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Kriegsspiele

Das ehemalige spielbox-Spielerforum
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Nero
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Kriegsspiele

Beitragvon Nero » 6. Juli 2008, 10:38

Moin zusammen,

Mich würde gern eure Meinung zu Kriegsspielen interessieren.
Ich selbst bin im richtigen Leben pazifist, spiele aber gerne Conflikt-Spiele mit historischem Hintergrund. Normalerweise habe also mit Kriegsspielen keine probleme. Allerdings gibt es für mich auch bei Spielen Grenzen...Ein Spiel, das sich mit dem Thema Krieg beschäftigt, sollte keine Kriegsverherrlichung darstellen (weder bei Brett- noch bei PC-Spielen)...So ist mir gerade der Titel "Konflikt der Helden" aufgefallen. Der Titel selbst stellt in seinem Zusammenhang mit dem 2. Weltkrieg bereits eine Kriegsverherrlichung dar...deutsche und russische Soldaten verrecken als Helden in ihren Panzern auf dem Schlachtfeld...(die Schachtel würde mit dem Titel gut in das Regal eines Neo-Nazis passen). Eine solche Titelentgleisung ist vielleicht ein Zeichen dafür, dass das Thema Krieg bei Brettspielen einfach nicht mehr kritisch genug behandelt wird. Kriegsspiele "Ja", aber bitte mit viel historischem Hintergrund, und vielleicht ein bisschen Kritik zum nachdenken...ich jedenfalls möchte kein Held der deutschen Wehrmacht sein...

Gruß
Nero (der auch mal Kriegsfilme guckt, aber nur die, die das Thema Krieg sensibel und kritisch behandeln)

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Duchamp

Kriegsspiele

Beitragvon Duchamp » 6. Juli 2008, 11:18

Speziell zu "Conflict of Heroes" ist hier ein interessanter BGG-Thread, u.a. mit Stellungnahme des Spieleautors Uwe Eickert:

http://www.boardgamegeek.com/thread/309398

Meine persönliche Meinung ist, dass ich (und jetzt kriege ich wahrscheinlich lauthalse Gegenstimmen von passionierten WWII-Spielern) es insgesamt sehr fragwürdig finde, moderne Kriege "nachzuspielen". Natürlich wurden im 30jährigen Krieg im Grunde genauso kleine Leute nach vorne geschickt und als "Material" benutzt, um politischen Interessen zu nutzen, aber ich habe eben keinen Schwiegervater, der Alpträume wegen des 30jährigen Krieges hatte, und keine Wehrmachts-Ausstellung, die sofort rechtspopulistische Geschichteverdreher auf den Plan ruft, weil es um eine Schlacht von Wallenstein geht ...

Ich verstehe auch nicht, warum es für den Spielwert so wesentlich sein soll, handgranatenwerfende Soldaten gegen verschiedene, toll bemalte Panzer-Miniaturen antreten zu lassen. Nehmt Trolle gegen Zwerge, und es ist dasselbe - nehmt Sportmannschaften ... Wer sich für moderne Kriege entscheidet, mag wohl einfach dieses spezielle "Feeling" - und das ist mir offen gesagt, höchst suspekt.

Und kommt mir nicht mit "ich finde es nur taktisch interessant, und beschäftige mich damit ja schließlich auch historisch mit dem, was damalas passiert ist ..." Bullshit. Lest ein paar adäquate Bücher über moderne Kriege, und ihr erfahrt, was es zu erfahren gibt. Brettspiele sind dazu entschieden ungeeignet.

Ein anderer Thread beschäftigte sich ja kürzlich mit "Tabu-Themen", und mir sind simulierte Kriege und Schlachten ebenso widerlich und abstoßend wie Vergewaltigungen oder Hinmetzeln von Menschen, was übrigens beides Teil jedweder Kriegführung war und ist - wird das eigentlich bei den "Simulationen" mit berücksichtigt? Gibt es eine Zivilbevölkerung? Gibt es Vietnam-Szenarien mit Napalm und zerstörten Dörfern, in denen kein einziger Soldat anwesend ist? Gibt es die Brettspiel-Simulation zum Kubrick-Film "Wege zuim Ruhm"?

Spiele sollen Spaß machen. Spaß macht es u.a. dann, wenn eine Handlung "Sinn" ergibt. Im Kriegführen einen spielerisch umsetzbaren "Sinn" zu sehen, finde ich - naja, ihr wisst schon. Genug gesagt.

Nur zur Klarstellung: Ich erhebe mich über niemanden, der das als Hobby betreibt, ich gebe nur offen zu, dass ich die Motive nicht nachvollziehen kann und das Ganze starken Widerwillen in mir auslöst.

So, jetzt können die Berufeneren hier ja weiter diskutieren.

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Tom Tykwer
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Re: Kriegsspiele

Beitragvon Tom Tykwer » 6. Juli 2008, 11:30

vielleicht ist dass ja auch der Grund warum Phalanx Games Deutschland der deutschen Version den Titel: "Angriff!: Ostfront 41/42" gegeben hat?

Um übersensiblen deutschen Spielern hier keine Diskussionsgrundlage zu geben. Das Wort "Helden" wird bei uns halt nur noch mit Sport verbunden und nicht mit Soldaten geschweige deutschen Landsern.

Dass die Schachtel in das Regal bei einem Neo-Nazi passen würde finde ich allerdings übertrieben und unpassend. Ob ein Tide of Iron, Memoire 44 oder Axis & Allies nur deshalb in einem "Neo-Nazi-Regal" landet weil Rommel oder ein SS-Mann drauf abgezeichnet sind halte ich zu bezweifeln..


