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Nochmal: Spieleproduktion in China

Das ehemalige spielbox-Spielerforum
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peer

Re: Nochmal: Spieleproduktion in China

Beitragvon peer » 20. September 2006, 08:02

Hi,
Günter Cornett schrieb:
>> 1. Zölle gegen chinesiche Produkte:
> Das sichert Arbeitsplätze in Deutschland und man macht sich
> nicht die Hände mit Kinderarbeit-Produkten schmutzig.
> Ausserdem können die bösen Chinesen dann nicht unser tolles
> Know How klauen. Und die Spiele haben bessere Qualität.
> 2. Freien Handel fördern:
> dann verdienen die Chinesen zumindest ein bisschen was. Mit
> dem Handel kommen irgendwann auch die Menschenrechte. Und
> (ich bin mir nicht sicher, ob das auch hier im Forum genannt
> wurde) wenn die Chinesen selber Know How haben, lassen sie
> sich eher auf den Schutz z.B. geistigen Eigentums ein.
> Irgendwann machen sie dann auch bessere Spiele (sag ich mal
> so).
>
> Ich meine:
> 1. resultiert aus der Angst vor Verlust und empfiehlt als
> Mittel den Kopf ein wenig in den Sand zu stecken.
> 2. resultiert aus der Aussicht auf Gewinn und empfiehlt
> darauf zu vertrauen, dass die Dinge sich von selbst regeln.

Ja, aber da spricht halt auch die generelle Macht/Ahnungslosigkeit wenn es um globales Denken geht.
Ich stimme dir zu: Strafzölle per se erreichen gar nichts. Was etwas erreichen kann, sind Zölle gegen Kinderarbeit (die es aber prinzipiell schon gibt, meines Wissens) bzw genaue Kennzeichnung von produkten die mit Kindrrarbeit hergestellt werden.
Nur ist das mit China nicht so einfach, denn dort haben Nachrichtenorgane immer noch Probleme mit der freien Meinungsäusserung. Außerdem sind Arbeitsbedingungen wie in der o.g. Lackierei vor allem auch in "internen" Fabriken zu finden, also in Fabriken, die für den chinesischen Marlt produzieren - haben wir da einen Hebel für?

ciao
peer

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Martin L. Beiwerk

Re: Nochmal: Spieleproduktion in China

Beitragvon Martin L. Beiwerk » 20. September 2006, 08:19

Hallo Ralf!

Ralf Arnemann schrieb:

> Selbstverständlich werden die das wollen. Und in einigen
> Bereichen auch schaffen.
> Aber bei gar nicht so vielen - weil das gar nicht so einfach
> ist, für einen so fernen Markt zu entwickeln.

Die Chinesen haben bereits bewiesen, dass sie der am schnellsten wachsende Markt und Produktionsstandort sind. Die Übernehmen Know-How nicht in Jahrzehnten, sondern in Jahren. Die letzten Jahre haben das doch schon bewiesen! Beispiel: Die deutschen liefern den Transrapid, und ein Jahr später wollen chinesische Ingenieure das Ding schon selbst weiterbauen.

> Und ja, für die qualifizierten Tätigkeiten werden sie mehr
> verdienen, und schon relativiert sich das mit den
> Kostenvorteilen deutlich.

Nur bis dahin werden noch eine Menge Arbeitsplätze den Bach runtergehen. Bis eine Milliarde Menschen auf unserem Lohnniveau sind, da kannste noch ein bißchen warten...

> Die sollen doch gar nicht dumm bleiben. Wenn die sich
> wirtschaftlich entwickeln, können sie doch noch mehr bei uns
> kaufen.

Wozu? Die wollen dann exportieren, nicht importieren, denn das brauchen die dann gar nicht mehr.

> Umgekehrt wird ein Schuh draus: Wir werden es nicht schaffen,
> fett mehr zu verdienen als die Chinesen, indem wir möglichst
> viele primitive und unqualifizierte Arbeiten im Lande
> behalten ...

Im Kapitalismus muß es auch (qualifizierte) Arbeiter geben. Ich bin einer! Wir können nicht alle Direktoren (Vielverdiener) sein. Wer glaubt, wir in Deutschland könnten die Direktoren sein, und andere Länder die Arbeiter, der ist mehr als naiv. Die Kolonialzeiten sind vorbei.

> Und speziell zu Asien hatten wir doch genau die gleiche
> Diskussion vor 30 Jahren - wegen Japan.
> Da wurde auch Panik geschürt, weil die so billige Autos bauen
> können, und wir keine Chance hätten.
>
> Und das Ende vom Lied? Japan hat sich entwickelt. Aber eben
> nicht auf unsere Kosten - sondern beide Seiten haben davon
> profitiert. Deren Lebensstandard hat sich unserem
> angeglichen, wir fahren japanische Kleinwagen, die deutsche
> Hersteller ohne diesen Konkurrenzdruck nie hingekriegt
> hätten. Und in Japan kaufen sie BMW wie die Blöden, für
> erstaunliche Preise, weil sie trotz aller Bemühungen das halt
> nicht hinkriegen.

Was dabei vergessen wird ist: Gerade die Automobilindustrie ist als Faß ohne Boden stark mit Steuergeldern subventioniert worden, nur um jetzt Stück für Stück die Produktion ins benachbarte Ausland zu verlegen. So ein Auto wird hier doch fast nur noch zusammengebaut, die Teile kommen doch aus ganz Europa.

