Beitragvon Günter Cornett » 20. August 2008, 17:03
Niki schrieb:
>
> Hallo Günter,
>
> jetzt möchte ich doch mal nachfragen ...
>
> > Ich hatte diese Variante bisher nicht
> > veröffentlicht, weil ich es für eine genehmigungsbedürftige
> > Bearbeitung halte. Dass Andreas sie gepostet hat, liegt
> > daran, dass er eine flapsige Bemerkung meinerseits als
> > Erlaubnis der Veröffentlichung verstanden hatte. Hätte nicht
> > sein sollen.
>
> Woraus schließt du, dass eine Bearbeitung
> genehmigungsbedürftig ist?
§ 23 UrhG
Bearbeitungen und Umgestaltungen
"Bearbeitungen oder andere Umgestaltungen des Werkes dürfen nur mit Einwilligung des Urhebers des bearbeiteten oder umgestalteten Werkes veröffentlicht oder verwertet werden."
http://transpatent.com/gesetze/urhg.html#23
> Worin siehst du überhaupt den
> Unterschied zwischen Variante und Überarbeitung. Wieso
> braucht Andreas deine Erlaubnis?
Eine Variante ist eine Bearbeitung.
Da es noch nicht einmal Konsens darüber gibt, ob Spiele überhaupt unter das Urheberrecht fallen, kann man das natürlich in Zweifel ziehen. Geht man aber davon aus, dass Spiele urheberrechtlichen Schutz genießen, dann gilt obiger Paragraph natürlich auch für Varianten.
Beispiel Carcassonne.
Klaus Jürgen Wrede hat ein tolles Spiel entwickelt, auf das andere nicht gekommen wären. Nun bauen andere an dem Spiel weiter, veröffentlichen Varianten, verdienen Geld damit, ohne dass Klaus etwas dagegen tun kann. Wäre das fair?
Aus diesem Grund gibt es das Bearbeitungsrecht.
Es geht allerdings noch etwas weiter. Stell dir mal vor, eine politische Gruppierung würde es thematisch umgestalten, ansonsten so lassen. Stadt Städte zu gründen, baut man Knäste für 'Asoziale', statt Strassen bindet man Menschen anderer Hautfarbe an eine Leine - und der Autor soll sich nicht dagegen wehren können?
Das Werk des Urhebers ist das Werk des Urhebers. Es ist sein recht zu entscheiden, in welcher Form es verwertet oder veröffentlicht wird.
Das sollte auch für Spieleautoren gelten.
'Dagegen' muss der Urheber eines veröffentlichten Werkes sich Kritik gefallen lassen. Wenn man schreibt, so oder so hätte er es besser machen können, dann muss er damit leben. Es gibt kein Recht auf Schutz vor Kritik.
Wo - für mich - der Unterschied liegt zwischen einer Bearbeitung, die eine Erlaubnis erfordert, und einem Verbesserungsvorschlag, der durch die Presse- und Meinungsfreiheit gedeckt ist, habe ich in meinem obigen Beispiel deutlich zu machen versucht.
Andreas hätte - unter rein urheberechtlichen Gesichtspunkten - vermutlich gar nicht meiner Erlaubnis bedurft, eher unter wettbewerbsrechtlichen; soweit ich mich erinnere, hatten wir Geheimhaltung vereinbart. Das juristisch auseinanderzuklabüstern sehe ich mich momentan nicht in der Lage. Er hat ganz einfach - leicht verklausliert - gefragt, ich habe das nicht als Frage verstanden und ermuntert geantwortet.
> > Zu dieser Ansicht bin ich allerdings auch erst in den letzten
> > Wochen, in Zusammenhang sowohl mit Keltis als auch mit dem
> > Urteil des LG Mannheims gekommen (und sehe Verstöße gegen das
> > alleinige Bearbeitungsrecht des Autors in den meisten Fällen
> > als gut gemeinte Urheberrechtsverletzungen an, dere ich mich
> > auch schon schuldig gemacht habe, schäm).
>
> Worin soll denn die Urheberrechtsverletzung liegen? Ich kann
> bei einer Variante oder Überarbeitung keine
> Urheberrechtsverletzung sehen. Wenn ich Menschen den Tipp
> gebe, dass sich die Verpackung von Spiel Z auch super dazu
> eignet ein Boot zu basteln verletze ich doch kein Urheberrecht.
Boote sind Erfindungen. Urheberrecht bezieht sich auf Schöpfung. Würdest du einen achten Harry-Potter-Roman schreiben hättest du das Urheberrecht der Autorin verletzt, die allein berechtigt ist, die von ihr entwickelten Personen, Orte, Handlungen fortzuschreiben.
Wenn du beschreibst, wie man aus Spielekartons ein Haus baut und dass Kahuna dazu besonders geeignet ist, verletzt du auch kein urheberrecht.