Tom

der sich auch Conflict of Heroes reserviert hat...

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Duchamp

"Übersensibilität"?

Beitragvon Duchamp » 6. Juli 2008, 11:56

Tom Tykwer schrieb:
>
> Um übersensiblen deutschen Spielern hier keine
> Diskussionsgrundlage zu geben.

Na, da steckt doch schon fast so etwas wie eine (Ab-)Wertung drin, oder? Gibt es "Übersensibilität", wenn es um den Zweiten Weltkrieg und die Rolle der Wehrmacht geht?

Müssen wir nicht ausufernd diskutieren, wollte ich nur zu Bedenken geben.

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Marcus
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Re: Kriegsspiele

Beitragvon Marcus » 6. Juli 2008, 12:04

Hallo,

Spielthemen sind oft fragwürdig. Kriege aus der Antike nach zuspielen ist vielleicht unkritischer als Spiele des WWII. Aber mal übertrieben gesagt was ist mit Spielen wie z.B. Guatemala Cafe, Bauen wir da Kaffee mit dem Fair Trade Siegel ab? Ansonsten handelt es sich nämlich um Probleme unserer Zeit. Was ist mit dem Produktionsort des Spiels? Welche Wirtschaft ich mit dem Kauf von Spielen unterstütze hat wohl mehr Auswirkungen für die meisten Menschen als die Thematik des Spiels.
Meiner Meinung nach braucht man keine Spiele mit dem Thema WWII. Ob ich bei Tide of Iron die grünen oder die grauen Figuren spiele ist mir egal, ich finde einfach das Spiel gut. Es wäre auch nicht schlechter wenn man Ritter und Drachen statt Panzer und Soldaten hätte. Anderseits stört mich das Thema WWII auch nicht besonders bei Brettspielen. Ich glaube nicht, dass davon irgend eine Gefahr ausgeht, wie zum Beispiel Statussymbol für Neonazis.
Wenn man sich allerdings an der Thematik von Brettspielen stört, dann sollte man nicht nur WWII als schlecht und alles andere als gut bezeichnene, sondern man sollte sich mit jedem Spiel individuell auseinandersetzen.

Gruß

Marcus

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Gevatter
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Re: "Übersensibilität"?

Beitragvon Gevatter » 6. Juli 2008, 12:21

....nein, wir müssen nicht ausufernd diskutieren. Wir "müssen" (besser: sollten)ausufernd solch Klassespiele wie z.B. ASL, card-driven-games zum Thema WW2 von GMT oder MMP oder auch leichte Kost eines Combat Commander oder Tide of Iron spielen und genießen. Diskutieren können Andere....;-)

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Tom Tykwer
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Re: "Übersensibilität"?

Beitragvon Tom Tykwer » 6. Juli 2008, 12:27

danke Gevatter

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Nero
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Re: "Übersensibilität"?

Beitragvon Nero » 6. Juli 2008, 12:33

...es geht nicht um das Thema 2. Weltkrieg, sondern um die art der präsentation. Ich denke, jedes thema ist erlaubt, sofern die umsetzung keine verherrlichung darstellt.

Gruß
Nero

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ravn

Re: Kriegsspiele sensibilisieren!

Beitragvon ravn » 6. Juli 2008, 12:56

Nero schrieb:
>
> ...es geht nicht um das Thema 2. Weltkrieg, sondern um die
> art der präsentation. Ich denke, jedes thema ist erlaubt,
> sofern die umsetzung keine verherrlichung darstellt.

Wenn ich eines aus diversen Co-Sims erfahren habe, dann den Fakt, dass Soldaten (und damit Menschen) in Kriegen reinstes Kanonenfutter sind. Nur Mittel zum Zweck. Ausgenutzt. Von Kriegsstrategen gelenkt, die fernab der Schlachtfelder und der Gefahren über Leben und Tod von Anderen entscheiden.

Wenn Co-Sims auch nur ansatzsweise die Wirklichkeit im Modell abbilden, dann habe ich (alleine damit und durch diverse Nachrichtensendungen bestätigt) genug über Kriege begriffen, um die als solche zu verachten und alle, die kriegerische Mittel als Interessens-Konfliktlösung einsetzen - nicht auf ihre Kosten, sondern meist immer auf Kosten der dort Kämpfenden, in den Kampf getriebenen und betroffenen Zivilbevölkerung.

Trotzdem oder gerade deswegen finde ich (nicht zu Tabellen- und Würfel-lastige) Kriegsspiele auch spielenswert. Muss aber jeder für sich entscheiden, ob er das Spielthema abstossend findet. Soll ja auch AKW-Gegner geben, die deshalb in Funkenschlag nicht auf Uran als Energieträger setzen ... auch wenn es spielerisch sinnvoll wäre.

Das Thema ist aber zu komplex und vielseitig, um es hier in einem Thread eingezwängt zu diskutieren...

So simuliert z.B. "Weath of Nations" die knallharte Wirtschaft, in denen Arbeiter ebenso auch nur Mittel zum Zweck und zu Wertschöpfern degradiert werden, die man beliegt verschachert nach Belieben. Einen Sozialplan gibt es da nicht. Auch verachtenswert? Oder nur ein Spiel?

Cu/Ralf

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Duchamp

Re: Kriegsspiele

Beitragvon Duchamp » 6. Juli 2008, 13:15

Marcus schrieb:
> Aber mal übertrieben gesagt was ist mit Spielen wie z.B.
> Guatemala Cafe, Bauen wir da Kaffee mit dem Fair Trade Siegel
> ab? Ansonsten handelt es sich nämlich um Probleme unserer
> Zeit.