> Reden wir in 20 Jahren wieder über China und Europa, ich bin
> da ganz optimistisch.

Ja, mal sehen. Vielleicht regelt ja eine Rohölknappheit die Sache von ganz allein.

Gruß
Martin L. Beiwerk

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Roland G. Hülsmann

Re: Nochmal: Spieleproduktion in China

Beitragvon Roland G. Hülsmann » 20. September 2006, 08:35

peer schrieb:

> Was etwas erreichen kann, sind Zölle gegen Kinderarbeit

Nein, keine Zölle!
Es soll niemand, auch nicht der Staat, auf diese Weise indirekt an der Kinderarbeit verdienen. Konsequent wäre nur ein generelles Einfuhrverbot (EU-weit) für Waren, an denen "Blut klebt", also die mit Kinderarbeit, Zwangsarbeit, etc. gefertig wurden.
Wie Günter schon schrieb: Es müßte hier eindeutige Normen geben, so wie es für andere Bereiche ja auch das "CE" Zeichen gibt, ohne daß eine Ware nicht verkauft werden darf. Ich denke der EU-Absatzmarkt ist für Hersteller groß genug, um Anreiz zu haben, die geforderten Normen zu erfüllen.
Mit Kinderarbeit hergestellte Waren dürfen einfach nicht in die EU kommen. Der Kunde hat kaum die Möglichkeit, einer Ware anzusehen, ob da Kinderarbeit oder Zwangsarbeit mit drin steckt. Auf den kann man die Verantwortung sicher nicht abrollen. (Es soll auch chinesische Firmen geben, die ohne Kinder- und Zwangsarbeit auskommen. Sollen die auch bvestraft werden?)

Gruß
Roland

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Ingo Althöfer
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Re: Nochmal: Spieleproduktion in China

Beitragvon Ingo Althöfer » 20. September 2006, 08:37

Grzegorz Kobiela schrieb:
> Mir ist es absolut egal, wo mein Spiel hergestellt wird,
> Hauptsache ich bin zufrieden und der Preis stimmt. Wenn es
> Leute gibt, die gerne mehr Geld ausgeben: toll für sie;
> sollen sie doch, wenn sie genug haben. Ich gehöre nicht dazu.
> Amen.

Hallo Grzegorz,
das ist also Deine Meinung für den Spielebereich.
Danke für die Ehrlichkeit.


Unser Land hat auch deshalb so viele Arbeitslose
und Beschäftigungsprobleme, weil ein beträchtlicher
Teil der Bevölkerung es allgemeiner sieht:

"Mir ist es absolut egal, wo mein XYZ hergestellt wird,
Hauptsache ich bin zufrieden und der Preis stimmt. Wenn es
Leute gibt, die gerne mehr Geld ausgeben: toll für sie;
sollen sie doch, wenn sie genug haben. Ich gehöre nicht dazu.
Amen."

Indirekt, auch durch steigende Sozialbeiträge, macht eine
solche Sichtweise das Leben mittel- und langfristig teurer.

Ingo.

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Ingo Althöfer
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Re: Was ist an dem Szenario denn unglaubwürdig?

Beitragvon Ingo Althöfer » 20. September 2006, 08:55

Hartmut schrieb:
> ... :-( Hier wird am Beispiel der Spiele über
> die Emigration von Arbeitsplätzen der Produktionsindustrie
> geredet, weil der SPIEGEL dies aktuell thematisiert - ist ja
> auch höchste Zeit, dass hier endlich mal einer aufwacht!
> Dabei geht mir die Berichterstattung und Bewusstseinsfindung
> der Öffentlichkeit aber nicht weit genug. Denn mit der
> Produktion hört das ja nicht auf.
>
> Schlimmer ist der dubiose Transfer von Know-How ...
> ... Aber auch sämtliche qualitativen Dienstleistungen
> aller Arbeitsbereiche (IT, Buchhaltung, Personalwesen,
> Materialwirtschaft usw. usf.) werden umfassend verlegt

Als Hochschullehrer sehe ich seit Jahren, wie sich die fertigen
Diplom-Mathematiker und -Wirtschafts-Mathematiker
immer mehr abstrampeln muessen, um einen ordentlichen
Job zu ergattern. Dazu passend ein Zitat eines IBM-Personalers
aus Böblingen (Januar 2006): IBM stellt wieder (Mathematiker)
ein, aber derzeit nur in China.

Ein egoistischer Hochschullehrer könnte sich deshalb die
Hände reiben ("endlich habe ich wieder eine tolle Auswahl
bei den Doktoranden - und jetzt kriege ich sogar zwei
für das Geld, was der Lehrstuhl früher für einen brauchte").
Erlebt habe ich gerade in den letzten Wochen aber auch
einen Top-Absolventen, der mein Promotionsangebot
ausgeschlagen hat mit der Begruendung "lieber jetzt
überhaupt einen Job als in 2 oder 3 Jahren vielleicht
etwas besseres".


> Zum Schluss: ja, das ist alles sehr offtopic, aber die breite
> Reaktion zeigt ja auch, wie sehr uns das alle berührt - und
> zwar wirklich existentiell!

