Anzeige

KOSMOS will´s wissen

Das ehemalige spielbox-Spielerforum
Benutzeravatar
Heinrich Tegethoff

Aus Manila lernen

Beitragvon Heinrich Tegethoff » 2. Februar 2006, 08:17

Norman Bates schrieb:
> Big Kini
> Schatten über Camelot
> Timbuktu
> Manila
> Ubongo
>
> cheers,
> N.B. (der weiss wann obige Spiele publiziert wurden und wie
> lange die Jury braucht um sie zur Kenntnis zu nehmen ;)

Nun, SüC kam für das Nominierungswochenende letztes Jahr zu spät
auf den Markt - es könnte also dieses Jahr noch für Überraschungen
sorgen, da es nach den SdJ-Regeln dieses Jahr immer noch dabei
sein kann.

Manila wurde nach meinen direkten Informationen sehr wohl >>zur Kenntnis
genommen<<. Ergo sollte man sich fragen, warum Manila noch nicht einmal
auf der Empfehlungsliste stand, was Benno wohl ziemlich "irritierte", da er
sich gar Hoffnung auf den Hauptpreis machte (hat seine Berechtigung).

Ergo: Aus dem "entschiedenen" Nein zu Manila kann man gut lernen, was
wohl kein SdJ wird. Zumindest wohl auch nicht dieses Jahr. Ich werfe aber
noch keine Namen ins (Nicht-)Rennen.

Servus,
Heinz

Benutzeravatar
Heinrich Tegethoff

Re: allg. Marketingversagen

Beitragvon Heinrich Tegethoff » 2. Februar 2006, 09:17

Daniel_R schrieb:
> Hallo Mike,
> Ich nehme an, Deine Aussage mit den Ladenhütern war
> allgemeiner Natur und nicht im speziellen auf Caylus gemünzt
> (welches ja das Gegenteil eines Landhüters ist, da
> ausverkauft).

Hallo Daniel,

ich glaube, da muß ich Dich eines besseren belehren. In München gibt
es immerhin ein großes Spiel[i]waren[/i]haus mit großer Verkaufsfläche
für G-Spiele. In einer Ecke finden sich die Exoten, und so gibt es dort
auch einmal einen Funkenschlag, ein Zepter-v-Z, RdH, Ursuppe etc.

Und vor Weihnachten 3x Caylus. Obwohl beim Verlag als ausverkauft
gemeldet, blieben 2 der 3 Exemplare mindestens 2 Wochen dort im
Regal liegen (ich schaue ja nicht täglich nach). VOR Weihnachten!
Während der Zeit waren mindestens 3 andere Spiele permant in
der Kassenschlange zu finden.

Du gehst mE davon aus, dass Marketing alleine schon dafür sorgen wird,
dass grosse und gute Spiele ihren zufriedenen(!) Kunden finden werden.
Aber zum einen weichen die Kunden, die wissen, was sie dort kaufen,
eher auf billigere Quellen aus (wegen der hohen Regalstandzeit war Caylus
halt auch 10% teurer als auf der Messe und teurer als jeder Webanbieter
inklusive Portokosten).
Zum anderen: Wer soll denn irgendwas zu dem Spiel verkaufsfördernd
sagen? Wenn ich schon darüber verzweifle, was die durchaus motivierten
und geschulten Verkäuferinnen zum Thema "Dieses Spiel war einmal SdJ"
sagen, was soll ich dann erwarten, was sie zu dem Bündel aus Funkenschlag,
Antike, Caylus, PR, ZvZ, RdH an detailierten Kaufsentscheidungen beitragen
sollen, ohne all diese Spiele je gespielt zu haben? Da steht mehr auf der
Verpackung hinten drauf. Und ich war letztens froh, als eine Kundin
ausdrücklich ein 2-Personer sucht, dass ihr von Niagara abgeraten wurde -
obwohl ich selbst ein Niagara-Fan bin. Das wußte die Verkäuferin immerhin,
ohne auf die Packung zu schauen.