Betonung auf "übertrieben" - da liegt der Hase im Pfeffer ...

> Was ist mit dem Produktionsort des Spiels? Welche
> Wirtschaft ich mit dem Kauf von Spielen unterstütze hat wohl
> mehr Auswirkungen für die meisten Menschen als die Thematik
> des Spiels.

Um "Auswirkungen" auf irgendwen ging es ja gar nicht. Es war eine Meinung zum Thema und dessen Aufbereitung gefragt und ich habe etwas dazu geschrieben. Abgesehen davon finde ich sehr angenehm, wenn ich ein Spiel kaufe, das nicht hauptsächlich in China hergestellt wurde.

> Ich glaube nicht, dass davon (Thema WWII) irgend eine Gefahr ausgeht, wie zum
> Beispiel Statussymbol für Neonazis.

D`accord.

> Wenn man sich allerdings an der Thematik von Brettspielen
> stört, dann sollte man nicht nur WWII als schlecht und alles
> andere als gut bezeichnene, sondern man sollte sich mit jedem
> Spiel individuell auseinandersetzen.

"Gut" und "schlecht" waren hier bisher noch keine Kategorien. Und letztlich geht es darum, was jedes Thema beim jeweiligen Spielerindividuum auslöst und wie "konkret" es ist. Es gibt sicherlich Leute, die "Guatemala Café" geschmacklos finden, oder verschiedene Verletzungsstufen wie "Arm ab" bei einer ggf. "realistischen" Mittelalter-Kriegssimulation. Wie es ja auch schon aufgebrachte Memnschen wegen "Zooloretto" gab. Und sie haben alles Recht der Welt dazu, ob es den anderen nun gefällt oder nicht.

Im Übrigen: Wenn ich eine Aversion (aus persönlichen Gründen) gegen bestimmte Themen habe, folgt daraus m. E. nicht, dass ich mich mit JEDEM Thema eines jeden Spieles auseinandersetzen muss. Wenn ich z.B. Spinnen eklig fände, würde ich eben bestimmte Spiele nicht spielen wollen, deswegen sollte ich ja nicht alle Tiere der Welt auf Ekel-Potential überprüfen, oder?

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Marcus
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Re: Kriegsspiele

Beitragvon Marcus » 6. Juli 2008, 15:35

Hallo,

Duchamp schrieb:
> Um "Auswirkungen" auf irgendwen ging es ja gar nicht. Es war
> eine Meinung zum Thema und dessen Aufbereitung gefragt und
> ich habe etwas dazu geschrieben. Abgesehen davon finde ich
> sehr angenehm, wenn ich ein Spiel kaufe, das nicht
> hauptsächlich in China hergestellt wurde.

Das stimmt, aber ich fände das auch mal einen interessanten Punkt. Auch ich kaufe lieber ein Spiel, dass nicht hauptsächlich in China hergestellt wurde.

> Im Übrigen: Wenn ich eine Aversion (aus persönlichen Gründen)
> gegen bestimmte Themen habe, folgt daraus m. E. nicht, dass
> ich mich mit JEDEM Thema eines jeden Spieles
> auseinandersetzen muss. Wenn ich z.B. Spinnen eklig fände,
> würde ich eben bestimmte Spiele nicht spielen wollen,
> deswegen sollte ich ja nicht alle Tiere der Welt auf
> Ekel-Potential überprüfen, oder?

Das stimmt auch, aber es gibt halt gewisse Themen die alle 2-3 Monate in den bekannten Foren immer wieder aufkommen und WWII gehört dazu. Dann werden Kriegsspiele verdammt oder vergöttert und die meisten Verlage beziehen dabei eindeutige Position und nehmen die Spiele nicht in ihr Programm auf. Wie gesagt, mit ist es völlig egal. Ich könnte auch gut ohne Spiele mit dem Thema WWII leben. Wenn allerdings auch mal ein paar andere diskusionswürdige Spielethemen in die Schußlinie kommen würden fände ich es mal ganz abwechslungsreich.

Gruß

Marcus

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Guido
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Re: Kriegsspiele sensibilisieren!

Beitragvon Guido » 6. Juli 2008, 22:03

Hallo,

ich selbst finde das Thema Krieg im Spiel nicht so schlimm, solange es nicht verherrlicht wird. Das Thema Krieg im Spiel finde ich umgegehrt aber auch nicht als Verunglimpfung des Krieges. Es geht hier nur um eine thematische Einbettung für meist sehr konfrontationsreiche Spiele. Spiele bilden immer in irgendeiner Hinsicht die Realität ab (Abstufungen sind rein graduell). Gleichzeitig ist Spiel auch wiederum völlig sinnfrei, eben weil es die Realtiät nur abbildet und diese nicht ist. Das Ergebnis im Spiel hat keinerlei Auswirkung auf die "Realität" als solche. Jedem der Kriegsspiele spielt, ist dies bewußt.