Da ist auch die Hoffnung, dass es vielleicht in 10 Jahren
wieder deutlich besser ist, kein Trost. Die Auszubildenden,
Studenten, Absolventen von heute sind dann wohl nicht so
einfach auf Knopfdruck wieder zu motivieren.

Ingo.

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Tim-spielbox

Re: Nochmal: Spieleproduktion in China

Beitragvon Tim-spielbox » 20. September 2006, 09:05

> Unser Land hat auch deshalb so viele Arbeitslose
> und Beschäftigungsprobleme, weil ein beträchtlicher
> Teil der Bevölkerung es allgemeiner sieht:
> "Mir ist es absolut egal, wo mein XYZ hergestellt wird,

Nein, Ingo, da machst Du es Dir zu einfach. Leider ist es immer eine bequeme Variante, die Schuld für irgendwelche Probleme im Ausland zu suchen. Sehen wir ja auch gerade in den muslimischen Staaten.

Ich bin selbständig und kenne auch viele andere Leute, die unternehmerisch tätig sind. Die investieren aus ganz anderen Gründen ungern in Deutschland. Der neueste Arbeitsplatzverhinder heißt übrigens Antidiskriminierungsgesetz.


Tim

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Tim-spielbox

Re: Nochmal: Spieleproduktion in China

Beitragvon Tim-spielbox » 20. September 2006, 09:10

> indirekt an der Kinderarbeit verdienen. Konsequent wäre nur
> ein generelles Einfuhrverbot (EU-weit) für Waren, an denen
> "Blut klebt", also die mit Kinderarbeit, Zwangsarbeit, etc.
> gefertig wurden.

Wovon sollen die Familien der Kinder dann leben? Die sind oft einfach auf das Zusatzeinkommen angewiesen, so schlimm das auch ist. Warst Du schon mal in Thailand? Der Lebensstandard dort ist meilenweit von unserem entfernt.

Noch einmal: Ich finde Kinderarbeit furchtbar, aber wer sie mit Boykottmaßnahmen o.ä. bekämpft, verstärkt das Problem nur.


Tim

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Ralf Arnemann
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Re: Nochmal: Spieleproduktion in China

Beitragvon Ralf Arnemann » 20. September 2006, 09:58

Hallo Günter,
schön daß Du Dich meldest, das versachlicht die Diskussion.

> wer bekommt das Geld?
> Der Staat. Was macht er damit?
Keine Spiele kaufen ;-)
Man kann es jetzt gut oder schlecht finden, wenn der Staat mehr Geld einnimmt. Aber es hätte mit den Themen "Arbeitsplatzschutz" oder "Arbeitsbedingungen in China" fast nichts zu tun.

> Wenn es Strafzölle für bspw. Kinderarbeit sind,
Sind sie nie, weil sie ja alle Produzenten eines Landes gleichermaßen treffen, gerechte wie ungerechte.
Im Zweifelsfall muß dann Produzent A den Laden wg. Strafzöllen dichtmachen, während der die Zölle verschuldet habende Produzent B weitermacht, weil er billige Kinder beschäftigt.

Wenn man gezielt die fiesen Produzenten benennen kann, dann bin ich sehr für Gegenmaßnahmen. Aber dann nicht Strafzoll, sondern Importverbot.

> Grundsätzlich liegen also Vorteile im Handel.
Richtig. Und ich stimme Dir voll zu, daß dann auch alle fair dran teilnehmen dürfen müßten. Was bei einseitigen protektionistischen Maßnahmen eines Landes selten der Fall ist.

> Es gibt einen fließenden Übergang von häuslicher
> Mitarbeit zu Ausbeutung.
Richtig. Genau wie bei der Mitarbeit in Betrieben.
Grundsätzlich finde ich es am Besten, wenn die Kinder in der Schule sitzen. Was am besten dann gelingt, wenn die Eltern Arbeit haben und die Familie ohne Kindereinsatz irgendeiner Art über die Runden kommen kann.

> Es gibt Kinderrechtsorganisationen, die sich
> deshalb für bessere Arbeitsbedingungen, nicht
> aber generell gegen Kinderarbeit einsetzen.
Sehr pragmatischer Ansatz.

> Es gibt mit dem CE-Zeichen eine Regelung, ...
Das geht in die richtige Richtung. Weil es gezielt wirkt und auch klar definiert, was erreicht werden soll.

> Die Einbeziehung sozialer Standards sollte
> schon auch möglich sein.
Genau.
Aber sinnvoll ist das nur, wenn man akzeptiert, daß diese Standards natürlich nicht die volle Übernahme deutschen Tarif- und Arbeitsrechts bedeuten können.

Wenn man fairen Handel will muß man auch zulassen, daß am Ende die Chinesen mit allen Sozialstandards immer noch billiger produzieren und mit diesen Kostenvorteil hier ihre Waren verkaufen können.

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Ralf Arnemann
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Re: Nochmal: Spieleproduktion in China

Beitragvon Ralf Arnemann » 20. September 2006, 10:02

> Sehr deutlich für freien Handel auch bei
> unmenschlichen Arbeitsbedingungen hat sich imho
> nur Ralf ausgesprochen.
Das hast Du dann falsch verstanden.