An der Verkaufsfront wirst Du nicht erreichen, dass es mehr Spieler von
anspruchsvollen Spielen gibt. Und wenn Du Dich darüber ärgerst, dass so
wenig über Spiele in den Medien steht, dann solltest Du dabei bedenken,
dass dies die Entscheidung der Redakteure ist, nicht die der Spieleverlage..
Druckfläche oder Regalplatz bekomme ich nur über gesicherte Verkaufszahlen.
Risiko ist gut und wird gemacht, aber hinter Risiko muß auch eine überdurch-
schnittliche Möglichkeit stehen und nicht eine Marktnische, die schon von
vielen besetzt ist (zB Internetanbieter).

Servus,
Heinz (der weder gegen einen Sudoko- noch einen Poker-Hype etwas hat,
da die gleichen Leute deswegen kein Puerto-Rico im Regal lassen)

Benutzeravatar
Günter Cornett

Re: [OT] kurzfristige Profite

Beitragvon Günter Cornett » 2. Februar 2006, 10:41

Peter Gustav Bartschat schrieb:
>
> Hier in Augsburg gab es bis vor ungefähr 15 Jahren eine große
> Textilfabrik, die Arbeitgeber für ein paar hundert Menschen
...
> (Anschließend haben sie dann übrigens angefangen, Grundstücke
> zu verkaufen, die bis dahin vermietet waren. Anfang der 90er
> Jahre hatten sie alles verkauft, was das Unternehmen zur
> Weiterbestehen gebraucht hätte, und dann wurde es geschlossen.)
>
> --

bis hierhin hast du das sehr schön beschrieben.

> Übrigens: Wenn ein Verlag ein Sodoku (richtig
> geschrieben?)-Spiel herausbringt, dann fällt das meiner
> Meinung nach NICHT in den Bereich "kurzfristige Profite".
> Aufgabe eines Spiele-Verlages ist es, Spiele herauszubringen,
> und wenn er Spiele herausbringt, dann tut er genau das Richtige.

Ab hier wird dein Beitrag ausgesprochen flach.

Wenn ein Fleischverker Katzenfleisch als Kaninchenfleisch verkauft, kann man natürlich auch argumentieren: Es ist die Aufgabe eines Fleischverkäufers Fleisch zu verkaufen.

Das fällt dann nicht unter 'kurzfristige Profite' wenn es keiner merkt. Wenn doch, hat er seinem Betrieb langfristig genauso geschadet, wie jemand der Substanztielles verkauft, das er teurer wieder anmieten muss.

Das Interesse des Kunden ist dabei nicht von Belang. Es ist eben die Aufgabe eines Fleischverkäufers Fleisch zu VERKAUFEN.


> Wer darauf verzichtet, Spiele - zu dem noch gut verkäufliche
> Spiele - herauszubringen, weil jemand der Meinung sein
> könnte, es habe etwas verwerfliches, erfolgreiche Spiele
> herauszubringen, der handelt meiner Meinung nach im selben

Das hat hier niemand behauptet.

> Maße unverantwortlich wie jemand, der wichtige Anlagegüter
> verkauft, um EINMAL einen Gewinn in der Bilanz zeigen zu
> können, ohne die längerfristigen Nachteile des Fehlens dieser
> Anlagegüter zu berücksichtigen.
>
> Es ist also in der Tat beiweitem nicht jeder wirtschaftliche
> Erfolg zugleich ein "kurzfristiger Profit".

Auch das hat niemand behauptet.

Es geht darum, dass dort wo Sudoku-Spiel drauf steht oftmals kein Spiel drin ist.
Das halte ich aus zweierlei Gründen für falsch:
1. der Kunde der ein Spiel kaufen wollte, aber nur Hilfsmittel zum Rätsellösen bekommt, wird übers Ohr gehauen
2. der Verlag vermittelt insbesondere den sonst nicht spielenden Käufern einen schlechten Eindruck vom Spiel insgesamt. Das ist dann nicht weniger unter betriebswirtschaftlichem Gesichtspunkt 'kurzfristiger Profit' sondern mehr unter branchenwirtschaftlichem Gesichtspunkt. In genau diesem Zusammenhang hatte ich den Begriff 'kurzfristiger Profit' benutzt:

