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Wir sind spielmüde

Das ehemalige spielbox-Spielerforum
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Roman Pelek

Spielmüdigkeit und Alter

Beitragvon Roman Pelek » 20. Juli 2002, 05:25

Hi Benno,

Franz-Benno Delonge schrieb:

> dreierlei spielt hier wohl eine Rolle:
> Erstens, daß wir Spieler tendenziell älter werden, weil von
> der jüngeren Generation viel weniger Leute spielen als vor
> vielleicht zwanzig Jahren. Und je älter man wird, umso mehr
> relativiert sich die Begeisterung für abendfüllende
> Denksportaufgaben.

Das mag stimmen - aber andererseits steigt ja auch der Anspruch, je älter man wird. Man möchte sicher auch nicht den Käse aufgetischt bekommen, an dem man sich Jahre zuvor schon sattgerochen hat. Zum Thema fehlender Nachwuchs: richtig, aber es wird ja auch viel zu wenig dafür getan, die Jugend zu begeistern. Außer Sammelkartenspielen zu Merchandising-Themen haben wir ja kaum was vorzuweisen. Es fehlt auch definitiv die Medienpräsenz des Brettspiels, und der Muff des pädagogischen 70er-Jahre-Ansatzes ist auch nur allzu schwer aus dem allgemeinen Bewußtsein wegzufegen. Die Leute schenken sich eher mediokre Bits&Bytes auf Aluminium-Polycarbonatbasis für 50 Euro als ein ordentliches Brettspiel für 30 Euro - dabei isses dieselbe Kerbe. Das sollte zu denken geben. Nur ist noch niemand eine Lösung dafür eingefallen... :-(

> Zweitens, daß es immer weniger wirklich bahnbrechend Neues
> gibt, was so lange Spielzeiten wirklich wert ist.

Hm, wir Spieler sind auch ein verwöhntes Volk. Ob sich zuvor soviel Bahnbrechendes getan hat, ich mag es anzweifeln. Auch der Kult um manch altgedientes Spiel ist mir da arg suspekt, vielleicht ist das auch nur persönliche Verklärung der eigenen Jugenderlebnisse... Was ist an Risiko, Monopoly aus heutiger Sicht noch toll? Warum sollte zum Beispiel - ohne besondere Rechtfertigung ausgerechnet das ausgewählt zu haben - ein "Ogallala" als reine Kartenansammlung heute noch ein überdurchschnittliches Spiel sein? Wieso geht, als anderes Beispiel, ein "Ave Caesar" für mitunter 200 Euro übern Tisch?

> Und drittens, daß einem die Zeit fehlt, die wirklich schönen
> Spiele durch mehrmaliges Spielen wirklich in allen Feinheiten
> kennenzulernen, wenn man den Ehrgeiz hat, ständig alle
> "interessanten" Neuheiten spielen zu wollen.

Das muss nicht ein Manko sein, ich sehe es eher als Vorteil. Selbst wenn man sehr viel spielt, werden wohl nur <5% der Spiele wirklich häufig aufgetischt - und das m. E. zu Recht.

> Ich bin ja wirklich ein begeisterter Spieler, aber ich kann
> und will nicht mehr als vielleicht zehn neue Spiele pro Jahr
> ausprobieren - die dann aber richtig. Das heißt: Bei Gefallen
> öfters spielen, um alles auszuloten, was drinsteckt. Da ich

Oh ja, 100% Zustimmung. Es macht sehr viel Spaß, aus einem Spiel das Letzte (oder Vorletzte) herauszukitzeln - sofern es denn fesselt. Da reicht es mitunter, den Rest nur mal angespielt zu haben. Es befremdet mich in diesem Kontext nur sehr, dass viele schon ein (allgemeines) Urteil über ein Spiel fällen, wenn sie es einmal in einer Besetzung gespielt haben. Für mich fällt sowas meistens in die "Hab' ich mal gespielt aber lag mir ad hoc nicht"-Unschärfe.

> nicht mehr Spieleabende als vielleicht fünf pro Monat machen
> und dabei auch noch meine eigenen Neuentwicklungen testen
> will, fange ich vieles gar nicht erst an - jedenfalls dann
> nicht, wenn es mich schon von der Aufmachung oder vom Thema
> her nicht reizt.

Das ist ja auch vollkommen normal, denke ich...

> "Puerto Rico" ist prima - aber wenn es
> weniger gut ist, dann habe ich keinen Bedarf an Grübelspielen
> und ziehe ein simples, feines Spiel wie "Tyros" oder
> "Cartagena" jederzeit vor.

Hm, Tyros und Cartagena sind für unterschiedliche "Ligen". Tyros ist m. E. deutlich komplexer und länger (und problematischer). Wir hatten z. B. mit dem variablen Aufbau mehrfach nur bescheidene Erfahrungen, obwohl das Spiel an sich sicher mehr Potenzial besitzt... Ach ja, für wer's mitliest: hatte jemand nur gute Erfahrungen mit dem variablen Startaufbau?