Diese Kriegsthemaverdammung an sich finde ich ebenso heuchlerisch. Denn wenn man sich das Grundprinzip der allermeisten Spiele anschaut, so ist es doch das der Konkurrenz, des Wettbewerbs. Wie auch immer das Thema geartet ist, so geht es doch immer darum, seine "Ressourcen" so einzuteilen und zu nutzen, dass man irgendein Ziel eher erreicht als seine Gegner. Hier weicht allenfalls der Grad der direkten Konfrontation ab. Letzlich müssen aber immer die Gegner ausgestochen werden. Manchmal auch sogar durch die gemeinsame Zusammenarbeit, der Kooperation. Da Spiele auch immer die Realität abbilden, bietet sich der der "Krieg" als Thema für Spiele mit hoher direkter Konfrontation an. Für mich ist das o.k, da ich weiss, dass hier lediglich ein Mechanismus thematisiert wird, um dem Spiel Atmospähre zu verleihen, ohne aber den Krieg als solchen als Konfliktlösungsmittel zu etablieren oder sogar das Thema Krieg zu heorisieren. Es spielen zwei oder mehr Seiten mit bestimmten Einheiten gegeneinander. Irgendjemand gewinnt. Punkt. Das in diesem Zusammenhang evtl. Sprüche kommen wie: "Ha, gloreich habe ich meine Kavellarie in die Schlacht getrieben" oder "Ha, Deine Höhlentrolle sind Futter für meine Elitesoldaten", dient der Untermalung und Aufstachelung der Mitspieler und wohl kaum, den Krieg zu beschönigen. Denn, es ist eben nur ein Spiel.

ravn schrieb:

> Wenn ich eines aus diversen Co-Sims erfahren habe, dann den
> Fakt, dass Soldaten (und damit Menschen) in Kriegen reinstes
> Kanonenfutter sind. Nur Mittel zum Zweck. Ausgenutzt. Von
> Kriegsstrategen gelenkt, die fernab der Schlachtfelder und
> der Gefahren über Leben und Tod von Anderen entscheiden.

Wäre ja, wenn man so wollte, bei Schach nicht anders. Eine Nachbildung einer Schlacht. Die Schlacht der Könige ist hier zwar sehr abstrahiert, aber durchaus zu erkennen. Da werden Bauern und Läufer geopfert (und auch der Sprachgebrauch benutzt genau dieses Wort: opfern), um den Gesamtsieg zu sichern...Ich erinnere nur an die Anspielung durch das sog. "Zaubererschach" in der Harry Potter Reihe, in der die geschlagenen Gegner zerschlagen und zerstückelt werden und worüber sich Hermine immer, da ja so barbarisch, aufregt. Im Film übrigens auch visuell sehr, sehr martialisch dargestellt wird. Trotzdem ist Schach anerkannt und gilt sogar als edler Denksport (auch in der Potterreihe so dargestellt - im Finale muss hier eine Denkschlacht geführt werden, in der sogar Opfer gebracht werden müssen!). Und trotzdem kommen nur die wenigsten auf die Idee, hier Schach wg. des Themas auf die Anklagebank zu heben. Und warum? Weil es enorm strategische Tiefen hat. Es ist halt nur das oberflächliche Thema für Zugmechanismen, die ihren ganz eigenen Reiz haben und in der Komplexität ihres gleichen suchen. Und genauso empfinde ich es bei den anderen "Kriegsspielen". Ich kenne nicht so viele Kriegsspiele, aber auch mich reizt es, mit den entsprechenden Zugmechanismen (ein Panzer bewegt sich anders als ein Fußsoldat, als die Kanoniere, als der Höhlentroll, als der Wargreiter, etc.) die Strategien auszuloten. Ein entsprechendes und auch ansprechendes Thema ist hier für mich einfach zwangsläufig. Ich finde daran auch nichts weiter anstößiges. Im Gegenteil. Wenn ich hier feststellte, dass hier zwanghaft versucht wird, ein "unkriegerisches" Thema aufzusetzten, fände ich das eher heuchlerisch. Man stelle sich vor: "Das Klötzchenspiel: Klotz A hat die Fähigkeit drei Felder zu ziehen und kann dann alle diagonalen Felder "markieren". Stehen im markierten Feld Klötzchen des Gegenspielers, sind diese markierten Klötzchen aus dem Spiel und kommen in die Schachtel. Klotz D und E darf ...." Gäähhn. Sicher, man könnte es so abstrakt machen. Aber es ist einfach "cooler", sich einen ratternden Panzer vozustellen, oder einen lefzenden Warg und seinen übelriechenden Ork auf seinem Rücken. Denn dies beflügelt für den Zeitraum der Spiel die Phantasie, motiviert und stachelt auf. Und ist das Spiel vorbei, ist es vorbei. Ich stehe am nächsten Morgen nicht im Büro und befehlige meine Ents gegen den Bösen Chef oder den niederträchgtigen Kollegen, der mal wieder meine Ideen als die seinigen ausgibt.


Ob ein Spieler sich vorstellt, tatsächlich auch gerne im wirklichen Leben ein "heldenhafter Feldmarschall" zu sein, der seine Soldaten regelmäßig skrupelos zu Selbstmordkommandos zwingt oder das Magazin seiner Uzi im Bauch der Mitspieler zu entleert, ist eine ganz andere Frage und hat meiner Meinung nach erstmal wenig mit dem Spiel und dessen Thema als solches zu tun. Hier mag er vielleicht zunächst das Spiel nutzen und versuchen, seine Phantasien auszuleben, aber befriedigen wird in das nicht. Ein Waffennarr z.b. wird Cash&Guns eher lächerlich finden. Und Nazis werden wohl kaum Memoir 44 spielen, nur um zu beweisen, dass der D-Day damals "einfach dumm gelaufen sei" und die SS-Truppen wahre Helden seien. Memoir ist eben auch nur ein Spiel. Wobei ich aber hier anmerken möchte, dass der Verlag zu Marketingzwecken den Kampf der Alleierten in Memoir' 44 sehr wohl verherrlicht und diese als Helden darstellt. Hier stört mich aber eher der zur Werbezwecken eingespannte Fahnenpatriotismus und die Glorifizierung einer sehr, sehr velustreichen Landung in der Normandie, als die Thematisierung im Spiel selbst. Auch wenn wir dem Angriff der Allerierten 1944 durch seien Verlauf und seine Auswirkungen viel zu Verdanken haben, so ist Krieg immer, und das weiß denke ich jeder zivilisierte Mensch, ein schlechtes Konfliklösungsmittel, was aber hier eher durch die Marketingaktion bzw. Präsentation des Spiels als durch das Spiel selbst untergraben wird. Kriegspiele wie Memoir werden mich und viele, viele andere Menschen sicherlich nicht davon überzeugen, es sei anders.