|: Diese Chance, neue Zielgruppen für Spiele zu erschließen, wurde zugunsten
|: kurzfristiger Profite vertan. Das ist durchaus professionell. Denn wer sich
|: mehr Zeit hat, um gute Spiele zu machen, überlässt anderen das Geschäft.
|: Er hat mehr Kosten (Autor, Redaktion) und geringere Einnahmen (da später
|: am Markt).
|:
|: Richtig ist natürlich auch, dass die Leute, die eh nicht spielen sondern nur
|: solitär rätseln wollen, durchaus gut bedient werden. Aber auf den Schachteln
|: wird behauptet, es seien Spiele.


Gruß, Günter

Benutzeravatar
Günter Cornett

Tippfehlerkorrektur

Beitragvon Günter Cornett » 2. Februar 2006, 10:51

upps,


Günter Cornett schrieb:
>
> Wenn ein Fleischverker Katzenfleisch als Kaninchenfleisch

Fleischverkäufer

> insgesamt. Das ist dann nicht weniger unter
> betriebswirtschaftlichem Gesichtspunkt 'kurzfristiger Profit'

Das ist dann nicht unter


Sorry, Günter

Benutzeravatar
peer

Re: allg. Marketingversagen

Beitragvon peer » 2. Februar 2006, 11:28

Hi,
Daniel_R schrieb:
>>
> > Was wäre denn ein Weg? Folgt man der Argumentaion wäres es
> > Lizenzprodukte, also Caylus z.B. mit Herr-der-Ringe oder
> > Harry-Potter-Thema und voilá viele neue Vielspieler...
>
> Richtig schlussgefolgert!
> Dabei ist es irrelevant ob der Kunde mit dem Harry
> Potter-Caylus zufrieden ist oder nicht, hauptsache er hat es
> gekauft aufgrund seiner Affinität zum Thema.
> Ist das Spiel sogar noch gut, könnte Interesse an anderen
> guten Brettspielen geweckt werden (unabhängig des Themas).
> Quasi ein Kollateral-Nutzen :lol:

Anderseits galten gerade die Harry-Potter-Lizenzprodukte als Flopps, und sowohl "Die Gefährten" als auch "Die 2 Türme" von Kosmos wurden nach einem Jahr schon wieder verramscht. So gut haben sie sich nicht verkauft.
Und wenn ich bedenke wie viele eindeutigf ungespielte Spiel ich schon auf Flohmärkten gesehen, habe weil die "es einfach nicht verstanden haben" (darunter solche Komplexitätswunder wie "Punk sucht Lady" Black Box /Farbe bekennen (Jumbo) und Morgenland), weiss ich nicht, ob ein "Ringkrieg" oder "Caylus" tatsächlich automatisch auch gespielt wird... :-)

Übrigens hatte uich schon 2 Referendariatskollegen hier zu Besuch, beide waren sich einig, dass El Grande ja viel zu kompliziert für ein Spiel-des-Jahres gewesen sei. Zumindest eine der beiden hats wohl 2x versucht undist beide male gescheitert. Wohl gemerkt: Wir reden hier über Akademiker, die durchaus gerne spielen (aber nichts kompliziertes, bitte!)

ciao
peer

Benutzeravatar
Daniel_R

Re: allg. Marketingversagen

Beitragvon Daniel_R » 2. Februar 2006, 12:50

peer schrieb:

> Anderseits galten gerade die Harry-Potter-Lizenzprodukte als
> Flopps, und sowohl "Die Gefährten" als auch "Die 2 Türme" von
> Kosmos wurden nach einem Jahr schon wieder verramscht. So gut
> haben sie sich nicht verkauft.

Einige ja, andere waren (relativ) erfolgreich, bspw. HdR die Konfrontation (das Stratego-ähnliche) und HdR (das grosse kooperative).


