Beitragvon Guido » 6. Juli 2008, 22:03
Hallo,
ich selbst finde das Thema Krieg im Spiel nicht so schlimm, solange es nicht verherrlicht wird. Das Thema Krieg im Spiel finde ich umgegehrt aber auch nicht als Verunglimpfung des Krieges. Es geht hier nur um eine thematische Einbettung für meist sehr konfrontationsreiche Spiele. Spiele bilden immer in irgendeiner Hinsicht die Realität ab (Abstufungen sind rein graduell). Gleichzeitig ist Spiel auch wiederum völlig sinnfrei, eben weil es die Realtiät nur abbildet und diese nicht ist. Das Ergebnis im Spiel hat keinerlei Auswirkung auf die "Realität" als solche. Jedem der Kriegsspiele spielt, ist dies bewußt.
Diese Kriegsthemaverdammung an sich finde ich ebenso heuchlerisch. Denn wenn man sich das Grundprinzip der allermeisten Spiele anschaut, so ist es doch das der Konkurrenz, des Wettbewerbs. Wie auch immer das Thema geartet ist, so geht es doch immer darum, seine "Ressourcen" so einzuteilen und zu nutzen, dass man irgendein Ziel eher erreicht als seine Gegner. Hier weicht allenfalls der Grad der direkten Konfrontation ab. Letzlich müssen aber immer die Gegner ausgestochen werden. Manchmal auch sogar durch die gemeinsame Zusammenarbeit, der Kooperation. Da Spiele auch immer die Realität abbilden, bietet sich der der "Krieg" als Thema für Spiele mit hoher direkter Konfrontation an. Für mich ist das o.k, da ich weiss, dass hier lediglich ein Mechanismus thematisiert wird, um dem Spiel Atmospähre zu verleihen, ohne aber den Krieg als solchen als Konfliktlösungsmittel zu etablieren oder sogar das Thema Krieg zu heorisieren. Es spielen zwei oder mehr Seiten mit bestimmten Einheiten gegeneinander. Irgendjemand gewinnt. Punkt. Das in diesem Zusammenhang evtl. Sprüche kommen wie: "Ha, gloreich habe ich meine Kavellarie in die Schlacht getrieben" oder "Ha, Deine Höhlentrolle sind Futter für meine Elitesoldaten", dient der Untermalung und Aufstachelung der Mitspieler und wohl kaum, den Krieg zu beschönigen. Denn, es ist eben nur ein Spiel.
ravn schrieb:
> Wenn ich eines aus diversen Co-Sims erfahren habe, dann den
> Fakt, dass Soldaten (und damit Menschen) in Kriegen reinstes
> Kanonenfutter sind. Nur Mittel zum Zweck. Ausgenutzt. Von
> Kriegsstrategen gelenkt, die fernab der Schlachtfelder und
> der Gefahren über Leben und Tod von Anderen entscheiden.
Wäre ja, wenn man so wollte, bei Schach nicht anders. Eine Nachbildung einer Schlacht. Die Schlacht der Könige ist hier zwar sehr abstrahiert, aber durchaus zu erkennen. Da werden Bauern und Läufer geopfert (und auch der Sprachgebrauch benutzt genau dieses Wort: opfern), um den Gesamtsieg zu sichern...Ich erinnere nur an die Anspielung durch das sog. "Zaubererschach" in der Harry Potter Reihe, in der die geschlagenen Gegner zerschlagen und zerstückelt werden und worüber sich Hermine immer, da ja so barbarisch, aufregt. Im Film übrigens auch visuell sehr, sehr martialisch dargestellt wird. Trotzdem ist Schach anerkannt und gilt sogar als edler Denksport (auch in der Potterreihe so dargestellt - im Finale muss hier eine Denkschlacht geführt werden, in der sogar Opfer gebracht werden müssen!). Und trotzdem kommen nur die wenigsten auf die Idee, hier Schach wg. des Themas auf die Anklagebank zu heben. Und warum? Weil es enorm strategische Tiefen hat. Es ist halt nur das oberflächliche Thema für Zugmechanismen, die ihren ganz eigenen Reiz haben und in der Komplexität ihres gleichen suchen. Und genauso empfinde ich es bei den anderen "Kriegsspielen". Ich kenne nicht so viele Kriegsspiele, aber auch mich reizt es, mit den entsprechenden Zugmechanismen (ein Panzer bewegt sich anders als ein Fußsoldat, als die Kanoniere, als der Höhlentroll, als der Wargreiter, etc.) die Strategien auszuloten. Ein entsprechendes und auch ansprechendes Thema ist hier für mich einfach zwangsläufig. Ich finde daran auch nichts weiter anstößiges. Im Gegenteil. Wenn ich hier feststellte, dass hier zwanghaft versucht wird, ein "unkriegerisches" Thema aufzusetzten, fände ich das eher heuchlerisch. Man stelle sich vor: "Das Klötzchenspiel: Klotz A hat die Fähigkeit drei Felder zu ziehen und kann dann alle diagonalen Felder "markieren". Stehen im markierten Feld Klötzchen des Gegenspielers, sind diese markierten Klötzchen aus dem Spiel und kommen in die Schachtel. Klotz D und E darf ...." Gäähhn. Sicher, man könnte es so abstrakt machen. Aber es ist einfach "cooler", sich einen ratternden Panzer vozustellen, oder einen lefzenden Warg und seinen übelriechenden Ork auf seinem Rücken. Denn dies beflügelt für den Zeitraum der Spiel die Phantasie, motiviert und stachelt auf. Und ist das Spiel vorbei, ist es vorbei. Ich stehe am nächsten Morgen nicht im Büro und befehlige meine Ents gegen den Bösen Chef oder den niederträchgtigen Kollegen, der mal wieder meine Ideen als die seinigen ausgibt.