> Soll ja auch AKW-Gegner geben, die deshalb in
> Funkenschlag nicht auf Uran als Energieträger setzen ... auch
> wenn es spielerisch sinnvoll wäre.
>

Oh, ich habe eher festgestellt, dass AKW-Gegner im Spiel ganz schnell auf Uran umgestiegen sind, als Kohle und Müll zu teuer wurden. ... Tja, wenn es an den Geldbeutel geht. ;-)(Übrigens, schon den Artikel zu den Umfragewerten bzgl. Pro/Contra AKW angesichts der Energiepreise in der heutigen FAS gelesen?)


> Das Thema ist aber zu komplex und vielseitig, um es hier in
> einem Thread eingezwängt zu diskutieren...
>
> So simuliert z.B. "Weath of Nations" die knallharte
> Wirtschaft, in denen Arbeiter ebenso auch nur Mittel zum
> Zweck und zu Wertschöpfern degradiert werden, die man beliegt
> verschachert nach Belieben. Einen Sozialplan gibt es da
> nicht. Auch verachtenswert? Oder nur ein Spiel?
>
> Cu/Ralf

Du sprichst mir aus der Seele (s.o.). Man muss halt Realität und Fiktion auseinander halten. Andererseits können auch gerade Spiele zeigen, dass kriegerische Option sich nicht wirklich lohnen. Sie sind zwar eine Option, aber meist eine sehr verlustreiche. Damit hätten Spiele auch einen pädagoischen Effekt.

Gruß
Guido

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Michel
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Re: Kriegsspiele sensibilisieren!

Beitragvon Michel » 7. Juli 2008, 01:07

Klingt überzeugend und durchdacht.

Trotzdem hab ich beim Rumschieben eines kleinen Plastikpanzers immer ein ungutes Gefühl* - vielleicht deshalb, weil Spiele wie Memoir 44, Tide of Iron, Axis and Allies (und natürlich auch entsprechende Computer- oder Konsolenspiele), wenn sie gestapelt im Kaufhaus liegen und unterm Arm nach Hause getragen werden, die gerade hierzulande immer noch stark ausgeprägte Abneigung modernem Krieg(sgerät) gegenüber herabsetzen (und sei es auch nur kaum messbar).

Vielleicht sehe ich diesen Einfluss aber auch zu übertrieben - kleine Plastiksoldaten und Panzer gab's immer schon im Spielzeugladen, für jedermann sichtbar.

(*immer ist relativ: Als Jugendlicher habe ich - ohne jegliche Skrupel - MBs "Panzerschlacht" bis zur geistigen Umnachtung gespielt - was aber auch damit zusammenhing, dass ausschließlich Panzer in diesem Stratego-Klon benutzt wurden - hätten diese kleine Soldatenmännchen überrollt, wären wir Jungs wahrscheinlich ins Grübeln gekommen).

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Leberegel
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Re: Kriegsspiele

Beitragvon Leberegel » 7. Juli 2008, 08:43

Tatsächlich gibts ein Spiel zum Film "Wege zum Ruhm". Paths of glory genannt... ;-)
Und nebenbei: Den Satz den du mit "Bullshit" beendest, finde ich doch recht unverschämt. Ich glaube kaum, daß du beurteilen kannst ob und wie diese Art Spiele zu meinem Geschichtsverständnis beitragen...

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Duchamp

Re: Kriegsspiele

Beitragvon Duchamp » 7. Juli 2008, 10:20

Leberegel schrieb:
>
> Tatsächlich gibts ein Spiel zum Film "Wege zum Ruhm". Paths
> of glory genannt... ;-)

Na, ob das inhaltlich wirklich so eine starke Parallele ist, wage ich zu bezweifeln ... ;)
BGG Wiki: "As the Central Powers you must use the advantage of interior lines and the fighting skill of the Imperial German Army to win your rightful 'place in the sun.' As the Entente Powers (Allies) you must bring your greater numbers to bear to put an end to German militarism and ensure this is the war 'to end all wars.' Both players will find their generalship and strategic abilities put to the test as Paths of Glory's innovative game systems let you recreate all the dramatic events of World War I."

> Und nebenbei: Den Satz den du mit "Bullshit" beendest, finde
> ich doch recht unverschämt. Ich glaube kaum, daß du
> beurteilen kannst ob und wie diese Art Spiele zu meinem
> Geschichtsverständnis beitragen...

Ich halte es nach wie vor in fast allen Fällen vorgeschoben. "Geschichtsverständnis" rührt von einer Beschäftigung mit historischen Tatsachen her; ein Spiel aber MUSS vor allen Dingen spielerisch reizvoll sein. Ich bezweifle nicht, dass bei der Entwicklung von Consims und dergl. historisch relativ genau gearbeitet wird, aber "Geschichtsverständnis" ist m.E. doch etwas anderes (Wobei natürlich Spielfilme zweifellos auch nur seeehr bedingt realitätsnäher sind).