Ich habe nur darauf hingewiesen, daß Handelseinschränkungen völlig ungeeignet sind, um unmenschliche Arbeitsbedingungen zu bekämpfen.

Und daß ich es unehrlich finde, wenn man die Besorgnis um die Arbeiter in China vorschiebt, um Protektionismus zu Gunsten der eigenen Arbeitskräfte zu rechtfertigen (und dabei in Kauf nimmt, daß es den Chinesen dann noch viel schlechter geht).

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Ralf Arnemann
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Typisch deutsche Diskussion

Beitragvon Ralf Arnemann » 20. September 2006, 10:11

Sowohl Hartmuts wie Ingos Erfahrungen sind durchaus nicht untypisch, so läuft das vielerorts in Deutschland.

Aber: Das hat mit speziellen, hausgemachten deutschen Problemen zu tun, die Globalisierung macht sie nur sichtbar.

Wir hatten bei der letzten Spiele-Sylvesterfeier eine ähnliche Diskussion. Da waren lauter Akademiker zwischen Mitte 30 und 50 und alle führten ähnliche Klagen. Einige waren arbeitslos, andere sahen sich davon bedroht, und dem Rest waren Weihnachtsgeld oder andere gewohnte Leistungen gestrichen worden.

Nur einer klagte nicht: Der, der vor einigen Jahren (wg. Berufschancen) nach England ausgewandert war.
Der meinte, solche Diskussionen hätte er überhaupt noch nie gehört. Dort würde man sich im Freundeskreis über neue Berufschancen austauschen oder sich beklagen, weil wg. Boom die Häuserpreise ständig steigen. England steht im gleichen globalen Wettbewerb, es werden aber höhere Löhne bezahlt. Und davon werden weniger Steuern abgezogen.

Da kann der Spiegel noch so hanebüchene Horror-Szenarien an die Wand malen: Unser Problem ist NICHT China.

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Ralf Arnemann
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Re: Nochmal: Spieleproduktion in China

Beitragvon Ralf Arnemann » 20. September 2006, 10:17

> Mir ist es absolut egal, wo mein XYZ hergestellt wird,
> Hauptsache ich bin zufrieden und der Preis stimmt.
Das ist die völlig vernünftige Einstellung, die fast alle Menschen zu allen Epochen geleitet hat.
Du glaubst doch nicht etwa, zu Wirtschaftswunderzeiten in Deutschland hätten die Menschen freiwillig mehr bezahlt als nötig?

Wenn man den leistungsfähigsten Anbieter boykottiert, weil der am günstigsten anbietet. Und statt dessen einen Anbieter fördert, der nicht so gut ist - dann hat man nicht nur sich selber geschadet, sondern auch noch der Volkswirtschaft.

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Günter Cornett

Re: Nochmal: Spieleproduktion in China

Beitragvon Günter Cornett » 20. September 2006, 10:18

Ralf Arnemann schrieb:
>
> Hallo Günter,
> schön daß Du Dich meldest, das versachlicht die Diskussion.
>
> > wer bekommt das Geld?
> > Der Staat. Was macht er damit?
> Keine Spiele kaufen ;-)
> Man kann es jetzt gut oder schlecht finden, wenn der Staat
> mehr Geld einnimmt. Aber es hätte mit den Themen
> "Arbeitsplatzschutz" oder "Arbeitsbedingungen in China" fast nichts zu tun.

Ja, ich wollte damit zum Ausdruck bringen dass solche Zölle nicht generell Waren verteuern müssen sondern ein Lenkungsinstrument sein können. Theoretisch könnten Fairtrade-Produkte gefördert werden.
Praktisch wäre es allerdings nicht sinnvoll, wenn Fairtrade-Produkte durch Zölle auf Kinderarbeit-Produkte gefördert werden. Da braucht es ein klares Nein.

> > Wenn es Strafzölle für bspw. Kinderarbeit sind,
> Sind sie nie, weil sie ja alle Produzenten eines Landes
> gleichermaßen treffen, gerechte wie ungerechte.
> Im Zweifelsfall muß dann Produzent A den Laden wg.
> Strafzöllen dichtmachen, während der die Zölle verschuldet
> habende Produzent B weitermacht, weil er billige Kinder beschäftigt.

> Wenn man gezielt die fiesen Produzenten benennen kann, dann
> bin ich sehr für Gegenmaßnahmen. Aber dann nicht Strafzoll,
> sondern Importverbot.

Jo.

> > Grundsätzlich liegen also Vorteile im Handel.
> Richtig. Und ich stimme Dir voll zu, daß dann auch alle fair
> dran teilnehmen dürfen müßten. Was bei einseitigen
> protektionistischen Maßnahmen eines Landes selten der Fall ist.

Jo.

> > Es gibt einen fließenden Übergang von häuslicher
> > Mitarbeit zu Ausbeutung.
> Richtig. Genau wie bei der Mitarbeit in Betrieben.
> Grundsätzlich finde ich es am Besten, wenn die Kinder in der
> Schule sitzen. Was am besten dann gelingt, wenn die Eltern
> Arbeit haben und die Familie ohne Kindereinsatz irgendeiner
> Art über die Runden kommen kann.

Jo.

