aber mal ein paar alte Spiele 1900-1950 zur Hand, und einige
> Regelpassagen werden dir genauso fremd erscheinen, wie es bei
> Wenigspielern mit neuen Regeln passiert. Wenn diese

Jo, ich habe mit manchen sehr kurzen, einfachen Regeln alter Spiele durchaus meine Probleme. Damals hat man wohl eher losgespielt, wie man es spontan verstanden hat, und nicht so viel gefragt.

Heute geht das nicht mehr, weil a) die Regeln raffinierter und auch detaillreicher b) die Spieler raffinierter und pedantischer geworden sind.

Das Problem: Je engmaschiger ein Netz wird, desto mehr Löcher sind drin.

> didaktisch auch tausendmal besser konstruiert sind, so sind
> viele Begriffe für Uneingeweihte unverständlich.
> Übrigens, bei "verdeckt mischen" muss man keinen Schleier tragen,

Früher verstand sich sowas von selbst, heute wird über die exakte Position der Tischmitte gestritten.

> und die Begriffe "dürfen", "können", "müssen" "und"
> "oder" sind keine Synonyme für "keine Ahnung, wie das zu
> verstehen ist".

Oder für: sucht es euch aus, wie es euch am besten gefällt!

> Beispiele für Spielzüge gab es früher in Spielregeln
> normalerweise nicht. Wenn Vorgänge unverständlich sind,

Backgammon habe ich damals aus der Anleitung der Spielesammlung heraus nicht verstanden. Irgendwann gab es aber jemand, der es erklären konnte, so ein paar Jahre später.

> bleiben sie dies auch. Die von dir vorgeschlagenen Beispiele
> helfen dabei sehr gut Licht ins Dunkel zu bringen. Leider
> wird immer das beispielhaft erklärt, was ich sowieso schon
> verstanden habe, und meine Regelprobleme bleiben in
> Beispielen unberücksichtigt. :smile:

Wenn alle mögliche Fragen in der Spielanleitung beantwortet werden, findet man seine Frage aufgrund des Umfangs nicht wieder.

Das Schöne daran ist: Für solche Fälle gibt es Internetforen wie dieses hier. ;)

Gruß, Günter

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LeFay

Re: [OT] Erfolg von den Siedlern von Catan

Beitragvon LeFay » 12. März 2007, 13:27

Ganz einfach, die Siedler von Catan hatte das Glück zur gleichen Zeit populär zu sein, wie das Computerspiel "Die Siedler"!
Durch die Verwechslung haben sich auch viele Computerspieler zum Brettspiel aufgerafft. Damals war ich noch in der Schule, und bei den ersten Partien mit Leuten, die nun zum ersten Mal spielten, sagten dann immer nur: "Das ist ja wie bei "Die Siedler"!" Wobei ich nicht weiß, ob es damals der erste oder zweite Teil war...

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Johannes-spielbox

Re: Wir sind nicht von dieser Welt...

Beitragvon Johannes-spielbox » 12. März 2007, 16:07

Das sagt die Forschung dazu:
Die Gehirnforschung behauptet, dass man nur eine geringe Anzahl an Neuinformationen aufnehmen und verarbeiten kann. Das Erlernen eines neuen Spieles stellt natürlich eine geballte Ladung an Neuem dar. Der Unterschied von Spielunerfahrenen zu Spielerfahrenen ist der, dass für den Spielerfahrenen das Meiste keine Neuinformation ist, sondern der Spielmechanismus von anderen Spielen her bekannt ist. Er kann viele Verknüpfungen der vielen Neuinformationen herstellen und die Komplexität wird somit verringert.
Ein Freund von mir kocht sehr gerne. Damit überfordert er mich immer wieder, wenn er mir Kochrezepte erzählt. Für ihn ist es ganz klar, dass man Auberginen in Salz einlagen muss. Das muss er sich nicht merken. Ich muss diese "einfache" Information als neu einstufen und so wird es schnell sehr komplex.

