Beitragvon Marten Holst » 26. Oktober 2002, 02:29
Moinle,
erst einmal stimme ich Peer und Ralf zu, die "Massenwahrnehmung" täuscht hier oft. Sicher - die Euro-"Nutzer" hat es gegeben und wird es auch weiter geben, einzelne Bereiche sind offenkundig im Mittel massiv verteuert (Gastronomie wird hier gerne erwähnt), aber ich neige auch dazu, eher fundierten Untersuchungen zu glauben, als einer von an simplen Aussagen orientierten Medien gepushten Meinung (und ja, ich weiß, dass das paranoider und vereinfachender klingt, als nötig).
> Übrigens sind laut Untersuchungen des Verbraucherschutzes
> bzw. des statischen Bundesamtes vor allem die Preise
> gestiegen, die der Verbraucher im Kopf hat -also kleine,
> oft anfallende Kosten, wie Parkgebühren, Speiseeis oder
> Brötchen. Hohe Preise, die selten gebraucht werden, sind
> teilweise mit der Teuroumstellung sogar gesunken
> (Tintenstrahldrucker, Digitalkamers), doch das wird nicht
> bemerkt.
Nebenbei ist hier auch ein klassisches Problem, das schon immer für "verzerrte Inflationswahrnehmungen" gesorgt hat, auch und gerade, weil die Produkte unterschiedlich vergleichbar sind.
Ein Liter Milch ist irgendwie das gleiche Produkt wie letzte Woche, letztes Jahr, das Verpackungsdesign mag sich geändert haben, vielleicht auch die Marke, die ich bei "meinem Markt" finde, aber ich kann ohne Probleme vergleichen. Das gleiche gilt für Brötchen, für Eiskugeln, den Haarschnitt beim Friseur und das Busticket.
Ein "aktuelles Mittelklasseauto" ist [i]nicht[/i] das gleiche Produkt, wie zu dem Zeitpunkt, als ich zum letzten Mal eins kaufte. Auch fast alle anderen Elektro- und Elektronikgeräte entwickeln sich weiter. Von daher vergleicht man die Preise anders (und nein, das soll kein "Plädoyer" für die Inflationsberechnung nach US-Vorbild sein, nur veranschaulichen, dass man es nicht so wahrnimmt).
Ein weiteres Wahrnehmungsproblem ist die berühmte Selektivität, was mir auffällt, das merke ich mir. Deswegen ist es auch immer 22:22, wenn man mal abends auf die Uhr sieht - wenn es 21:57 wäre, würde man es eine zehntel Sekunde später schon wieder vergessen haben. Ebenso ist es normal, dass meine liebste Wochenzeitschrift genau so viel kostet, wie letzte Woche, das tut sie nämlich meist über hundert Mal in Folge. Wenn sie dann auf einmal mehr kostet, dann brülle ich sofort "Inflation" - und das nicht aus Boshaftigkeit, sondern wegen der subjektiv verzerrten Wahrnehmung - gerade, weil sich solche Erhöhungen (durch die Preisniveaus und den Willen zum runden oder schwelligen Preis bedingt) gerne mal im zweistelligen Prozentbereich befinden, also deutlich über dem, was als "normal" angesehen wird.
Kurz: man sollte schon aufpassen, wie sich Preise verhalten, denn noch ist "Euro-Abzocke" durchaus möglich - aber Grund zur Panik und Hysterie besteht nicht, wie einem Verbraucherverbände wie auch Wirtschaftsforscher gerne bestätigen werden.
Billige Grüße
Marten (ohne Panik lebt's sich eh besser)