Beitragvon Günter Cornett » 17. Juni 2008, 11:57
Ralf Arnemann schrieb:
>
> Um es noch einmal klar zu stellen:
>
> Guevara war für einige hundert Hinrichtungen verantwortlich.
> Die Opfer bekamen kein rechtstaatliches Verfahren (jeder
> Vergleich mit Nürnberg wäre da deplatziert).
> Nur ein Teil der Opfer waren Mittäter des Batista-Regimes.
> Guevara legte Wert darauf, bei möglichst vielen Hinrichtungen
> dabei zu sein und tötete auch eigenhändig.
>
> Das sind alles nachgewiesene Fakten, die normalerweise auch
> nicht von Che-Fans bestritten werden (die erklären das dann
> mit sozialistischer Notwendigkeit etc.).
Nun, es gibt da schon einen wesentlichen Unterschied zu Idi Amin. Letzterer hat ohne Not Hunderttausende gefoltert und ermordet bzw. lassen.
Che Guevara hat eine Diktatur bekämpft. Und nach dem Sieg waren sie weiter Angriffen der USA ausgesetzt, sowohl militärisch als auch propagandistisch. In einer solchen Situation ist es schwierig aus dem Nichts einen Rechtsstaat zu etablieren, zumal jemand, der lange gekämpft hat, sicherlich auch nicht die charakterlichen Eigenschaften dafür haben kann. Das ist nicht zu beschönigen aber qualitativ etwas ganz anderes als die Mordlust Idi Amins.
Aus dem Elend heraus, dass es in Kuba zu Zeiten Batistas mit Unterstützung der USA gegeben hat, entsteht eben nicht über Nacht eine charakterlich untadlige Revolutionsarmee. Das ist ein komplett anderer historischer Kontext als in Uganda.
Man kann natürlich sagen: Mord ist Mord, da gbt es keine Unterschiede. Ist auch ein akzeptabler Standpunkt. Aber dann beantworte mir die Frage: Würdest du George Bush, Hans Filbinger und Martin Luther in die selbe Schublade packen wie Idi Amin und Che Guevara?
Ich denke nicht, dass solch große Schubladen hilfreich sind.
> Es gibt dazu auch genügend seriöse Quellen. Mein Studium ist
> jetzt aber schon 20 Jahre her und ich kann keine konkreten
> Titel nennen.
> Diese gesicherten Informationen sind für mich Anlaß, ihn
> einen Massenmörder zu nennen.
"Ich kann keinen Titel nennen", halte ich nicht für eine gesicherte Information. Du setzt Mythos gegen Mythos.
> Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Vorwürfen, die sind
> umstritten, werden aber wohl zu einem großen Teil zutreffen.
Warum sollten sie zutreffen?
Es gab/gibt ein großes Interesse der USA, solche Vorwürfe zu verbreiten.
> Das sind die höheren Opferzahlen, die Frage der ermordeten
> Kinder, die Frage der Folterungen etc.
Dem Feind Kindermord vorzuwerfen ist ein klassisches Propagandamittel: Herodes, Brutkastenlüge in Kuwait.
> Und wenn jemand sich nicht von seinen Mythen lösen will, kann
> man halt nichts machen.
Sorry, aber ich habe mehrfach erklärt, dass ich bereit bin, mein tendenziell positives Bild zu überprüfen, erwarte dafür aber schon etwas mehr als unbewiesene Behauptungen.
Das positive Bild mag von einer gewissen Schlichtheit zeugen; um es zu korrigieren, solltest du diese Schlichtheit aber nicht über- sondern unterbieten.
> Was Spielethemen betrifft: Ich sehe schon noch einen
> Unterschied, ob man abstrakte Themen wie "Cowboys und
> Indianer" oder "Piraten" von ihrem düsteren historischen
> Hintergrund löst, oder ob man konkret wird.
> Und es kommt natürlich auch immer auf die Umsetzung an.
Ja, darauf kommt es an.
> Schwarzer Humor à la Truant zu irgendwelchen Zombie- oder
Satire kann schon ein angemessenes Mittel sein, aber ich dachte nicht in erster Linie an schwarzen Humor.
> Und je näher das Thema zeitlich heranrückt, desto
> problematischer wird es.
> Die Geschwister oder Kinder von diversen Opfern Guevaras
> leben noch - da sollte man kein Spiel machen.
Kein Spiel, das ausschließlich der Unterhaltung dient.
Im übrigen: es leben viele Menschen deshalb noch, weil es Menschen wie Che Guevara gegeben hat.
Man sollte das Kubanische System ganz bestimmt nicht verherrlichen, aber die Säuglichkeitssterblichkeit z.B. ist dort trotz der Armut noch etwas geringer als in den USA. Auch Dank Che Guevara überleben heute noch viele Kinder, die - würde sie ein paar hundert Kilometer weiter geboren - keine Überlebenschance hätten. Dafür liegt die Rate der Gefängnisinsassen/Bevölkerung in den USA um 50% höher als in Kuba.
Rechtfertigt alles keinen Mord, aber eine Differenzierung halte ich da schon für angebracht.
Gruß, Günter