> Übrigens hatte uich schon 2 Referendariatskollegen hier zu
> Besuch, beide waren sich einig, dass El Grande ja viel zu
> kompliziert für ein Spiel-des-Jahres gewesen sei. Zumindest
> eine der beiden hats wohl 2x versucht und ist beide male
> gescheitert. Wohl gemerkt: Wir reden hier über Akademiker,
> die durchaus gerne spielen (aber nichts kompliziertes, bitte!)


Das ist vielleicht mein grösster Fehler hier, dass ich der Meinung bin, auch durchschnittl. intelligente Leute könnten Caylus spielen (und mögen), wenn die Hürde der Regel kleiner wäre (irgendwas auf DVD zum Anschauen anstatt zu lesen).
Wenn nun sogar elitäre Akademiker bei El Grande die Segel streichen, dann begreife ich die Welt nicht mehr, verstehe aber warum es mit der deutschen Wirtschaft nicht so gut steht und die Politik von Reformstau spricht usw. (nicht ganz ernst gemeint).

Die Denkmuster welche in Caylus benötigt werden, kommen auch im täglichen Leben vor:

Absicht: Ich will ein paniertes Schnitzel mit Kartoffelsalat zum Abendessen
Überlegung: Welche Rohstoffe brauche ich?
Antwort: Fleisch, Kartoffeln , Panade, Mayo (usw.)
Frage: Wo bekomme ich diese Produkte am günstigsten?
Antwort: Kaufhaus um die Ecke
Später: Abendessen zubereiten

Caylus: Ich will an der Burg bauen.
Überlegung: Welche Rohstoffe brauche ich?
Antwort: Nahrung, Holz, Stein
Frage: Wo bekomme ich diese Güter am einfachsten her ?
Antwort: Arbeiter auf Produktionsgebäude setzen
Später: Arbeiter ins Schloss setzen

Caylus hat mit dem Vogt versetzen vielleicht ein abstraktes Spielelement, aber der Grundmechanismus ähnelt verblüffend dem realen Leben. Es ist mir deshalb schleierhaft, wieso es für 90% der Bevölkerung "viel zu komplex und kompliziert" sein soll. Wer es schafft, seinen Führerschein zu machen, der müsste auch bei den Caylus-Regeln durchblicken können (wenn auch nicht selber gelesen, dann zumindest beim Erklärt bekommen).

Gruss Daniel

Benutzeravatar
Daniel_R

Re: allg. Marketingversagen

Beitragvon Daniel_R » 2. Februar 2006, 13:28

Hallo Heinrich,

Du bringst da ein paar interessante Aspekte ins Gespräch, welche eine Nachverfolgung verdienen.
Ich bin einverstanden, dass in einem Kaufhaus/Spielwarenhandel Caylus ohne weitere Massnahmen einfach ins Regal gestellt, zum Ladenhüter werden kann. (Ich habe ja die notwendigkeit von Verkaufsförderungsmassnahmen am POS schon erwähnt.)
Gründe:
- für den unbedarften Käufer ist die Schachtel zu wenig auffallend, einladend und informativ.
- der vorinformierte Kaufinteressent kauft das Spiel in seinem Stamm-Fachgeschäft oder beim günstigsten Webanbieter.

Mir stellt sich die Frage ob Spiele generell oder nur Caylus BERATUNGSINTENSIVE Produkte darstellen? Ausser im Fachgeschäft darf der Kunde ja keine Beratung erwarten. Deswegen ist die Selbstdeklaration auf der Spieleverpackung sehr wichtig!
Kosmos macht das sehr gut mit Angaben über Zeitbedarf, Spieleranzahl, für wen es geeignet ist; Glückspilze, Planer, Strategen usw.

Du schreibst:
An der Verkaufsfront wirst Du nicht erreichen, dass es mehr Spieler von
anspruchsvollen Spielen gibt.