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Frank ( Dereinzigechte )

Re: Wir sind nicht von dieser Welt...

Beitragvon Frank ( Dereinzigechte ) » 12. März 2007, 17:12

Ich war auch nicht schlecht erstaunt das mein 12 jähriger Sohn sich nicht einen Moment beschwert hat, als unsere World of Warcraft Runde zu zweit ( jeder mit zwei Charakteren ) satte acht ( 8 ) Stunden dauerte.

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BAP
Spielkind
Beiträge: 19

Re: [OT] Erfolg von den Siedlern von Catan

Beitragvon BAP » 12. März 2007, 17:22

LeFay schrieb:
> "Das ist ja wie bei "Die
> Siedler"!" Wobei ich nicht weiß, ob es damals der erste oder
> zweite Teil war...

Der zweite Teil.

Gruß
BAP

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Marten Holst
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Beiträge: 1787

RE: Wir sind nicht von dieser Welt...

Beitragvon Marten Holst » 12. März 2007, 18:59

Wohl auch, weil er einer von nur (gefühlten) 370 Jungs in Deutschland ist, deren Papa acht Stunden Zeit alleine mit ihnen verbringt? Aber schön, das :-)

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Marten Holst
Kennerspieler
Beiträge: 1787

RE: Wir sind nicht von dieser Welt...

Beitragvon Marten Holst » 12. März 2007, 18:59

Moin,

> Das Schöne daran ist: Für solche Fälle gibt es
> Internetforen wie dieses hier. ;)

aber vor 50 Jahren gab es nicht mal die ;-)

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Marten Holst
Kennerspieler
Beiträge: 1787

RE: Wir sind nicht von dieser Welt...

Beitragvon Marten Holst » 12. März 2007, 18:59

Moin,

ich sehe das ähnlich wie achim: vielleicht ist es nicht so wichtig, Tricks und Tipps für gutes Spiel zu geben - aber elementare Fallstricke, die einem das ganze Spiel verleiden können, sollten manchmal angegangen werden. Ein Hinweis, dass sich Carcassonne mit vielen verbauten Männchen schlecht spielt, ist vielleicht in den ersten Partien nicht so wichtig, aber muss auch nicht schaden. Wer bei Sankt Petersburg ohne vernünftige Geldproduktion da steht, hat drei Viertel des Spieles nichts zu tun und schiebt nur Frust - ein Satz, der einfach darauf hinweist, neutral und nicht zu konkret beispielhaft, dass es wichtig ist, den Geldfluss stetig auszubauen, kann den Spielspaß erheblich steigern, auch wenn man danach noch immer chancenlos ist. Ich gebe zu, meine Brettspielrunde habe ich damals bei SP voll ins Messer rennen lassen, als wir es für die DM trainierten, da fand ich das, und mir wurde recht gegeben, wertvoll, die Erfahrung zu machen. Aber in einer Hobbyrunde würde ich da warnen und mahnen. Nebenbei schon alleine deshalb, weil völlig konfuses Spiel auch dem "Profi" keinen Spaß mehr macht. Man selbst bekommt nichts auf die Reihe, weil die Gegner eifrig unplanbar agieren und einem alles zerstümpern, gewinnt aber dennoch, als ob man nen Plan hätte.

Also: es wäre nicht Aufgabe, die Kniffe, die das Spiel ausmachen, in eine Anleitung zu setzen. Aber der totale Einbruch, der auch dazu führen kann, dass ein Spiel völlig sinnlos wirkt (Sankt Petersburg, alle verballern ihr Geld in Runde 1 in Gebäude - die kommen sich doch veralbert vor, wie es dann weiter läuft, weil erst mal ne Runde fast nix passiert außer Verwaltung), der sollte vielleicht vermieden werden.

Oftmals passiert das auch, denn viele Tipps und Tricks in Spielanleitungen, die man so liest, werden von Vielspielern nur müde belächelt, auch wenn sie das konkrete Spiel nicht kennen - Dinge, die einem eben klar sind, wenn man "drin steckt" in "der Denke". Aber wenn man nur mal ein Spiel probieren will, dann nicht mehr.