Sorry, wenn meine Formulierung etwas flapsig war, aber "Bullshit" bedeutet eigentlich nur "leeres Gerede", und das pflegen wir allesamt öfter, als wir denken und ich empfinde den Ausdruck nicht als explizit unverschämt. Du hast aber Recht insofern, dass ich mich einer Pauschalisierung "schuldig gemacht" habe, was ich normalerweise vermeide. Allerdings war mein Beitrag einleitend und abschließend hinreichend als persönlich und nicht allgemeingültig gekennzeichnet, also bitte auch so lesen.

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Fluxx
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Re: Kriegsspiele

Beitragvon Fluxx » 7. Juli 2008, 10:41

Duchamp schrieb:
> Ich halte es nach wie vor in fast allen Fällen vorgeschoben.
> "Geschichtsverständnis" rührt von einer Beschäftigung mit
> historischen Tatsachen her; ein Spiel aber MUSS vor allen
> Dingen spielerisch reizvoll sein. Ich bezweifle nicht, dass
> bei der Entwicklung von Consims und dergl. historisch relativ
> genau gearbeitet wird, aber "Geschichtsverständnis" ist m.E.
> doch etwas anderes (Wobei natürlich Spielfilme zweifellos
> auch nur seeehr bedingt realitätsnäher sind).

Ich gebe dir da in sofern recht, dass jemand der ein CoSim bis zum Erbrechen gespielt hat immer noch recht wenig übder die Zeit weiß und man bei ihm wohl noch nicht von ausgeprägtem Geschichtsverständnis redenkann. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass so ein Spiel dazu führt, dass man Lust bekommt sich mal mit anderen Quellen zu der Zeit zu beschäftigen. In dem Fall hat dass Spiel tatsächlich viel zu deienm Geschichtsverständnis beigetragen - nicht unbedingt als Quelle von Fakten sondern als Motivator sich damit auseinanderzusetzen. Von daher halte ich es nicht für 'Bullshit' oder 'vorgeschoben' wenn jemand sagt, dass CoSims sein Geschichtsverständnis gesteigert hat.

Fluxx, der noch nie irgendein CoSim gespielt hat

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Leberegel
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Re: Kriegsspiele

Beitragvon Leberegel » 7. Juli 2008, 11:28

Ich kann dazu nur sagen, daß ich aufgrund von gespielten Cosims schon viele Geschichtsbücher gelesen habe um den entsprechenden Hintergrund dazu zu bekommen. Aber auch andersherum habe ich schon viele Spiele gekauft, da ich Gelesenes mal nachspielen wollte. Mittlerweile lese ich fast ausschließlich Literatur zur Geschichte...
In der Geschichte der Menschheit spielt der Krieg nunmal eine herausragende Rolle. Sich damit spielerisch zu beschäftigen ist daher nicht verwerflich. Nur in Deutschland eben historisch etwas vorbelastet.
Amerikaner haben statt dessen Probleme mit braunen Arbeiterwürfeln bei Puerto Rico...

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mayo66
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Re: Kriegsspiele sensibilisieren!

Beitragvon mayo66 » 7. Juli 2008, 11:40

Guido schrieb:
> Es geht ... nur um eine thematische Einbettung ... Spiele bilden immer
> in irgendeiner Hinsicht die Realität ab ... Gleichzeitig ist Spiel auch wiederum völlig
> sinnfrei,


Hallo Guido,

da ein abstrakter Spielmechanismus (immer) in einen gesellschaftlichen Kontext gegossen wird (Wir kennen sicherlich alle (Bei)Spiele, in denen der gleiche Algorithmus in konträre Themen eingebettet wurde.), stellt sich die Frage nach der Affinität der Käufergruppe mit der Thematik. Im Gegensatz zu vielen, vielen Spielmechanismen, denen man ein fast beliebiges Thema überstülpen kann, geben die Cosims das Thema quasi vor: Schlachten, Kämpfe, Kriege! Allein die zeitliche Einbettung (Rom? Mittelalter? Napoleon? WW2? Irakkrieg?) variiert und mit zunehmender zeitlicher Distanz steigt die Akzeptanz.

Ich widerspreche, wenn Du behauptest, dass das Nachspielen des Irakkrieges völlig sinnfrei ist. Ich meine, dass es enttabuisiert. Ich behaupte, dass das spielerische Beschäftigen und Umgehen mit dem Unfassbaren den Schrecken mindert, den wir eigentlich erleben sollten.

Die entscheidende Frage, die sich eigentlich hinter dem immer wieder gern thematisierten "Kriegsspiel" verbirgt: Wo beginnt mein persönliches und gesellschaftliches Spiele-Tabu? Ist es Krieg schlechthin? Ist es WW2 (mit oder ohne Juden-Thematik)? Ist es Twin-Tower-Zerbomben und Bin Laden? Ist es Menschentöten? Frauenvergewaltigen? Kinderschänden?
Du merkst, ich nähere mich einer Tabugrenze und konstatiere: Menschen umbringen im Spiel (Stichwort: Ego-Shooter) ist gesellschaftlich akzeptiert.

Lieben Gruß
Mario

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Gesellschaftliche Akzeptanz

Beitragvon Fluxx » 7. Juli 2008, 12:23

mayo66 schrieb:
> Du merkst, ich nähere mich einer Tabugrenze und konstatiere:
> Menschen umbringen im Spiel (Stichwort: Ego-Shooter) ist
> gesellschaftlich akzeptiert.