-> Spieler vielleicht nicht, aber Käufer würde schon reichen ;)

Gruss Daniel

Benutzeravatar
peer

Re: allg. Marketingversagen

Beitragvon peer » 2. Februar 2006, 13:30

Hi,
Daniel_R schrieb:
>> Das ist vielleicht mein grösster Fehler hier, dass ich der
> Meinung bin, auch durchschnittl. intelligente Leute könnten
> Caylus spielen (und mögen), wenn die Hürde der Regel kleiner
> wäre (irgendwas auf DVD zum Anschauen anstatt zu lesen).
> Wenn nun sogar elitäre Akademiker bei El Grande die Segel
> streichen, dann begreife ich die Welt nicht mehr, verstehe
> aber warum es mit der deutschen Wirtschaft nicht so gut steht
> und die Politik von Reformstau spricht usw. (nicht ganz ernst
> gemeint).
(...)
> Caylus hat mit dem Vogt versetzen vielleicht ein abstraktes
> Spielelement, aber der Grundmechanismus ähnelt verblüffend
> dem realen Leben. Es ist mir deshalb schleierhaft, wieso es
> für 90% der Bevölkerung "viel zu komplex und kompliziert"
> sein soll. Wer es schafft, seinen Führerschein zu machen, der
> müsste auch bei den Caylus-Regeln durchblicken können (wenn
> auch nicht selber gelesen, dann zumindest beim Erklärt
> bekommen).

Das Hauptproblem ist glaub ich: Niemand möchte die Regel LESEN und verstehen müssen. Als Vielspieler hat man ja einige Übung, aber als Nichtspieler? Da ist dass so, als müsste ich ein Referat über Java halten (von dem ich niochts verstehe). Sicherlich kann ich mich da einlesen, und es gibt Bücher, aber dennoch mache ich das nicht, wenn ich nicht muss. Und gerade etwas komplitzierte Spiele erfordern die Überwindung einer gewisse Hürde - und das ist mit Arbeit verbunden. Und letztlich will ich mich ja (mit einem Spiel nämlich) entspannen und nicht arbeiten.
Insofern gebe ich dir Recht: Wenn es jemanden gäbe, der allen Leuten die Regel von Caylus (oder el Grande) erklärt, gibt es kein Problem (Aufbau-Computerspiele sind größtenteils komplizierter, haben aber einen Tutorial-Modus, der mich erstmal vom Regellesen entbindet). Nur gibts den leider nicht.
DA sehe ich das größte Problem bei der Vebreitung von anspruchsvollen Spielen; nicht im Marketing... :-)

Seinen Führerschein macht man ja auch nicht eben so - das ist eben mit Arbeit verbunden. Viel Arbeit sogar. Aber die Belohnung is6t größer, als ein Spiel (Naja, es gibt auch die umgekehrte Sichtweise: Ich lese gerne Regeln, habe aber noch keine Lust/Zeit/Geld gehabt einen Führerschein zu machen :-) )

ciao
peer

Benutzeravatar
Günter Cornett

Re: allg. Marketingversagen

Beitragvon Günter Cornett » 2. Februar 2006, 13:37

Daniel_R schrieb:
>

> Das ist vielleicht mein grösster Fehler hier, dass ich der
> Meinung bin, auch durchschnittl. intelligente Leute könnten
> Caylus spielen (und mögen), wenn die Hürde der Regel kleiner
> wäre (irgendwas auf DVD zum Anschauen anstatt zu lesen).
> Wenn nun sogar elitäre Akademiker bei El Grande die Segel
> streichen, dann begreife ich die Welt nicht mehr, verstehe
> aber warum es mit der deutschen Wirtschaft nicht so gut steht
> und die Politik von Reformstau spricht usw. (nicht ganz ernst
> gemeint).
>
> Die Denkmuster welche in Caylus benötigt werden, kommen auch
> im täglichen Leben vor:
>
> Absicht: Ich will ein paniertes Schnitzel mit Kartoffelsalat
> zum Abendessen
> Überlegung: Welche Rohstoffe brauche ich?
> Antwort: Fleisch, Kartoffeln , Panade, Mayo (usw.)
> Frage: Wo bekomme ich diese Produkte am günstigsten?
> Antwort: Kaufhaus um die Ecke
> Später: Abendessen zubereiten
>
> Caylus: Ich will an der Burg bauen.