Tschüß
Marten

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erik mohr
Brettspieler
Beiträge: 59

Re: Wir sind nicht von dieser Welt...

Beitragvon erik mohr » 12. März 2007, 19:07

Lol,

nächstes mal koch ich es dir vor :P

erik

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Heinrich Tegethoff

Re: Wir sind nicht von dieser Welt...

Beitragvon Heinrich Tegethoff » 12. März 2007, 19:14

Hallo Gustav,

wobei es bei Deinem schön geschriebenen Artikel einen wichtigen Unterschied
zwischen Spielanleitungen auf der einen und Autos, PCs und Kaffeemaschinen
auf der anderen gibt: den zeitlichen Zusammenhang.

Meist kann ich Kaffee kochen, das Auto starten (ich brauche eh einen
Führerschein) oder den PC booten, ohne die vollstädnige Anleitung gelesen
zu haben. Milch aufschäumen ist halt eine Spielvariante, keine Kernregel.
Es ist also so wie beim "nun las uns also losspielen" nach 20% der Regel.

Ich brauche aber für viele Spiele 100%, für die meisten 90% des Regelwerks,
bevor etwas passiert. Das habe ich bei technischen Dingen nicht, ich brauche
mehr Regeln erst, wenn ich mit den ersten 20% erste Erfolge ("Kaffee fertig")
habe.
Und beim Buch muß ich auch zu Ende lesen, um die Geschichte zu erfassen
(ich weis, was Du beruflich machst).

Nein, der Wille, in ein unbekanntes Kulturobjekt Aufwand hinein zu stecken,
ist nach meiner Erfahrung ("was hat denn ganz kurze Regeln") stark verbreitet.
Die Menge macht's, und dann muß der erste Erfolg sich einstellen. Ob dies
eine Frage moderner und verwöhnter Zeiten ist, ist sicherlich gesellschaftliche
Diskussion.

Zum Vergleich: wieviele *surfen* eigentlich im Internet?
"Surfen" heisst dabei doch: "an der Oberfläche gleiten" - und genau das
geschieht.

Servus,
Heinz

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Heinrich Tegethoff

Korrektur: Wir sind nicht von dieser Welt...

Beitragvon Heinrich Tegethoff » 12. März 2007, 19:18

Heinrich Tegethoff schrieb:
> Nein, der Wille, in ein unbekanntes Kulturobjekt Aufwand
> hinein zu stecken, ist nach meiner Erfahrung
> ("was hat denn ganz kurze Regeln") stark verbreitet.

Sollte natürlich *Unwille* heissen

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Thomas O.

RE: Wir sind nicht von dieser Welt...

Beitragvon Thomas O. » 13. März 2007, 09:46

Marten Holst schrieb:
>
> Also: es wäre nicht Aufgabe, die Kniffe, die das Spiel
> ausmachen, in eine Anleitung zu setzen. Aber der totale
> Einbruch, der auch dazu führen kann, dass ein Spiel völlig
> sinnlos wirkt (Sankt Petersburg, alle verballern ihr Geld in
> Runde 1 in Gebäude - die kommen sich doch veralbert vor, wie
> es dann weiter läuft, weil erst mal ne Runde fast nix
> passiert außer Verwaltung), der sollte vielleicht vermieden
> werden.

Sehr guter und sinnvoller Ansatz. Werde ich mir merken :-)

Gruß Thomas

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Lars

Re: Wir sind nicht von dieser Welt...

Beitragvon Lars » 13. März 2007, 14:03

Und ich frage mich immer wieder, wie man an Carcassonne Spaß haben kann...

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Guido

Re: Wir sind nicht von dieser Welt...