Ist dass so? Ich bekomme mindestens einmal im Jahr eine längere Fernseh-/Radiodebatte mit wo lauter Experten darüber diskutieren ob man diese Spiele generell verbieten sollte und ob sie Schuld sind an der zunehmenden Gewaltbereitschaft unter Jugendlichen. Sieht für dich so gesellschaftliche Akzeptanz aus? Ich denke Ego-Shooter sind in der Gesellschaft etwa so akzeptiert wie Kriegsspiele in diesem Forum - es gibt eine große Gruppe die es akzeptiert und eine große Gruppe, die es als 'gefährlich' ansieht (und eine Gruppe die sich nie mit dem Thema beschäftigt hat).


Fluxx, der keinen Ego-Shooter besitzt

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Gigant
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Re: Kriegsspiele sensibilisieren!

Beitragvon Gigant » 7. Juli 2008, 12:56

Gutes Thema. - Tatsächlich hab ich mich zunächst auch geweigert z.B. "Tide of Iron" zu produzieren. Nach erscheinen der US Ausgabe wurde ich dann allerdings immer wieder drauf angesprochen wann denn ToI auf deutsch heraus käme. Ich habe daraufhin meine Bedenken geäussert, von wegen "was Kriegsspiele anginge hätte ich einfach kein gutes Gefühl" - und bin auf breiter Front auf Unverständnis gestossen...
Nun muss ich sagen, was ich gar nicht leiden kann sind Dogmen jeglicher Art, und so habe ich mich erneut mit dem Thema "Kriegsspiele" beschäftigt.
Fakt ist das wir in Deutschland bedingt durch unsere Geschichte weitaus sensibler mit dem Thema umgehen als der Rest der Welt.
Was mich persönlich angeht so bin ich sicherlich keine Nationalist. Mir gehen z.B. die WM und die EM zu 100% an Allerwertesten vorbei und ich werde den Teufel tun und mir ein Deutschlandfähnchen ans Auto pinnen um nachts "Deutschland - Deutschland" grölend durch die Vorstadt düsen egal in welche Richtung der blöde Ball nun geflogen ist. Ich bin aber stolz auf Deutschland .. stolz darauf das es uns gelungen ist über 60 Jahre lange nicht in irgendwelche Kriege verwickelt worden zu sein.
Warum mache ich nun TOI trotzdem ? - Ich sehe mich nicht als moralischen Übervater dessen Aufgabe es ist zu entscheiden wer was zu tun oder zu lassen hat. Ein Thema zu tabuisieren macht es meiner Meinung nach nur interessanter. - Selbstredend ist es heuchlerisch die Napolionischen Kriege "nachzuspielen" und als "Historienspiel" zu "verkaufen" gleichzeitig aber ein Spiel das die Landung in der Normandie zum Thema hat als "verdammungswürdiges Kriegsspiel" zu brandmarken.
Um ein Spiel wie z.B. ToI mit Vergnügen spielen zu können ist eine gewisse intellektuelle "Grundkapazität" erforderlich.
Ich bin hier Optimist und glaube/hoffe das die Spieler von ToI in der Lage sind zwischen Krieg und einem Spiel in dem kleine Plastikfigürchen herumgeschoben werden differenzieren können.
Ich erhoffe mir einen "kritischen" Umgang mit dieser Art von Spielen bei dem der Spass nicht zu kurz kommt und ich freue mich auf diesbezügliche Diskussionen und Reflexionen.

Statement: Wir, als Heidelberger Spieleverlag haben beschlossen "Kriegsspiele" nicht generell zu tabuisieren, aber wir versuchen mit dem Thema so verantwortungsbewusst wie möglich umzugehen. So liegt die Altersempfehlung zu ToI (für die deutsche Ausgabe) z.B. bei 18 Jahren und wir versuche auf jede Art der "Glorifizierung" von Krieg zu verzichten.

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Warbear

Re: Kriegsspiele

Beitragvon Warbear » 7. Juli 2008, 13:47

Im Geschichts-Unterricht auf dem Gymnasium hatten meine Lehrer nichts anderes zu tun, als uns geschichts-relevante Zahlen auswendig lernen zu lassen und dann abzufragen, wer sich das besser gemerkt hatte.

Das hatte auch einen gewissen Erfolg. So weiß ich auch heute noch:
753 - Rom kroch aus dem Ei
333 - bei Issos Keilerei
202 - Zama oh Zama
Aber Geschichts-Verständnis konnten sie mir nicht vermitteln, und mein Geschichts-Interesse wecken konnten sie so auch nicht.

Anfang der 90er Jahre kam ich per Zufall zu zwei Cosims - meine ersten überhaupt - über den amerikanischen Bürgerkrieg (ACW): Across 5 Aprils (von Victory Games) behandelte mehrere taktische Schlachten, A House Divided (von GDW) - das Original zu Norden & Süden von Phalanx - behandelte den ACW auf strategischer Ebene in seiner Gesamtheit.

Da ich bis dahin auf Wargame-Ebene über Risiko, das mir damals schon langweilig geworden war, nicht hinausgekommen war, fesselten mich diese Spiele sofort. Ich wollte über das Thema ACW mehr wissen und kaufte mir [b]Für die Freiheit sterben[/b]. Das war eine meiner besten Ideen. Die 1000 Seiten dieses grandiosen Buches von James McPherson, einem Pulitzer-Preis Träger, hatte ich nach nur 3 Tagen durch (es war spannender als jeder meiner vielen Krimis zuvor). Danach gefielen mir die beiden ACW-Spiele noch viel mehr.