Vorher kommt die Frage: Will ich an der Burg bauen?
Beim Schnitzel versteht sich das von selbst.

Die Antwort hängt zum Teil davon ab:

> Überlegung: Welche Rohstoffe brauche ich?
> Antwort: Nahrung, Holz, Stein
> Frage: Wo bekomme ich diese Güter am einfachsten her ?
> Antwort: Arbeiter auf Produktionsgebäude setzen
> Später: Arbeiter ins Schloss setzen

Zum Teil von den vielen Alternativen.

Die Konsequenzen der Entscheidung sind zunächst nicht bekannt.
Das ist grundlegend anders als die Frage: Schnitzel oder Himbeereis.

Und dazu reicht noch nicht mal das aufwändige aber nötige Regelstudium.
Es braucht eine hohe Motivation um solche Spiele zu spielen. Vorkenntnisse und Erfahrungen mit ähnlichen Spielen sind dabei von Vorteil.

Gruß, Günter

Benutzeravatar
Mike Merten

Re: allg. Marketingversagen

Beitragvon Mike Merten » 2. Februar 2006, 14:14

Daniel_R schrieb:
> > Die Denkmuster welche in Caylus benötigt werden, kommen auch
> im täglichen Leben vor:
>
> Absicht: Ich will ein paniertes Schnitzel mit Kartoffelsalat
> zum Abendessen
> Überlegung: Welche Rohstoffe brauche ich?
> Antwort: Fleisch, Kartoffeln , Panade, Mayo (usw.)
> Frage: Wo bekomme ich diese Produkte am günstigsten?
> Antwort: Kaufhaus um die Ecke
> Später: Abendessen zubereiten
>

Das Beispiel gefallt mir.

Ich selber bin Vielspieler, aber extremer Seltenkocher. Panade? Den Begriff habe ich schon mal gehört, aber was das sein könnzt? Keine Ahnung. Mayo? Kenn ich. Aber gibt es da nicht 10 verschiedene? Und reicht zum panieren Paniermehl?
Also doch lieber nur was in die Mikrowelle schieben ...

Für jemanden, der seinen Herd regelmäßig benutzt, ist ein Schnitzel mit Kartoffelsalat absolut easy. Wer aber wie ich zu Hause bisher nur Fertiggerichte heiß machte, dem ist das zu kompliziert. Oder sagen wir: zuviel Aufwand.

Anno 1503 habe ich letzte Woche erstmalig gespielt. Die Regeln kannte ich vorher nicht. Aber genug Regeln von ähnlichen Spielen. Also "durchschaute" ich das Spiel schnell genug, um auch mit meiner intuitiven Spielweise die Partie zu gewinnen.


Die meisten Käufer in Kaufhäusern gehören aber, was das Spielen angeht, zu den "Mikrowellen-Benutzern". (Die anderen Leute erwarte ich im Fachgeschäft!)
An diese Leute muß sich also die Aufmachung des Spieles richten, das erfolgreich über Karstadt etc. vertrieben werden soll.

Benutzeravatar
Marten Holst
Kennerspieler
Beiträge: 1787

RE: allg. Marketingversagen

Beitragvon Marten Holst » 2. Februar 2006, 16:58

Moin,

> Du schreibst:
> An der Verkaufsfront wirst Du nicht erreichen, dass es mehr
> Spieler von
> anspruchsvollen Spielen gibt.
>
> -> Spieler vielleicht nicht, aber Käufer würde schon
> reichen ;)

Leute, die mehrfach Spiele kaufen, die sie dann nicht spielen werden, sind aber auch irgendwann "vom Spielekauf geheilt". Das heißt, dass dieser Effekt kurzfristig schön, langfristig aber wohl egal bis sogar kontraproduktiv wäre, oder? Wobei das jetzt auch eine Gedankenspinnerei ist, die wir nicht zu hundert Prozent hin bekommen.