Beitragvon Guido » 13. März 2007, 14:13

Hallo,

nette Studie, aber irgendwie hatte ich mir soetwas schon gedacht, denn ich hatte folgende Erfahrung. Ich spiele in letzter Zeit häufiger mit meinen Mitbewohnern. Bis ich so eine gewisse Regelmäßigkeit hinbekommen habe, hat es aber ein wenig Anstrengung bedurft. Am Anfang musste ich sie fast zu "ihrem Glück zwingen". Inzwischen kommen sie sogar auf mich zu und wollen sogar neue (!) Spiele ausprobieren. Dabei machte eine Mitbewohnerin eine Erkenntnis: Sie meinte sinngemäß: "Ach, am Anfang dachte ich immer, es gibt soviel große, unterschiedliche, komplizierte Spiele, aber eigentlich sind sie ja doch alle ziemlich gleich." Was sie meinte, war natürlich, dass sich viele Mechanismen in vielen Spielen wiederfinden lassen. Beim ersten Kennenlernen sind diese natürlich kompliziert. Aber es stellt sich relativ schnell ein Gewöhnungseffekt ein, so dass dann bei anderen Spielen schnell erkannt wird, was man machen kann. Meine Erfahrungen stützen also die Studie.

Aber mir fällt dabei noch ein anderer Aspekt ein, wie sehr wir in unserer Welt sind:

Bei den letzten Spielen (jeweils nur einmal gespielt) erwähnte die o.g. Mitspielerin ja, dass die Spiele irgendwie so gleich gewesen seien (Anm.: Kooperative Spiele kamen noch nicht auf den Tisch). Ich habe ihr versucht deutlich zu machen, dass die Spiele unterschiedlich konzeptioniert seien und ganz anders gespielt werden müssten. Aber das wollte sie mir nicht so recht glauben, zumal sie "dummerweise" gewonnen hatte. Ich bin mir auch nicht so ganz sicher, was sie erwartet. Mir scheint, dass sie allein schon durch ähnliche Spielmaterialien (Karten, Würfel, Plättchen) zu diesem Entschluss gekommen ist. Sie muss jetzt noch lernen, dass man Spiele nicht nach einmal spielen beurteilen sollte und dass es auf das Detail ankommt. Aber dieses Problem gibt es ja auch noch bei sog. Vielspielern. Andererseits: irgendwie hatte mich ihre Äußerung auch etwas erschreckt. Sie hat schon nach wenigen Spielen geäußert, dass da nicht wirklich neue Spielelemente gekommen seien. Was die groben Mechanismen angeht, hatte sie einfach recht, auch wenn es im Detail anders zusammenwirkte. Damit schneidet sie dennoch einen Punkt an, der schon früher viel hier diskutiert wird. Die mangelnde Innovationen in den Spielmechanismen. Und sie ist erst eine "Spielanfängerin". Ich als "Spieler " schaue da sicherlich auch mal großzügig drüber weg und lasse mich von guten Material "blenden". Aber vielleicht wirken viele Spiele auf viele Nicht-Hobbyspieler doch etwas zu gleich gestrickt (Siegpunkte bekommen, Geld anscheffeln, Mehrheiten bilden, Erobern, etc. durch eine Verstrickung aus Kartenspiel und Plättchenlegerei). Vielleicht sollten Verlage mehr dazu hingehen und deutlich machen, was an ihren Spielen neu ist. Mh, aber das erfordert evtl. auch vom Spielekäufer wieder etwas "Spielverstand". Oder doch nur, weil die Spiele sich allenfalls im Detail unterscheiden? Mh, vielleicht sollte man darüber nochmal nachdenken.

Gruß
Guido

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Michael Andersch

RE: Wir sind nicht von dieser Welt...

Beitragvon Michael Andersch » 13. März 2007, 14:29

Hallo Guido,

vielleicht hast Du aber auch tatsächlich nur ähnliche / mechanisch verwandte Spiele auf den Tisch gebracht? Denn gerade bei einer "Anfängerin" sollte es doch einfach sein, völlig unterschiedlich geartete Spiele auf den Tisch zu bringen (falls dazu Bedarf besteht).

