Beitragvon Peter Gustav Bartschat » 24. Oktober 2007, 10:01
Matthias Staber schrieb:
> Ich habe Talisman nicht gespielt: Ist das denn besonders
> interaktiv?
Ich jedenfalls schätze es nicht so ein. Es gibt dabei zwar die Möglichkeit, sich gegenseitig anzugreifen, um sich Lebenspunkte, einzelne Besitzstücke und Geld abzunehmen, insgesamt hat das aber wenig Einfluss auf den Spielverlauf.
Am Spielende muss dann noch der Spieler, der als erster ein bestimmtes Feld auf dem Brett erreicht hat, versuchen, alle anderen durch Zaubersprüche umzubringen, um als einzige Überlebender der Sieger zu sein.
Diese Passage war mir früher in den 80er Jahren immer zu langweilig, weil dabei ewig für die Auswirkungen der Zaubersprüche und deren Abwehr hin- und hergewürfelt wird, ohne dass es noch so recht voran geht. Zudem schien mir auch nicht zum Rest des Spiels zu passen. Ich fand, es reicht völlig aus, wenn es einer bis auf dieses spezielle Feld schafft, um ihn zum Sieger zu erklären.
Insgesamt ist Talisman - in meiner Einschätzung jedenfalls; ich weiß natürlich dass es auch als legendäres Meisterwerk der Spieleentwicklung beurteilt wird - ein lockeres Fantasyspiel mit verhältnismäßig wenig Verwaltungsaufwand und noch weniger Entscheidungsmöglichkeiten für den Spieler: Man muss immer die genaue Anzahl von Felder laufen, die man gewürfelt hat, und dann tun, was auf dem Ereignsfeld zu tun ist, auf dem man dadurch landet (meistens Ereigniskarten aufdecken und/oder eine Würfelprobe ablegen und dadurch etwas bekommen oder verlieren). Immerhin darf man entscheiden, ob man im oder gegen den Uhrzeigersinn läuft.
Vergessen will ich natürlich nicht, dass "Talisman" durchaus spielhistorisch seine Bedeutung hat: Es stand am Anfang des Sub-Genres des Rollen-Brettspiels, und seine Elemente haben andere Spiele - wie auch Lutz Stepponats "Rückkehr der Helden" - erkennbar beeinflusst. Wobei ich die "Helden" für das interessantere Spiel halte, weil die Entscheidungsmöglichkeiten für den Spieler hier erheblich größer sind.
Vielleicht ist "Talisman", weil es ja für ungefähr zwei Jahrzehnte nicht mehr lieferbar war, in mancher Erinnerung immer besser und besser geworden. Und dann gibt's natürlich noch den Effekt, dass einem Spiele, die man in jüngeren Jahren mit weniger eigener Spiel-Erfahrung kennen gelernt hat, häufig als die besseren Spiele erscheinen, weil man sie damals noch nicht mit anderen Spielen vergleichen konnte.
"Talisman" hat also durchaus seinen Stellenwert: Zum einen historisch, zum anderen als Spiel für Gelegenheiten (und Spieler), für die komplexere Spielstrukturen weniger geeignet sind. (Und die Grafik der Neuauflage ist wirklich gelungen; darum habe ich's mir auch jetzt noch mal gekauft.)
Mit einem lieben Gruß
Gustav