Tschüß
Marten

Benutzeravatar
Marten Holst
Kennerspieler
Beiträge: 1787

RE: allg. Marketingversagen

Beitragvon Marten Holst » 2. Februar 2006, 16:58

Moin,

>> Anderseits galten gerade die Harry-Potter-Lizenzprodukte als
>> Flopps, und sowohl "Die Gefährten" als auch "Die 2 Türme" von
>> Kosmos wurden nach einem Jahr schon wieder verramscht. So gut
>> haben sie sich nicht verkauft.
>
> Einige ja, andere waren (relativ) erfolgreich, bspw. HdR
> die Konfrontation (das Stratego-ähnliche) und HdR (das
> grosse kooperative).

Relativ gut: sicher. Relativ erfolgreich: sicher auch. Aber was heißt das in absoluten Zahlen? Kommt ein Knizia-Kosmos-Kooperativ-HdR in den Verkaufszahlen nun auf 20.000? Oder stoppt es bei 5.000? Und wie viele MB-Hotel werden jedes Jahr verkauft? Hier haben wir auch ein Problem, weil keiner die Zahlen auch nur ansatzweise kennt (also keiner von uns Diskutanten, dass die MB- und Kosmos-Leute das jeweils wissen, will ich doch hoffen).

Bezüglich des Essensbeispiels machst Du einen Fehler, das sehe ich wie Günter und Mike: Du gehst davon aus, dass jeder gerne spielen will und dafür auch gerne etwas Aufwand in Kauf nimmt. Ich persönlich empfinde Kochen und das drumherum als ausgesprochen unangenehme Tätigkeit, es macht mir präzise Null Spaß. Obwohl ich an sich gerne gut esse, ist es mir meine Zeit wert, eher auf sehr einfache Dinge zurück zu greifen. (Kurioser Weise besitze ich nicht einmal eine Mikrowelle und einen nur sehr eingeschränkt funktionierenden Backofen, sodass ich tatsächlich die ganz einfachen Methoden nicht habe). Es ist keine Frage ob ich es kann, das habe ich schon genug bewiesen, sondern ob ich es möchte.

Zum ironischen Teil: Jedem, der meine bevorzugten und von mir gekonnten Dinge nicht so gut kann, Unfähigkeit vorzuwerfen ist einfach. Ich verzweifle auch immer wieder, wie wenig einige Leute von einfachsten statistischen Verfahren haben und was für ein Blödsinn immer wieder geredet wird (und das meine ich nicht als Hyperbel, sondern komplett ernst). Man sollte sich darüber im Klaren sein, dass verschiedene Tätigkeiten einfach "geübt" werden müssen und sich auch dem eigentlich geeigneten nicht sofort erschließen. Man neigt immer dazu, Dinge die man nicht kann als unwichtig oder anders abzuhaken, um dieses Bild aufrecht zu erhalten (Beispiel: das Schwanitz-Buch "Bildung". Inhaltsangabe in einem Satz: Wovon ich, D.Schwanitz, Ahnung hab, das ist wichtig, der Rest ist Müll).

Ich denke, Dein "Fehler" (Sprich, die Stelle, an der wir unterschiedlich denken) ist nicht die Meinung, ob Leute das Spiel spielen "könnten", sondern ob sie es wollen, ob irgend etwas zielgruppenähnliches durch Deutschland hüpft. Die andere Stelle, an der wir differieren, ist die Frage, ob es etwas nutzt, wenn Spiele erst einmal gekauft werden und dann nicht genutzt. Ob solche Kunden wiederkommen oder endgültig vergrätzt werden, wenn wir sie unpassend bedienen.

Tschüß
Marten

Benutzeravatar
Heinrich Tegethoff

Re: allg. Marketingversagen

Beitragvon Heinrich Tegethoff » 3. Februar 2006, 09:32

Hallo Daniel,

Daniel_R schrieb:
> Mir stellt sich die Frage ob Spiele generell oder nur Caylus
> BERATUNGSINTENSIVE Produkte darstellen?