Grüße,
Micha

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Heinrich Tegethoff

Re: Wir sind nicht von dieser Welt...

Beitragvon Heinrich Tegethoff » 14. März 2007, 13:23

Guido schrieb:
> Vielleicht sollten Verlage mehr dazu
> hingehen und deutlich machen, was an ihren Spielen neu ist.
> Mh, aber das erfordert evtl. auch vom Spielekäufer wieder
> etwas "Spielverstand". Oder doch nur, weil die Spiele sich
> allenfalls im Detail unterscheiden? Mh, vielleicht sollte man
> darüber nochmal nachdenken.

Hallo Guido,

hier gehen - nach Deinen Überlegungen - aber die Interessen der Verlage
mit Deinen auseinander. Denn der Verlag (wie der Autor) haben ja primär
Interesse am Erfolg und damit der Verbreitung des Spiels.
Dies ist aber außerhalb einer Kerngruppe "Vielspieler" ja gerade nur mit
bekannten Mechanismen machbar, denn unbekanntes, echt innovativ neues
spricht erst einmal nur "Experten" an.

Als Beispiel: der (technisch funktionierende) Puzzleball galt als Innovation
und wurde ein Verkaufserfolg. Wesentlich ist aber dabei, dass Puzzles selbst
in vielen Schichten verbreitet sind und damit von vielen als "'mal was neues"
angenommen wurden.

Innovative Spielmechanismen sind dagegen für die breite Käuferschicht
abschreckend, und es beruht dabei auf Johannes' und Deinen Annahmen
zur Akzeptanz von "neuem Lernen" - die Schwelle wird höher, das neuartige
wird erst gar nicht erkannt.

Als Konsequenz sind Autoren und Verlage eher gezwungen, bekannte
Mechanismen neu aufzumischen und nur ein einzelnes neues Element
hinzu zu packen. Beispiel Spacedealer: wäre der Hauptmechanismus nicht
recht bekannt und vergleichsweise simpel, so würde das Echtzeitelement
mit den Sanduhren überfordern. Müßten da die Raumschiffe noch
"zauberstaubernd" durch die Gegend fliegend, so wäre das Spiel selbst in
Spielerkreisen zum Scheitern verdammt.

Konsequenterweise sehen wir als Spieler, sei es Dein Mitspielerinnenbeispiel
oder der Forumsvielspieler, entweder die 90% bekanntes oder 8% neu
abgemischtes oder 2% innovatives (bzw. 10% neues).

Servus,
Heinz

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Peter Gustav Bartschat

Re: Wir sind nicht von dieser Welt...

Beitragvon Peter Gustav Bartschat » 14. März 2007, 13:30

Ralf Vogt schrieb:
> Ganz schlimm finde ich einige Leute in meinem Spielekreis,
> die das Einfache ablehnen und immer nur die komplexen Sachen
> wollen. Für die ist Bluff oder Carcasonne pillepalle. Und ich
> frage mich dann immer, wie man mit so tollen Spielen KEINEN
> Spaß haben kann. :-? Ehrlich gesagt geht mir das manchmal
> ziemlich auf den Geist, weil es elitär und arrogant ist. Oder
> eben NICHT VON DIESER WELT.

Eine interessante Frage in diesem Zusammenhang ist, ob man sich aussuchen kann, woran man Spaß hat und woran nicht.

Ich vermute, dass man sich das genau so wenig aussuchen kann wie z.B. die körperlichen Aspekte an anderen Menschen, die man attraktiv findet.

Ich gehe daher davon aus, dass das Nicht-Mögen von Bluff oder Carcassonne nicht arrogant ist - das würde voraussetzen, dass Mögen eine bewusst getroffene Entscheidung ist, und dass in diesen Fällen die Entscheidung zum Nicht-Mögen auch noch aus niederen Motiven getroffen wurde - sondern eine Empfindung, die man an sich selbst wahrnimmt, die man höchstens vor Anderen geheimhalten kann (um nicht für arrogant gehalten zu werden, zum Beispiel), die man aber trotzdem hat.