> Klar, wer mehr Zeit ins Spielen investieren kann, der sieht
> es womöglich anders.

Nicht unbedingt. Man möchte auch Spaß haben und nicht nur seine Freizeit mit "Arbeit" füllen. Aber die Bandbreite der gespielten Spiele steigt, so denke ich, sicher deutlich mit der verfügbaren Spielzeit.

Ciao,
Roman

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Roman Pelek

Alter nicht mehr belastbar?

Beitragvon Roman Pelek » 20. Juli 2002, 07:11

Hi Helmut,

ich liebe Deine Beiträge, man kann sich so schön darüber streiten... Wenigstens mal etwas "Pepp" im Forum! Vor allem sind sie klasse Aufhänger für Grunsatzdiskussionen, eine kurze folgt ;-)

Helmut Lehr schrieb:
> Wenn ich das ganze hier höre, kann ich nur sagen: Die Jugend
> ist nicht mehr belastbar!

Das ist - so verallgemeinert - für mich Quark. Es gibt auch 'ne Jugend, die so belastbar ist, dass sie ein Spiel mehrfach in verschiedenen Besetzungen spielt, bevor sie ein öffentliches Urteil abgibt ;-) Ich möchte es mal sehr ketzerisch formulieren: wir brauchen mehr Jugend, die unbelastet und mit Spaß an die Sache herangehen und nicht mit der Abgeklärtheit von Mittfünfzigern Spiele nach dem ersten Ansehen beurteilen. Die gibt's - aber man muss sie (leider) auch fördern. Sonst stirbt dieses zarte Pflänzchen angesichts solcher Diskussionen vielleicht auch aus...

> Schönen Gruß
> Helmut (55 und kein bisschen spielmüde, hat sich sogar durch
> in abgespanntem Zustand noch an Genua und PR herangemacht)

Dito schönen Gruß,
Roman (spielt häufig in abgespanntem Zustand noch 3-4 PR in der Brettspielwelt)

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Ernst Knauth

Re: Alter nicht mehr belastbar?

Beitragvon Ernst Knauth » 20. Juli 2002, 08:28

Hallo Roman,

Roman Pelek schrieb:
>
> Helmut Lehr schrieb:
> > Wenn ich das ganze hier höre, kann ich nur sagen: Die Jugend
> > ist nicht mehr belastbar!
>
> Das ist - so verallgemeinert - für mich Quark. Es gibt auch
> 'ne Jugend, die so belastbar ist, dass sie ein Spiel mehrfach
> in verschiedenen Besetzungen spielt, bevor sie ein
> öffentliches Urteil abgibt ;-) Ich möchte es mal sehr
> ketzerisch formulieren: wir brauchen mehr Jugend, die
> unbelastet und mit Spaß an die Sache herangehen und nicht mit
> der Abgeklärtheit von Mittfünfzigern Spiele nach dem ersten
> Ansehen beurteilen.

Mit Verlaub, hier bist doch eher Du derjenige, der Quark von sich gibt. Helmut hatte nur auf einige für ihn - wie auch für mich - unverständliche Meinungen geantwortet und dabei natürlich etwas verallgemeinert. Was solls, das macht jeder. Du aber schreibst hier irgendwelchen Käse ohne jeden Bezug. Deine anderen Beiträge von heute morgen waren besser.

> Die gibt's - aber man muss sie (leider)
> auch fördern. Sonst stirbt dieses zarte Pflänzchen angesichts
> solcher Diskussionen vielleicht auch aus...

Das habe ich nun nicht verstanden, schon gar nicht in diesem Zusammenhang. Aber vielleicht bin ich ja nur zu abgeklärt ... :-)

Jetzt gehe ich dann erst mal zum Spielen bis Montag (mein Programm ist ja inzwischen schon bekannt).

Gruss

Ernst (ein fast Mittfünfziger, der Spiele nicht nach dem ersten Ansehen beurteilt)

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Yossarian

Re: Wir sind spielmüde

Beitragvon Yossarian » 20. Juli 2002, 12:23


Ne, trifft auf uns (Alter: um die 19) kaum zu: Wir spielen entgegen dem Trend zur Einfachheit meist sehr komplexe Spiele (Illuminati Deluxe, Axis and Aliies, Puerto Rico, etc), weil diese Spiele meist weniger glücksabhängig sind und man sich wirklich eine Strategie überlegen muss, um Siegchancen zu haben. Außerdem macht es auch oft mehr Spaß mal einen ganzen Tag durchzuzocken, als nur eine Stunde, oder zwei zu spielen.
Außnahme bildet "Risiko", was bei uns nicht wegen der (kaum verhandenden) Komplexität, sondern wegen den setig wechselnden und zu heftigen Diskussionen führenden Bündnissen beliebt ist.

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Michael Andersch

Re: Jugend ist nicht mehr belastbar!!