Ob ein Spieler sich vorstellt, tatsächlich auch gerne im wirklichen Leben ein "heldenhafter Feldmarschall" zu sein, der seine Soldaten regelmäßig skrupelos zu Selbstmordkommandos zwingt oder das Magazin seiner Uzi im Bauch der Mitspieler zu entleert, ist eine ganz andere Frage und hat meiner Meinung nach erstmal wenig mit dem Spiel und dessen Thema als solches zu tun. Hier mag er vielleicht zunächst das Spiel nutzen und versuchen, seine Phantasien auszuleben, aber befriedigen wird in das nicht. Ein Waffennarr z.b. wird Cash&Guns eher lächerlich finden. Und Nazis werden wohl kaum Memoir 44 spielen, nur um zu beweisen, dass der D-Day damals "einfach dumm gelaufen sei" und die SS-Truppen wahre Helden seien. Memoir ist eben auch nur ein Spiel. Wobei ich aber hier anmerken möchte, dass der Verlag zu Marketingzwecken den Kampf der Alleierten in Memoir' 44 sehr wohl verherrlicht und diese als Helden darstellt. Hier stört mich aber eher der zur Werbezwecken eingespannte Fahnenpatriotismus und die Glorifizierung einer sehr, sehr velustreichen Landung in der Normandie, als die Thematisierung im Spiel selbst. Auch wenn wir dem Angriff der Allerierten 1944 durch seien Verlauf und seine Auswirkungen viel zu Verdanken haben, so ist Krieg immer, und das weiß denke ich jeder zivilisierte Mensch, ein schlechtes Konfliklösungsmittel, was aber hier eher durch die Marketingaktion bzw. Präsentation des Spiels als durch das Spiel selbst untergraben wird. Kriegspiele wie Memoir werden mich und viele, viele andere Menschen sicherlich nicht davon überzeugen, es sei anders.
> Soll ja auch AKW-Gegner geben, die deshalb in
> Funkenschlag nicht auf Uran als Energieträger setzen ... auch
> wenn es spielerisch sinnvoll wäre.
>
Oh, ich habe eher festgestellt, dass AKW-Gegner im Spiel ganz schnell auf Uran umgestiegen sind, als Kohle und Müll zu teuer wurden. ... Tja, wenn es an den Geldbeutel geht. ;-)(Übrigens, schon den Artikel zu den Umfragewerten bzgl. Pro/Contra AKW angesichts der Energiepreise in der heutigen FAS gelesen?)
> Das Thema ist aber zu komplex und vielseitig, um es hier in
> einem Thread eingezwängt zu diskutieren...
>
> So simuliert z.B. "Weath of Nations" die knallharte
> Wirtschaft, in denen Arbeiter ebenso auch nur Mittel zum
> Zweck und zu Wertschöpfern degradiert werden, die man beliegt
> verschachert nach Belieben. Einen Sozialplan gibt es da
> nicht. Auch verachtenswert? Oder nur ein Spiel?
>
> Cu/Ralf
Du sprichst mir aus der Seele (s.o.). Man muss halt Realität und Fiktion auseinander halten. Andererseits können auch gerade Spiele zeigen, dass kriegerische Option sich nicht wirklich lohnen. Sie sind zwar eine Option, aber meist eine sehr verlustreiche. Damit hätten Spiele auch einen pädagoischen Effekt.
Gruß
Guido