Hi Benno,
Franz-Benno Delonge schrieb:
> dreierlei spielt hier wohl eine Rolle:
> Erstens, daß wir Spieler tendenziell älter werden, weil von
> der jüngeren Generation viel weniger Leute spielen als vor
> vielleicht zwanzig Jahren. Und je älter man wird, umso mehr
> relativiert sich die Begeisterung für abendfüllende
> Denksportaufgaben.
Das mag stimmen - aber andererseits steigt ja auch der Anspruch, je älter man wird. Man möchte sicher auch nicht den Käse aufgetischt bekommen, an dem man sich Jahre zuvor schon sattgerochen hat. Zum Thema fehlender Nachwuchs: richtig, aber es wird ja auch viel zu wenig dafür getan, die Jugend zu begeistern. Außer Sammelkartenspielen zu Merchandising-Themen haben wir ja kaum was vorzuweisen. Es fehlt auch definitiv die Medienpräsenz des Brettspiels, und der Muff des pädagogischen 70er-Jahre-Ansatzes ist auch nur allzu schwer aus dem allgemeinen Bewußtsein wegzufegen. Die Leute schenken sich eher mediokre Bits&Bytes auf Aluminium-Polycarbonatbasis für 50 Euro als ein ordentliches Brettspiel für 30 Euro - dabei isses dieselbe Kerbe. Das sollte zu denken geben. Nur ist noch niemand eine Lösung dafür eingefallen... :-(
> Zweitens, daß es immer weniger wirklich bahnbrechend Neues
> gibt, was so lange Spielzeiten wirklich wert ist.
Hm, wir Spieler sind auch ein verwöhntes Volk. Ob sich zuvor soviel Bahnbrechendes getan hat, ich mag es anzweifeln. Auch der Kult um manch altgedientes Spiel ist mir da arg suspekt, vielleicht ist das auch nur persönliche Verklärung der eigenen Jugenderlebnisse... Was ist an Risiko, Monopoly aus heutiger Sicht noch toll? Warum sollte zum Beispiel - ohne besondere Rechtfertigung ausgerechnet das ausgewählt zu haben - ein "Ogallala" als reine Kartenansammlung heute noch ein überdurchschnittliches Spiel sein? Wieso geht, als anderes Beispiel, ein "Ave Caesar" für mitunter 200 Euro übern Tisch?
> Und drittens, daß einem die Zeit fehlt, die wirklich schönen
> Spiele durch mehrmaliges Spielen wirklich in allen Feinheiten
> kennenzulernen, wenn man den Ehrgeiz hat, ständig alle
> "interessanten" Neuheiten spielen zu wollen.
Das muss nicht ein Manko sein, ich sehe es eher als Vorteil. Selbst wenn man sehr viel spielt, werden wohl nur <5% der Spiele wirklich häufig aufgetischt - und das m. E. zu Recht.
> Ich bin ja wirklich ein begeisterter Spieler, aber ich kann
> und will nicht mehr als vielleicht zehn neue Spiele pro Jahr
> ausprobieren - die dann aber richtig. Das heißt: Bei Gefallen
> öfters spielen, um alles auszuloten, was drinsteckt. Da ich
Oh ja, 100% Zustimmung. Es macht sehr viel Spaß, aus einem Spiel das Letzte (oder Vorletzte) herauszukitzeln - sofern es denn fesselt. Da reicht es mitunter, den Rest nur mal angespielt zu haben. Es befremdet mich in diesem Kontext nur sehr, dass viele schon ein (allgemeines) Urteil über ein Spiel fällen, wenn sie es einmal in einer Besetzung gespielt haben. Für mich fällt sowas meistens in die "Hab' ich mal gespielt aber lag mir ad hoc nicht"-Unschärfe.
> nicht mehr Spieleabende als vielleicht fünf pro Monat machen
> und dabei auch noch meine eigenen Neuentwicklungen testen
> will, fange ich vieles gar nicht erst an - jedenfalls dann
> nicht, wenn es mich schon von der Aufmachung oder vom Thema
> her nicht reizt.
Das ist ja auch vollkommen normal, denke ich...
> "Puerto Rico" ist prima - aber wenn es
> weniger gut ist, dann habe ich keinen Bedarf an Grübelspielen
> und ziehe ein simples, feines Spiel wie "Tyros" oder
> "Cartagena" jederzeit vor.
Hm, Tyros und Cartagena sind für unterschiedliche "Ligen". Tyros ist m. E. deutlich komplexer und länger (und problematischer). Wir hatten z. B. mit dem variablen Aufbau mehrfach nur bescheidene Erfahrungen, obwohl das Spiel an sich sicher mehr Potenzial besitzt... Ach ja, für wer's mitliest: hatte jemand nur gute Erfahrungen mit dem variablen Startaufbau?
> Klar, wer mehr Zeit ins Spielen investieren kann, der sieht
> es womöglich anders.
Nicht unbedingt. Man möchte auch Spaß haben und nicht nur seine Freizeit mit "Arbeit" füllen. Aber die Bandbreite der gespielten Spiele steigt, so denke ich, sicher deutlich mit der verfügbaren Spielzeit.
Ciao,
Roman