Beitragvon Michael Andersch » 21. Juli 2002, 08:33

Helmut Lehr schrieb:
>
> Wenn ich das ganze hier höre, kann ich nur sagen: Die Jugend
> ist nicht mehr belastbar!

Hallo Helmut,

sorry, aber das ist großer Quatsch. Ich zähle mich mit meinen 31 nun weder zur Jugend noch zum Alter, habe aber die Erfahrung gemacht dass es in beiden Kategorien (und auch in meinem "Mittendrin-Alter") genügend "belastbare" und "unbelastbare" gibt.

Bei mir selbst ist es so, daß ich neben dem Spielen auch noch was anderes zu tun habe (leider ;-) , ist aber so: Beruf, Bekannte mit denen nicht gespielt wird, Kind, ein bisschen Sport darf's auch mal sein, ...). Da habe ich einfach deutlich weniger Zeit für's Spielen als z.B. Ernst (wenn auch vielleicht trotzdem noch mehr als der "spielende Durchschnitt", was immer das jetzt auch heissen mag).

Und in der zur Verfügung stehenden Zeit spiele ich einfach lieber öfter was kürzeres (und da zähle ich PR mit seinen ca. 60 Minuten dazu) als ein längeres Spiel. Nicht weil ich letztere nicht mögen würde, sondern weil ich im anderen Fall mehrere "Erlebnisse" habe, und es mir lieber ist ein gutes, kurzes Spiel tiefer zu ergründen als mangels Zeit ein langes Spiel u.U. vorher nochmal zu erklären, relativ planlos zu spielen und die selbe Prozedur nach einem halben Jahr zu wiederholen.
Und dann steht ja auch noch der "Test" (oft leider nur sehr flüchtig - 1 oder 2 Partien) der Neuheiten an - was zum einen den Grund hat, dass ich schon irgendwie ein bisschen neuheitengeil bin und zum anderen den, dass ich auf der Stuttgarter Spielemesse meist Standdienst mache, und da sollte man schon zum Großteil der Spiele mehr wissen als nur wo im Regal es steht (sehe ich zumindest so).

Also: Nicht jeder, der nur was kurzes (definiere ich für mich so: Spieldauer < ca. 2h, aber auch die Macher was recht schnell geht weil's bei uns jeder kann oder Wallenstein zähle ich hier dazu) lieber spielt als was langes ist nicht belastbar. Nicht jeder, der belastbar ist, will immer nur was langes spielen.

Viele Grüße,
Micha

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Attila
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Beiträge: 4715

RE: Hoehen und Tiefen (etwas OT)

Beitragvon Attila » 21. Juli 2002, 12:57

Mike schrieb:

> Feierabend habe. Ansonsten ist bei allen Arbeitsbeginn
> zwischen 8 und 9.30 Uhr, dabei rede ich von rund 20 Leuten.
> Wenn Arbeitskollegen noch dazu kommen, sind es schon kanpp

Als ich noch Student war, kannte ich auch fast nur Leute die um 12 Uhr Mittags aufgestanden sind ! :-)

Naja, es gibt eine Menge Jobs wo man zwangsläufig einen Arbeitsbeginn vor 8 Uhr hat ! Und wenn man länger als 10 Minuten zu Arbeitsstätte braucht, bedeutet das, das man auch mal vor 6 Uhr aufstehen muss. Und das nicht jeder mit einem 8 Stunden-Tag gesegnet ist, heisst das auch das man oft erst um 18 oder 19 Uhr wieder zuhause ist. Dann noch 4 Stunden spielen ? Na ... ob das auf dauer so gesund ist ?! :-)
Ich Spiele gerne - mache mir deswegen aber keinen Stress, den habe ich so schon genug ! :-)

Atti

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Mike

RE: Hoehen und Tiefen (etwas OT)

Beitragvon Mike » 22. Juli 2002, 08:35

Hallo
1. Als Student bin ich fast immer um 7 Uhr aufgestanden. Die erste Vorlesung begann ja schließlich um 8 ;-)
2. Wie gesagt, ich stehe auch manchmal um 6 auf, z.B. heute. Und Spieleabend´ist auch noch.
3. Habe ich auch Streß auf der Arbeit und bin manchmal auch erst um 19 Uhr zu Hause.
Trotzdem lasse ich mir meinen Spieleabend und andere Veranstaltungen am Abende (Sport, Konzert, Kino...) nicht nehmen. Das wird ja noch schöner, wenn ich abends von der Arbeit komme, esse und ins Bett gehe oder noch schlimmer, mich vorm TV setze. Jeder hat halt seine Prioritäten. Bei Alleinerziehenden oder Paaren mit Kindern, wo beide gerne an Spielerunden teilnehmen würden, wirds sicherlich wirklich eng. Aber man könnte sich abwechseln oder den Spieleabend öfters dort machen. Einen Weg gibt es immer.
Mike


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