> > Es gibt Kinderrechtsorganisationen, die sich
> > deshalb für bessere Arbeitsbedingungen, nicht
> > aber generell gegen Kinderarbeit einsetzen.
> Sehr pragmatischer Ansatz.
>
> > Es gibt mit dem CE-Zeichen eine Regelung, ...
> Das geht in die richtige Richtung. Weil es gezielt wirkt und
> auch klar definiert, was erreicht werden soll.

Bei Teppichen gibt es meines Wissens ein Siegel, das Produkte kennzeichnet, die nachweislich nicht durch Kinderarbeit hergestellt wurden. Bei Produkten, die dieses Siegel nicht haben, ist es offen.

> > Die Einbeziehung sozialer Standards sollte
> > schon auch möglich sein.
> Genau.
> Aber sinnvoll ist das nur, wenn man akzeptiert, daß diese
> Standards natürlich nicht die volle Übernahme deutschen
> Tarif- und Arbeitsrechts bedeuten können.

Sicher nicht von heute auf morgen.

> Wenn man fairen Handel will muß man auch zulassen, daß am
> Ende die Chinesen mit allen Sozialstandards immer noch
> billiger produzieren und mit diesen Kostenvorteil hier ihre
> Waren verkaufen können.

Dann ist aber noch Luft für eine Anhebung der Sozialstandards. ;-)

Ja, grundsätzlich ist es ok, billige Waren aus anderen Ländern zu beziehen. Generell sollte man auf ausgeglichenen Handel achten ('Deutschland' hat imho sogar große Exportüberschüsse - aber wer genau ist 'Deutschland'? Ich leider nicht.)

Die Frage ist immer: wer verdient zu wessen Lasten? Und das lässt sich nicht pauschal mit Deutschland oder China beantworten sondern hängt von den konkreten Bedingungen (Arbeit, Umwelt) ab.

Gruß, Günter

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Günter Cornett

Re: Nochmal: Spieleproduktion in China

Beitragvon Günter Cornett » 20. September 2006, 10:22

Tim schrieb:
>
> > indirekt an der Kinderarbeit verdienen. Konsequent wäre nur
> > ein generelles Einfuhrverbot (EU-weit) für Waren, an denen
> > "Blut klebt", also die mit Kinderarbeit, Zwangsarbeit, etc.
> > gefertig wurden.
>
> Wovon sollen die Familien der Kinder dann leben? Die sind oft
> einfach auf das Zusatzeinkommen angewiesen, so schlimm das
> auch ist. Warst Du schon mal in Thailand? Der Lebensstandard
> dort ist meilenweit von unserem entfernt.

Von den Einkommen der Eltern, das eben ausreichend hoch sein sollte.

> Noch einmal: Ich finde Kinderarbeit furchtbar, aber wer sie
> mit Boykottmaßnahmen o.ä. bekämpft, verstärkt das Problem nur.

Kinderarbeit zu boykottieren heisst nicht, das gar nichts mehr hergestellt wird, sondern dass diese Arbeit im Wesentlichen von Erwachsenen zu besseren Arbeitsbedingungen gemacht wird.

Gruß, Günter

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Ralf Arnemann
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Re: Nochmal: Spieleproduktion in China

Beitragvon Ralf Arnemann » 20. September 2006, 10:25

> ich denke mal wir sollten lieber über Spiele reden
Volle Zustimmung.
Ich habe auch von Anfang an darauf hingewiesen, daß die Diskussion hier deplatziert ist.
Ich will aber auch diverse populäre Irrtümer nicht unwidersprochen stehen lassen.

> Zwangs- und Kinderarbeit sehe ich eher negativ
> besetzt.
Selbstverständlich. Aber wenn man etwas gegen die unternehmen will, sollte man nicht kontraproduktive Mittel (wie Schutzzölle) einsetzen.

> Deutsche Firmen produzieren übrigens nicht in
> China um dort ihren "pösen Mammon" zu
> transferieren, ...
Selbstverständlich. Aber dies ist nun mal die unvermeidliche Begleiterscheinung.
Und wenn man diesen Handel stoppt, dann ist es genauso unvermeidliche Begleiterscheinung, daß die Chinesen nix mehr kriegen.

Man kann ja gerne Protektionismus fordern nach dem Motto: "Brot für die Welt, die Wurst bleibt hier".
Aber dann sollte man nicht gleichzeitig so tun, als würde einem das Wohlergehen der Chinesen am Herzen liegen.

> Die Arbeitsbedingungen andersdenkender
> "Regimegegner" sind in den chinesischen Lagern
> auch nicht mit meinem Verständnis von
> Marktwirtschaft vereinbar.
Selbstverständlich. Die Marktwirtschaft ist keineswegs dafür verantwortlich zu machen, wenn ein diktatorischer Staat Leute einsperrt und mißhandelt.

> Den knappen Preisvorteil durch Fertigung im
> Ausland bezahlen wir anschließend teuer an
> Sozialabgaben um ein Heer an arbeitslosen
> Menschen zu finanzieren, die durch den Vorzug
> der Produktion im Ausland ihrer Arbeitsstelle
> beraubt wurden.
Ich verweise auf andere Beiträge hier: Die Beispiele anderer europäischer Länder beweisen, daß nicht die Globalisierung zu Arbeitslosigkeit führt. Das ist speziell deutsche (politische) Unfähigkeit.