Ich persönlich kann mich nicht so recht mit rein abstrakten Spielen anfreunden, mit solchen mit historischen Themen aber schon wesentlich eher. Ich denke, es könnten sogar die Spielmechaniken gleich sein, ohne dass das für mein Ge- oder Missfallen einen Unterschied machen würde. Es gibt aber keinen Tag in meinem Leben, an dem ich als Ergebnis einer rationalen Überlegung zu dem Schluss gekommen wäre, abstrakte Spiele nicht mögen zu wollen. Mir wurde nur irgend wann mal klar, dass das so ist.

Mit einem lieben Gruß
Gustav

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Marten Holst
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Beiträge: 1787

RE: Wir sind nicht von dieser Welt...

Beitragvon Marten Holst » 14. März 2007, 14:53

Wobei die nächste Frage wäre, in wie weit die eigene Meinung überhaupt stimmt. Meine Lieblingsfarbe ist grün, meine Lieblingskapelle heißt Nits, mein Lieblingslied ist von The Beautiful South und heißt "Song for Whoever". Dennoch bin ich nicht sicher, ob ich grün wirklich lieber mag als gelb, die Nits lieber als Sir Elwoodin, oder insbesondere SfW als eine laaaaaange Liste anderer Lieder. Es ist nun mal mein Geschmack - auch nicht bewusst entschieden - und das weiß ich. Entsprechend agiere ich. Nicht exklusiv, dass andere Farben/Gruppen/Lieder nicht auch toll sein können, aber sie sind nicht dasselbe. Und dennoch bin ich nicht mal sicher, ob die Prämisse überhaupt stimmt.

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Peter Gustav Bartschat

RE: Wir sind nicht von dieser Welt...

Beitragvon Peter Gustav Bartschat » 14. März 2007, 16:26

Ja, auch das ist ein interessanter Punkt, lieber Marten.

Einerseits erinnere ich mich an den Satz von Karl Barth: "Der Mensch lebt im toten Winkel seiner selbst." Will sagen: Man kann über sich selbst nur schwer Aussagen treffen, weil man sich selbst nicht in seiner Gesamtheit beobachten kann.

Andererseits sage ich mir: Ich bin die einzige Autorität, die uneingeschränkten Zugang zu mir besitzt. Wer anders als ich sollte zutreffende Aussagen über mich treffen können?

Die Wahrheit entwickelt sich möglicherweise - in bester dialektischer Tradition - erst bei der Überwindung dieses Widerspruchs.

So kann ich zwar sicher feststellen, dass ich dieses gut, jenes lecker, und ein Drittes lustig finde ... aber ich sehe mich völlig außerstande zu beurteilen, warum.

Bei Lieblingsfarben würde ich vielleicht mit grün antworten, vielleicht auch mit braun ... aber bei Spielen nehme ich meist blau (wegen Käpt´n Blaubär - da weiß ich also zumindest mal, warum). Daraus folgt möglicherweise, dass ich gar keine Lieblingfarbe habe.

Meine Hypothese ist: Wenn man bei der Frage nach einer Lieblingsfarbe, einer Lieblingsband, einem Lieblingslied nicht entscheidungssicher antworten kann, dann liegt das daran, dass die Frage falsch gestellt ist: Jemanden, der kein eindeutiges Lieblingslied hat, sollte man halt nicht fragen, welches sein Lieblingslied ist.

Dabei fällt mir ein, wie ich mal in den 70er Jahren während der Suche nach einer Lehrstelle vor einen Lüscher-Farbtest gesetzt wurde und die Farben danach sortieren sollte, wie sie mir gefielen. Und ich fand sie eine wie die andere abgrundtief hässlich. Damals besaß ich allerdings noch nicht meine heutige Selbstsicherheit (mancher würde lieber sagen: Sturheit), das einfach laut heraus zu trompeten und dann noch in Versen auf den Antwortbogen zu schreiben, sondern ich habe einfach die Farben von links nach rechts durchnummeriert.