Ja.
Zumindest, wenn wir von der Zeilgruppe ausgehen, die mehr als
das SdJ-pro-Jahr kauft. In der Zeit vor 3 bis 10 Jahren war ich so
ein Kunde. Aber, da nicht im Web suchend, wußte ich über Spiele
nicht mehr als auf der Packung steht und der Verkäufer sagt. Und
dies ist meist weniger als außen drauf steht. Plus etwas Michael
Knopf in der SZ.
Spiele sind wie Bücher: erst wenn man sie gekauft und gespielt hat,
weis man, ob sie einem gefallen - ein Kulturgut halt. Aber im Gegensatz
zum Buch kann man sich und einer Handvoll Freunden einen ganzen
Abend mit einem nicht-verstandenen Spiel ruinieren. Das macht man
nur einzweimal.
Insofern bräuchte man Beratung in der Form von kurzen Rezensionen
vor Ort. So etwas suche ich selbst in einer Stadt wie München vergeblich.
Das gibt's, aber wohl nur für 5% der Bevölkerung.

> Ausser im Fachgeschäft darf der Kunde ja keine Beratung erwarten.

Beim Karstadt in M gibt's zB eine Ravensburger-Fachverkäuferin. Diese
spielen alle halbe Jahre ihre Spiele an einem Wochenende. Aber
wenn Du etwas neues oder nicht-Ravensburger willst, dann gibt es
genauso gute Beratung wie von jedem anderem Verkäufer...

Nur dort, wo man Spiele mit anderen probespielen kann, gibt es wirklich
mehr. Und Spieleläden mit Spielern als Verkäufer sind einfach eine
Rarität, ob ansonsten Fachgeschäft oder nicht.

> Deswegen ist die Selbstdeklaration auf der Spieleverpackung
> sehr wichtig!
> Kosmos macht das sehr gut mit Angaben über Zeitbedarf,
> Spieleranzahl, für wen es geeignet ist; Glückspilze, Planer,
> Strategen usw.

Sie sagt NULL über den Spielspaß der jeweiligen Leute aus. Sie sorgt
nur dafür, dass einige ein Spiel nicht kaufen, die es gar nicht auf den
Tisch kriegen, weil ihre Mitspielerzahl oder Alter nie passt.

Ich habe auch eine Weile nach diesen Werten mir Kosmosspiele angesehen
und gekauft. Glücklicherweise bin ich mit der Kosmos-2er-Reihe eh
zufrieden. Aber da mindestens 2 "Pfeile" auf "ganz viel" stehen müssen,
um einen hohen Verkaufswert zu generieren (klingt negativer als gemeint),
so kann ich nicht die Aussage "welches Spiel nehme ich" daraus ableiten.
Nur ein "Die Kiste guckt mich an und kann nicht völlig falsch sein".

> Du schreibst:
> An der Verkaufsfront wirst Du nicht erreichen, dass es mehr
> Spieler von
> anspruchsvollen Spielen gibt.
>
> -> Spieler vielleicht nicht, aber Käufer würde schon reichen ;)

Absolut tödlicher weil ein- bis zweimaliger Ansatz.

Ich habe schon mehr als einmal Nachbarn wieder zum Spielen überreden
müssen, weil sie sich ein Spiel zulegten, dass sie anscheinend über-
forderte. Nichts verschwindet so schnell im Schrank und blockiert dort
einen Platz wie ein Spiel, dass man für schlecht hält. Das Risiko, wieder
Geld für eins-aus-hunderten-von-Spielen rauszuwerfen, wollen andere nicht
eingehen. Dafür ist das Spiel gegenüber Buch oder Film zu wenig etabliert.
Buch und Film oder Musik werden solitär genossen oder beiseite gelegt.
Der soziale Schaden durch ein überforderndes Spiel sitzt weit tiefer.

Und somit kann zwar vorab erwähnter Spielwarenladen in M sich statt
3 dann 100 Caylus und 20 Funkenschlag ins Regal legen und durch
schiere Präsenz Umsatz für ansprichsvolle Spiele generieren. Der Laden
wird dann nur von der kauffreudigen Breite im nächsten Jahr gemieden.

Servus,
Heinz


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 5 Gäste