Inzwischen besitze ich eine Unmenge Cosims und weit über 500 Geschichts-Bücher. Ich habe meine Begeisterung für Geschichte entdeckt, ich habe meine Allgemeinbildung deutlich verbessert, und ich habe durch die Regel-Lektüre meine Englisch-Kenntnisse vertieft. Seelischen oder geistigen Schaden durch Cosim-Spielen konnte ich bei mir bisher noch nicht feststellen. Und ich spiele auch noch weiterhin gerne Cosims (aber auch vieles andere).

Dieses Posting von Dir zeigt leider, daß Du von dem Thema keine Ahnung hast. Schade eigentlich, daß Du es so geschrieben hast, denn andere Beiträge von Dir habe ich meist gerne gelesen.

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Guido
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Re: Kriegsspiele sensibilisieren!

Beitragvon Guido » 7. Juli 2008, 15:42

Michel schrieb:

> Trotzdem hab ich beim Rumschieben eines kleinen
> Plastikpanzers immer ein ungutes Gefühl* - vielleicht
> deshalb, weil Spiele wie Memoir 44, Tide of Iron, Axis and
> Allies (und natürlich auch entsprechende Computer- oder
> Konsolenspiele), wenn sie gestapelt im Kaufhaus liegen und
> unterm Arm nach Hause getragen werden, die gerade hierzulande
> immer noch stark ausgeprägte Abneigung modernem Krieg(sgerät)
> gegenüber herabsetzen (und sei es auch nur kaum messbar).

Tun Sie das? Ich denke nicht. Selbst bei so offensichtlichem "Kriegsspielzeug" wie Schreckschuß- oder Wasserpistolen (von denen die modernen wahrlich aus einer Warhammer Apokalypse stammen könnten) wird niemand unterstellen, Kinder seien durch das Spiel mit solchen Dingen einem erhöhten Risiko ausgesetzt, Waffennarre zu werden oder später gar Amok zu laufen. Aber auch hier gilt, dass es mehr Spaß macht, mit einer Wasserpistole, als einfach nur mit einem Wasserbecher jemanden naß zu machen.
Denn wenn das Spiel etwas mehr "Realität" bekommt, ist es einfach spannender. Und doch wissen Kinder sofort, dass es ein riesen Unterschied ist und wo der Unterschied ist, wenn der Polizist erklärt, er Trage im Dienst immer eine richtige Pistole und das diese eben kein Spielzeug sei. Kinder lernen meiner Meinung nach im direkten Vergleich von Spiel und Ernst viel schneller, worauf es ankommt und wo nciht.
Viel Gefährlicher als Räuber und Gendarme oder Cowboy und Indianer, Wasserpistolen und Stratego finde ich da einige auch sog. Kinderfilmchen, die unterschwellig klar machen wollen, dass man mit Gewalt eher Probleme löst als ohne. Bei den genannten "kriegerischen Spielchen" ist von vornherein klar, dass die Regel des Spiels die ist, sich möglichst viel Wasser um die Ohren zu pusten, sich die Plastikpanzer auf den Hals zu hetzen oder einfach nur möglichst viel Krach mit den Platzpartonen zu machen. Hier gibt es keine Alternative und hier wird auch gar keine verlangt. Es geht einfach nur um die "Action". Ganz anders sieht es aus, wenn Kinder sich streiten. Verantwortungsvolle Erzieher haben den Kinder schnell beigebracht, dass Schläge nicht gelten und verlangen eine andere Lösung als die, dem bösen Nachbarskind die Plastikknarre an den Kopf zu werfen. Aber hier haben Kinder auch so erkannt, dass es kein Spiel mehr ist.
Das Problem von Gewalt, etc. liegt nicht in den Dingen oder dem Spiel selbst, sondern wie der zwischenmenschliche Umgang beigebracht worden ist.

Gruß
Guido

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Nero
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Re: Kriegsspiele sensibilisieren!

Beitragvon Nero » 7. Juli 2008, 16:01

...um nochmal auf mein anfangsposting zurückzukommen...das Spiel TOI würde ich problemlos spielen...würde es allerdings den titel tragen "Die Helden von Ohmaha Beach" würde ich es mir nicht ins regal stellen...nicht das Thema ist das problem, sondern wie es behandelt wird...

Gruß
Nero

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Michel
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Re: Kriegsspiele sensibilisieren!

Beitragvon Michel » 7. Juli 2008, 16:05

Guido schrieb:
> Das Problem von Gewalt, etc. liegt nicht in den Dingen oder
> dem Spiel selbst, sondern wie der zwischenmenschliche Umgang
> beigebracht worden ist.

Absolut! Und dieses "Beibringen" geschieht eben zum großen Teil - ob man das mag oder nicht - durch die Umwelt. Ist die mit Kriegsgerät aller Art angefüllt (ganz übel: die hyperrealistischen Erbsen-Pistolen und -gewehre), passiert da mit Sicherheit etwas im Kopf.

Ein Brett-Kriegsspiel wird einen nicht messbaren Effekt haben, das ist mir auch klar.

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Culexss
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Re: Kriegsspiele

Beitragvon Culexss » 7. Juli 2008, 16:11

Hmmm... das finde ich irgendwie viel fragwürdiger:

http://www.hafenschlammrekords.de/tyrannen-quartett-die-uebelsten-diktatoren-der-welt-auf-32-spielkarten-p-11650.html

Spiele gibts *kopfschütteln*


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