Umgekehrt ist es so: Wenn wir jetzt wirklich anfangen würden, auf Protektionismus zu machen, was ja verständlicherweise zu Gegenreaktionen anderer Länder führen würde - dann können wir den Laden hier gleich dichtmachen.
Ohne unsere Exporterfolge wäre Deutschland am Ende.

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Günter Cornett

Re: Nochmal: Spieleproduktion in China

Beitragvon Günter Cornett » 20. September 2006, 10:26

Tim schrieb:
>
> > Unser Land hat auch deshalb so viele Arbeitslose
> > und Beschäftigungsprobleme, weil ein beträchtlicher
> > Teil der Bevölkerung es allgemeiner sieht:
> > "Mir ist es absolut egal, wo mein XYZ hergestellt wird,
>
> Nein, Ingo, da machst Du es Dir zu einfach. Leider ist es
> immer eine bequeme Variante, die Schuld für irgendwelche
> Probleme im Ausland zu suchen. Sehen wir ja auch gerade in
> den muslimischen Staaten.
>
> Ich bin selbständig und kenne auch viele andere Leute, die
> unternehmerisch tätig sind. Die investieren aus ganz anderen
> Gründen ungern in Deutschland. Der neueste
> Arbeitsplatzverhinder heißt übrigens
> Antidiskriminierungsgesetz.

Ne, ich glaub das heisst Gleichstellungsgesetz. ;-)

Aber das deswegen keine Leute eingestellt werden sollen, versteh ich nicht.
Sind die deutschen Arbeitgeber denn alle Diskriminierungsfetischisten?
Ich glaube immernoch daran, dass die hohe Arbeitslosigkeit im wesentlichen darin begründet ist, dass es zu wenig Arbeitsplätze gibt. Die Kosten zahlen alle, die Einsparungen aus rationalisierungen kommen wenigen zu Gute.

Gruß, Günter

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Grzegorz Kobiela

Re: Nochmal: Spieleproduktion in China

Beitragvon Grzegorz Kobiela » 20. September 2006, 10:42

Ehrlich, du solltest Politiker werden. Die schieben auch gerne die Schuld für alles auf eine Sache. Je nach Laune und so. Hauptsache die Diät stimmt.

Ich möchte dir nicht zu Nahe treten, aber arbeitest du in der Spielebranche und verdienst wegen China nicht mehr so gut? Ist es das, was weh tut?

Ich sehe es eher wie Gustav: Angebot und Nachfrage regelt das schon.

Und außerdem: Wenn ein Spiel toll ist und Spaß macht, aber in China produziert wurde, greifst DU dann NICHT zu? Ist das "made in" für dich wichtiger als der Spaß? Wieso kaufst du dann überhaupt Spiele? Wenn der Spaß zweitrangig ist, kannste ja auch andere "made in Germany" Sachen sammeln - z. B. deutsche Autos. Macht vielen unheimlich viel Spaß. Da zahlste dann etwas mehr pro Exemplar, aber Geld schien dir ja egal zu sein. Hauptsache, in Deutschland produziert.

Ich habe keine so hohen Erwartungen an die Qualität. Bsp.: Viele schimpfen über die Karten bei Ave Caesar von Pro Ludo. Ich fand die Karten voll in Ordnung. Soll ich jetzt etwa nächste mal 5 Euro mehr zahlen, weil dann die Pappe 0,00000001 mm dicker ist und aus Deutschland stammt? Ehrlich: vergiss es. Wer keine allzu hohen Erwartungen hat, der schaut dann halt auf den Preis. Fast immer entscheidet Preis-(erwartete) Leistung.

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Ralf Arnemann
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Re: Nochmal: Spieleproduktion in China

Beitragvon Ralf Arnemann » 20. September 2006, 10:45

> Sind die deutschen Arbeitgeber denn alle
> Diskriminierungsfetischisten?
Nur die Doofen ;-)

Für einen echten Kapitalisten ist es überaus unsinnig, einen schlechten Bewerber einzustellen, nur weil der bessere Bewerber schwarz / schwul / Freimauer / FDP-Wähler oder sonstwas ist.

Das Hauptproblem bei diesem Gesetz ist wohl, daß es das Arbeitsrecht noch komplizierter macht. Es geht also weniger darum, ob die Bestimmungen gut oder schlecht sind - gerade bei kleinen Firmen hat der Arbeitgeber gar keine Zeit mehr, sich mit diesen allen zu beschäftigen.

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Re: Nochmal: Spieleproduktion in China

Beitragvon Ralf Arnemann » 20. September 2006, 10:52

Wußte ich doch, daß wir uns weitgehend einig sein würden.
Aber so einig, daß auch Du jetzt für einen neoliberalen Ausbeuter gehalten wirst - das hätte ich nicht erwartet ;-)

> Dann ist aber noch Luft für eine Anhebung der
> Sozialstandards.
Richtig. Deswegen habe ich auch das Beispiel Japan genannt - ist doch nicht so, daß diese ganze Diskussion neu wäre.

> Generell sollte man auf ausgeglichenen Handel
> achten ('Deutschland' hat imho sogar große
> Exportüberschüsse ...
Dir ist aber klar, daß wir Exportüberschüsse brauchen, um eine ausgeglichene Leistungsbilanz zu schaffen?