Jedenfalls wurde ich nicht eingestellt ... vermutlich haben die damals alle Schlösser ausgewechselt, nachdem sie meinen Test ausgewertet hatten.

Jetzt könnte man einerseits sagen: Der kennt nicht mal seine Lieblingsfarbe, also kann die Meinung, die er über sich selbst hat, nicht stimmen.

Andererseits bin ich sicher, dass ich sehr wohl beurteilen kann, ob ich in einer vorgegebenen Auswahl alle Alternativen in gleichem Maße ablehne. (Wenn es hier in der Kantine mittags mal nur Möhreneintopf oder Tofubällchen an Salat gibt, dann gehe ich halt statt dessen zum nächsten Metzger.) Ich kenne also in diesem Punkt die Wahrheit über mich sehr genau ... nur passt sie nicht in jedes beliebige Kategorisierungs-System, das ein Anderer aufgestellt haben mag.

Gut, dass wir mal d´rüber geredet haben.

Mit einem lieben Gruß
Gustav

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Peter Gustav Bartschat

Re: [OT] Erfolg von den Siedlern von Catan

Beitragvon Peter Gustav Bartschat » 15. März 2007, 06:12

LeFay schrieb:
> Ganz einfach, die Siedler von Catan hatte das Glück zur
> gleichen Zeit populär zu sein, wie das Computerspiel "Die
> Siedler"!

Ach, SO einfach ist das!

Und da gibt´s doch echt Leute, die denken, der Erfolg eines Spiels könnte etwas damit zu tun haben, dass es vielen Leuten gefällt. :-)

> Durch die Verwechslung haben sich auch viele
> Computerspieler zum Brettspiel aufgerafft.

2003 und 2004 gab es eine groß angelegte Untersuchung von Sybille Aminzadah über die Ursachen des Erfolgs der "Siedler von Catan", bei der mehrere tausend Spieler in Deutschland und in den USA befragt wurden - unter anderem auch dazu, wie sie "Die Siedler von Catan" kennen gelernt haben.

Einen Auszug aus den Ergebnissen gibt es hier: http://www.siedeln.de/special/ergebnisse_catan-umfrage_1.php

"Verwechslung mit einem anderen Spiel" hat dabei jedenfalls niemand geantwortet.

Mit einem lieben Gruß
Gustav

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peer

Re: [OT] Erfolg von den Siedlern von Catan

Beitragvon peer » 15. März 2007, 15:39

Hi,
Peter Gustav Bartschat schrieb:
>
> LeFay schrieb:
> > Ganz einfach, die Siedler von Catan hatte das Glück zur
> > gleichen Zeit populär zu sein, wie das Computerspiel "Die
> > Siedler"!
>
> Ach, SO einfach ist das!
>
> Und da gibt´s doch echt Leute, die denken, der Erfolg eines
> Spiels könnte etwas damit zu tun haben, dass es vielen Leuten
> gefällt. :-)

Nein, Gustav da hast du was falsch gelesen, er schrieb "zur gleichen Zeit [b] populär [/b] zu sein(...)" . Die Hauptursache für den Erfolg war also, dass es populär war. So einfach ist das.

Wenn ein Verlag in Zukunft ein erfolgreiches Spiel veröffentlichen möchte, muss er nur dafür sorgen, dass das Spiel populär ist - Dann stellt sich der Erfolg von selbst ein!

ciao
peer

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Peter Gustav Bartschat

Re: [OT] Erfolg von den Siedlern von Catan

Beitragvon Peter Gustav Bartschat » 15. März 2007, 20:16

Tatsache, lieber peer!

Da bewahrheitet sich doch wieder mal die alte Redewendung: Nichts ist so erfolgreich wie der Erfolg.

Mit einem lieben Gruß
Gustav


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