Soetwas würde wohl unter
§ 24 UrhG
Freie Benutzung
"(1) Ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung des Werkes eines anderen geschaffen worden ist, darf ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes veröffentlicht und verwertet werden. "
http://transpatent.com/gesetze/urhg.html#24
fallen. Übrigens auch schon, wenn du so sehr an einem bestehenden Spiel herumwerkelst, dass das von dir geschaffene neue Spiel nur noch sehr entfernt mit der Vorlage zu tun hat.
Die Übergänge sind fließend, frag mich nicht, wo sie fließen.
> > Wenn jemand Varianten meiner Spiele einfach so
> > veröffentlicht, ohne mich zu fragen, finde ich es eher nicht
> > gut. Wenn er es mit einer inhaltlichen Kritik verbindet - so
> > wie du es oben formuliert hast - habe ich dafür eher
> > Verständnis.
>
> Ich sehe hier gar keine Notwendigkeit dich als Autor oder
> Verlag zu Fragen ob ich eine Variante veröffentlichen darf.
> Woraus ziehst du diese Schlüsse?
Wie gesagt § 23 UrhG - sofern man grundsätzlich Urheberrechtsschutz für Spiele bejaht.
> > Ich meine heute:
> > Wer Varianten macht und ins Netz stellt, sollte Autor
> > und/oder Verlag um Erlaubnis fragen, den Autor als Herr der
> > Entscheidung über die Veröffentlichung respektieren.
> >
> > Es ist mir aber klar, dass es oftmals Fans gibt, die sich da
> > nichts Böses denkend anders verhalten.
>
> Warum sollten sie auch etwas böses denken. Ich käme nie auf
> die Idee den Verlag oder Autor zu fragen.
Dann ist ja gut, dass du hier im Forum nachfragst. :)
> Wenn ich einen VW Beetle habe und in einem Forum den Tipp
> gebe "Bohrt mal ein Loch in den Auspuff - dann hört sich der
> Beetle viel besser an!". Dann frage ich doch nicht bei VW
> nach, ob ich das darf.
Wenn du durch die Umgestaltung eines Autos und der Veröffentlichung von Pläne Patente verletzt, bekommst du Ärger. Beim Loch im Auspiff dürfte dieser sich eher aus der Verletzung der Zulassungsordnung ergeben
> Wenn ich den Tipp gebe: "Mischt mal
> Cola und Fanta - das schmeckt lecker" frage ich doch nicht
Rezepte fallen nicht unter das Urheberrecht. :)
> "Coca Cola" oder bei Filmen sage "Schaut euch bei der
> Trilogie zuerst Teil 2, dann Teil 3 und anschließend Teil 1
> an ..." dann ist dass sicher nicht im Interesse des
> Filmemachers - aber doch nicht erlaubnispflichtig.
Nö, aber wenn du Teil 4 der Trilogie drehst ...
> Manchmal wird mir ganz flau im Magen. Wenn wirklich all das
> rechtlich Verboten ist und ich für all das belangt werden
> könnte ... puh!
Nicht all das. Das Problem ist, gerade beim urheberrecht, dass nicht immer klar ist, was erlaubt ist und was nicht.
> Das Urheberrecht ist gut und wichtig - ich sehe es aber bei
> weitem nicht so weitreichend wie du.
> Das hat für mich etwas von: "Alles ist verboten so lange ich
> nicht eine schriftliche Erlaubnis habe" - und ich hoffe, dass
> es so nicht wirklich ist :(
Nö, so ist es nicht. Und was Spielevarianten betrifft, so drücken Autoren oftmals ein Augen zu. Ich wüsste nicht, dass da jemals jemand verklagt worden wäre, außer - erfolglos - der Humboldt Verlag. Aber nicht, weil man die Werke anderer bearbeiten dürfte sondern weil das Gericht den Urheberrschutz von Spielen grundsätzlich verneint.
Meiner Meinung nach hat der Humboldt Verlag zumindest einen Großteil der Spiele zu recht veröffentlicht:
§ 51 UrhG
Zitate [Neu gefasst ab 1.1.2008]
"Zulässig sind die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zweck des Zitats, sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist. Zulässig ist dies insbesondere, wenn
1. einzelne Werke nach der Veröffentlichung in ein selbständiges wissenschaftliches Werk zur Erläuterung des Inhalts aufgenommen werden,
..."
http://transpatent.com/gesetze/urhg.html#51
So als Faustregel:
Du möchtest das Werk eines Urhebers kritisieren, diskutieren - das geht in Ordnung.
Du möchtest es oder eine Bearbeitung davon verwerten und/oder veröffentlichen - dann brauchst du die Erlaubnis.
Gruß, Günter