> wer verdient zu wessen Lasten?
Das kann eine wichtige Frage sein (richtiges Beispiel Umwelt), aber Verdienst oder Wertschöpfung allgemein bedeuten in der Regel nicht, daß sie "zu Lasten" anderer gehen muß.

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Re: Nochmal: Spieleproduktion in China

Beitragvon Günter Cornett » 20. September 2006, 10:53

Ralf Arnemann schrieb:
>
> > Sehr deutlich für freien Handel auch bei
> > unmenschlichen Arbeitsbedingungen hat sich imho
> > nur Ralf ausgesprochen.
> Das hast Du dann falsch verstanden.

so wie Sven mich, gut möglich.

> Ich habe nur darauf hingewiesen, daß Handelseinschränkungen
> völlig ungeeignet sind, um unmenschliche Arbeitsbedingungen
> zu bekämpfen.

Naja, du hast dich generell gegen Handelsbeschränkungen ausgesprochen, auch für Produkte aus Kinderarbeit. Von daher kam es so rüber, dass dir das egal sei.
Handelbeschränkungen (Verbot von Produkten, die unter unmenschlichen Bedingungen hergestell wurden) sind da durchaus ein Mittel.


Zölle sind imho dann ein Mittel eigene Wirtschaft zu schützen, wenn sie einfach zu schwach ist, um international bestehen zu können. Das gilt aber mehr für Entwicklungsländer als für Industriestaaten wie Deutschland. Beispiel: Konzern X überschwemmt den Markt von Klein-irgendwo mit billigem Getreide. Die lokalen Strukturen gehen kaputt, die Bauern können ihr Getreide nicht mehr verkaufen, produzieren nicht mehr, verschulden sich, und müssen dann das nun viel teurere Getreide einkaufen, das sie selbst hätten produzieren können.

Bei einem Staat wie Deutschland geht es aber nicht darum, den bedrohten lokalen Markt zu schützen sondern konkurrenzfähig auf dem Weltmarkt zu sein, die eigenen Handelsüberschüsse zu verteidigen. Wer mit anderen Ländern Handel treiben will, sollte nicht einseitig Zölle erheben.

> Und daß ich es unehrlich finde, wenn man die Besorgnis um die
> Arbeiter in China vorschiebt, um Protektionismus zu Gunsten
> der eigenen Arbeitskräfte zu rechtfertigen (und dabei in Kauf
> nimmt, daß es den Chinesen dann noch viel schlechter geht).

Jo, das ist eine seltsame Mischung von eigenen Ängsten und moralischer Argumentation.

Gruß, Günter

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Tim-spielbox

Re: Nochmal: Spieleproduktion in China

Beitragvon Tim-spielbox » 20. September 2006, 11:28

> Das Hauptproblem bei diesem Gesetz ist wohl, daß es das
> Arbeitsrecht noch komplizierter macht.

Genau so isses! Und es ist ja leider auch nicht das einzige Gesetz in Deutschland. Ich schätze, daß es keine andere Demokratie auf der Welt gibt, die es kleinen Unternehmen (sagen wir mal mit bis zu 20 Mitarbeitern) so schwer macht wie Deutschland. Mit der Folge, daß solche Firmen bei guter Auftragslage wirklich erst dann neue Leute einstellen, wenn es schon überall knirscht.

Für die fetten Konzerne ist das natürlich alles kein Problem. Die haben Rechtsabteilungen und kennen Tricks, die uns Winzlingen einfach nicht offen stehen. Kündigungsschutz? Gibt's bei denen nur noch auf dem Papier (könnte da ein paar lustige Geschichten erzählen). All die Regulierungen treffen die Kleinen ganz besonders.

Wir haben darum die Strategie, daß wir nur mit Freiberuflern arbeiten. Das schränkt unsere Margen ganz gewaltig ein, aber dafür bleiben wir maximal beweglich. Funktioniert leider aber nicht in allen Branchen.

Noch einmal im Klartext: Die Verantwortlichen für die Arbeitslosigkeit sitzen aus meiner Sicht im Deutschen Bundestag, nicht in Shenzhen.


Tim

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Re: Nochmal: Spieleproduktion in China

Beitragvon Tim-spielbox » 20. September 2006, 11:33

> ('Deutschland' hat imho sogar große Exportüberschüsse -
> aber wer genau ist 'Deutschland'? Ich leider nicht.)

Den Satz muß ich mir merken, der trifft den Nagel auf den Kopf! :D


Tim

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Günter Cornett

Re: Nochmal: Spieleproduktion in China

Beitragvon Günter Cornett » 20. September 2006, 11:38

Ralf Arnemann schrieb:
>
> Wußte ich doch, daß wir uns weitgehend einig sein würden.
> Aber so einig, daß auch Du jetzt für einen neoliberalen
> Ausbeuter gehalten wirst - das hätte ich nicht erwartet ;-)

Och, inzwischen hab ich mich daran gewöhnt, nicht mehr als Links aussen wahrgenommen zu werden sondern als jemand, der das hohe Lied der Marktwirtschaft singt http://www.spielbox.de/phorum4/read.php4?f=3&i=5821&t=5756 .:)

> > Dann ist aber noch Luft für eine Anhebung der
> > Sozialstandards.
> Richtig. Deswegen habe ich auch das Beispiel Japan genannt -
> ist doch nicht so, daß diese ganze Diskussion neu wäre.
>
> > Generell sollte man auf ausgeglichenen Handel
> > achten ('Deutschland' hat imho sogar große
> > Exportüberschüsse ...
> Dir ist aber klar, daß wir Exportüberschüsse brauchen, um
> eine ausgeglichene Leistungsbilanz zu schaffen?

Weil die Deutschen soviel Geld im Urlaub ausgeben,
die ausländischen Arbeiter Geld nach Hause überweisen und wegen der 0,3% Entwicklungshilfe - gibt es darüber hinaus noch einen Grund?

> > wer verdient zu wessen Lasten?
> Das kann eine wichtige Frage sein (richtiges Beispiel
> Umwelt), aber Verdienst oder Wertschöpfung allgemein bedeuten
> in der Regel nicht, daß sie "zu Lasten" anderer gehen muß.

Jein. Nicht automatisch. Wenn das Wirtschaftswachstum stagniert, bedeutet es, dass etwas das jemand mehr bekommt, ein anderer weniger hat. Und global gesehen kommen wir an Wachstumsgrenzen.

Gruß, Günter

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Günter Cornett

Re: Nochmal: Spieleproduktion in China

Beitragvon Günter Cornett » 20. September 2006, 11:48

Tim schrieb:
>
> > Das Hauptproblem bei diesem Gesetz ist wohl, daß es das
> > Arbeitsrecht noch komplizierter macht.
>
> Genau so isses! Und es ist ja leider auch nicht das einzige
> Gesetz in Deutschland. Ich schätze, daß es keine andere
> Demokratie auf der Welt gibt, die es kleinen Unternehmen
> (sagen wir mal mit bis zu 20 Mitarbeitern) so schwer macht
> wie Deutschland. Mit der Folge, daß solche Firmen bei guter
> Auftragslage wirklich erst dann neue Leute einstellen, wenn
> es schon überall knirscht.

Ok, ich weiß auch, was Bürokratie ist, und bin selbst noch nicht in die Lage gekommen, mich mit den konkreten Auswirkungen dieses Gesetzes auf mein 0,3-Mann-Unternehmen befassen zu müssen.

> Für die fetten Konzerne ist das natürlich alles kein Problem.
> Die haben Rechtsabteilungen und kennen Tricks, die uns
> Winzlingen einfach nicht offen stehen. Kündigungsschutz?
> Gibt's bei denen nur noch auf dem Papier (könnte da ein paar
> lustige Geschichten erzählen). All die Regulierungen treffen
> die Kleinen ganz besonders.

Jo, das ist schon richtig.
Ein Verbot von Diskriminierung finde ich aber dennoch generell sinnvoll.

> Wir haben darum die Strategie, daß wir nur mit Freiberuflern
> arbeiten. Das schränkt unsere Margen ganz gewaltig ein, aber
> dafür bleiben wir maximal beweglich. Funktioniert leider aber
> nicht in allen Branchen.
>
> Noch einmal im Klartext: Die Verantwortlichen für die
> Arbeitslosigkeit sitzen aus meiner Sicht im Deutschen
> Bundestag, nicht in Shenzhen.

Ich denke, dass der Einfluß der Politik auf die Wirtschaft geringer ist als umgekehrt. Von daher sitzen die eigentlichen Verantwortlichen eher nicht im Bundestag - aber wohl auch nicht in Shenzhen. Sie können es sich leisten überall zu sitzen, wo sie gerade wollen.

Gruß, Günter

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Martin L. Beiwerk

Re: Typisch deutsche Diskussion

Beitragvon Martin L. Beiwerk » 20. September 2006, 11:58

England ist ein schönes Beispiel...

EU nur mit Einschränkungen und Euro schon gar nicht. Warum nur hält sich England aus der europäischen Globalisierung raus? Vielleicht zum Schutz der eigenen Interessen? Hoppla, fällt Euch was auf?

Und warum sind die Schweiz und Norwegen so wenig an der EU und dem Euro interessiert? Weil Sie Ihren hohen Lebensstandard zugunsten eines Einheitsbreis in Europa opfern müßten und der Lebensstandard sinken würde. Übrigens: In Norwegen kennt man das Wort Staatsverschuldung nicht, und in der Schweiz siehts ebenfalls sehr gut aus.

Der deutsche Lebensstandard ist nicht schlecht, aber wir werden drauflegen müssen.

Gruß
Martin L. Beiwerk

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Ralf Arnemann
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Beiträge: 2447

Re: Typisch deutsche Diskussion

Beitragvon Ralf Arnemann » 20. September 2006, 14:13

> England ist ein schönes Beispiel...
> EU nur mit Einschränkungen und Euro schon gar nicht.
Wenn es um Wirtschaft geht macht England EU-mäßig alles mit, und den ökonomisch unsinnigen Verzicht auf den Euro können sie sich halt mit ihren Wirtschaftsdaten leisten.

Ansonsten genießt England die Vorteile der Globalisierung, auch innerhalb der EU.
Die deutschen Klagen über billige polnische Handwerker hört man dort nicht - obwohl die dort zahlreicher sind als bei uns.

Nur sind die Leute halt froh, preiswerte Dienstleistungen zu bekommen - während die englischen Handwerker wegen Bauboom zu ausgelastet sind, um zu privaten Reparaturen zu kommen.


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